DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke, am Hügel der Eichhörnchen.
Um diese Zeit nun war Singālako, der Sohn eines Hausvaters, zu früher Stunde schon aufgestanden und aus der Stadt hinweggeschritten, mit wasserbenetztem Gewande, mit wasserbenetztem Scheitel: die Hände gefaltet empor haltend brachte er jeder Himmelsgegend eine Verbeugung dar, nach Osten gewandt und nach Süden, nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und nach oben hin (*53).
Nun hatte sich der Erhabene zeitig am Morgen gerüstet, Mantel und Schale genommen und war nach der Stadt um Almosenspeise aufgebrochen. Da sah denn der Erhabene Singālako den Bürgersohn, wie der zu so früher Stunde aufgestanden und aus der Stadt hinweggeschritten war, mit wasserbenetztem Gewande, mit wasserbenetztem Scheitel, wie er da die Hände gefaltet empor haltend jeder Himmelsgegend eine Verbeugung darbrachte: nach Osten gewandt und nach Süden, nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und nach oben hin. Bei diesem Anblick hat nun der Erhabene zu Singālako dem Bürgersohn also gesprochen:
«Warum nur bist du, Bürgersohn, so früh aus der Stadt hierhergekommen, mit wasserbenetztem Gewande, mit wasserbenetztem Scheitel, und bringst, die Hände gefaltet empor haltend, jeder Himmelsgegend eine Verbeugung dar, nach Osten gewandt und nach Süden, nach Westen gewandt und nach Norden, nach unten hin und nach oben hin?»
«Der Vater hat mir, o Herr, als er starb, gesagt: <Die Himmelsgegenden, mein Sohn, sollst du verehren.> Da bring ich denn, o Herr, weil ich des Vaters Wort hochschätze und werthalte, achte und ehre, den Himmelsgegenden meine Verehrung auf diese Weise dar.»
«Nicht doch, Bürgersohn, hat man nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden auf solche Weise Verehrung darzubringen.»
«Wie denn aber, o Herr, hat man nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden Verehrung darzubringen? Möge mich, o Herr, der Erhabene gütig belehren, auf was für eine Weise nach edler Sitte den sechs Himmelsgegenden Verehrung darzubringen sei.»
«Wohlan denn, Bürgersohn, so höre und achte wohl auf meine Rede.»
«Gewiß, o Herr», sagte da aufmerksam Singālako der Bürgersohn zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:
«Wenn da, Bürgersohn, der heilige Jünger viererlei Tatengelüste verleugnet hat, er bei viererlei Anlässen keine schlechte Handlung begeht, und er auf sechs Gebieten nach abwärts auszugleiten vermeiden lernt, dann ist er also vierzehn Übeln entgangen, hat die sechs Himmelsgegenden überzogen, nach beiden Welten hin zum Siege vorschreitend, er hat diese Welt und auch jene Welt zu gewinnen vermocht, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, gelangt er auf gute Fährte, in selige Welt empor. Welche viererlei Tatengelüste sind es, die er verleugnet hat? Lebendiges umzubringen, Bürgersohn, ist ein Tatengelüst, Nichtgegebenes zu nehmen ist ein Tatengelüst, Ausschweifung zu begehen ist ein Tatengelüst, Lüge zu sagen ist ein Tatengelüst. Das sind die viererlei Tatengelüste, die er verleugnet hat.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:
«Wer Wesen umbringt, Fremdes nimmt, |
Ein Wort der Lüge, wer da spricht, |
Mit Weibern andrer Umgang pflegt: |
Bei Kennern wird kein Lob ihm kund. |
Bei welchen viererlei Anlässen begeht er keine schlechte Handlung?
Sobald nun, Bürgersohn, der heilige Jünger, weder dem Willen Folge leistet noch dem Hasse gehorcht, nicht von Verblendung sich leiten und auch nicht von Angst sich bewegen läßt, so kann er bei diesen viererlei Anlässen keine schlechte Handlung begehen.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:
«Aus Willkür, Haß, Verblendung, Angst |
Das Rechte wo man übertritt: |
Da nimmt der Ruhm allmählich ab, |
Im finstern Viertel wie der Mond. |
«Aus Willkür, Haß, Verblendung, Angst |
Das Rechte wo man nicht vergißt: |
Da nimmt der Ruhm allmählich zu, |
Im lichten Viertel wie der Mond. |
Auf was für sechs Gebieten hat er nach abwärts auszugleiten vermeiden gelernt?
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt der Gebrauch von berauschenden und berückenden Getränken, betäubenden und betörenden Mitteln mit sich:
Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Gebrauch von berauschenden und berückenden Getränken, betäubenden und betörenden Mitteln mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt das müßig auf der Straße sich gern Herumtreiben mit sich:
Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das das müßig auf der Straße sich gern Herumtreiben mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt der Besuch der Festversammlungen mit sich: man fragt nur immer <Wo wird getanzt, wo wird gesungen, wo wird geblasen, wo wird vorgetragen, wo wird gefiedelt, wo wird getrommelt (*54)?> Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Besuch der Festversammlungen mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt es mit sich, wenn man dem Spiel und der Zerstreuung sich hingibt: wer gewinnt verfeindet sich, wer verliert trauert dem Gehabten nach, das Geld ist alsogleich hin, wenn man öffentlich eine Rede hält, so hat das Wort kein Gewicht, Freunden und Genossen ist man verächtlich geworden, zu Hochzeit und Heirat wird man nicht beigezogen, <ein Mensch>, heißt es, <der zum Spieler geworden ist, ist nicht imstande ein Weib zu erhalten (*55).> Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das die Hingabe an Spiel und Zerstreuung mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt es mit sich, wenn man schlechte Freundschaften schließt: die da Spieler sind, Schwärmer und Trinker, die Betrüger, Schwindler und Raufbolde, die hat er zu Freunden, hat er zu Gefährten. Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das der Anschluß an schlechte Freunde mit sich bringt.
«Sechserlei Elend, Bürgersohn, bringt lässiges Gehnlassen mit sich: <Es ist zu kalt> sagt man und unterläßt die Arbeit, <Es ist zu heiß> sagt man und unterläßt die Arbeit, <Es ist zu spät>, <Es ist zu früh> sagt man und unterläßt die Arbeit, <Ich bin zu hungrig>, <Ich bin zu durstig> sagt man und unterläßt die Arbeit. Indem man so allerhand Vorwände gegen seine Pflichten macht, kann man noch nicht Erworbenes nicht gewinnen, und was man erworben hat wird aufgebraucht. Das ist, Bürgersohn, sechserlei Elend, das lässiges Gehnlassen mit sich bringt.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:
- «Der eine trinkt uns Freundschaft zu,
- Der andre bleibt uns treu im Glück:
- Doch wer da, wenn man sein bedarf,
- Noch mit uns geht, der ist ein Freund.
- «Bis Mittag schlafen, buhlen um des andern Weib,
- In Grimm geraten, Schaden anzustiften froh,
- Gesell der schlechten Freunde sein und geizverzehrt:
- Der Dinge zum Verderb des Menschen sind es sechs.
- «Mit schlechtem Freunde schlecht gesellt,
- In schlechter Übung, schlechtem Brauch:
- Aus diesem Dasein, jener Welt,
- Aus beiden gräbt man sich zugrund.
- «Spiel, Weib und Wein, Gesang und Tanzergetzen,
- Bei Tage schlummern, Müßiggang auf Gassen,
- Im Bunde Böser, neidig nichts vergönnen:
- Der Dinge zum Verderb des Menschen sind es sechs.
- «Man spielt mit Würfeln, trinkt sich an Berauschung,
- Geht Weibern nach, wie Tiere, gleichviel welchen:
- Erweicht im Niedern, nicht empor sich kämpfend,
- Entweicht man wie der Mond im finstern Viertel stirbt (*56).
- «Ein Säufer, ohne Deut, hat garnichts bei sich,
- Schon trunken noch trinkend, hat alles vertan:
- Kopfüber in Schulden wie ins Wasser gestürzt,
- Ans Ufer sich klammern, er kann es nicht mehr.
- «Wer tags zu schlafen ist gewohnt
- Und nachts umherzieht nach Genuß:
- Der Schwärmer, der den Rausch nur liebt,
- Er hat im Hause keinen Platz.
- «'Es ist zu kühl', 'Es ist zu schwül',
- 'Es ist zu spät', so schwatzt man gern:
- Und weil der Mensch nun müßig steht
- Entfliehn die Stunden flugs hinweg.
- «Wem gleich die Kälte gilt und Glut,
- Als leichte Last, wie Grashalm groß:
- In Männertaten echt geübt
- Vermißt er tüchtig keine Gunst.
Es sind da, Bürgersohn, viererlei Feinde, die wie Freunde sich geben, zu merken: der Nurimmernehmer ist als ein Feind, der wie ein Freund sich gibt, zu merken; der gute Ratgeber ist als ein Feind, der wie ein Freund sich gibt, zu merken; der gefällige Jasager ist als ein Feind, der wie ein Freund sich gibt, zu merken; der Gefährte nach abwärts ist als ein Feind, der wie ein Freund sich gibt, zu merken.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Nurimmernehmer als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist: Nurimmernehmer ist er, um wenig fordert er viel, ängstlich zu machen hält er für seine Pflicht, er liebt es Rechtshändel zu erregen. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Nurimmernehmer als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der gute Ratgeber als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist: über Vergangenes verbreitet er sich gern, über Zukünftiges verbreitet er sich gern, auf nichtige Dinge legt er Gewicht, im gegebenen Notfall warnt er vor Unglück. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der gute Ratgeber als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der gefällige Jasager als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist: bei Schlechtem stimmt er da zu und bei Gutem stimmt er da zu, ins Gesicht sagt er einem Lobesworte und hinter dem Rücken spricht er sich tadelnd aus. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der gefällige Jasager als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Gefährte nach abwärts als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist: berauschende und berückende Getränke zu genießen, betäubende und betörende Mittel zu gebrauchen, da kommt er mit; müßig auf der Straße sich herumtreiben ist ihm recht; Festversammlungen besuchen gehn, da schließt er sich an; dem Spiel und der Zerstreuung sich hingeben, dazu ist er Gefährte. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Gefährte nach abwärts als Feind, der sich als Freund gibt, zu merken ist.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:
- «Nurimmernehmer sein als Freund,
- Als Freund zu gutem Rat bereit,
- Mit Ja bedienen jederzeit
- Und abwärts an sich schließen gern:
«Als Feinde gelten diese vier, Dem klugen Manne wohlbekannt: Von weitem soll er sie umgehn, Wie hohle Gassen voll Gefahr.
Es gibt da, Bürgersohn, viererlei Freunde, die als treuherzig zu merken sind: der Wohltäter ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der in Freuden wie Leiden Gleiche ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der Heildeuter ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist; der Mitempfinder ist ein Freund, der als treuherzig zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Wohltäter als ein treuherziger Freund zu merken ist: den Leichtsinnigen hält er zurück, des Leichtsinnigen Hab und Gut sucht er zu retten, dem Gefährdeten bietet er Zuflucht, im gegebenen Notfall läßt er ihm verdoppelte Hilfe angedeihen. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Wohltäter als ein treuherziger Freund zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der in Freuden wie Leiden Gleiche als ein treuherziger Freund zu merken ist: Vertrauliches teilt er mit, Vertrauliches hütet er, im Unglück verläßt er ihn nicht, sogar sein Leben gibt er ihm zuliebe dahin. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der in Freuden wie Leiden Gleiche als ein treuherziger Freund zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Heildeuter als ein treuherziger Freund zu merken ist: vor Schlechtem wehrt er ab, zum Guten lenkt er hin, Ungekanntes erklärt er ihm, die himmlische Fährte zeigt er ihm an. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Heildeuter als ein treuherziger Freund zu merken ist.
«Vier sind es, Bürgersohn, der Fälle, wo der Mitempfinder als ein treuherziger Freund zu merken ist: ein Mißlingen erfreut ihn nicht, ein Gelingen erfreut ihn, bei tadelnder Rede wehrt er ab, bei lobender Rede stimmt er mit ein. Das sind, Bürgersohn, die vier Fälle, wo der Mitempfinder als ein treuherziger Freund zu merken ist.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach fernerhin also der Meister:
«Wie aber, Bürgersohn, kann ein Jünger des Heiligen die sechs Himmelsgegenden überziehn? Sechs gibt es, Bürgersohn, der Himmelsgegenden, die man sich merken muß: der Osten, das sind die Eltern; der Süden, das sind die Meister; der Westen, das ist Weib und Kind; der Norden, das sind Freunde und Genossen; das Unten, das ist Knecht- und Dienergesinde; das Oben, das sind Asketen und Priester.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Sohn der östlichen Gegend, den Eltern, entgegenkommen soll: <Erhalten von ihnen, werde ich sie erhalten, ihre Arbeit werde ich verrichten, der häuslichen Überlieferung werde ich treu bleiben, ihr Erbe werde ich antreten, und wenn sie wohl einst dahingegangen, verstorben sind, werde ich die Spenden darbringen.> Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Sohn den östlichen Gegenden, den Eltern, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des Sohnes an: vor Schlechtem wehren sie ab, zum Guten lenken sie hin, zu einem Beruf erziehn sie ihn, eine geeignete Gattin führen sie ihm zu, beizeiten lassen sie ihm das Erbe zukommen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Sohn den östlichen Gegenden, den Eltern, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des Sohnes an. Da hat er denn diese östliche Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Schüler der südlichen Gegend, den Meistern, entgegenkommen soll: er soll vor ihnen stehn, ihnen aufwarten, ihnen gehorchen, ihres Dienstes beflissen sein, achtsam ihre Kunst begreifen lernen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Schüler den südlichen Gegenden, den Meistern, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des Schülers an: wohlunterwiesen wird er zurechtgeführt, Wohlgefaßtes wird ihm faßlich gezeigt, alle Kunst, die mitteilbar ist, wird ihm erklärt, bei Freunden und Genossen wird er heimisch gemacht, überall wird er in Obhut genommen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Schüler den südlichen Gegenden, den Meistern, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des Schülers an (*57). Da hat er denn diese südliche Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Gatte der westlichen Gegend, seiner Frau, entgegenkommen soll: mit Achtung, nicht mit Verachtung soll er sich benehmen, ihr kein Unrecht antun, sie nicht gebieterisch behandeln, ihr genug zum Unterhalt darreichen. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Gatte den westlichen Gegenden, seinen Frauen, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des Gatten an: wohlbestellt ist das Hauswesen, wohlerzogen das Gesinde, kein Gebot wird übertreten, das Besitztum ist in treuer Hut, man ist geschickt und behende bei jeder Arbeit. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Gatte den westlichen Gegenden, seinen Frauen, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des Gatten an. Da hat er denn diese westliche Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein edler Mann der nördlichen Gegend, den Freunden und Genossen, entgegenkommen soll: mit Gaben, mit freundlichen Worten, mit nützlicher Bemühung, er wird sie als wie sich selbst betrachten, wird einem Versprechen sich nicht entziehn. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle Mann den nördlichen Gegenden, den Freunden und Genossen, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des edlen Mannes an: den Leichtsinnigen halten sie zurück, des Leichtsinnigen Hab und Gut suchen sie zu retten, dem Gefährdeten bieten sie Zuflucht, im Unglück verlassen sie ihn nicht, noch in seinen Nachkommen bringen sie ihm Verehrung dar. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle Mann den nördlichen Gegenden, den Freunden und Genossen, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des edlen Mannes an. Da hat er denn diese nördliche Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein Herr der unteren Gegend, dem Knecht- und Dienergesinde, entgegenkommen soll je nach der Kraft soll er die Leistung an Arbeit einteilen, Kost und Lohn geben, bei Krankheit für Pflege sorgen, außergewöhnliche Annehmlichkeiten soll er mitgenießen lassen, zeitweilig Urlaub gewähren. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Herr den unteren Gegenden, dem Knecht- und Dienergesinde, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf fünffache Weise des Herrn an: vor ihm erheben sie sich, und nach ihm legen sie sich nieder, nur Gegebenes nehmen sie, verrichten tüchtig ihre Arbeit, bringen ihn zu rühmlichem Ansehn. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der Herr den unteren Gegenden, dem Knecht- und Dienergesinde, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf fünffache Weise des Herrn an. Da hat er denn diese untere Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.
«Fünffach ist, Bürgersohn, die Art wie ein edler Mann der oberen Gegend, den Asketen und Priestern, entgegenkommen soll: mit liebreichen Werken, mit liebreichen Worten, mit liebreichen Gedanken, ohne ihnen das Tor zu verschließen, mit Spenden der Notdurft zur Hand. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle Mann den oberen Gegenden, den Asketen und Priestern, entgegengekommen, so nehmen sie sich auf sechsfache Weise des edlen Mannes an: vor Schlechtem wehren sie ab, zum Guten lenken sie hin, gütigen Sinnes erbarmen sie sich seiner, Ungekanntes erklären sie ihm, läutern sein Ohr, die himmlische Fährte zeigen sie ihm an. Ist also, Bürgersohn, auf fünffache Weise der edle Mann den oberen Gegenden, den Asketen und Priestern, entgegengekommen, so nehmen sie sich also auf sechsfache Weise des edlen Mannes an. Da hat er denn diese obere Himmelsgegend überzogen, sichergestellt, gefahrlos gemacht.»
Also sprach der Erhabene. Als der Willkommene das gesagt hatte, sprach Eernerhin also der Meister:
Nach dieser Rede wandte sich Singālako der Bürgersohn an den Erhabenen mit den Worten:
«Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob
man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg
wiese, oder ein Licht in die Finsternis hielte: <Wer Augen hat wird die Dinge
sehn>: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach dargelegt. Und so
nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der
Jüngerschaft als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an
zeitlebens getreu.»
Fußnoten:
(*53) Diese Andacht und Verehrung entspricht der Vorschrift, die das Sāmavidhānabrāhmanam I 4,11 gibt: sie soll von der Dämmerung an so lange dauern bis die Sonne auf den Rücken brennt. Desgleichen findet sich im Anguttaranikāyo X.176 unter den Regeln, die von Buß- und Betpriestern, von Feuer- und Wasserverehrern aus dem Gangesgebiet angegeben werden, auch diese pañjaliko ādiccam namasseyyāsi, «mit gefalteten Händen magst du die Sonne verehren».
(*54) Eine von aller Mystik nüchterne Äußerung Gotamos über die Musik und ihren vergleichbaren Wert ist uns in der Überlieferung des Kanons nach einer chinesischen Übersetzung erhalten, aus dem vierten Buch im Komplex des alten, hochberühmten Shau-leng-yan-king, d.i. Sūrangamasūtram, nach BEALS Catena of Buddhist Scriptures, London 1871, p.354:
Gleichwie etwa eine Laute, Fiedel, Flöte und Trommel angenehm im Zusammenspiel erklingen mögen; wenn sie aber nicht kunstgerecht behandelt werden, nur häßlichen Mißklang erzeugen: ebenso auch kann wohl das Wort des Vollendeten durch rechte Behandlung, weise Kunstfertigkeit, die Maße der Dinge vergegenwärtigen, während es den anderen mißlingt.
Dazu paßt auch die Parabel vom Muschelbläser, in unserer 23. Rede. Die tiefste Anwendung aber findet man im Samyuttakanikāyo, ed. Siam. vol. IV p.243f. (PTS 196). Gesetzt den Fall, heißt es dort, daß ein König oder ein Fürst den Ton einer Laute noch nie gehört hätte und eines Tages solche Musik vernähme. Und er fragte: «Ach woher kommt denn nur dieser Klang, so entzückend, so berauschend und berückend, so fesselnd und so befreiend?» Darauf würde ihm gesagt: «Das ist, o Herr, eine Laute, wie man sagt: die hat diesen Klang, der so entzückend ist, so berauschend und berückend, so fesselnd und so befreiend.» Er aber gäbe den Befehl: «Geht, ihr Lieben, und bringt mir jene Laute herbei.» Die würde ihm gebracht: «Da ist sie, o Herr, die Laute, die jenen entzückenden Klang hat.» Darauf sagte der Fürst: «Was soll ich, ihr Lieben, mit der Laute? Ihr sollt mir doch jenen Ton herbeischaffen!» Die Diener erwiderten: «Das ist, o Herr, eine Laute, wie man sagt; die ist gar kunstvoll gebildet, kunstvoll gebaut: wenn sie auf mancherlei Weise richtig behandelt wird, dann redet sie. Wie sie da ist, besteht sie aus einem gewölbten Kasten, ist mit einer Zarge (mañcam) versehn, hat einen Steg, hat einen Hals, ist mit Saiten bespannt, und dazu gehört ein Bogen. Wenn nun ein Mann sich entsprechend bemüht, so kann da, o Herr, die Laute, wie man sagt, die gar kunstvoll gebildet, kunstvoll gebaut ist, auf mancherlei Weise richtig behandelt Rede geben.» Jener Fürst aber - der sie nicht spielen könnte - würde die Laute in Stücke schlagen, zertrümmern, zerstoßen, verbrennen und die Asche in den Wind streuen. Dann sagte er: «Das war ja doch, ihr Lieben, gar keine Laute, wie man sagt: was ist denn da irgend an der Laute gewesen! Damit treibt nur das müßige Volk seinen Possen und Schabernack.»
Ebenso nun auch, wird nun die Summe des Gleichnisses gezogen, erforscht da ein Mönch die Form, wie weit die Form reichen kann; er erforscht das Gefühl, die Wahrnehmung, die Unterscheidungen, das Bewußtsein, wie weit es reichen kann. Während er so die Form, das Gefühl, die Wahrnehmung, die Unterscheidungen, das Bewußtsein erforscht, wie weit es reichen kann, kommt ihm wohl etwa ein <Ich > oder <Mein> oder <Bin> zu, und es kommt ihm doch eben nicht zu.
(*55) Ein Gleichnis dazu in der Udayanavatsarājapariprcchā: wie Fliegen, eine Wunde witternd, heranschwärmen, geradeso schwärmen Toren entzückt zum Weibe heran, BENDALLS Ausgabe des Sikāsamuccayas, St.Petersburg 1897, p. 80.
(*56) Gegensatz zu diesem Gleichnis ist der voll aufgegangene Mond, der Mensch, dessen Geist entwölkt ist gleichwie der volle Mond um Mitternacht, Lieder der Mönche 306, der wie der Mond auf der Sternenbahn dahinzieht, Wahrheitpfad 208.
(*57) Die eigentlichen Nachfolger, die Jünger im Orden, hat Gotamo, wie das immer das besondere Merkmal seiner Lehre ist, von allem Glauben an Autorität freigesprochen: kein Meister und dessen Worte waren zu verehren, nur was sie selbst durchdacht, selbst erkannt, selbst verstanden hatten war zu beherzigen. Als Gegenstück zur Belehrung, die dem Bürgersohn zuteil wird, kann man daher die Ansprache an die Jünger betrachten, im Samyuttakanikāyo ed. Siam. IV 168-170 (PTS IV 130-138, fehlerhaft), wo in echt gotamidischer Weise zugleich ein gewisser Humor die Bedeutung vertieft.
«Ohne Schülertum, ihr Mönche», sagt da der Herr, «wird dieses Asketenleben geführt, ohne Meistertum. Wer als Mönch, ihr Mönche, ein Schüler ist und einen Meister hat, der fühlt sich leidend, nicht wohl; wer als Mönch, ihr Mönche, kein Schüler ist und keinen Meister hat, der fühlt sich glücklich und wohl. Wie aber, ihr Mönche, fühlt sich da Mönch als ein Schüler mit einem Meister leidend und nicht wohl? Da hat, ihr Mönche, ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohr einen Ton gehört mit dem Geist einen Gedanken erkannt, und es steigen ihm üble, unheilsame Dinge auf, Erinnerungen ergreifen ihn wieder, sie machen ihn zu ihrem Schüler: <sie schulen ihn ein, die üblen, unheilsamen Dinge>, darum wird er <eingeschult> genannt: sie bemeistern ihn: <es bemeistern ihn die üblen, unheilsamen Dinge>, darum wird er <bemeistert> genannt. Also, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch schülerhaft und bemeistert leidend und nicht wohl. Wie aber, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch nicht als ein Schüler und ohne Meister glücklich und wohl? Da hat, ihr Mönche, ein Mönch mit dem Auge eine Form gesehen, mit dem Ohr einen Ton gehört - mit dem Geist einen Gedanken erkannt, und es steigen ihm keine üblen, unheilsamen Dinge auf, keine Erinnerungen ergreifen ihn wieder, sie können ihn nicht mehr zu ihrem Schüler machen: <sie schulen ihn nicht mehr ein, die üblen, unheilsamen Dinge>, darum wird er <nicht eingeschult> genannt; sie können ihn nicht mehr bemeistern: <es bemeistern ihn nicht mehr die üblen, unheilsamen Dinge>, darum wird er <nicht bemeistert> genannt. Also, ihr Mönche, fühlt sich der Mönch uneingeschult und unbemeistert glücklich und wohl. Ohne Schülertum, ihr Mönche, wird dieses Asketenleben geführt, ohne Meistertum. Wer als Mönch, ihr Mönche, ein Schüler ist und einen Meister hat, der fühlt sich leidend, nicht wohl; wer als Mönch, ihr Mönche, kein Schüler ist und keinen Meister hat, der fühlt sich glücklich und wohl.»
(*58)
Singālako scheint wirklich beigetreten und später als Jünger wohlbekannt worden
zu sein, da unter dem Titel «Vater Singālo» in den
Liedern der Mönche 18 eine
Strophe überliefert ist, die wahrscheinlich ihm zugehört: denn der Name Singālo,
Singālako, war damals selten und kommt bei uns anderweitig überhaupt nicht vor.
Er entspricht dem athenischen EROTIAS, auch unserem altdeutschen LIEBHARDT. Ein
kleiner Ort Srngāramkotam, Liebhardtstal, reich an geschichtlichen
Überlieferungen, besteht noch heute an den Ausläufern der östlichen Ghats, im
Bezirk von Vizagapatam.