608
Die Tugend nur ihr mögt hier üben,
in dieser Welt gut eingeübt!
Denn ist die Tugendganz erlangt,
erschließt sie sich dem treuen Dienst.
(Denn Tugend nur den All-Erfolg
bringt nahe, wird gedienet ihr.)
609
Die Tugend schütze sich der Weise,
wenn er erwünscht sich dreifach Glück:
das Lob und den Gewinn von Wohlfahrt
und nach dem Tod im Himmel Freude.
610
Der Tugendhafte viele Freunde
durch seine Zügelung sich gewinnt,
der Tugenlose von den Freunden
beraubt ist durch sein Schlechtverhalten.
611
Auch nicht ein wenig Lob, nicht Ruhm
der tugendlose Mann bekommt, -
doch Lob und Ruhm und vieles Preisen
der Tugendhafte stets bekommt.
612
Beginn ist Tugend und ist Stütze,
der guten Dinge Mutterschoß
im Angesichte aller Dinge:
darum die Tugend kläre man.
613
Maß ist und Zügelung die Tugend,
des Herzens freudige Erhellung
(des Herzenstiefstes Freudenwort)
ist auch die Furt ja aller Buddhas:
darum die Tugend kläre man.
614
Die Tugend: Kraft -ganz unvergleichlich,
die Tugend: Waffe -höchster Art,
die Tugend: Schmuckstück - allerbestes,
die Tugend: Panzer - ungewöhnlich.
615
Die Tugend: Brücke -fest gegründet,
die Tugend: Duft -unübertrefflich,
die Tugend: Salbe -allerbeste,
wohin sie weht, in jede Richtung.
616
Die Tugend: Vorsorge- die Spitze,
die Tugend: Reisezehrung - höchste,
die Tugend: allerbester Führer,
wohin man geht, in jede Richtung.
617
Hier schon den Tadel er bekommt
und nach dem Tode erst, der Dumme,
allüberall der dumme Tor,
in Tugenden ganz ungesammelt.
618
Hier schon den guten Ruf bekommt,
danach im Himmelauch, der Heit’re,
der überall ist heiter, weise,
in Tugenden ist gut gesammelt.
619
Die Tugend eben hier ist Spitze,
der Weise aber ist der Höchste
bei Menschen und bei Göttern auch:
der Tugend und der Weisheit Sieg.
620
In niederm Stammgeboren bin,
ein Armer mit nur wenig Nahrung, -
geringes Werk, das war mein Teil:
war Blütenrestentferner nur.
621
Verabscheut war ich von den Menschen,
geschmäht war ich und nur verachtet, -
hatt’ niedrig meinen Geist gemacht
und grüßte noch die vielen Leute.
622
Dann sah ich ihn, den Vollerwachten,
vom Bhikkhu-Sangho tief verehrt,
wie er hineinging, großer Held,
nach Magadhā, der Menschen höchster.
623
Ich legte ab den Korb und Besen,
ihn zu verehren ging zu ihm, -
und voll Erbarmen mit mir fühlend,
stand vor mir da der Menschen höchster.
624
Als ich verehrt des Lehrers Füße,
zur Seite stellte ich mich dann, -
die Ordensweihe ich erbat
von aller Wesen Höchsten mir.
625
Und da der mitleidvolle Lehrer,
der aller Welt Erbarmer ist:
„Komm, Bhikkhu!“ einfach zu mir sprach, -
das war schon meine Aufnahme.
626
Alleine dann im tiefen Wald
ich lebte, war nicht träge dort,
erfüllte ganz des Lehrers Wort,
wie es gelehrt der Sieger mich.
627
Des Nachts zur ersten Wachezeit
früh’rer Geburt gedachte ich, -
des Nachts zur mittler’n Wachezeit,
das Himmelsauge war geklärt, -
des Nachts, zur letzten Wachezeit
die Dunkelmasse ich vertrieb.
628
Im Dämmerlichte dann der Nacht,
dem Sonnenaufgang schon entgegen,
der Indo und der Brahmā kamen,
verehrten mit dem Handgruß mich:
629
„Verehrung Dir, Du Rassemensch!
Verehrung Dir, Du höchster Mensch!
Die Einflüsse hast Du erschöpft,
bist gabenwürdig, edler Herr!“
630
Als mich der Lehrer so gesehn,
vom Göttersangho tief verehrt,
zog Lächeln über sein Gesicht,
und diesen Sinnspruch er da sagte:
631
„Durch glühend ernstes Brahmaleben,
durch Zügelung und durch Bezähmung,
dadurch ist ein Brahmane man, -
dies Höchstes des Brahmanentums.“