Theragāthā, Vers 1146-1208

(von Ekkehard Saß)

 

Moggallāno

1146

Als Waldgänger, Almosengänger,

nur mit der Sammelschale froh,

laßt brechen uns des Todes Heer,

wir innen gut Gesammelten!

1147

Als Waldgänger, Almosengänger,

nur mit der Sammelschale froh,

wir schütteln durch des Todes Heer,

gleichwie das Reethaus der „Trompeter“.

1148

Baumwurzelsitzer, Standhafte,

nur mit der Sammelschale froh,

laßt brechen uns des Todes Heer,

wir innen gut Gesammelten!

1149

Baumwurzelsitzer, Standhafte,

nur mit der Sammelschale froh,

wir schütteln durch des Todes Heer,

gleichwie das Reethaus der „Trompeter“.

1150

In einer Knochenkettenhütte,

auf die das Fleisch ist aufgenäht,

pfui, sag ich, die auch voll Gestank,

ein fremder Körper, mein gemacht, -

1151

ein Sack voll Mist, mit Haut verschmiert,

die Brustgeschwulst dämonisch stark, -

neun Ströme sind in deinem Körper

und diese fließen überall.

1152

Und diesen deinen Neunstromkörper,

voll von Gestank, von Schmutz umgeben,

ihn wird ein Bhikkhu immer meiden,

wie Jauchegrub’, wer Reines liebt.

1153

Wenn so das Volk es würde wissen,

gleichwie es weiß nun einmal ich:

von weitem würde es dich meiden,

wie Kotplatz in der Regenzeit.

1154

So ist es wohl, du großer Held,

wie du, Asket, es einfach sagst:

hier sinken viele an mir nieder,

gleichwie in Staub ein alter Bulle.

1155

Im Himmelsraum weithin verblassend,

wer da sich denkt, hineinzumalen

mit einer völlig ander’n Farbe,

dem würde nur Verdruß entsteh’n.

1156

An solch ein raumgleiches Gemüt,

im Inneren wohl gut gesammelt, -

an Schlechtgemüt nicht halte dich,

wie Feuermasse flieht der Vogel.

1157

Sieh diese schmuckgemachte Puppe,

den Wundenkörper, aufgebaut,

den kranken, von Gedanken voll,

der Dauer und Bestand nicht hat!

1158

Da kam in mir der Schrecken auf,

da war in mir ein Haaressträuben

bei ihm, mit Vielem ausgestattet,

bei Sāriputto, der erloschen.

1159

Vergänglich, wahrlich, die Sankhāras,

Entstehn-Vergehen unterworfen,

entstanden, hören sie schon auf:

nur ihre Stille ist das Glück.

1160

Das Feine wahrlich sie durchdringen,

gleichwie Haarspitze mit dem Pfeil,

die die fünf Gruppen wirklich sehen

als Anderes und nicht als Selbst.

1161

Und die, die sehen die Sankhāras

als Anderes und nicht als Selbst,

durchdringen auch das Feine noch,

gleichwie Haarspitze mit dem Pfeil.

1162

Gleichwie von einem Schwert berührt

an seiner glühend heißen Spitze:

um Sinnenlustreiz aufzugeben,

zieh’ achtsam man als Mönch hinaus.

1163

Gleichwie von einem Schwert berührt

an seiner glühend heißen Spitze:

um Werdensreize aufzugeben,

zieh’ achtsam man als Mönch hinaus.

1164

Ermahnt vom Selbstenfalteten,

von dem, der letzten Körper trägt,

ich den Palast der Mutter von Migāro

mit einer Fußzehe erschütterte.

1165

Nicht ist für den, der nachgiebig,

nicht ist für den, der kaum beharrlich

Nibbānam wirklich zu erreichen,

das Aller-Fesseln-Ledig werden.

1166

Und dieser junge Bhikkhu hier,

er ist ein wahrlich höchster Mensch:

trägt seinen letzten Körper ab,

hat schon besiegt das Māro-Lasttier.

1167

In Bergesspalte schlagen Blitze,

in den Vebhāro und den Pandavo, -

in Bergesspalt gegangen sich vertieft

der Sohn des unvergleichlich Solchen.

1168

Im Innern still, im Innern froh,

mit fernem Lager-Sitz, ein Muni,

ein Erbe er des Buddhabesten,

von Brahmā selber tief verehrt.

1169

Den innen Stillen ,innen Frohen,

mit fernem Lager-Sitz, den Muni,

den Erben ihn des Buddhabesten,

verehr’, Brahman’, den Kassapo.

1170

Wer hundertfach Geburt einginge,

Geburten alle als Brahmane,

zum Segen als ein Vedenkenner

unter den Menschen immer wieder, -

1171

wenn einer hochgelehrt auch wäre

und der Drei Veden Jenseitsgänger:

dessen Verehrung ist nicht einmal

den kleinsten Teil von sechzehn wert.

1172

Wer auf die acht Befreiungen

zur Morgenzeit sich schon gestützt,

nach vorne und nach rückwärts hin

und dann erst um Almosen geht:

1173

So einen Bhikkhu nicht beleid’ge,

das Selbst nicht grab dir ab, Brahmane!

Bring tief in dir den Stolz zur Ruh

beim Araham von solcher Art!

Schnell mit dem Handgruß gib die Ehre!

Nicht bringe dich um deinen Kopf!

1174

Wer nicht die wahre Lehre sieht,

vor den Geburtenkreis gestellt,

geht hin und her auf krummem Pfad,

dem Abweg rennt er immer nach.

1175

Gleichwie ein Wurm, von Kot beschmiert,

von den Sankhāras angezogen:

versunken in Gewinn und Ehre,

vergeblich geht der Potthilo.

1176

Und diesen siehe, der dort kommt,

den Sāriputto, gut zu sehen,

den, der befreit auf beiden Wegen,

in seinem Innern gut gesammelt.

1177

Der frei vom Pfeil, der löste Fessel,

dreiwissensmächtig, Tod verlassend,

der Gaben würdig unter Menschen,

Verdienstfeld, nicht zu übertreffen.

1178

Sieh diese vielen Götter hier,

die mächtigen, die ruhmvollen,

zehntausende von Göttern sind es,

und allen Brahmā geht voran, -

den Moggallāno ehren sie,

sie stehen mit dem Handgruß da.

1179

„Verehrung dir, der Menschen Edler!

Verehrung dir, du höchster Mensch,

bei dem die Einflüsse erschöpft!

Der Gaben würdig bist du, Herr!“

1180

Verehrt wird er von Mensch und Gott,

geboren als ein Todbesieger,-

wie weißer Lotus nicht am Wasser,

an den Sankhāras klebt er nicht.

1181

Wer blitzesschnell die tausendfache Welt

erkannt, der ist dem Brahmā gleich, -

wer meistert die Magie, und Gehn und Kommen

auch bei der Gottheit immer sieht, ist Bhikkhu.

1182

Wie Sāriputto wer mit Weisheit,

mit Tugend und mit inn’rem Frieden

zum andern Ufer ging als Mönch,

könnt’ so wie er ein Höchster sein.

1183

Unendlich mehr als hunderttausend

an Selbsten könnte ich zugleich erschaffen, -

ich bin in Wundern sehr geschickt,

bin Meister in den höh’ren Kräften.

1184

Als Sammlungs-Wissensmeister zur Vollendung kam

der Moggallāno in des Losgelösten Botschaft, -

als Weiser er zerriß, gesammelt in den Sinnen,

gleichwie der Elefant die faule Ranke, seine Bande.

1185

Verehrt von mir der Meister ist,

getan des Buddho Weisung ist,

und abgelegt die schwere Last,

der ganze Werdensfluß entfernt.

1186

Zu welchem Zweck ich zog hinaus,

vom Haus in die Hauslosigkeit,

der Zweck ist nun von mir erreicht:

all meiner Fesseln Untergang.

1187

Von welcher Art war wohl die Hölle,

wo Dussi wurde heiß gequält,

als er den Jünger Vidhuro verletzt

und Kakusandho, den Brahmanen?

1188

An hundert spitze Eisendornen,

die mußt’ er alle innen fühlen:

von solcher Art war wohl die Hölle,

wo Dussi wurde heiß gequält,

als er den Jünger Vidhuro verletzt

und Kakusandho, den Brahmanen.

1189

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1190

Mitten im Ozean sie stehen,

Vimānas, die Äonen dauern, -

wie Lapislazuli sie glänzen,

im Lichte glühend, blendend hell, -

himmlische Nymphen tanzen dort,

und alle in verschied’nen Farben.

1191

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1192

Vom Buddho wahrlich ernst ermahnt,

erwartet von der Bhikkhuschar,

er den Palast der Mutter von Migāro

mit einer Fußzehe erschütterte.

1193

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1194

Der den Palast der Vejayanter

mit einer Fußzehe erschütterte, -

von magisch höh’rer Kraft getragen,

die Gottheit in Verwirrung brachte.

1195

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1196

Der im Palast der Vejayanter

den Sakko rundum glücklich fragt:

„Verstehst du, Freund, denn wirklich auch

des Durstversiegens Freiheitsstufen?“

Und Sakko dann erklärte ihm

gefragte Frage, wie’s so ist.

1197

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1198

Der da den Brahmā gründlich fragt,

ganz nah an der Sudhamma-Halle:

„Hast du, Freund, heute noch die Ansicht,

die Ansicht, die du früher hattest?

Siehst du nicht, wie zu Ende geht

das Strahlen in der Brahmawelt?“

1199

Und Brahmā dann erklärte ihm

gefragte Frage, wie’s so ist:

„Nicht hab ich, Herr, jetzt mehr die Ansicht,

die Ansicht, die ich früher hatte.

1200

Ich sehe, wie zu Ende geht

das Strahlen in der Brahmawelt, -

wie könnte ich falsch sagen noch:

Bin immerwährend, ewig da!“

1201

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1202

Der da des großen Neru Spitze

in der Befreiung vor sich sah,

den Wald der östlichen Videher,

die Männer, auf dem Boden liegend:

1203

Wer dieses wirklich tief versteht,

ein Bhikkhu, echter Buddhajünger:

verletzt du einen solchen Bhikkhu,

sinkst, Dunkler, du zum Leiden ab.

1204

Nicht wahrlich je das Feuer denkt:

„Ich halte hier den Toren fest!“

Der Tor jedoch, das brennend Feuer

verletzend, wird von ihm verbrannt.

1205

Und ebenso auch du, du Māra,

verletzend den Tathāgato,

wirst brennen dir das eigne Selbst,

gleichwie der Tor ans Feuer rührt.

1206

Nein, kein Verdienst erzeugte Māro,

verletzend den Thatāgato,-

was denkst du nun wohl, Schlechter, du?

Nicht mich das Schlechte quält jetzt mehr.

1207

Was du auch machst, dir stirbt das Schlechte

für lange Zeit, du Endiger!

Ach, Māra, lasse ab vom Buddho!

Trag’ kein Verlangen mehr nach Bhikkhus!

1208

So er den Māro tief erschreckte,

der Bhikkhu in dem Walde Bhesakalā.

Und da der dumme Torengeist

grad auf der Stelle schon verschwand.