Theragāthā, Vers 1051-1090

(von Ekkehard Saß)

 

Mahākassapo (der große Kassapo)

1051

Nicht von der Menge hoch verehrt man lebe,

man ist bedrängt, kommt schwer zur Sammlung, -

die Massenvolkversammlung ist nur leidvoll,

und so geseh’n, die Menge man nicht möge.

1052

Nicht zu Familien möge gehn der Muni,

er wird bedrängt, kommt schwer zur Sammlung, -

wer gierig nur Geschmack begehrt,

gibt auf das Ziel, das einzig Glück nur bringt.

1053

„Das ist nur Staub!“ So habe ich erkannt, -

Gruß und Verehrung bei Familien

gleicht einem Pfeil, schwer zu entfernen:

schwer ist zu lassen Gastfreundschaft bei Schlechten.

1054

Vom Lager-Sitz erhob ich mich,

die Stadt um Almosen betrat, -

zu einem leprakranken Mann, der aß,

respektvoll stellte ich mich hin.

1055

Er reichte mit der linken Hand

mir einen Bissen dann herüber,

und als den Bissen er mir gab,

ein Finger löste sich ihm ab.

1056

An eine Baumwurzel mich lehnend,

den Bissen dann nahm ich zu mir, -

beim Essen und auch nach dem Essen

den Ekel gab es nicht für mich.

1057

Nur Weggeworfenes -die Nahrung,

und fauler Harn -die Medizin,

der Lager-Sitz - die Baumwurzel,

und Kehrichtlumpen -seine Robe:

wer dieses fähig ist zu tragen,

der ist Vier-Himmels-Enden-Mann.

1058

Wo manche tief hinunterstürzen

beim Klettern in dem Felsgebirge,

da wohl des Buddho guter Erbe,

klar wissend, voller Achtsamkeit,

von magisch-starker Kraft getragen,

der Kassapo klimmt leicht hinauf.

1059

Vom Bettelgang zurückgekehrt,

auf Felsen stieg der Kassapo, -

vertieft sich ohne jedes Haften,

verlassen ganz von Furcht und Schrecken.

1060

Vom Bettelgang zurückgekehrt,

auf Felsen stieg der Kassapo, -

vertieft sich ohne jedes Haften,

bei Brennenden schon ganz erloschen.

1061

Vom Bettelgang zurückgekehrt,

auf Felsen stieg der Kassapo, -

vertieft sich ohne jedes Haften,

tat, was zu tun, von Einfluß frei.

1062

Buschrosen in Girlanden weit,

dies Stückchen Erde freut den Geist,

Trompeter hallt hier schön herauf:

die Felsen, sie erfreuen mich.

1063

Blauschwarze Wolkenformen glänzen,

die kühlen Wasser tragen Reinheit, -

von roten Käfern ganz bedeckt,

die Felsen, sie erfreuen mich.

1064

Die Wolkenspitzen aufgerichtet,

dem schönsten Türmchendach so gleich, -

der Ruf der Geier hallt so schön:

die Felsen, sie erfreuen mich.

1065

Begossen sind die schönen Gründe,

die Berge, von den Weisen aufgesucht, -

voll tönen sie vom Pfauenschrei:

die Felsen, sie erfreuen mich.

1066

Es reicht dem, der Versenkung liebt,

mir Strebenden, der achtsam ist, -

es reicht mir, der das Ziel so liebt,

dem in sich strebenden Bhikkhu.

1067

Es reicht mir, der das Leichtsein liebt,

mir Strebendem, der Mönch nun ist, -

es reicht mir, der das Joch nur liebt,

dem in sich Strebenden von solcher Art.

1068

Die ganz von Flachsblüten besetzt,

gleichwie von Himmelswolkendecke,

und die von vielen Vögeln überstreut:

die Felsen, sie erfreuen mich.

1069

Nicht überstreut von Haushaltern,

von Wildtiergruppen nur besucht,

von ganz verschiednen Vögeln überstreut:

die Felsen, sie erfreuen mich.

1070

Das Wasser in den vielen Klippen,

in denen wilde Tierehausen,

mit Wasserpflanzen ganz bedeckt,

die Felsen, sie erfreuen mich.

1071

Musik im Fünfergruppenspiel

löst keine solche Freude aus,

wie der auf Einsgespitzte Geist

bei dem, der recht den Dhammo sieht.

1072

An Tat nicht viel er möge machen,

das Volk er möge meiden, nicht hinausgehn, -

wer eifrig ist, Geschmack er giert,

verläßt das Wohl, das Glück nur bringt.

1073

Das große Werk man setze nicht in Gang,

vermeide das, was nicht zum Ziele führt, -

es quält der Körper sich, ermüdet,

und voller Leiden nicht zur Ruh’ er findet.

1074

Mit Lippensieg alleine nur

das Selbst man niemals sehen kann,

steifnackig geht man da einher,

und „Ich bin besser!“ denkt man nur.

1075

Nicht besser, besser doch zu sein,

so denkt der Tor wohl sich das Selbst,

nicht können Weise ihn da loben,

den steif im Geist geword’nen Mann.

1076

Wer beim Gedanken „Besser bin ich!“

„Nicht bin ich besser!“ wiederum,

„Geringer bin ich oder gleich!“

nicht eingebildet sich erregt, -

1077

den Klugen, der nur recht noch spricht,

in aller Tugend gut gesammelt,

an Seelenfrieden angeschlossen,

den können Weise loben wohl.

1078

Wer zu den eignen Brahmamönchen

Verehrung nicht gewinnen kann,

entfernt ist der von wahrer Lehre,

wie von der Wolke ist die Erde.

1079

Bei welchen Scham, Gewissenscheu

ist immer richtig aufgestellt,

im Wachsen ist das Brahmaleben:

bei denen endet Wiederwerden.

1080

Ein Mönch, der unruhvoll und schwankend,

mit Müllplatzlumpen nur bedeckt:

gleichwie ein Aff’ mit Löwenfell,

bringt er dadurch kein Leuchten auf.

1081

Wer nicht unruhig, wer nicht schwankend,

wer klug, gezügelt bei den Sinnen,

der glänzt mit seinen Müllplatzlumpen,

dem Löwen gleich in Bergeshöhle.

1082

Hier diese vielen, vielen Götter,

die mächtigen, die hochgerühmten,

zehntausend Götter sind es wohl,

die alle Brahmā angehören.

1083

Den Dhamma-Heerführer, den Weisen,

groß in Vertiefung und gesammelt,

den Sāriputto sie verehren

und stehen mit dem Handgruß da:

1084

„Verehrung Dir, der Menschen Edler!

Verehrung Dir, der Menschen Höchster!

Was Dir so klar, versteh’n wir nicht:

auf was gestützt, man sich vertieft, -

1085

wie wunderbar ist der Erwachten

so tiefer, eig’ner Weidegrund!

Wir können ihn nicht recht erkennen,

die, Haar durchbohrend, wir versammelt.“

1086

Als er so bei den Götterscharen

den hochverehrten Araham,

den Sāriputto dann gesehen,

dem Kappino ein Lächeln kam.

1087

Soweit wie auf dem Buddhafeld

ist hingestellt ein großer Muni:

genau’ste Bahn mich zeichnet aus,

den, der mir ähnlich ist, nicht gibt es.

1088

Verehrt von mir der Meister ist,

getan des Buddho Weisung ist

und abgelegt die schwere Last,

der ganze Werdensfluß entfernt.

1089

Nicht bei der Robe, nicht beim Lager,

beim Essen nicht wird er beschmutzt, -

der Gotamo ist unermeßlich,

wie Lotusblüte unbenetzt vom Wasser, -

geneigt zum Weltaufgeben und dem Dreierwerden fern.

1090

Die Sati richten ist sein Nacken,

Vertrauen ist die Hand des großen Muni,

die Weisheit ists ein Kopf in großem Wissen, -

stets geht im Leben er erloschen.