Theragāthā, Vers 267-314

(von Ekkehard Saß)

 

Nagasamālo (Elefant mit Girlande)

267

Geschmückt, in vollem Kleiderstaat,

Girlanden tragend, Sandel duftend,

auf breiter Straße eine Frau

tanzt zur Musik als Tänzerin.

268

Beim Bettelgang trat ich hinzu,

im Gehen ich erblickte sie,

die schön geschmückt im Kleiderstaat,

wie Todesschlinge ausgelegt.

269

Da mir die klare Geistausrichtung

zum Ursprung hin ging in mir auf:

Gefahr mir wurde offenbar,

und Überdruß stellte sich ein.

270

Da löste sich das Herz mir ab.

Ach, sieh der Lehre Kerngesetz!

Drei Wissen sind nun voll erlangt,

getan des Buddho Weisung ist.

Bhagu (Glücksmensch)

271

Ich war im Innern wie gelähmt,

ging aus dem Kloster da hinaus, -

zum Gehplatz nun begab ich mich,

dort eben fiel ich auf den Boden.

272

Als ich die Glieder abgerieben,

von neuem auf den Gehplatz trat,

ging auf dem Platzich auf und ab,

im Inneren mir gut gesammelt.

273

Da mir die klare Geistausrichtung

zum Ursprung hin ging in mir auf:

Gefahr mir wurde offenbar,

und Überdruß stellte sich ein.

274

Da löste sich das Herz mir ab.

Ach, sieh der Lehre Kerngesetz!

Drei Wissen sind nun voll erlangt,

getan des Buddho Weisung ist.

Sabhiyo

275

Die anderen begreifen nicht:

„Laßt uns den Tod hier immer sehn!“

Doch denen, die begreifen dort,

die Kämpfe werden endlich still.

276

Und wenn die Nichtbegreifenden

bewegen sich gleichwie ein Aal, -

so die den Dhammo tief begreifen,

bei Kranken sind Gesunden gleich.

277

Jedwede Tat, die lasch getan,

und jede Regel, die beschmutzt,

ein Brahmaleben, zweifelhaft:

nicht bringt das jemals große Frucht.

278

Im Brahmaleben wer bei andern

Verehrung nicht erlangen kann,

der ist weit weg vom echten Dhammo,

gleichwie die Wolke von der Erde.

Nandako (Freudiger)

279

Pfui sei, was voller Schlechtgeruch,

was aus der Māraseite sickert!

Neun Ströme sind’s bei deinem Körper,

die fließen, fließen immer zu.

280

Ach, denke fest, was abgetragen!

Sink’ ab nicht vom Tathāgato!

Die Himmel bringen dir nicht Freude,

um wieviel weniger die Menschen!

281

Die da nun Toren, Dumme sind,

beraten schlecht, verblendungsvoll:

nur solche finden danoch Freude,

wo Māro seine Schlinge warf.

282

Bei welchen aber Gier und Haß,

Nichtwissen sind vom Reiz befreit:

die finden da nicht Freude mehr,

zertrennt der Faden, fesselfrei.

Jambuko

283

Wohl fünfundfünfzig Jahre lang

nur Staub undSchmutz trug ich an mir,

aß einmal monatlich ein Mahl,

das Haar, den Bart ich rupfte mir.

284

Auf einem Beine stand ich still,

den Sitz vermied ich ganz und gar,

den Kot, der ausgetrocknet, aß ich,

nicht Äußerung erlaubt’ ich mir.

285

In dieser Artverlief mein Tun,

viel schlechte Wege ging ich lang.

Da trug mich fort die große Woge:

zur Buddha-Zuflucht ging ich hin.

286

Dies Zuflucht gehen sieh nur an!

Ach, sieh der Lehre Kerngesetz!

Drei Wissen sind von mir erlangt:

getan des Buddho Weisung ist.

Senako

287

Willkommen, wahrlich, du mir warst,

du Gaya, Gaya, klein geraten,

an der ich sah den Vollerwachten,

den, der die höchste Lehre wies.

288

Den großen Leuchter, Lehrer vieler,

der an die Spitze kam, den Führer

in dieser göttlich reichen Welt,

den Sieger, unwägbar zu sehn,

289

Groß-Elefanten, großen Helden,

den großen Glanz, den Einflußfreien,

der allen Einfluß ausgedörrt,

den Lehrer, der ganz ohne Furcht. -

290

Den lange so Beschmutzten, wahrlich,

mich, der vom Ansichtsseil gebunden,

befreite der Erhabene

von Fesseln all, den Senako.

Sambhūto (der Entstandene)

291

Wer, wenn viel Zeit ist, eilig hastet,

bei Zeit, die rennt, will langsam sein:

mit oberflächlichem Getue

der Tor zum Leiden geht hinab.

292

Ihm schwindet alles Gute hin,

wie in der Dunkelnacht der Mond, -

in einen schlechten Ruf gelangt er,

bei Freunden wird er nur blockiert.

293

Wer, wenn viel Zeit ist, langsam handelt,

bei Zeit, die rennt, sich sputen will:

mit gründlich wohlbedachtem Tun

das Glück erlangt der Weise sich.

294

Ihm wird vollkommen alles Gute,

wie in der Strahlennacht der Mond,

zu Ruhm und Ruf gelangt er bald,

bei Freunden wird er nicht blockiert.

Rāhulo

295

Mit beidem bin ich gut versehn,

„Rāhula-Glück“ sie sahn in mir:

daß ich der Sohn des Buddho bin,

und daß ich durch Dinge sehe.

296

Daß ich die Einflüsse beseitigt,

daß nicht mehr ist ein Wiederwerden.

Bin Arahat, der Gabenwürdig,

hab Dreifachwissen, Todlosblick.

297

Die Sinnenblingen, Netzbedeckten,

verborgen unter Durstes Decke,

mit Lässigfessel festgebunden:

wie Fische sind sie vor dem Netz.

298

Die Sinnenlust hab ich gelassen,

zerschnitten gut des Māro Band,

samt Wurzel zog den Durst ich aus:

bin kühl geworden, bin erloschen.

Candano

299

Mit reinem Goldeganz bedeckt,

von vielen Sklavinnen verehrt,

das Kind auf ihre Hüfte nehmend:

so kam das Weib zu mir heran.

300

Da sah ich sie den Arm ausstrecken,

die Mutter meines eignen Sohnes, -

geschmückt war sie und schön gekleidet,

wie eine Todesfalle ausgelegt.

301

Da mir die klare Geistausrichtung

zum Ursprung hin ging in mir auf:

Gefahr mir wurde offenbar,

und Überdruß stellte sich ein.

302

Da löste sich das Herz mir ab.

Ach, sieh der Lehre Kerngesetz!

Drei Wissen sind nun voll erlangt,

getan des Buddho Weisung ist.

Dhammiko (Dhamma-Art, -artig)

303

Der Dhammo wirklich schützt den Dhamma-Geher,

der Dhammo, gut geübt, bringt Glück mit sich:

dies ist der Lohn bei gut geübtem Dhammo:

nicht schlechten Weg geht stets der Dhamma-Geher.

304

Der Dhammo nicht und der Nichtdhammo

ergeben beide gleiche Furcht -

der Nichtdhammo zur Hölle führt,

der Dhammo sorgt für guten Weg.

305

Darum bei Dhammas mach den Willen auf,

sich freuend so mit solchem Sugato -

beim Dhammo besten Sugatos die Jünger stehn,

geführt die Steten werden, Zufluchtspitzengänger.

306

Gebrochen ist der Schwellung Grund,

das Durstnetz ist herausgezogen -

Samsāro ist verdorrt, nicht gibt es etwas,

gleichwie der Mond bei klarer Vollmondnacht.

Sabbako (der überall ist)

307

Ach, wenn der Kranich mit rein-weißer Flügeldecke

vor dunkler Wolke voller Furcht erschrocken ist

und eilen wird zu seinem Schlafplatz, der ihn birgt:

dann macht der Fluß, die Ajakaranī, mich froh.

308

Ach, wenn der Kranich, schön in seinem reinen Weiß

vor dunkler Wolke voller Furcht erschrocken ist,

und sucht die Felsenhöhle, sich ganz schutzlos sehend:

dann macht der Fluß, die Ajakaranī, mich froh.

309

Wie sollten dort denn nicht erfreu’ n

die Apfelbäume zweifach da,

die leuchten an der Uferböschung,

weit hinter dieser großen Höhle.

310

Die „Gierigen“, sie gaben die Gemeinschaft auf,

die Frösche stoßen langsam ihr Gequake aus:

„Nicht ist jetzt Zeit den Bergesflüssen fern zu sein,

die Ajakaranī schenkt Frieden, Glück und Freude.“

Mudito (der Freudige)

311

Ich zog hinaus, dasLeben suchend,

und fand zurMönchsgemeinschaft hin, -

dort das Vertrauenich gewann,

und setzte feste Tatkraft ein.

312

Die Lust will aus dem Leib ich brechen,

die Fleischesmassen soll’n verdorren,

von meinen beiden Kniegelenken

die Beine sollen fallen ab.

313

Ich werd’ nicht essen, nicht ins Dorf geh’n,

mag dieses Kloster nicht verlassen,

nicht eher mich zur Seite legen,

bis ich den Durstpfeil ausgezogen.

314

So harrte ichgeduldig aus, -

sieh nur der Tatkraft weites Streben:

drei Wissen sind von mir erlangt,

getan des Buddho Weisung ist.