"Folgende vier Arten von Menschen werden in der Welt gefunden. Welche vier?
Da ist ein Mensch in einer niedrigen Familie wiedergeboren, in einer Familie der Ausgestoßenen oder in einer Abräumer-Familie, in einer armen Familie, die nur über wenig Speise, Trank und Unterhalt verfügt, die erbärmlich dahinlebt, wo man auf elende Weise sich Nahrung und Kleidung verdienen muß. Auch ist er von unschöner Gestalt, häßlich anzusehen, verwachsen und mit mancherlei Gebrechen behaftet. Er ist einäugig oder verkrüppelt oder lahm oder hat verstümmelte Gliedmaßen. Er darbt an Speise und Trank, hat nicht Kleidung, hat zum Schlafen weder einen Raum noch Beleuchtung. Und er führt einen schlechten Wandel in Werken, einen schlechten Wandel in Worten, einen schlechten Wandel in Gedanken. Nachdem er nun einen schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken geführt hat, gelangt er bei der Auflösung des Körpers jenseits des Todes auf den Abweg, auf den schlimmen Weg, zu Stätten des Leidens, zur Hölle. Gleichwie da ein Mensch von Finsternis zu Finsternis geht oder von Dunkelheit zu Dunkelheit geht, oder von Blutlache zu Blutlache geht, so vergleiche ich damit diesen Menschen. Also wandert ein Mensch vom Dunkel zum Dunkel.
Und wie wandert ein Mensch vom Dunkel zum Licht? Da ist ein Mensch in einer niedrigen Familie wiedergeboren, in einer Familie der Ausgestoßenen oder in einer Abräumer-Familie, in einer armen Familie, die nur über wenig Speise, Trank und Unterhalt verfügt, die erbärmlich dahinlebt, wo man auf elende Weise sich Nahrung und Kleidung verdienen muss. Auch ist er von unschöner Gestalt, häßlich anzusehen, verwachsen und mit mancherlei Gebrechen behaftet. Er ist einäugig oder verkrüppelt oder lahm oder hat verstümmelte Gliedmaßen. Er darbt an Speise und Trank, hat nicht Kleidung, hat zum Schlafen weder einen Raum noch Beleuchtung. Aber er führt einen guten Wandel in Werken, einen guten Wandel in Worten, einen guten Wandel in Gedanken. Nachdem er nun einen guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken geführt hat, gelangt er bei der Auflösung des Körpers, jenseits des Todes, auf den guten Weg, in die Himmelswelt.—Also wandert ein Mensch vom Dunkel zum Licht.
Und wie wandert ein Mensch vom Licht zum Dunkel? Da ist ein Mensch in einer hohen Familie wiedergeboren, in einer vornehmen Krieger-Familie oder in einer vornehmen Brahma-Familie oder in einer vornehmen Haushalter-Familie, in einer reichen, sehr wohlhabenden, sehr begüterten, die über viel Gold und Silber, über viel Grund und Eigentum, über viel Schätze und Glücksgüter verfügt. Auch ist er von hübscher Gestalt, ansehnlich, von einnehmendem Wesen, von außerordentlicher Schönheit und Stattlichkeit. Er hat reichlich Speise und Trank, hat Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche und Salben, hat zum Schlafen einen Raum und Beleuchtung. Aber er führt einen schlechten Wandel in Werken, einen schlechten Wandel in Worten, einen schlechten Wandel in Gedanken. Nachdem er nun einen schlechten Wandel in Werken, Worten und Gedanken geführt hat, gelangt er bei der Auflösung des Körpers, jenseits des Todes, auf den Abweg, auf den schlimmen Weg, zu Stätten des Leidens, zur Hölle.— Also wandert ein Mensch vom Licht zum Dunkel.
Und wie wandert ein Mensch vom Licht zum Licht? Da ist ein Mensch in einer hohen Familie wiedergeboren, in einer vornehmen Krieger-Familie oder in einer vornehmen Brahmanen-Familie oder in einer vornehmen Haushalter-Familie, in einer reichen, sehr wohlhabenden, sehr begüterten, die über viel Gold und Silber, über viel Grund und Eigentum, über viel Schätze und Glücksgüter verfügt. Auch ist er von hübscher Gestalt, ansehnlich, von einnehmendem Wesen, von außerordentlicher Schönheit und Stattlichkeit. Er hat reichlich Speise und Trank, hat Kleidung, Wagen, Blumen, Wohlgerüche und Salben, hat zum Schlafen einen Raum und Beleuchtung. Und er führt einen guten Wandel in Werken, einen guten Wandel in Worten, einen guten Wandel in Gedanken. Nachdem er nun einen guten Wandel in Werken, Worten und Gedanken geführt hat, gelangt er bei der Auflösung des Körpers, jenseits des Todes, auf den guten Weg, in die Himmelswelt. — Also wandert ein Mensch von Licht zu Licht."
"Und es hob der Erhabene mit der Spitze seines Nagels ein klein wenig Erde auf und richtete das Wort an die Mönche:
"Was meint ihr, ihr Mönche, ist wohl mehr: dieses von mir mit der Nagelspitze aufgehobene klein wenig Erde oder diese weite Erde?"
"Viel mehr, o Herr, ist die weite Erde; nur ganz winzig ist im Vergleich damit das von dem Erhabenen mit der Nagelspitze aufgehobene klein wenig Erde; mit der weiten Erde kann das von dem Erhabenen mit der Nagelspitze aufgehobene klein wenig Erde nicht gerechnet, nicht verglichen, in gar kein Verhältnis gesetzt werden."
"Ebenso auch, ihr Mönche, sind es nur sehr wenig Wesen, die, wenn sie als Menschen abscheiden, unter den Göttern wiedergeboren werden; aber viel mehr Wesen, die als Menschen abscheiden, werden in der Hölle wiedergeboren, werden im tierischen Schoß wiedergeboren, werden in der Gespensterwelt wiedergeboren." [30] Samy. Nik.
"Auch dem auf höchsten Stufen stehenden Wesen droht Rückfall in elende, ja, unter-menschliche Wieder-Verkörperungen, wenn sich der Mensch nicht auf der Wirkenshöhe hält, die ihn in seine jetzige Daseinsstufe geführt hatte. Leben ist ein beständiges Ringen mit sich selber. Platz und Muße zum Ausruhen gibt es hier nicht; wie der Vogel hoch oben in der Luft ständig die Schwingen rühren muß, wenn er sich in seiner Höhe halten will. Wirklichkeit ist nicht etwas, das nach einem Gesetz bestimmt werden könnte, gleich den Vorgängen im Gebiet der Wissenschaft, sondern sie bestimmt in jedem Augenblick sich selber, nicht als etwas, das überhaupt keine Gesetze hat und annimmt, sondern als etwas, das Gesetz selber ist. Daß der Wassertropfen den tiefsten Punkt sucht und der Wasserdampf den höchsten Punkt sucht und schließlich auch erreichen wird, das ist sicher und gewiß, aber der Weg auf dem, und die Zeit, in der sie ihr Ziel erreichen werden, die sind wechselnd, je nach Umständen und Vorbedingungen. Der sinkende Wassertropfen kann wohl mal für einen Moment hochgedrückt, der steigende Wasserdampf für einen Moment niedergedrückt werden, deswegen verfolgen sie aber doch den einzigen Weg, den sie aus innerer Gesetzmäßigkeit verfolgen müssen. Ebenso: daß gutes Wirken aufwärts, schlechtes abwärts führt, das ist sicher und gewiß; aber der Weg auf dem, und die Zeit in der sie das tun, die sind wechselnd je nach Umständen und Vorbedingungen, nicht weil hier Gesetzlosigkeit herrscht, sondern weil der Vorgang sich selber Gesetz ist.
Dem Ausfall an einer Stelle, dem, was wir herkömmlicher Weise Sterben nennen, muß notwendig an anderer Stelle ein "Zu-fall", das, was wir herkömmlicher Weise Geborenwerden nennen, entsprechen. Wie sollte es in der Wirklichkeit auch anders sein! Woher sollte die Geburt kommen, wenn nicht aus dem Sterben! Allein die buddhistische Wiedergeburtenlehre gibt jenen natürlichen, der Wirklichkeit entsprechenden Welthaushalt, wie ihn weder die Zeugungslehre der Wissenschaft, noch die Lehren der Religionen geben. Man halte die Wirklichkeit und ihre Tatsachen als Maßstab an die buddhistische Wiedergeburtenlehre, und man wird finden, daß beide zu einander stimmen. Geburt und Tod bleiben nicht mehr die unerklärlichen Wunder, die sie für die Wissenschaft wie für den Glauben sind, sondern eines geht im andern auf, und das ganze Weltall schließt sich in sich selber zu einem wirklichen Welthaushalt, den der Buddhist den Samsara nennt, das Dahinwandern, das anfangslose, endlose Spiel des sich selber erlebenden Lebens—ein Spiel, dem die Religionen durch den Glauben an ein ewiges und unwandelbares Leben in Gott zu entgehen suchen, dem aber wirklich nur der Buddhist entgeht durch das endgültige Verlöschen." (P. Dahlke.)
Alles Leben ist gegensatzbetont und ohne Gegensatz ist Leben nicht denkbar. So steht auch dem Bewußtsein, dem "Diesseitsdasein", das Unbewußte, das "Jenseitsdasein" gegenüber. "Wenn Sankhara da sind, ist Bewußtsein da." Samy. Nik.
Diese Wechselwirkung des primären Bewußtseins mit dem zurückgetretenen Unbewußten im Leben und dem primären Unbewußten, mit dem zurückgetretenen Bewußtsein im Tode, vollzieht sich in unablässiger Folge, solange der Mensch diesem Kreislauf verhaftet und zu diesem Gegensatzleben gezwungen ist. Denn alle leidenschaftlichen Willensregungen, die sich als Bild- und Triebkräfte (Sankhara) im Unbewußten ausfiltern, sind die Ursachen zum Wiedereintritt im Diesseitsdasein. Und wie die Glasstücke im Kaleidoskop bei jeder Wendung ein anderes Bild ergeben, allein durch die Wendung bedingt, so ist auch in Tod und Wiedergeburt das Lebewesen nicht mehr dasselbe und doch auch kein anderes, denn es sind seine Triebkräfte, die vom Leben zum Tod und vom Tod zum Leben das neue Dasein formen. Wobei das neue Dasein der Quersumme aller im Laufe unzähliger Leben gehabten Willensregungen entspricht und sich in genau gleicher Weise niemals wiederholt. Dabei geben die Eltern nur das physische Material für die eigenen Triebkräfte. Ein Gegensatzdasein aber bedingt das andere. Auf das Leben im Bewußtsein folgt gegensatzbedingt das Leben im Unbewußten. Auf "Leben" muß der "Tod", auf den "Tod" muß das "Leben" folgen, solange Willensregungen vorhanden sind, die sich im Unbewußten niederschlagen und als treibende Kräfte wieder zum Leben drängen.
Erst die Lehre von der Wiedergeburt (nicht Seelenwanderung) gibt der Karmalehre die grundlegende Bedeutung. In der Lehre von der Wiedergeburt, von der es heißt, daß sie bei entsprechender geistiger Schulung selbst erkannt werden kann, liegt die einzig mögliche Erklärung für die Auswirkung des Guten und Bösen im jetzigen Leben. Da sich für viele dieser Auswirkungen keine Erklärungen im gegenwärtigen Leben finden lassen, müssen die Ursachen dafür ''früher"' in den Vorleben gelegt worden sein. Die Erbmasse allein rechtfertigt nicht das "schwarze Schaf" in einer ethisch hoch stehenden Familie, ebenso wenig das Genie in einer amoralischen. Durch die Wiedergeburtslehre findet auch das unverständlichste Dasein eine Erklärung als Folge eigenen Verdienstes oder eigenen Verschuldens. Die Karma- und Wiedergeburtslehre werden so zum wichtigsten Ansatzpunkt für das rechte Streben und für das Verständnis der Heilslehre des Buddha.
Auf diesen beiden Lehren mit ihrer unerbittlichen Folgerichtigkeit und Letztbezogenheit auf die eigene Verantwortung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ruht die buddhistische Moral wie auf einem festen, unerschütterlichen Fundament. Der Buddhist bemüht sich um ein rechtes Leben nicht aus Furcht vor Strafe, die in Abhängigkeit von Willkür oder Gnade über ihn verhängt wird, sondern allein aus der Erkenntnis, selbst Ursache und Träger der Folgen seines Handelns zu sein. Er weiß sich als Erbe seiner Taten.
- "Meine Tat ist mein Erbe, meine Tat ist mein Besitz.
- Meine Tat ist der Mutterschoß, der mich gebar.
- Meine Tat ist das Geschlecht, dem ich verwandt bin.
- Meine Tat ist meine Zuflucht."
So ist das sittliche Leben dem Buddhisten das allein richtige Leben. Er bemüht sich, die Tugenden zu pflegen und zuerst die fünf niederen Fesseln oder Hemmungen abzulegen: Persönlichkeitsglaube, Zweifelsucht, Hang an Sittenregeln und Riten, Sinnenlust und Groll. (Die fünf höheren, später abzulegenden Fesseln sind: Begehren nach formhaftem Dasein, Begehren nach formlosem Dasein, Dünkel, Aufgeregtheit, Unwissenheit.)
Die in allen Religionen wiederkehrenden Mahnungen zum sittlichen Leben werden durch die Karma- und Wiedergeburtslehre verständlich und durch die Buddhalehre auch dem Verstand zugänglich gemacht:
„Erben der Tat sind wir."
In der Rede "Lohn der Asketenschaft" und an vielen anderen Orten wird dieses so notwendige und günstige Schicksal formende rechte Streben wie folgt und im Einzelnen erläutert:
„Wie aber ist der Mönch tüchtig in Tugend?
Da hat der Mönch Lebendiges umzubringen verworfen; Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme liegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid; das eben gilt ihm als Tugend.
Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen; vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Das eben gilt ihm als Tugend.
Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entraten der Paarung, der gemeinen. Das eben gilt ihm als Tugend.
Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: Die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der Welt. Das eben gilt ihm als Tugend.
Barsche Worte hat er verworfen; von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohr wohltuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend.
Das Ausrichten hat er verworfen; vom Ausrichten hält er sich fern. Was er hier gehört hat, erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien; was er dort gehört hat, erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene. Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn; Eintracht fördernde Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend. Plappern und Plaudern hat er verworfen; von Plappern und Plaudern hält er sich fern: Zur rechten Zeit spricht er den Tatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu; sein Reden ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Vergleichen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstand angemessen. Das eben gilt ihm als Tugend." Digh. Nik.
Und in der Lehrrede Selbstläuterung« heißt es dazu: ,Hier aber, Cunda, habt ihr Selbstläuterung zu erwirken:
So ist Selbstläuterung zu erwirken." Majjh. Nik.8.
Nur so kommt es zu einem aus voller Erkenntnis der Daseinszusammenhänge ständig geübten tugendhaften, in Selbstzucht bedachtem Leben, das dann auch seinen Segen in sich trägt:
- "Viele Götter und Menschen
- haben verschiedene Dinge für segensreich gehalten,
- als sie sich nach Glückseligkeit sehnten.
- Erkläre Du uns, was das höchste Gut ist.
- Der Erhabene erwidert:
- Den Toren nicht zu dienen,
- doch den Weisen zu dienen,
- Ehre zu geben, wem Ehre gebührt:
- Das ist der höchste Segen.
- Viel Einsicht und Erziehung,
- Selbstbeherrschung und freundliche Reden,
- dafür sorgen, daß jedes ausgesprochene Wort gut sei:
- Das ist der höchste Segen.
- Vater und Mutter unterstützen,
- Frau und Kinder pflegen,
- einem friedfertigen Gewerbe nachgehen:
- Das ist der höchste Segen.[31]
- Almosen geben und rechtes Leben führen,
- für seine Verwandten sorgen,
- untadelhafte Taten:
- Das ist der höchste Segen.
- Ehrfurcht und Demut,
- Zufriedenheit und Dankbarkeit,
- das Anhören der Lehre zur richtigen Zeit:
- Das ist der höchste Segen.
- Selbstbeherrschung und Reinheit,
- die Kenntnis der edlen Wahrheiten,
- die Erlangung des Nirwana:
- Das ist der höchste Segen.
- Ein Gemüt, das nimmer zittert
- unter den Schlägen der Veränderlichkeit des Lebens,
- das ohne Kummer und Leidenschaft beruhigt ist:
- Das ist der höchste Segen.[32]
- Allseits unüberwindlich sind die,
- welche solcher Art handeln;
- überall wandeln sie sicher,
- und der höchste Segen ist ihnen zu eigen." [33]
Khudd.-Patha.