Anguttara Nikaya, 6. Buch

3. Kapitel: 3. Anuttariya Vagga - (Pali)

A.VI.21 Sechs nachteilige Dinge - 1. Sāmaka Sutta

Am Lotusweiher (lt. K der Name eines Klosters) bei Sāmadorf, im Lande der Sakyer.

Der Erhabene wandte sich an die Mönche und sprach:

»Diese Nacht, ihr Mönche, zu vorgerückter Stunde, da kam ein himmlischer Geist zu mir heran, in seiner Schönheit erstrahlend, den ganzen Lotusweiher erleuchtend. Zu mir herangekommen, begrüßte er mich ehrerbietig und stellte sich zur Seite hin. Seitwärts stehend sprach der himmlische Geist also zu mir:

'Drei Dinge, o Herr, gereichen dem Mönche zum Schaden. Welche drei? 

Diese drei Dinge, o Herr, gereichen dem Mönche zum Schaden.' So sprach jener himmlische Geist. Nach diesen Worten begrüßte er mich ehrfurchtsvoll und, mir die Rechte zukehrend, verschwand er auf der Stelle. Schade ist es um euch, ihr Mönche, schlecht trifft es sich, daß selbst die himmlischen Geister von euch wissen, daß ihr vom Guten abgefallen seid. Noch drei weitere schädliche Dinge aber will ich euch weisen. Darum höret und beachtet wohl meine Worte.«

»Ja, o Herr!« erwiderten jene Mönche dem Erhabenen. Und der Erhabene sprach:

»Welches sind nun diese drei weiteren schädlichen Dinge? 

Das, ihr Mönche, sind die drei schädlichen Dinge. Und bei allen denen, ihr Mönche, die in der Vergangenheit vom Guten abgefallen sind, die in der Gegenwart davon abfallen und in der Zukunft davon abfallen werden, bei allen diesen geschieht dies eben infolge jener sechs Dinge.«


A.VI.22 Sechs förderliche Dinge - 2. Aparihāniya Sutta

Sechs förderliche Dinge gibt es, ihr Mönche. Welche sechs? 

Dies, ihr Mönche, sind die sechs förderlichen Dinge. Und bei allen denen, die in der Vergangenheit nicht vom Guten abgefallen sind, die in der Gegenwart nicht davon abfallen und in der Zukunft nicht davon abfallen werden, bei allen diesen geschieht dies eben infolge dieser sechs Dinge.


A.VI.23 Das Elend der Sinnenlüste - 3. Bhaya Sutta

Als eine Gefahr, ihr Mönche, bezeichnet man die Sinnenlüste, als ein Leiden, eine Krankheit, ein Geschwür, eine Fessel, als einen Morast.

Warum aber, ihr Mönche, bezeichnet man die Sinnenlüste als eine Gefahr? In Sinnengier entbrannt, wird der in seiner Begehrlichkeit Verstrickte nicht frei von den Gefahren gegenwärtigen Daseins, wird er nicht frei von den Gefahren künftigen Daseins. Darum bezeichnet man die Sinnenlüste als eine Gefahr.

Warum aber bezeichnet man die Sinnenlüste als ein Leiden - als eine Krankheit - als ein Geschwür - als eine Fessel - als einen Morast? In Sinnengier entbrannt, wird der in seiner Begehrlichkeit Verstrickte nicht frei vom Morast gegenwärtigen Daseins, wird er nicht frei vom Morast künftigen Daseins. Darum bezeichnet man die Sinnenlüste als einen Morast.

Als Fährnis, Leiden, Siechtum, Schwären,
als Fessel und als einen Sumpf
bezeichnet man die Sinnenlüste,
woran die große Menge hängt.

Doch wer Gefahr erblickt im Haften,
dem Ursprung von Geburt und Tod,
der wird, Geburt und Tod vernichtend,
haftlos von jedem Wahn erlöst.

Die Gesicherten, die Seligen,
schon bei Lebzeit Wahnerloschenen,
allen Übeln und Gefahren,
allem Leid sind sie entgangen.

A.VI.24 Die Macht der Sammlung - 4. Himavanta Sutta

Mit sechs Eigenschaften ausgerüstet, ihr Mönche, ist der Mönch imstande, den Himālaya, den König der Berge, zu zersprengen, gar nicht zu reden von der gemeinen Unwissenheit (avijjā, das Nichtverstehen der vier edlen Wahrheiten). Welches sind diese sechs Eigenschaften?

Da, ihr Mönche, versteht sich der Mönch 

Mit diesen sechs Eigenschaften ausgerüstet, ihr Mönche, ist der Mönch imstande, den Himālaya, den König der Berge, zu zersprengen, gar nicht zu reden von der gemeinen Unwissenheit.


[1] samādhissa kallita-kusalo. Dies bezieht sich auf jene Vertrautheit mit dem Geisteszustand der Sammlung, welche durch einen wiederholten ebenmäßigen und ungestörten Verlauf und durch ein Gleichmaß der ihr gewidmeten Energie ermöglicht wird.

[2] samādhissa gocara-kusalo. K gibt zwei verschiedene Erklärungen: 1. erfahren in der Vermeidung des der Meditation Abträglichen und in der Ausübung des Zuträglichen (gocara = »Milieu«); 2. vertraut mit dem jeweiligen Meditationsobjekt, sei es dem geistigen Nachbild (nimitta) bei der Entfaltung der Geistesruhe oder den drei Merkmalen bei der Hellblickübung (gocara = Gebiet, Objekt).

[3] samādhissa abhinīhāra-kusalo; vertraut mit der 'Weiterführung' der Sammlung von der 1. zur 2. Vertiefung und so fort.


A.VI.25 Läuterung durch die sechs Betrachtungen - 5. Anussatiṭṭhāna Sutta

Sechs Gegenstände der Betrachtung gibt es, ihr Mönche. Welche sechs?

Da gedenkt der edle Jünger des Vollendeten, der Lehre, der Mönchsgemeinde, der eigenen Sitten, der eigenen Freigebigkeit und der Gottheiten [4].

Zu einer Zeit aber, ihr Mönche, wenn der edle Jünger hierüber nachsinnt, dann ist sein Geist weder von Gier umsponnen, noch von Haß oder Verblendung. Recht gerichtet ist sein Geist zu einer solchen Zeit, entgangen, entledigt, enthoben der Gier. Die Gier, ihr Mönche, ist eine Bezeichnung der fünf Sinnenlüste. Dadurch aber, ihr Mönche, daß sie jene Vorstellungen pflegen, werden gar manche Wesen geläutert.

Diese sechs Gegenstände der Betrachtung gibt es, ihr Mönche.


[4] Der folgende Schlußabschnitt wird für jede einzelne der vorstehenden sechs Betrachtungen wiederholt, die ihrerseits im Originaltext ausführlich wie in A.VI.10 wiedergegeben sind.


A.VI.26 Mittel der Erlösung - 6. Mahākaccāna Sutta

Der ehrwürdige Mahā-Kaccana sprach:

»Wunderbar ist es, ihr Brüder, erstaunlich ist es, ihr Brüder, wie da jener Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erleuchtete, den Weg aus der Enge ins Freie erkannt hat, zur Läuterung der Wesen, zur Überwindung von Sorgen und Klagen, zur Aufhebung von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna, nämlich die sechs Gegenstände der Betrachtung. Welche sechs?

Da, ihr Brüder, gedenkt der edle Jünger

  1. des Vollendeten,
  2. der Lehre,
  3. der Mönchsgemeinde,
  4. der eigenen Sitten,
  5. der eigenen Freigebigkeit und
  6. der Gottheiten.

Zu einer Zeit aber, ihr Brüder, wenn der edle Jünger hierüber nachsinnt, dann ist sein Geist weder von Gier umsponnen, noch von Haß oder Verblendung. Recht gerichtet ist sein Geist zu einer solchen Zeit, entgangen, entledigt, enthoben der Gier. Die Gier, ihr Brüder, ist eine Bezeichnung der fünf Sinnenlüste. Jener edle Jünger aber, ihr Brüder, verweilt dann mit einem ganz und gar dem Raume gleichenden Geiste, einem weiten, hohen, grenzenlosen, frei von jedem Haß und Groll. Dadurch aber, ihr Brüder, daß sie diese Vorstellungen pflegen, werden gar manche Wesen der Läuterung teilhaftig.


[5] sambādhe okāsādhigamam; okāsa, der offene Raum, das Weiträumige. Vgl. Samy.2.7 (Geiger I, 77).


A.VI.27 Der rechtzeitige Besuch I - 7. Paṭhama-samaya Sutta

Es sprach da einer der Mönche zum Erhabenen:

»Welche rechten Gelegenheiten, o Herr, gibt es, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen?« -

»Sechs rechte Gelegenheiten gibt es, o Mönch, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen. Welche sechs?

Zu einer Zeit, o Mönch, wenn der Mönch in seinem Geiste von Sinnenlust gefesselt ist, von Sinnenlust verzehrt wird und er die Überwindung der aufgestiegenen Sinnenlust nicht der Wirklichkeit gemäß kennt, zu einer solchen Zeit hat er einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen und zu ihm also zu sprechen: 'Ich werde da, o Bruder, im Geiste von Sinnenlust gefesselt, von Sinnenlust verzehrt und nicht kenne ich der Wirklichkeit gemäß die Überwindung der Sinnenlust. Gut wäre es, wollte mir der Verehrte die Lehre weisen zur Überwindung der Sinnenlust.' Und der die Geisteszucht übende Mönch weist ihm dann die Lehre zur Überwindung der Sinnenlust. Das, o Mönch, ist die erste Gelegenheit, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.

Und ferner, o Mönch: zu einer Zeit, wenn der Mönch in seinem Geiste von Übelwollen gefesselt wird - wenn er von Starrheit und Mattigkeit gefesselt wird - wenn er von Aufgeregtheit und Gewissensunruhe gefesselt wird - wenn er von Zweifel gefesselt wird - wenn er jene geistige Vorstellung nicht kennt, durch die bedingt und unmittelbar nach deren Erwägung die Versiegung der Triebe erfolgt: zu einer solchen Zeit hat er einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen und zu ihm also zu sprechen: 'Ich kenne da, Bruder, jene geistige Vorstellung nicht, durch die bedingt und unmittelbar nach deren Erwägung die Versiegung der Triebe erfolgt. Gut wäre es, wollte mir der Verehrte die Lehre weisen zur Versiegung der Triebe.' Und der die Geisteszucht übende Mönch weist ihm dann die Lehre zur Versiegung der Triebe [6]. Das, o Mönch, ist die sechste Gelegenheit, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.

Diese sechs Gelegenheiten gibt es, o Mönch, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«


[6] K: Zur Überwindung der Sinnenlust lehrt er die Meditation der Unreinheit (des menschlichen Körpers), zur Überwindung des Hasses die Meditation der Güte, zur Überwindung von Starrheit und Mattigkeit eine sie vertreibende Meditation wie die Betrachtung des Lichtes oder die 'Anlässe für Kraftanstrengung'; zur Überwindung von Aufgeregtheit und Gewissensunruhe lehrt er die Übung der Geistesruhe, zur Überwindung von Zweifelsucht gibt er eine Belehrung über die Vorzüge der drei Juwelen (Buddha, Dhamma, Sangha). - Das Vorstehende bezieht sich auf die fünf Hemmungen (nīvarana).


A.VI.28 Der rechtzeitige Besuch II - 8. Dutiya-samaya Sutta

Einst weilten da zahlreiche ältere Mönche bei Benares, im Wildpark von Isipatana. Während nun jene älteren Mönche, nach dem Mahle, am Nachmittage, in der Empfangshalle versammelt dasaßen, da entspann sich unter ihnen ein Gespräch darüber, welches wohl die rechte Gelegenheit sei, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.

Daraufhin sprach einer der Mönche zu jenen älteren Mönchen also: »Wenn, ihr Brüder, der Geisteszucht übende Mönch, vom Almosengang zurückgekehrt, nach dem Mahle, sich die Füße gespült hat und, mit gekreuzten Beinen und aufgerichtetem Körper, voller Achtsamkeit dasitzt, das ist die rechte Gelegenheit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«

Darauf aber sprach einer der Mönche zu ihm: »Nicht ist das, o Bruder, die rechte Gelegenheit; denn zu einer solchen Zeit hat die durch die Wanderung und das Mahl hervorgerufene Müdigkeit sich noch nicht gelegt. Darum ist dies eine verkehrte Zeit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen. Wenn aber, o Bruder, der die Geisteszucht übende Mönch sich gegen Abend aus seiner Zurückgezogenheit erhoben hat und hinter dem Kloster im Schatten sitzt, mit gekreuzten Beinen und aufgerichtetem Körper, voller Achtsamkeit, das ist dann die rechte Gelegenheit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«

Darauf aber sprach ein anderer der Mönche zu ihm: »Nicht ist das, o Bruder, die rechte Gelegenheit; denn zu einer solchen Zeit erscheint dem die Geisteszucht übenden Mönche jenes Objekt der Sammlung (samādhi-nimitta), das er tagsüber erwogen hat. Darum ist dies eine verkehrte Zeit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen. Wenn aber, o Bruder, der Geisteszucht übende Mönch, nachdem er sich am frühen Morgen erhoben hat, mit gekreuzten Beinen und aufgerichtetem Körper voller Achtsamkeit dasitzt, das ist dann die rechte Gelegenheit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«

Darauf aber sprach ein anderer der Mönche zu ihm: »Nicht ist das, o Bruder, die rechte Gelegenheit; denn zu einer solchen Zeit ist der Körper des die Geisteszucht übenden Mönches voller Kraft und leicht fällt es ihm, über die Weisung des Erleuchteten nachzudenken. Darum ist das eine verkehrte Zeit, den die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«

Darauf sprach nun der ehrwürdige Mahā-Kaccāna zu den älteren Mönchen also: »Aus dem Munde des Erhabenen habe ich es gehört, ihr Brüder, aus seinem Munde vernommen, daß es sechs rechte Gelegenheiten gibt, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen. Welche sechs?

Wenn, ihr Brüder, der Mönch in seinem Geiste von Sinnenlust gefesselt wird, von Übelwollen, von Starrheit und Mattigkeit, von Aufgeregtheit und Gewissensunruhe, von Zweifel gefesselt wird und wenn er jene geistige Vorstellung nicht kennt, durch die bedingt und unmittelbar nach deren Erwägung die Versiegung der Triebe erfolgt: zu einer solchen Zeit hat er einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen. Aus dem Munde des Erhabenen habe ich es gehört, ihr Brüder, aus seinem Munde vernommen, daß es diese sechs rechten Gelegenheiten gibt, einen die Geisteszucht übenden Mönch aufzusuchen.«


A.VI.29 Sechs Gebiete des Gedenkens - 9. Udāyī Sutta

Der Erhabene wandte sich an den ehrwürdigen Udāyi und fragte ihn:

»Wie viele Gebiete des Gedenkens [7] gibt es wohl, Udāyi?«

Auf diese Worte blieb der ehrwürdige Udāyi stumm. Der Erhabene aber stellte ihm zum zweiten und zum dritten Male diese Frage. Und auch zum zweiten und dritten Male blieb der ehrwürdige Udāyi stumm. Da sprach der ehrwürdige Ānanda zum ehrwürdigen Udāyi: »Der Meister, Bruder Udāyi, spricht zu dir.« -

»Ich habe ja, Bruder Ānanda, den Erhabenen wohl vernommen. Da, o Herr, erinnert sich ein Mönch an manche frühere Daseinsform . . . samt ihren besonderen Merkmalen, ihren besonderen Kennzeichen.«

Der Erhabene aber sprach zu Ānanda: »Ich wußte es wohl, Ānanda, daß dieser Udāyi (Über ihn s. A.III.81; A.V.166) nicht der Höheren Geisteszucht hingegeben ist. Wie viele, Ānanda, gibt es wohl der Gebiete des Gedenkens?« -

»Da, o Herr, gewinnt der Mönch, ganz abgeschieden von den Sinnendingen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen . . . die erste, zweite und dritte Vertiefung. Dieses Gebiet des Gedenkens, o Herr, derart entfaltet und häufig geübt, führt zu gegenwärtigem Wohlsein.

Weiterhin, o Herr, erwägt der Mönch die Vorstellung des Lichts (āloka-saññā; s. A.IV.41), heftet seinen Geist auf die Vorstellung des Tages[lichts], wie bei Tage so des Nachts, wie des Nachts so bei Tage. So entfaltet er mit wachem, ungetrübtem Geiste einen von Helligkeit erfüllten Bewußtseinszustand. Dieses Gebiet des Gedenkens, o Herr, derart entfaltet und häufig geübt, führt zur Gewinnung des Erkenntnisblickes [8].

Weiterhin, o Herr, betrachtet da der Mönch diesen Körper, von der Fußsohle an aufwärts und vom Haarschopf abwärts, den hautumgrenzten, mit vielerlei Unrat angefüllten, nämlich: 'An diesem Körper gibt es

Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut,
Fleisch, Sehnen, Knochen, Knochenmark, Nieren,
Herz, Leber, Innenhaut (Zwechfell), Milz, Lunge,
Darm, Gekröse, Mageninhalt, Kot, [Gehirn]
Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Fett,
Tränen, Lymphe, Speichel, Rotz, Gelenköl und Urin [9].'

Dieses Gebiet des Gedenkens, o Herr, derart entfaltet und häufig geübt, führt zur Überwindung der Sinnenlust.

Weiterhin, o Herr: gleichsam als sähe der Mönch einen auf das Leichenfeld geworfenen Leichnam, ein, zwei oder drei Tage nach dem Tode, aufgedunsen, blau verfärbt, voller Eiter; da schließt er auf seinen eigenen Körper: 'Auch dieser Körper hat ein solches Schicksal, ein solches Los, kann dem nicht entgehen.' - Oder: als sähe er einen aufs Leichenfeld geworfenen Leichnam, wie er von Krähen, Seeadlern, Geiern, Hunden, Schakalen oder von den vielerlei Würmerarten gefressen wird; da schließt er auf seinen eigenen Körper 'Auch dieser Körper hat ein solches Schicksal, ein solches Los, kann dem nicht entgehen.' - Oder: als sähe er einen auf das Leichenfeld geworfenen Leichnam: ein von Sehnen zusammengehaltenes Knochengerüst, an dem noch Fleisch und Blut klebt . . . ein von Sehnen zusammengehaltenes Knochengerüst, blutbefleckt und ohne Fleisch . . . Knochen, von den Sehnen gelöst und nach allen Richtungen zerstreut: hier ein Handknochen, da ein Fußknochen, da ein Beinknochen, da ein Schenkelknochen, da ein Hüftknochen, da das Rückgrat, da die Schädelschale; . . . gebleichte Knochen, muschelgleich . . . Knochen zuhauf, nach Verlauf vieler Jahre . . . Knochen, vermodert, zu Staub zerfallen; da schließt der Mönch auf seinen eigenen Körper: 'Auch dieser Körper hat ein solches Schicksal, ein solches Los, kann dem nicht entgehen.' Dieses Gebiet des Gedenkens, o Herr, derart entfaltet und häufig geübt, führt zur Zerstörung des Ichwahns.

Weiterhin, o Herr: nach dem Schwinden von Wohlgefühl und Schmerz und dem schon früheren Erlöschen von Frohsinn und Trübsinn, gewinnt da der Mönch die leidlos-freudlose, in der völligen Reinheit von Gleichmut und Achtsamkeit bestehende vierte Vertiefung. Dieses Gebiet des Gedenkens, o Herr, derart entfaltet und häufig geübt, führt zur Durchdringung der mannigfachen Elemente [10].

Das, o Herr, sind die fünf Gebiete des Gedenkens.« -

»Recht so, recht so, Ānanda. So mögest du dir noch dieses sechste Gebiet des Gedenkens merken: Da schreitet der Mönch klaren Geistes vorwärts; klaren Geistes kehrt er zurück; klaren Geistes bleibt er stehen; klaren Geistes setzt er sich; klaren Geistes legt er sich nieder; klaren Geistes wendet er sich seiner Arbeit zu. Dieses Gebiet des Gedenkens, Ānanda, derart entfaltet und häufig geübt, führt zur Achtsamkeit und Wissensklarheit.«


[7] Das Pāli-Wort hierfür (anussati-tthāna) ist das gleiche wie für die sechs 'Gegenstände der Betrachtung' in A.VI.25. Da es sich aber hier um eine andere Sechsergruppe von Betrachtungen handelt, wurde die Wiedergabe variiert.

[8] Mit ñāna-dassana ist hier das mit dem Himmlischen Auge verbundene Wissen (dibba-cakkhu-ñāna) gemeint.

[9] Hierzu s. »Weg zur Erlösung«, Kap. 101; VisM 280ff.

[10] aneka-dhātu-pativedhāya. Dieselbe Redewendung in A.I.22. Subk: die Elemente wie Auge usw. (cakkhu-dhātu), Sinnlichkeits-Sphäre usw. (kāma-dhātu).


A.VI.30 Die sechs unübertrefflichen Güter - 10. Anuttariya Sutta

Sechs unübertreffliche Güter (anuttariya-dhammā, vgl. A.I.22; A.VI.8) gibt es, ihr Mönche. Welche sechs?

Was aber, ihr Mönche, ist der unübertreffliche Anblick? Da geht einer hin, um sich einen edlen Elefanten, ein edles Roß oder ein erlesenes Kleinod anzusehen oder irgend einen kleinen oder großen Gegenstand oder einen Asketen oder Priester mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, einen solchen Anblick, und nicht behaupte ich, daß es einen solchen nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist ein Anblick, der niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und der nicht zur Abwendung, zur Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber, ihr Mönche, einer hingeht, um den Vollendeten oder des Vollendeten Jünger zu sehen, in festem Vertrauen, inniger Hingabe, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt: das, ihr Mönche, ist ein unübertrefflicher Anblick, der zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das ist der unübertreffliche Anblick.

Was aber ist der unübertreffliche Klang? Da geht einer hin, um sich Trommelklang oder Lautenspiel oder Gesang anzuhören oder irgend etwas Gutes oder Schlechtes oder einen Asketen oder Priester mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, einen solchen Klang, und nicht behaupte ich, daß es einen solchen nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist ein Klang, der niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und der nicht zur Abwendung, Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber einer hingeht, um vom Vollendeten oder dessen Jünger die Lehre zu hören, in festem Vertrauen, inniger Hingabe, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt: das, ihr Mönche, ist ein unübertrefflicher Klang, der zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das ist der unübertreffliche Anblick und der unübertreffliche Klang.

Was aber ist der unübertreffliche Gewinn? Da erlangt einer Kinder, Weib oder Reichtum oder sonst etwas Gutes oder Schlechtes; oder er gewinnt Vertrauen zu einem Asketen oder Priester mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, einen solchen Gewinn, und nicht behaupte ich, daß es einen solchen nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist ein Gewinn, der niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und der nicht zur Abwendung, Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber einer zum Vollendeten oder dessen Jünger Vertrauen gewinnt, festes Vertrauen und innige Hingabe besitzt, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt: das, ihr Mönche, ist ein unübertrefflicher Gewinn, der zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das ist der unübertreffliche Anblick, der unübertreffliche Klang und der unübertreffliche Gewinn.

Was aber ist die unübertreffliche Übung? Da übt sich einer darin, mit Elefanten, Pferden, Wagen, mit Bogen oder Schwert umzugehen oder er übt sich in irgend etwas Gutem oder Schlechtem oder er übt sich, unter einem Asketen oder Priester mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, eine solche Übung, und nicht behaupte ich, daß es eine solche nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist eine Übung, die niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und die nicht zur Abwendung, Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber einer in der vom Vollendeten verkündeten Lehre und Zucht sich in hoher Sittlichkeit, hoher Geistigkeit und hoher Weisheit übt, in festem Vertrauen und inniger Hingabe, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt: das, ihr Mönche, ist eine unübertreffliche Übung, die zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das ist der unübertreffliche Anblick, der unübertreffliche Klang, der unübertreffliche Gewinn und die unübertreffliche Übung.

Was aber ist der unübertreffliche Dienst? Da wartet einer einem Adeligen oder Priester oder Hausvater oder irgend jemand Hohem oder Niedrigem auf oder einem Asketen oder Priester mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, einen solchen Dienst, und nicht behaupte ich, daß es einen solchen nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist ein Dienst, der niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und der nicht zur Abwendung, Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber einer dem Vollendeten oder dessen Jünger aufwartet, in festem Vertrauen und inniger Hingabe, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt das, ihr Mönche, ist ein unübertrefflicher Dienst, der zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das ist der unübertreffliche Anblick, der unübertreffliche Klang, der unübertreffliche Gewinn, die unübertreffliche Übung und der unübertreffliche Dienst.

Was aber ist die unübertreffliche Betrachtung? Da denkt einer nach über den Besitz von Weib, Kind oder Vermögen oder irgend einen hohen oder niedrigen Gewinn, oder er gedenkt eines Asketen oder Priesters mit schlechter Ansicht, schlechtem Wandel. Wohl gibt es, ihr Mönche, eine solche Betrachtung, und nicht behaupte ich, daß es eine solche nicht gibt. Doch das, ihr Mönche, ist eine Betrachtung, die niedrig ist, gewöhnlich, weltlich, unheilig und zwecklos und die nicht zur Abwendung, Entsüchtung, Aufhebung, Stillung, Durchschauung, Erleuchtung und nicht zum Nibbāna führt. Wenn aber einer über den Vollendeten oder des Vollendeten Jünger nachdenkt, in festem Vertrauen und inniger Hingabe, von Gewißheit und Zuversicht erfüllt: das, ihr Mönche, ist eine unübertreffliche Betrachtung, die zu der Wesen Läuterung führt, zur Überwindung von Sorge und Klage, zum Ende von Schmerz und Trübsal, zur Erreichung des rechten Pfades und zur Verwirklichung des Nibbāna. Das, ihr Mönche, gilt als die unübertreffliche Betrachtung.

Diese sechs unübertrefflichen Güter gibt es, ihr Mönche.

»Wem höchster Anblick war vergönnt,
erlebt hat höchster Rede Klang
und unvergleichlichen Gewinn,
auch höchster Übung sich erfreut,

Dem höchsten Dienste gern sich weiht,
die heiligste Betrachtung übt,
die abgeschieden, friedvoll ist,
das Todlose zum Ziele hat:

Wer so an ernstem Streben froh,
wer weise ist, in Tugend fest,
dem wird es klar nach einiger Zeit,
wo Leiden zur Erlöschung kommt.«

    Oben