Therigāthā (Vers 236-251)
Lieder der Nonnen (Übersetzt von KE Neumann)
Sechzehner-Bruchstück - Soḷasanipāto
Punnikā:
- 236
- Punnikā:
- Zu holen Wasser ging ich hin
- Zur kühlen Quelle Tag um Tag,
- Aus Furcht vor Strafe, strenger Zucht,
- Aus Furcht vor meiner Herrin Zorn.
-
- 237
- Was fürchtest du, Brahmane, da,
- Gebückt im Bache, Tag um Tag,
- Erzitternd, bebend im Gebein
- Vor Kälteschauern, scharfer Qal?
-
(Gewisse Brahmanen baden Sommer und Winter täglich dreimal im Freien. - Der
Brahmane mag Pokkharasāti sein: von dessen Dienerin Punnikā ist in M 99 die Rede.)
- 238
- DER BRAHMANE:
- Du weißt es, Frau, du weißt es wohl,
- O Punnikā, um was du fragst
- Den Mann, der frommes Werk begeht
- Und Frevelwerk vergasten macht.
-
- 239
- Wer je in Jugend, Alter je
- Getan hat Übel, arge Tat:
- Benetzt mit Wasser wird er neu
- Genesen sein von Sündenwerk!
-
(Vergl. M 7. - Nebst den großen
Flüssen Ganges, Yamunā, etc. gelten viele heilige Quellen als unendlich
wirksam; ganz analog der christlichen Taufe, die, wie wir heute wissen,
historisch daher abzuleiten ist.)
- 240
- Punnikā:
- Wer hat wohl solches offenbart,
- Ein Tor dem andern Toren, dir:
- «Benetzt mit Wasser wirst du neu
- Genesen sein von Sündenwerk?»
-
- 241
- Zum Himmel dann erhöben sich
- Schildkröten, Krokodile, ja,
- Und Schlangen, Frösche, was da frei
- In Wassern fristet, stieg' empor.
-
- 242
- Wer Schafe schlachtet, Eber hetzt,
- Wer Hirsche jagt, wer Fische fängt,
- Wer Räuber, Mörder, Henker ist,
- Getan hat ungeheure Tat:
- Benetzt mit Wasser würd' er neu
- Genesen sein von Sündenwerk.
-
- 243
- Wenn diese Wasser wüschen ab
- Von dir das Übel, einst getan,
- Sie wüschen auch das Gute weg:
- Und leer und ledig gingst du aus.
-
- 244
- Was hier dich ängstlich hat vermocht
- Im Bach zu baden Tag um Tag,
- Das meide nur, Brahmane, du,
- Bekümmern soll dich Kälte nicht.
-
- 245
- DER BRAHMANE:
- Verirrt in Irrsal bin ich, ach,
- Den Weg zum Heile zeigst du hell:
- O Frau, ich will dir Wasserguß
- Und meinen Mantel bringen dar!
-
(Der Brahmane will aus Dankbarkeit seinen kostbaren Mantel darreichen: der
Wasserguß über die Hände ist die übliche Form bei rechtsgültigen Schenkungen.)
- 246
- Punnikā:
- Behalt' ihn dir, den Mantel dein,
- Den Mantel hab' ich nicht begehrt:
- Doch wenn du fürchtest Leiden je,
- Wenn Leiden unlieb dich bedünkt,
-
- 247 - 248
- So meide tapfer Übeltat,
- Geheim und offen hüte dich!
- Solang du böse Taten tust,
- Solang du Böses wirken willst
- Wirst nie erlöst von Leiden du,
- Und nennst du gleich auch Jünger dich.
- Ja, wenn du fürchtest Leiden je,
- Wenn Leiden unlieb dich bedünkt,
-
- 249
- So komm': der Meister nimmt dich auf
- In seinen Orden, seine Zucht;
- In seiner Regel sei du rein,
- Zum Wohle wird es taugen dir.
-
- 250
- DER BRAHMANE:
- Mein Hort und Helfer sei der Herr
- Und seine Satzung, sein Gebot:
- Will rein in solcher Regel sein,
- Zum Wohle wird es taugen mir!
-
- 251
- Brahmanenlehrling war ich nur,
- Brahmanenmeister bin ich nun:
- Drei Wissen weiß ich, seh' den Sinn,
- Ich kenn' die Kunde, preiserprobt.
(Vergl. Therag. 221)