- Einleitung
- 1. Das Aufgedunsene Objekt
- 2. Das Blauverfärbte Objekt
- 3. Das eitrige Objekt
- 4. Das Aufgespaltene Objekt
- 5. Das Angenagte Objekt
- 6. Das Umhergestreute Objekt
- 7. Das Zerhackte und Umhergestreute Objekt
- 8. Das Blutige Objekt
- 9. Das Wurmige Objekt
- 10. Das Knochenobjekt
Nach den Kasinas aber wurden aufgezählt die 10 leblosen Ekelobjekte, nämlich
das Aufgedunsene Objekt, das Blauverfärbte Objekt, das Eitrige Objekt, das
Aufgespaltene Objekt, das Angenagte Objekt, das Umhergestreute Objekt, das
Zerhackte und Umhergestreute Objekt, das blutige Objekt, das Wurmige Objekt, das
Knochenobjekt.
Hierunter nun gilt als 'aufgedunsen' (uddhumātaka), was nach
Versiegung des Lebens durch allmählich sich erhebende Aufschwellungen
aufgedunsen ist, gleichwie ein mit Wind aufgeblasener Blasebalg. Das
Aufgedunsene aber ist dasselbe wie das Aufgedunsene Objekt; oder, weil dies
durch seine Widerlichkeit Abstoßende aufgedunsen ist, deshalb gilt es als das
Aufgedunsene Objekt. Eine derartig beschaffene Leiche wird damit bezeichnet.
,Blauverfärbt' ("vinīlaka, ist mit Weiß und Rot entstelltes,
vermischtes Blau", Kom.) nennt man etwas von entstellter blauer Farbe. Das
Blauverfärbte aber gilt als das Blauverfärbte Objekt; oder, weil das durch seine
Widerlichkeit Abstoßende blauverfärbt ist, deshalb gilt es als das Blauverfärbte
Objekt. So wird eine Leiche bezeichnet, die an den an Fleisch überwiegenden
Stellen rot, an den mit Eiter überhäuften Stellen weiß und häufig auch blau ist,
und an der blauen Stelle gleichsam ein blaues Gewand gehüllt zu sein scheint.
,Eitrig' (vipubbaka) nennt man den an aufgebrochenen Stellen des
Körpers hervorquillenden Eiter. Das Eitrige aber ist dasselbe wie das eitrige
Objekt; oder, weil das durch seine Widerlichkeit Abstoßende eitrigt, deshalb
gilt es als das Eitrige Objekt. Eine derartig beschaffene Leiche wird so
bezeichnet.
,Aufgespalten' (vicchiddaka) nennt man etwas, das durch Spaltung in
zwei Teile geöffnet ist. Das Aufgespaltene aber gilt als das Aufgespaltene
Objekt; oder, weil das durch seine Widerlichkeit Abstoßende aufgespalten ist,
gilt es als das Aufgespaltene Objekt. Eine in der Mitte aufgeschnittene Leiche
wird so bezeichnet.
,Angenagt' (vikkhāyitaka) nennt man etwas, das hier und da auf
mancherlei Weise von Hunden, Schakalen und anderen Tieren angefressen ist. Das
Angenagte aber ist dasselbe wie das Angenagte Objekt; oder, weil das durch seine
Widerlichkeit Abstoßende angenagt ist, deshalb gilt es als das Angenagte Objekt.
Eine derartig beschaffene Leiche wird so bezeichnet.
,Umhergestreut' (vikkhittaka) nennt man etwas, das auf mannigfache
Weise hingestreut ist. Das Umhergestreute aber gilt als das Umhergestreute
Objekt; oder, weil das durch seine Widerlichkeit Abstoßende umhergestreut ist,
deshalb gilt es als das Umhergestreute Objekt. So wird eine Leiche bezeichnet,
deren Teile auf diese und jene Weise umhergestreut sind, hier die Hand, da der
Fuß, dort der Kopf.
Als 'Zerhacktes und Umhergestreutes Objekt' (hata-vikkhittaka) gilt
etwas, das zerhackt und wie in der früheren Weise umhergestreut ist. So wird
eine Leiche bezeichnet, die, wie von Krähenfüßen zerkratzt, an allen Gliedern
mit dem Messer zerhackt und in besagter Weise umhergestreut ist.
Als 'Blutiges Objekt' (lohitaka) gilt etwas, das Blut ausspritzt,
vergießt, hier und da ausströmen läßt. So bezeichnet man eine Leiche, die mit
dem herausgesickerten Blute beschmiert ist.
Mit pulava (Ungeziefer) werden hier die Würmer bezeichnet. Als
'Wurmiges Objekt' (puluvaka) aber gilt etwas, das Würmer auswirft. So
bezeichnet man eine mit Würmern angefüllte Leiche.
Die Knochengebilde sind dasselbe wie das 'Knochenobjekt' (atthika);
oder, das durch seine Widerlichkeit abstoßende Knochengebilde gilt als das
Knochenobjekt. Damit bezeichnet man sowohl das ganze Knochengerippe, als auch
einen einzelnen Knochen.
Obige Namen gelten sowohl für die aufgrund dieser Ekelobjekte aufgestiegenen geistigen Bilder (nimitta) als auch für die während der geistigen Bilder erlangten Vertiefungen (jhāna).
Der Übungbeflissene, der die als Aufgedunsenes Objekt geltende Vertiefung zu entfalten wünscht, dadurch, daß er bei einer aufgedunsenen Leiche das geistige Bild (nimitta) erzeugt, begebe sich wie in der beim Erdkasina angegebenen Weise zu einem Lehrer von der beschriebenen Art und nehme das geistige Übungsobjekt entgegen. Indem ihm aber jener das geistige Übungsobjekt erklärt, teile er ihm alles zur Verwirklichung des Ekelobjektes Nötige mit, abschließend mit den Vorschriften betreffs der Vollen Sammlung (*1), nämlich die Vorschriften betreffs des Hingehens, das Beobachten des Objektes hinsichtlich jeder Stelle, das elffache Erfassen des Objektes, das Beachten des Hin- und Herwegs. Und der Übungsbeflissene sollte alles gut auffassen, sich an eine Wohnstätte von der oben beschriebenen Art begeben und dort wohnen, in der Suche nach dem Aufgedunsenen Objekt.
(*1) "Dies wird gesagt mit Rücksicht auf die vom Eintritt des Aufgefaßten Bildes (uggaha-nimitta) ab zu befolgenden und beim Erdkasina angegebenen Verhaltungsmaßregeln" (Kom.).
Sollte er nun, während er also verweilt, die Leute auch davon reden hören,
daß an so und so einem Dorftore, Waldeingang, Wege, Bergfuße, Baume oder
Leichenfelde eine aufgedunsene Leiche liege, so eile er nicht etwa gleich
dorthin wie einer, der in unergründlich tiefes Wasser springt. Und warum nicht?
Weil eben bei einer faulen Leiche wilde Tiere und Unholde hausen und somit für
ihn dort eine Lebensgefahr bestehen möchte. Oder aber, weil der Weg dorthin
durchs Dorftor oder am Badestrand vorbei oder über den Feldrand führt und ihm
dort unangemessene Bilder in sein Gesichtsfeld fallen, oder weil eben jene
Leiche unangessen für ihn ist. Denn für den Mann ist der weibliche Körper, und
für das Weib der männliche Körper unangemessen. Und wenn solch ein Körper erst
seit kurzem tot ist, so erscheint er gar noch schön, und dadurch möchte sein
Mönchswandel gefährdet werden.
Wer aber von sich glaubt, daß das für einen wie ihn keine ernste Gefahr bedeute, der möge in diesem Glauben hingehen, vor dem Gehen aber den Klosterältesten oder irgendeinen bekannten Mönch davon in Kenntnis setzen. Denn wenn er auf dem Leichenfeld von unliebsamen Vorstellungen, wie Gestalten, Stimmen usw. von Unholden, Löwen, Tigern u.dgl., überwältigt wird und er an allen Gliedern zittert, oder wenn ihm die genossenen Speisen nicht im Leibe bleiben (vidāha, Brennen, Hitze; Sauerwerden der Speisen im Magen) oder irgend eine andere Krankheit auftritt, so wird ihm jener Mönch Almosenschale und Gewand im Kloster gut aufbewahren oder junge Novizen zu ihm senden und für ihn sorgen.
Übrigens, auch Räuber, die das Leichenfeld für einen unverdächtigen Ort
halten, treffen dort vor oder nach ihrer Tat zusammen. Von den Menschen
verfolgt, werfen sie erst die Sachen vor dem Mönche nieder und fliehen dann
davon. Und die Leute ergreifen den Mönch und quälen ihn, da sie glauben, den
Dieb mit der Beute gefunden zu haben. Jener Klosterältere aber verschafft ihm
Sicherheit, indem er die Menschen aufklärt in den Worten: quält diesen nicht! Er
ist wegen solcher Übung dorthin gegangen und hat es mir vorher gesagt.'
Diesen Vorteil hat es, wenn man beim Gehen die anderen verständigt. Daher
verständige man zuerst einen Mönch von der beschriebenen Art und, vom Verlangen
nach dem Anblick des Ekelobjektes erfüllt, erwecke man in sich Begeisterung und
Freude und gehe hin, in der Weise, wie es in den Kommentaren beschrieben ist,
nämlich gerade wie ein Herrscher von Begeisterung und Freude erfüllt zum
Krönungsplatze schreitet, oder wie der Opfernde in die Opferhalle eintritt, oder
wie ein Armer einem aufgefundenen Schatze sich nähert. Folgendes nämlich wird
dort gesagt:
"Wer das aufgedunsene Objekt auffaßt, geht allein, ohne Gefährten; und
gewärtig der ungetrübten Achtsamkeit, die Sinne nach Innen gekehrt und ohne
seinen Geist nach Außen hin abschweifen zu lassen, achtet er auf Hin- und
Herweg. An dem Orte, an dem das Aufgedunsene Ekelobjekt liegt, verbindet er
einen dort befindlichen Felsen, Termitenhügel, Baum, Strauch oder eine
Schlingpflanze mit der Vorstellung, mit dem Objekt. Hat er dies getan, so stellt
er das Aufgedunsene Ekelobjekt fest hinsichtlich seiner Beschaffenheit. Und
jenes Objekt erfaßt er gut, u. zw. mit Hinsicht auf Farbe, Abzeichen, Gestalt,
Richtung, Örtlichkeit, Begrenzung, Gelenke, Öffnungen, Vertiefungen, Erhöhungen;
betrachtet es mit Hinsicht auf jede Stelle. Er merkt es sich wohl, legt es genau
fest. Hat er dies getan, so geht er allein, ohne Gefährten; und gewärtig der
ungetrübten Achtsamkeit, die Sinne nach Innen gekehrt und ohne seinen Geist nach
Außen hin abschweifen zu lassen, achtet er auf Hin- und Herweg. Auch beim Auf-
und Abwandern nimmt er einen der Richtung jenes Objektes angepaßten Gang an; und
auch beim Sitzen nimmt er einen der Richtung jenes Objektes angepaßten Sitz an.
"Worin nun besteht der Zweck und Vorteil, das Objekt hinsichtlich jeder
Stelle zu beobachten? Darin daß man nicht verworren wird. Worin aber besteht der
Zweck und Vorteil, das Objekt in elffacher Weise zu erfassen? Im Festhalten des
Objektes. Und worin besteht der Zweck und Vorteil, auf Hin- und Herweg zu
achten? Im Wiederherstellenkönnen des Vorganges.
"Und indem er den Segen der Übung erkennt und sie als etwas Wertvolles
betrachtend Ehrfurcht davor empfindet und sie liebgewinnt, bindet er seinen
Geist an diese Vorstellung fest, denkend: - 'Wahrlich auf diese Weise werde ich
Befreiung finden von Alter und Tod!' Und völlig abgeschieden von den sinnlichen
Dingen ... gelangt er in den Besitz der ersten Vertiefung. Und erreicht hat er
die erste Vertiefung der Feinkorperlichen Sphäre, den Himmlischen
Verweilungszustand und das in Geistelentfaltung bestehende Gebiet des
verdienstlichen Wirkens."
Die 3 Gebiete des Verdienstlichen Wirkens (puñña-kiriya-vatthu) sind:
- das im Geben bestehende verdienstliche Wirkensgebiet (dāna-maya-puññakiriyavatthu),
- das in Sittlichkeit bestehende verdienstliche Wirkensgebiet (sīla.),
- das in Geistesentfaltung bestehende verdienstliche Wirkensgebiet (bhāvanā.).
Für Erklärung s. A.VIII.36.
Wer daher zur Zügelung seines Geistes (*2) das Leichenfeld besuchen geht,
läute vorher die Glocke und gehe dann mit den versammelten Mönchen dorthin. Wer
jedoch wegen dieses Objektes als Hauptübung sich dorthin begibt, gehe allein,
ohne Gefährten, dabei seine ursprüngliche Übung nicht aufgebend, sondern im
Geiste erwägend. Er nehme einen Spazierstock oder Stab mit, um auf dem
Leichenfelde die Gefahren durch Hunde u.dgl. abzuhalten. Er mache, dadurch daß
er auf Grund seiner ursprünglichen Übung seine Achtsamkeit klar gewärtig halte,
dieselbe unzerstörbar; und dadurch, daß er die Sinne nach Innen gekehrt halte,
lasse er den Geist nicht nach außen hin abschweifen.
(*2) "Um seinen ungezügelten Geist in den befleckenden Leidenschaften zu zügeln, nicht aber zwecks des (speziellen) geistigen Übungsobjektes" (Kom.).
Schon beim Hinaustreten aus dem Kloster merke er sich das Tor: 'In solcher
Richtung bin ich durch so und so ein Tor hinausgegangen.' Dann stelle er fest,
ob der Weg, auf dem er geht, nach Osten, Westen, Norden oder Süden oder
irgendeiner Zwischenrichtung führt. Und indem er sich zum Orte hinbegibt, wo
sich das Objekt befindet, stelle er den zu befolgenden Weg fest, nämlich: 'An
dieser Stelle führt er nach links, an dieser nach rechts; an dieser befindet
sich ein Felsen, an dieser ein Termitenhügel an dieser ein Baum, an dieser ein
Strauch, an dieser eine Schlingpflanze'. Er gehe aber nicht gegen den Wind, denn
sonst möchte der Leichengeruch in seine Nase dringen und so sein Gehirn
angreifen oder bewirken, daß er die Speisen erbrechen muß, oder daß es ihm leid
wird hingegangen zu sein. Darum vermeide er den Gegenwind und gehe mit dem Wind.
Ist es aber nicht möglich, auf einem in der Windrichtung führenden Wege
hinzugelangen - insofern sich ein Berg dazwischen befindet, oder ein Abgrund,
Felsen, Zaun, Dornengestrüpp, Wasser oder Sumpf - so möge er seine Nase mit dem
Saum seines Gewandes verhüllen und so hingehen.
Nachdem er aber auf diese Weise hingelangt ist, betrachte er nicht etwa
gleich das Ekelobjekt, sondern stelle erst genau die Richtung fest. Denn in
gewisser Richtung stehend erscheint ihm das Objekt nicht deutlich, und der Geist
neigt nicht zur Tätigkeit. Daher vermeide er solche Richtung und stelle sich da
hin, wo ihm das Objekt deutlich erscheint und der Geist zur Tätigkeit neigt. Er
vermeide es, sowohl dem Winde zugekehrt als auch mit dem Winde gerichtet zu
stehen. Steht er nämlich dem Winde zugekehrt, so irren, durch den Leichengeruch
gequält, seine Gedanken umher; steht er aber mit dem Winde gerichtet, so
geraten, falls dort Unholde hausen, diese in Wut und fügen ihm Schaden zu. Daher
trete er ein wenig zur Seite, damit er nicht zu sehr in der Windricbtung stehe.
Aber auch in solcher Stellung stehe er nicht zu weit und nicht zu nahe, auch
nicht dicht bei den Füßen oder dem Kopfe (der Leiche). Steht er nämlich zu weit,
so ist das Objekt undeutlich; steht er aber zu nahe, so steigt ihm Furcht auf;
oder, steht er dicht bei den Füßen oder dem Kopfe, so erscheint das ganze
Ekelobjekt nicht gleichmäßig. Daher stelle er sich beim Hinblicken an eine
bequeme Stelle, nicht zu weit und nicht zu nahe von dem mittleren Teile der
Leiche.
Während er so dasteht, stelle er ringsumher die Gegenstände fest, wie erwähnt
in dem Ausspruch: "An jenem Orte verbindet er einen dort befindlichen Felsen . .
. oder eine Schlingpfanze mit dem Objekte." Hierbei nun gilt dies als die Art
und Weise des Feststellens: Wenn bei jenem Ekelobjekte in seinem Gesichtsfelde
sich ein Felsen befindet, so stelle er fest, ob dieser hoch oder niedrig ist,
klein oder groß, kupferfarbig, schwarz oder weiß, länglich oder rund. Dann merke
er sich: 'An dieser Stelle ist dies der Felsen, jenes das Ekelobjekt; dies das
Ekelobjekt, jenes der Felsen'. Auch wenn sich ein Termitenhügel dort befindet,
stelle er fest, ob dieser hoch oder niedrig ist, klein oder groß, kupferfarbig,
schwarz oder weiß, länglich oder rund. Dann merke er sich: 'An dieser Stelle ist
dies der Termitenhügel, jenes das Ekelobjekt'. Ebenso, wenn sich dort ein Baum
befindet, stelle er fest, ob es ein Bodhibaum (*3) ist oder ein Nigrodhabaum
(*4), ein Giftfeigenbaum (*5), ein Holzapfelbaum, ob er hoch oder niedrig ist,
groß oder klein, dunkel oder hell. Dann merke er sich: 'An dieser Stelle ist
dies der Baum, jenes das Ekelobjekt'. Ebenso, wenn es ein Strauch ist, stelle er
fest, ob es eine Sumpf-Dattelpalme ist, oder ein Karamandastrauch, oder
Oleander, oder Amarant, ob hoch oder niedrig, groß oder klein. Dann merke er
sich: 'An dieser Stelle ist dies der Strauch, jenes das Ekelobjekt.' Ebenso,
wenn es eine Schlingpflanze ist, stelle er fest, ob es Flaschenkürbis,
Wassermelone, Sarsaparilla (*6), Schwarzranke oder Stinkranke ist. Dann merke er
sich: 'An dieser Stelle ist dies die Schlingpflanze, jenes das Ekelobjekt'. Wenn
es aber heißt: 'Er verbindet den Gegenstand mit dem Objekt, mit der
Vorstellung', so ist eben jenes alles hierin eingeschlossen. Denn durch
wiederholtes Feststellen verbindet er den Gegenstand mit dem Ekelobjekt.
Insofern er jedesmal die beiden Dinge verbindend festsstellt: 'Dies ist der
Felsen, jenes das Ekelobjekt; dies ist das Ekelobjekt, jenes der Felsen' -
insofern verbindet er den Gegenstand mit der Ekelvorstellung ("beide
Vorstellungen macht er gleichsam zu einer einzigen Vorstellung....", Kom.).
(*3) assattha, skr. asvattha, Ficus religiosa, der Baum, unter dem der letzte Buddha die Erleuchtung gewann.
(*4) nigrodha, Ficus indica, der indische Feigenbaum, der oft einen gewaltigen Umfang erreicht, u.zw. infolge seiner im Boden Wurzel fassenden und zu mächtigen Stämmen heranwachsenden Luftwurzeln.
(*5) kacchaka, Cedrela toona. Nach dem Kom. identisch mit pilakkha, dem wellenblättrigen Feigenbaum, Ficus infectoria (Abhidhānapp. 559).
(*6) sāmā (skr. syāmā) = sāma-latā, ein Name für verschiedene Schlingpflanzen, darunter Sarsaparilla.
Nachdem er aber auf diese Weise (die Gegenstände) mit dem Objekt, mit der
Vorstellung, verbunden hat, denke er über die Beschaffenheit jenes Ekelobjektes
nach, über sein nicht mit den anderen Objekten gemeinsam habendes eigenes
Aufgedunsensein, gemäß dem Ausspruche: "Er stellt das Objekt hinsichtlich seiner
Beschaffenheit fest". Der Sinn ist der, daß er das Objekt nach seiner
Beschaffenheit und seinem Wesen feststellen soll als geschwürig und aufgedunsen.
Nach solcher Feststellung erfasse er das Objekt auf sechsfache Weise: mit
Hinsicht auf Farbe, Abzeichen, Gestalt, Richtung, Örtlichkeit und Begrenzung.
Und in welcher Weise? Der Übungsbeflissene stelle das Objekt hinsichtlich der
Farbe fest, nämlich ob es die Leiche eines dunkeln, hellen oder gelbhäutigen
Menschen ist. Hinsichtlich der Abzeichen aber soll er nicht etwa feststellen, ob
die Leiche männliche oder weibliche Abzeichen hat, sondern ob sie von einem
Menschen der ersten, mittleren oder letzten Lebensjahre stammt. Hinsichtlich der
Gestalt stelle er bei dem aufgedunsenen Objekte fest, daß dies die Gestalt des
Kopfes ist, dies des Halses, dies der Hände, dies des Leibes, dies des Nabels,
dies der Hüften, dies der Brust, dies der Beine, dies der Füße. Hinsichtlich der
Richtung aber stelle er fest, daß es bei der Leiche zwei Richtungen gibt: die
untere, vom Nabel abwärts; die obere, vom Nabel aufwärts. Oder aber, er stelle
fest: 'Ich befinde mich in dieser Richtung, das Ekelobjekt aber befindet sich in
jener.' Hinsichtlich der Örtlichkeit aber stelle er fest, daß an dieser Stelle
sich die Hände befinden, an dieser die Füße, an dieser der Kopf, an dieser der
Rumpf. Oder aber er stelle fest 'Ich befinde mich an dieser Stelle, das
Ekelobjekt aber befindet sich an jener'. Hinsichtlich der Begrenzung stelle er
fest: 'Jener Körper ist unten durch die Fußsohle begrenzt, oben durch den
Haarschopf, dazwischen durch die Haut; und bis zu den Begrenzungsstellen ist er
mit den zweiunddreißig faulen Stoffen angefüllt'. Oder aber er stelle fest: 'An
dieser Leiche ist dies die Begrenzung der Hände, dies der Füße, dies des Kopfes,
dies des Rumpfes'. Oder aber, was auch immer für eine Stelle er an dieser Leiche
erfaßt, eben diese soll er also begrenzen: 'Diese aufgedunsene Stelle ist von
solcher Beschaffenheit'.
Für einen Mann jedoch ist der weibliche Körper unangemessen, und für das Weib
der männliche Körper. Bei einem unangemessenen Körper aber steigt die
Vorstellung (des Ekels) nicht auf, und ein Grund zur Unruhe entsteht 'Denn
selbst als aufgedunsene Leiche noch fesselt das Weib das Herz des Mannes', wie
es im Kommentar zur Sammlung der Mittleren Reden heißt. Daher erfasse er bloß
bei einem angemessenen Körper auf diese sechs Weisen das Objekt. Hat einer aber
schon unter den früheren Buddhas dieses Objekt geübt, die Läuterungsübungen
(besonders des Friedhofasketen) erfüllt, die vier Grundelemente (Festes,
Flüssiges, Hitze- und Wind-Element) völlig zergliedert, die Daseinsgebilde
völlig erfaßt, das Geistige und Körperliche festgestellt (*), den Gedanken an
eine Wesenheit abgeschüttelt, die Mönchsregel erfüllt, und ist durch
(vorgeburtliche Eindrücke) beeinflußt, in der Geistesentfaltung geübt, trägt den
Keim dazu in sich, ist mit höherer Einsicht begabt, mit nur wenigen Befleckungen
behaftet, ein Sohn aus guter Familie: so steigt einem solchen, auf welche Stelle
(der Leiche) auch immer er hinblickt, das Gegenbild (patibhāga-nimitta)
auf. Sollte ihm dabei aber dieses noch nicht erscheinen, so wird es ihm
erscheinen, sobald er das Objekt in der (obigen) sechsfachen Weise auffaßt.
(*) D.s. die das Dasein ausmachenden 5 Gruppen, nämlich die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha) und die 4 geistigen Gruppen (nāma-kkhandha) nämlich: Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen und Bewußtsein. Ausführlich besprochen in XIV.
Sollte es ihm auch auf diese Weise nicht erscheinen, so erfasse er das Objekt
noch auf folgende fünffache Weise: hinsichtlich der Gelenke, Höhlungen,
Vertiefungen, Erhöhungen, hinsichtlich jeder Stelle.
,Hinsichtlich der Gelenke' bedeutet hier: hinsichtlich der 180 Gelenke. Wie
aber sollte er wohl bei der aufgedunsenen Leiche die 180 Gelenke feststellen
können! So stelle er denn die Gelenke aufgrund der 14 Hauptgelenke fest: je 3
Gelenke der rechten und linken Hand, des rechten und linken Beines, ein
Halsgelenk und ein Hüftgelenk.
,Hinsichtlich der Öffnungen': er stelle die als Öffnungen geltenden
Zwischräume zwischen Händen und Füßen fest, sowie die Leibhöhlung und die
Ohrenlöcher; ferner, ob Auge oder Mund geschlossen oder geöffnet sind.
,Hinsichtlich der Vertiefungen': er stelle bei der Leicbe die tiefliegenden
Stellen fest, wie Augenhöhle, Mundhöhle, Kehlkopfhöhle; oder aber: 'Ich stehe in
einer Vertiefung, die Leiche aber befindet sich auf einer Erhöhung'.
,Hinsichtlich der Erhöhungen': er stelle bei der Leiche die erhöhten Stellen
fest, wie Knie, Brust, Stirn; oder: 'Ich stehe auf einer Erhöhung, die Leiche
aber befindet sich in einer Vertiefung'.
,Hinsichtlich jeder Stelle': er stelle die Leiche an allen Stellen fest; und während er seinen Geist über die ganze Leiche schweifen läßt, hefte er seinen Geist auf diejenige Stelle, die ihm deutlich erscheint, denkend: 'Das Aufgedunsene Objekt! Das Aufgedunsene Objekt!' Wenn ihm keine solche Stelle erscheint, so hefte er seinen Geist auf den mit dem Leib endenden besonders aufgedunsenen Teil, denkend: 'Das Aufgedunsene Objekt! Das Aufgedunsene Objekt!'
Was nun die Worte anbetrifft: 'Und jenes Objekt faßt er gut auf usw.', so ist
Folgendes die entscheidende Erklärung: Der Übungsbeflissene fasse bei jener
Leiche in der erwähnten Weise das Objekt gut auf; und, seine Achtsamkeit
gründlich festigend, hefte er seinen Geist darauf. Während er dies nun wieder
und wieder tut, erwäge er das Objekt wohl, halte es fest. An einer Stelle, nicht
zu nahe und nicht zu weit von der Leiche, möge er stehend oder sitzend das
Objekt auffassen, indem er es mit offenen Augen betrachte. 'Abscheulich dieses
Aufgedunsene Objekt! Widerlich diese Aufgedunsene Leiche!': so denkend möge er,
hundertmal, auch tausendmal die Augen öffnend, das Objekt betrachten und dann
jedesmal bei geschlossenen Augen seinen Geist darauf heften. Indem er das in
dieser Weise immer und immer wieder tut, wird das Aufgefaßte Bild (uggaha-nimitta)
gut aufgefaßt. Wann aber ist das Bild gut aufgefaßt? Wenn ihm das Bild stets wie
ein und dasselbe erscheint, ganz gleich ob er es mit offenen Augen betrachtet
oder bei geschlossenen Augen den Geist darauf heftet: in diesem Falle ist das
Bild gut aufgefaßt.
Hat er nun jenes Bild gut aufgefaßt, gut festgehalten, gut festgestellt, ist
er aber dennoch nicht imstande, dabei die vollkommene Entfaltung zu erreichen,
so kehre er zu seiner Behausung zurück, und zwar genau wie in der für sein
Kommen beschriebenen Weise, nämlich: "allein, ohne Gefährten - eben jene
geistige Übung erwägend und seine Achtsamkeit gut festigend - die Sinne in sich
gekehrt und ohne seinen Geist nach Außen hin abschweifen zu lassen." Auch beim
Verlassen der Leichenstätte stelle er den Rückweg fest: 'Dieser Pfad, auf dem
ich fortgegangen bin, führt nach Osten oder Westen oder Norden oder Süden oder
nach einer Zwischenrichtung; an dieser Stelle führt der Weg nach links, an
dieser nach rechts; an dieser Stelle befindet sich ein Felsen, an dieser ein
Termitenhügel, an dieser ein Baum, an dieser ein Strauch, an dieser eine
Schlingpflanze.
Ist er nun nach Feststellung des Rückwegs zurückgekehrt, so nehme er beim
Auf- und Abwandern einen der Richtung jenes Objektes angepaßten Gang an, d.h. er
wandere an einer solchen Stelle auf und ab, die in der Richtung des Ekelobjektes
liegt. Auch beim Sitzen nehme er einen der Richtung jenes Objektes angepaßten
Sitz ein. Sollte sich aber in jener Richtung eine Erdspalte, ein Abhang, Baum,
Zaun oder Schlamm befinden und er nicht imstande sein, an einer in jener
Richtung liegenden Stelle auf- und abzuwandern und auch durch Mangel an Raum
dortselbst einen Sitz herzurichten, so möge er, auch ohne in jene Richtung zu
blicken, an einer dem Raum entsprechenden Stelle auf- und abwandern oder
niedersitzen den Geist aber wende er jener Richtung zu.
Hinsichtlich der Antworten nun auf die Fragen, welchen Zweck es habe, das
Objekt hinsichtlich jeder Stelle zu betrachten usw., nämlich: "den Zweck, daß
man nicht verworren wird usw.", da ist der Sinn folgender: Wenn man sich zu
verkehrter Zeit zu dem Orte des Ekelobjektes begibt und nach Betrachtung des
Objektes hinsichtlich jeder Stelle mit offenen Augen hinblickt, um das Bild
aufzufassen, und dabei jene Leiche sich aufzurichten, auszubreiten und einen zu
verfolgen scheint, so wird man beim Empfinden solcher schrecklichen, grausigen
Vorstellung gleichsam geistig verstört, irrsinnig, gerät in Angst, zittert, und
die Haare stehen einem zu Berge. In der Tat gibt es unter den im Kanon erklärten
achtunddreißig Vorstellungsobjekten kein anderes, das so grausig wäre wie gerade
dieses. Bei dieser geistigen Übung wahrlich mag einer der Vertiefung verlustig
gehen. Und weshalb? Wegen der äußersten Grausigkeit dieser Übung. Daher fasse
sich der Übungsbeflissene, festige gründlich seine Achtsamkeit, sich sagend: -
'Daß ein toter Körper sich aufrichten und einen verfolgen sollte, so etwas gibt
es nicht! Ja, käme der dabei befindliche Felsen oder die Schlingpflanze zu mir
heran, so möchte vielleicht auch die Leiche herankommen. Ebensowenig aber, wie
jener Felsen oder jene Schlingpflanze sich nähert, ebensowenig tut es auch die
Leiche. Diese bei dir aufgetretene Erscheinung ist deiner Vorstellung
entsprungen, aus deiner Einbildung entstanden. Die geistige Übung ist dir heute
gewärtig. Fürchte dich nicht, o Mönch!' Auf diese Weise die Angst vertreibend
und darüber Belustigung erzeugend, lasse er seinen Geist bei jenem Bilde
verweilen. Auf diese Weise erlangt er einen Fortschritt. Mit Rücksicht hierauf
aber wurde gesagt, daß das Betrachten des Objektes hinsichtlich jeder Stelle den
Zweck habe, daß man nicht verworren werde.
Hat jener Übungsbeflissene nun auf die elffache Weise die Auffassung des
Objektes erreicht, so hält er an der geistigen Übung fest. Denn bei geöffneten
Augen steigt ihm infolge des Hinschauens das Aufgefaßte Bild (uggaha-nimitta)
auf, und während er seinen Geist bei jenem Bilde verweilen läßt, steigt ihm das
Gegenbild (patibhāga-nimitta) auf. Dabei aber seinen Geist verweilen
lassend erreicht er die Volle Sammlung (1. Vertiefung). Nach dem Verweilen in
der Vollen Sammlung (*) entfaltet er den Hellblick (vipassanā) und
verwirklicht dabei die Heiligkeit. Darum wurde gesagt, daß das elffache Erfassen
des Objektes den Zweck habe (das Objekt) festzuhalten.
(*) D.h. nachdem er aus der Vollen Sammlung wieder herausgetreten ist, denn während der Vertiefung erlangt man keinen Hellblick (vipassanā) in die Vergänglichkeit, das Elend und die Unpersönlichkeit der 5 Daseinsgruppen.
"Der Zweck, auf Hin- und Herweg zu achten, besteht im Wiederherstellen des
Vorganges": das was hier als das Achten auf Hin- und Herweg bezeichnet wird, hat
den Zweck, den Vorgang der geistigen Übung wiederherzustellen. Sollte nämlich,
nachdem der Mönch seine geistige Übung aufgefaßt hat, ihn unterwegs bei seiner
Rückkehr irgend jemand nach dem Tage befragen: 'Den wievielten haben wir heute?'
oder ihm irgendeine andere Frage stellen, oder ihn begrüßen, so darf er nicht
etwa stumm weitergehen, weil er mit der geistigen Übung beschäftigt sei, sondern
gebe den Tag an, beantworte die Frage. Weiß er es nicht, so sage er: 'Ich weiß
es nicht'. Vorschriftsmäßige Begrüßung befolge er. Während er das nun tut,
schwindet ihm das aufgefaßte, aber noch unentwickelte geistige Bild. Und
obgleich ihm dieses schwindet, gebe er, befragt, den Tag an und sage, falls er
die Frage nicht beantworten kann, daß er es nicht wisse; weiß er es aber, so
sage er es auf der Stelle; auch freundlichen Gruß entbiete er. Erblickt er einen
besuchenden Mönch, so befolge er durchaus die gegen einen Gast übliche
freundliche Begrüßung. Auch erfülle er alle die übrigen in den Khandhakas
(Vatta-kkhandhaka; Vinaya-Pitaka) aufgezählten Pflichten, wie die betreffs des
Pagodenhofes, des Hofes um den Bodhibaum, des Uposathagebäudes, der Speisehalle,
des Feuerraumes, des Lehrers, des Unterweisers, der ankommenden und abreisenden
Mönche. Indem er nun solche Pflichten erfüllt, schwindet ihm jenes noch
unentwickelte geistige Bild. Und sollte er auch den Wunsch haben zur
Leichenstätte zu gehen, um das Objekt nochmals aufzufassen, so ist es ihm
entweder nicht möglich, dorthin zu gehen, weil jenes vielleicht von wilden
Tieren oder Unholden heimgesucht ist, oder das Aufgedunsene Objekt ist am
Verschwinden, denn eine aufgeschwollene Leiche geht nach Verlauf von einem oder
zwei Tagen in einen blauverfärbten Zustand über. Unter allen geistigen
Übungsobjekten gibt es keines, das so schwierig anzutreffen wäre wie gerade
dieses. Wenn daher auf solche Weise das geistige Bild geschwunden ist, setze
sich der Mönch an seinem nächtlichen Aufenthaltsort oder Tagesaufenthaltsort
nieder; und, solange er mit gekreuzten Beinen dasitzt, denke er nach über den
Hin- und Herweg: 'Durch dieses Tor bin ich aus dem Kloster hinausgetreten, den
nach dieser Richtung führenden Weg habe ich eingeschlagen, an dieser Stelle bin
ich links abgebogen, an dieser rechts; an dieser Stelle des Weges befand sich
ein Felsen, an dieser ein Termitenhügel, an dieser ein Baum, ein Strauch, eine
Schlingpflanze. Als ich nun auf jenem Wege hingelangt war, erblickte ich an
dieser Stelle das Ekelobjekt. In dieser Richtung stehend und überall auf diese
und jene Weise die Abzeichen beachtend, faßte ich auf solche Weise das
Ekelobjekt auf. In dieser Richtung verließ ich sodann die Leichenstätte, kehrte
auf solchem Wege, dieses und jenes tuend, zurück und sitze nun hier.' Während er
nun so nachsinnt, offenbart sich ihm jenes Bild und erscheint gleichsam vor ihn
hingestellt. Die geistige Übung aber nimmt genau wie in der früheren Weise ihren
Lauf. Darum heißt es, daß der Zweck, auf Hin- und Herweg zu achten, im
Wiederherstellenkönnen des Vorganges bestehe.
Nunmehr kommen die Worte: "Und indem er den Segen der Übung erkennt und, sie
als etwas Wertvolles betrachtend, Ehrfurcht davor empfindet und sie liebgewinnt,
bindet er seinen Geist an diese Vorstellung fest." Indem nämlich der Mönch,
seinen Geist bei dem aufgedunsenen widerlichen Objekte verweilen lassend, die
Vertiefung erweckt und dann, diese Vertiefung zum Stützpunkt nehmend, den
Hellblick (vipassanā) entfaltet, möge er des Segens gedenken: 'Wahrlich,
auf diesem Wege werde ich die Befreiung finden von Alter und Tod.'
Gleichwie ein armer Mann, der ein wertvolles Edelsteinkleinod erlangt hat,
dieses als Kleinod schätzt, Ehrfurcht davor empfindet und es mit großer Liebe
hegend bewacht, denkend: 'Etwas Seltenes, wahrlich, habe ich erlangt!' -genau so
möge der Übungsbeflissene jenes Objekt als Kleinod schätzen, Ehrfurcht davor
empfinden und es voller Liebe bewachen, denkend: 'Zuteil geworden ist mir da
dieses so schwer zu erlangende Übungsobjekt, wie einem Armen ein äußerst
wertvoller Edelstein.' Denn wer z.B. über die vier Grundelemente nachsinnt, faßt
die eigenen vier Grundelemente auf; wer die Betrachtung über Ein- und Ausatmung
übt, faßt den Wind in den eigenen Nasenlöchern auf; wer das Kasina übt, macht
sich ein solches und entfaltet es nach Belieben; ebenso leicht zu erlangen sind
die übrigen Übungsobjekte. Dieses Objekt aber bleibt bloß einen oder zwei Tage
bestehen und geht dann in einen blauverfärbten Zustand und dann in andere
Zustände über. Nichts gibt es, das schwerer zu erlangen wäre als dieses Objekt!'
An dem nächtlichen Aufenthaltsort wie an dem Tagesaufenthaltsort klammere er
immer und immer wieder seinen Geist an das Objekt: 'Abscheulich, dieses
aufgedunsene Objekt! Widerlich diese aufgedunsene Leiche!' Und immer und immer
wieder hefte er seinen Geist auf das Objekt, erwäge es, bearbeite es immer
wieder mit seinen Gedanken. Während er dies tut, steigt ihm das geistige
Gegenbild (patibhāga-nimitta) auf.
Das nun ist der Unterschied zwischen den beiden Bildern: das 'Aufgefaßte
Bild' (uggaha-nimitta) erscheint geradezu unförmig, grausig, ist
schrecklich anzusehen; das 'Gegenbild' (patibhāga-nimitta) indessen
erscheint wie ein an allen Gliedern dicker Mann, der sich vollgefressen hat und
am Boden liegt.
Gleichzeitig mit der Erlangung jenes Gegenbildes schwinden die fünf Hemmungen
(nivarana), nämlich: Infolge des Nichtbeachtens der äußeren Sinnenobjekte
kommt es durch Zurückdrängung (vikkhambhana) zum Schwinden der Sinnengier
(kāma-cchanda). Infolge des Schwindens der Zuneigung schwindet auch das
Übelwollen (vyāpada), gleichwie beim Schwinden des Blutes auch der Eiter
schwindet. Ebenso schwindet infolge der Willensanspannung die geistige Starrheit
und Mattheit (thīna-middha). Durch Befolgung des zur Gewissensruhe
führenden friedvollen Gesetzes schwindet die geistige Aufgeregtheit und
Gewissensunruhe (uddhacca-kukkucca). Durch Verwirklichung des gewonnenen
Fortschrittes aber schwindet der Zweifel (vicikicchā) über den den Weg
weisenden Meister, über den Weg, über des Weges Ziel. Und die Vertiefungsglieder
offenbaren sich, nämlich: die durch Befestigung des Geistes in eben jenem Bilde
sich kennzeichnende 'Gedankenfassung' (vitakka); das die Funktion des
Überstreichens des Bildes ausübende 'Diskursive Denken' (vicara); die
durch Erreichung des gewonnenen Fortschrittes bedingte 'Verzückung' (pīti);
das 'Glücksgefühl' (sukha), das bedingt ist durch die im geistig
verzückten entstandene Beruhigung; ferner die 'Einspitzigkeit' (ekaggatā)
des Geistes, die bedingt ist durch das zufolge der Geistessammlung in dem
Beglückten entstandene Glücksgefühl.
Somit entsteht in ihm in eben jenem Augenblicke auch die einem Abbild der
ersten Vertiefung gleichende 'Angrenzende Vertiefung' (upacāra-jhāna).
Von hier bis zum Erreichungszustande der ersten Vertiefung, sowie der
Meisterschaft, ist alles in der anläßlich des Erdkasinas beschriebenen Weise zu
verstehen.
Alles, was da an Merkmalen erwähnt wurde, beginnend mit dem Hingehen (zur Leichenstätte), gemäß der Erklärung: "Wer das Aufgedunsene Ekelobjekt auffaßt, geht allein, ohne Gefährten, gewärtig der Achtsamkeit usw.": alles das ist nunmehr auch hinsichtlich der anderen Ekelobiekte, wie des Blauverfärbten Objektes usw., genau in der besprochenen Weise zu verstehen, einschließlich der entscheidenden Erklärung, bloß daß man hier und da aufgrund dieses oder jenes Objektes das Wort 'das Aufgedunsene Objekt' zu ändern hat, in der Weise: "Wer das Blauverfärbte Ekelobjekt auffaßt" oder "Wer das eitrige Ekelobjekt auffaßt" usw.
Dies jedoch ist der Unterschied:
Hinsichtlich des Blauverfärbten Objektes erwecke der Übungsbeflissene im
Geiste die Erwägung 'Abscheulich solch Blauverfärbtes Objekt! Widerlich solch
blauverfärbte Leiche!' Hierbei erscheint das 'Aufgefaßte Bild'
(uggaha-nimitta)
gesprenkelt, gefleckt. Das 'Gegenbild' (patibhāga-nimitta) aber erscheint
in hervorstehender Farbe.
Hinsichtlich des Eitrigen Objektes erwecke der Übungsbeflissene im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch Eitriges Objekt! Widerlich solch eitrige Leiche!' Das 'Aufgefaßte Bild' hierbei scheint gleichsam zu fließen, während das 'Gegenbild' unbewegt und fest erscheint.
Das Aufgespaltene Objekt findet man auf dem Schlachtfelde, oder in einem
Räuberwalde, oder auf einem Leichenfelde auf dem die Fürsten die Räuber
verstümmeln lassen, oder aber in einer Gegend des Waldes wo die Menschen von
Löwen und Tigern zerrissen werden. Wenn daher dem Übungsbeflissenen nach dem
Hingehen zu einer solchen Stelle die selbst in verschiedenen Richtungen
liegenden Leichenteile bei einem einzigen Blicke in sein Gesichtsfeld fallen, so
ist es gut; wenn nicht, so berühre er diese nicht etwa selber mit der Hand, denn
durch solche Berührung wird er mit ihnen vertraut (d.h. er verliert den Ekel
davor). Er lasse daher einen Klosterdiener oder Novizen oder irgend einen
Anderen diese Teile an einer Stelle zusammensetzen. Findet er niemanden, so
schiebe er vermittels eines Spazierstockes oder Stabes die Leichenteile
zusammen, indem er jedesmal zwischen ihnen einen Zoll Zwischenraum lasse. Hat er
diese so zusammen gebracht. so erwecke er im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich
solch Aufgespaltenes Objekt! Widerlich solch aufgespaltene Leiche!'
Hierbei nun erscheint das 'Aufgefaßte Bild' gleichsam in der Mitte aufgeschnitten, das 'Gegenbild' aber ganz ausgefüllt.
Hinsichtlich des Angenagten Objektes erwecke der Mönch im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch Angenagtes Objekt! Widerlich solch angenagte Leiche!' Das 'Aufgefaßte Bild' erscheint dabei gleichsam hier und da angenagt, das 'Gegenbild' aber ganz ausgefüllt.
Auch das Umhergestreute Objekt möge der Übungbeflissene genau wie in der für das Aufgespaltene Objekt beschriebenen Weise, mit je einem Finger Zwischenraum (zwischen den einzelnen Teilen), zusammensetzen oder zusammensetzen lassen. Dann erwecke er im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch Umhergestreutes Objekt! Widerlich solche umhergestreuten Leichenteile!' Das 'Aufgefaßte Objekt' hierbei erscheint mit deutlichen Zwischenräumen, das 'Gegenbild' aber ganz ausgefüllt.
Auch das Zerhackte und Umhergestreute Objekt findet man an solchen Orten, wie anläßlich des Aufgespaltenen Objektes beschrieben. So möge denn der Übungsbeflissene sich dorthin begeben und die Teile in der beschriebenen Weise zusammensetzen oder zusammensetzen lassen, sodaß jedesmal dazwischen ein Zoll Zwischenraum bleibt. Dann erwecke er im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch Zerhacktes und Umhergestreutes Objekt! Widerlich solch zerhackte und umhergestreute Leiche!' Das 'Aufgefaßte Bild' ist hierbei gleichsam wie die Öffnung einer Wunde, das Gegenbild' aber ganz ausgefüllt.
Das blutige Objekt findet man auf Schlachtfeldern und ähnlichen Plätzen, wenn den dort Verwundeten, denen Hände und Füße abgeschlagen wurden, (das Blut aus den Wunden fließt), oder wenn aus den Öffnungen der aufgeplatzten Beulen, Geschwüre usw. das Blut hervorquillt. Bei solchem Anblicke aber erwecke der Mönch im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch blutiges Objekt! Widerlich solch blutiges Objekt !'
Hierbei nun erscheint das 'Aufgefaßte Bild' wie eine vom Winde gepeitschte
flatternde rote Fahne, das 'Gegenbild' aber erscheint ruhig.
Das Wurmige Objekt bildet sich nach zwei oder drei Tagen, wenn aus den neun offenen Löchern (das sind die 2 Augen, 2 Ohren, 2 Nasenlöcher, Mund, After und Geschlechtsteil) der Leiche Haufen von Würmern hervorkriechen. Übrigens sieht solches Objekt aus wie ein Haufen gekochten Reises, groß wie der Körper von Hund, Schakal, Mensch, Ochse, Büffel, Elefant, Pferd oder Riesenschlange usw. Bei irgend einem von diesen also erwecke der Übungbeflissene im Geiste die Erwägung: 'Abscheulich solch Wurmiges Objekt! Widerlich solch wurmige Leiche!' Dem Ordensälteren Cūlatissa, dem Almosengänger, stieg z.B. beim Anblick einer Elefantenleiche im Kaladīgha See das geistige Bild auf. Das 'Aufgefaßte Bild' hierbei erscheint gleichsam zitternd, das 'Gegenbild' dagegen ruhig wie ein Haufen gekochten Reises.
Das Knochenobjekt wird in verschiedener Weise beschrieben in den Aussprüchen
(M.10): "Gleichsam als sähe er eine auf das
Leichenfeld hingeworfene Leiche, ein Knochengerippe, noch mit Fleisch und Blut
beklebt und von den Sehnen zusammengehalten usw." Der Übungsbeflissene begebe
sich daher zu dem Orte, wo jenes Knochenobjekt liegt, verbinde die ringsumher
befindlichen Gegenstände wie Felsen u.dgl. mit dem Objekte, mit der Vorstellung,
merke sich das Objekt nach seiner Beschaffenheit 'Dies ist das Knochenobjekt'
und fasse es in elffacher Weise auf, wie hinsichtlich der Farbe usw.
Betrachtet er das Objekt aber als etwas der Farbe nach Weißes, so steigt ihm
das Bild nicht auf, und eine Vermengung mit dem Weißkasina findet statt. Darum
betrachte er das Knochenobjekt bloß im Sinne von etwas Widerlichem.
,Abzeichen' bezeichnet hier die Hände usw.; daher stelle er das Objekt fest mit Hinsicht auf die Abzeichen, wie Hände, Füße, Kopf, Leib, Arme, Hüfte, Oberschenkel und Unterschenkel.
,Hinsichtlich der Gestalt': er stelle das Objekt fest, ob lang, kurz, rund, viereckig, klein oder groß.
,Richtung' und Örtlichkeit' sind ganz in der beschriebenen Weise zu verstehen.
,Hinsichtlich der Abgrenzung': er stelle das Objekt fest im Sinne der Umgrenzung dieses oder jenes Knochens, fasse dann denjenigen Knochen, der ihm dabei am deutlichsten erscheint, als Objekt auf und gewinne so die Volle Sammlung.
,Hinsichtlich der Vertiefungen und Erhebungen': er stelle das Objekt fest im
Sinne der tiefliegenden und hochliegenden Stellen dieses oder jenes Knochens.
Auch hinsichtlich der Örtlichkeit stelle er das Objekt fest, nämlich: 'Ich stehe
in einer Vertiefung, der Knochen aber befindet sich auf einer Erhöhung'; oder:
'Ich stehe auf einer Erhöhung, der Knochen aber befindet sich in einer
Vertiefung'.
,Hinsichtlich der Gelenke': er stelle das Objekt fest hinsichtlich der
Stellen, an denen sich die Knochen jedesmal berühren.
,Hinsichtlich der Öffnungen': er stelle das Objekt fest hinsichtlich der
Zwischenräume zwischen den Knochen.
,Hinsichtlich jeder Stelle': er stelle das Objekt fest, indem er seinen Geist
über jede Stelle (des Objektes) schweifen lasse: 'An dieser Stelle ist dies das
Knochenobjekt'.
Sollte nun selbst auf diese Weise das geistige Bild nicht aufsteigen, so
hefte er seinen Geist auf den Stirnknochen. Gerade so nun wie hier, soll er auch
bei den früheren Ekelobjekten, wie dem Wurmigen Objekte usw., überall wo es
angebracht ist, das elffache Auffassen des Objektes in Betracht ziehen. Die
geistige Übung aber gelingt sowohl bei einem ganzen Knochengerippe als auch bei
einem einzelnen Knochen. Daher fasse er das Bild bei irgendeinem von diesen
Objekten in elffacher Weise auf und erwecke dann im Geiste die Erwägung:
'Abscheulich solch Knochenobjekt! Widerlich solch Knochenobjekt!'
Hierbei nun sollen (nach den Kommentaren) das 'Aufgefaßte Bild' und das
'Gegenbild' einander völlig gleich sein. Das trifft wohl bei einem einzelnen
Knochen zu, hinsichtlich des Knochengerippes jedoch ist es eine Tatsache, daß
sich im 'Aufgefaßten Bilde' noch Lücken zeigen, während das 'Gegenbild' ganz
ausgefüllt ist. Aber auch bei einem einzelnen Knochen muß das 'Aufgefaßte Bild'
grausig und schrecklich sein, während das 'Gegenbild' dadurch, daß es zur
Angrenzenden Vertiefung führt, Verzückung und Freude erzeugen muß. Was nämlich
bezüglich dieser Stelle in den Kommentaren gesagt wird, das wird gesagt bloß um
eine Einführung zu geben. So z.B. fehlt auch dort (in den Kommentaren) bei den
Vier Göttlichen Verweilungszuständen (IX), sowie bei den zehn Ekelobiekten das
'Gegenbild' (patibhāga-nimitta). Denn in den Göttlichen
Verweilungszuständen (brahma-vihāra) sei schon die Vermengung der Grenzen
das geistige Bild; und sobald man bei den 10 Ekelobjekten frei von Zweifel
geworden und bloß noch der widerliche Zustand zu sehen sei, bestehe das geistige
Bild. Trotz solcher Behauptung treten nichtsdestoweniger unmittelbar
nacheinander die beiden geistigen Bilder auf: das 'Aufgefaßte Bild' und das
'Gegenbild'.
Das Aufgefaßte Bild erscheint, wie gesagt, unförmig, grausig, schrecklich
usw. Was wir also nach gründlicher Untersuchung behauptet haben, genau das
trifft hier zu. Daß übrigens dem Ordensälteren Mahatissa schon beim bloßen
Anblicke der Zähneknochen der ganze Körper des Weibes als Knochenbündel erschien
und andere dgl. Berichte, bieten Beispiele hierfür.
- So hat der Zehnfachmächtige (dasa-bala), der Tugendreine,
- Der Tausendäugige, der Ruhmgepriesene,
- Die Ekelübungen als Grundlagen erklärt
- Für diese oder jene der Vertiefungen.
- Hat diese man sich also gut gemerkt
- Samt ihrer richtigen Entfaltungsweise,
- So möge auch die weiter'n Einzelheiten
- Man über diese Dinge kennen lernen.
Wer nämlich bei irgendeiner von diesen Übungen die Vertiefung erreicht hat,
der führt, infolge des völligen Zurückgedrängtseins der Gier, einen gierlosen
Wandel, genau wie der Gierlos (*). Nichtsdestoweniger aber sollte man wissen,
daß diese erwähnte (zehnfache) Einteilung der Ekelobjekte sowohl aufgrund ihres
Erreichens des Aufgedunsenen Zustandes und der übrigen körperlichen Zustände
geschieht, als auch mit Rücksicht auf die Einteilung der Begehrlichgearteten.
(*) Nur daß bei ihm die Gier bloß zeitweise zurückgedrängt, nicht aber restlos und für immer erloschen ist wie bei dem Gierlosen, d.i. dem vollkommen Heiligen
Während nämlich der tote Körper in einen widerlichen Zustand übergeht, mag er
entweder in den aufgedunsenen Zustand übergehen oder in irgendeinen anderen, wie
den blauverfärbten Zustand usw. Welchen Zustand der Übungsbeflissene daher auch
immer anzutreffen imstande ist, bei dem fasse er das Bild auf, nämlich:
'Abscheulich solch Aufgedunsenes Objekt!' oder 'Abscheulich solch Blauverfärbtes
Objekt' usw. Auf diese Weise also hat man zu verstehen, daß aufgrund des
Eintretens in die verschiedenen Zustände die zehnfache Einteilung der
Ekelobjekte gelehrt wurde.
Mit Hinsicht auf ihre Verschiedenartigkeit ist das Aufgedunsene Objekt,
insofern es den Zerfall der körperlichen Form zeigt, geeignet für einen, der
lüstern ist nach schönen Formen. Insofern das Blauverfärbte Objekt das Schwinden
der Hautfarbe zeigt, eignet es sich für einen, der lüstern ist nach schöner
Hautfarbe. Insofern das Eitrige Objekt den mit den körperlichen Geschwüren
verbundenen Gestank zeigt, eignet es sich für einen, der lüstern ist nach dem
durch Blumen, Wohlgerüche u.dgl. erzeugten Duft des Körpers. Insofern das
Aufgespaltene Objekt das innere Durchhöhltsein des Körpers zeigt, eignet es sich
für einen, der lüstern ist nach körperlicher Fülle. Insofern das Angenagte
Objekt die Zerstörung der einst vorhandenen Schwellungen des Fleisches zeigt,
eignet es sich für einen, der lüstern ist nach den Schwellungen des Fleisches an
den Brüsten und ähnlichen Körperstellen. Insofern das Umhergestreute Objekt den
Zerfall all der großen und kleinen Gliedmaßen zeigt, eignet es sich für einen,
der lüstern ist nach Anmut aller Glieder. Insofern das Zerhackte und
Umhergestreute Objekt den Zerfall und Wandel des Körperbaues zeigt, eignet es
sich für einen, der lüstern ist nach vollendetem Körperbau. Insofern das Blutige
Objekt die Widerlichkeit des blutbeschmierten Körpers zeigt, eignet es sich für
einen, der lüstern ist nach der durch Aufputzen erzeugten Schönheit. Insofern
das Wurmige Objekt zeigt, wie der Körper zahlreichen Arten von Würmern angehört,
eignet es sich für einen, der hinsichtlich des Körpers von der Gier erfüllt ist:
'Das gehört mir!' Insofern das Knochenobjekt die Widerlichkeit der Körperknochen
zeigt, eignet es sich für einen, der lüstern ist nach vollkommen schönen Zähnen.
Somit ist es zu verstehen, wenn erklärt wird, daß auch mit Rücksicht auf die
Einteilung der begehrlichen Naturen die Einteilung der Ekelobjekte eine
zehnfache ist.
Gleichwie nun aber in einem Flusse, mit seinen reißenden Fluten und
unaufhaltsam eilenden Wassern, das Schiff bloß vermöge des Steuers feststeht und
man ohne Steuer es nicht festhalten kann: so auch ist hier infolge der Schwäche
der Vorstellung (*) der Geist nur mit Hilfe der Gedankenfassung (vitakka)
gesammelt und steht fest, und ohne Gedankenfassung (d.i. in der 2.-4.
Vertiefung) ist man außerstande ihn festzuhalten. Daher entsteht bei diesen zehn
Ekelobjekten bloß die erste Veriefung, nicht aber die zweite und die übrigen
Vertiefungen.
(*) "Diese Vorstellung nämlich vermag wegen ihrer Widerlichkeit den eigenen Geist nicht zu festigen" (Parākr.)
Doch infolge des Erkennens des Segens (denkend): 'Wahrlich, auf diesem Wege werde ich die Befreiung finden von Alter und Tod', und ebenso infolge der Überwindung der quälenden Hemmungen, steigt selbst bei dieser widerlichen Vorstellung Verzückung und Glüeksgefühl auf. Der Übungsbeflissene gleicht hierbei dem Dreckausfeger, dem aufgrund seines Dreckhaufens Freude aufsteigt, indem er seinen Vorteil bedenkt: 'Nun werde ich so viel Lohn bekommen'; oder er gleicht einem Kranken, der bei Anwendung von Brech- und Abführmitteln sich über die Stillung der schmerzhaften Krankheit freut.
Obgleich dieses Ekelobjekt zehnfach ist, so ist es doch den Merkmalen nach
bloß eines, denn diese zehn Ekelobjekte haben als Merkmal alle eine durchaus
unreine, übelriechende, ekelhafte, abstoßende Beschaffenheit. Und nicht bloß bei
einem toten Körper erscheint dieses Ekelobjekt mit solchem Merkmale, sondern
auch beim lebendigen Körper tritt es zutage, wie z.B. im Falle des Ordensälteren
Mahatissa vom Cetiyaberg beim Anblicke der Zahnknochen, oder im Falle des dem
Ordensälteren Sangharakkhita aufwartenden Novizen
beim Anblicke des auf dem Rücken eines Elefanten befindlichen Königs. Denn genau
so wie der tote Körper, ist auch der lebendige Körper etwas Ekelhaftes, nur
tritt bei diesem das Merkmal der Unreinheit nicht so hervor, da es durch
hinzugekommenen Schmuck verhüllt ist. Seiner Natur nach aber ist dieser Körper
eine Anhäufung von über dreihundert Knochen, durch einhundertachtzig Gelenke
miteinander verbunden, durch neunhundert Sehnen zusammengehalten, von
neunhundert Fleischstücken überzogen, von der feuchten menschlichen Lederhaut
überspannt, in die Unterhaut eingehüllt, voller Höhlungen und Löcher, wie eine
Ölpfanne beständig sickernd und tröpfelnd, von unzähligen Würmern heimgesucht,
eine Quelle der Krankheiten, ein Sitz der Leiden, wie ein aufgebrochenes altes
Geschwür beständig aus allen neun schwärigen Öffnungen tröpfelnd, dieser Körper,
dem aus beiden Augen und Ohren der Dreck hervorquillt, aus den Nasenlöchern der
Rotz, aus dem Munde Speise, Galle, Schleim oder Blut, aus den unteren Öffnungen
Kot und Urin, aus den neunundneunzig tausend Poren unreine Schweißabsonderung,
dieser Körper, den die Schmeißfliegen und andere Fliegen umschwärmen.
Möchte man seinen Körper nicht pflegen, keine Zahnstäbchen gebrauchen, sich nicht das Gesicht waschen, die Kopfhaare ölen, sich nicht baden, bekleiden, bedecken u.dgl., so möchte selbst der König, wenn er in solchem Naturzustande (eig. 'so wie er geboren ist'), mit wilden, struppigen Haaren, von Ort zu Ort zöge, nicht zu unterscheiden sein von irgend einem beliebigen Dreckausfeger oder Ausgestoßenen, und zwar weil eben beide Körper in gleicher Weise abstoßend sind. Somit gibt es hinsichtlich des unreinen, übelriechenden, abscheuerregenden und widerlichen Zustandes keinen Unterschied zwischen dem Körper eines Königs und dem eines Ausgestoßenen. Dadurch aber, daß man durch Anwendung der Zahnstäbchen, Waschung des Gesichtes usw. den Schmutz von den Zähnen usw. entfernt, durch verschiedenerlei Kleidung die Schamteile bedeckt, den Körper mit wohlriechenden Salben von den verschiedensten Farben einreibt, ihn mit Blumen, Schmuck u.dgl. behängt, verleiht man ihm ein solches Aussehen, daß er als 'Ich' oder 'Mein' aufgefaßt werden mag.
Infolge des Verhülltseins durch diesen dazugekommenen Schmuck aber die sein
wahres, eigentliches Wesen kennzeichnende Unreinheit nicht erkennend, begehren
die Männer nach den Weibern, und die Weiber nach den Männern. In Wirklichkeit
jedoch gibt es an diesem Körper auch nicht die kleinste Stelle, die es wert
wäre, daß man danach begehrte. Ist z.B. von den Haaren des Kopfes oder Körpers,
den Nägeln, Zähnen, dem Speichel, Rotz, Kot, Urin u.dgl., auch nur ein kleines
Teilchen vom Körper herabgefallen, so wollen dies die Menschen nicht einmal mehr
mit der Hand berühren, empfinden Abscheu, Scham und Ekel davor. Alle die übrigen
Teile aber daran, die genau ebenso widerlich sind, halten die im blinden Wahn
Befangenen, entbrannt in Begierde und Liebe zu der Persönlichkeit, für die
erwünschte, begehrte, unvergängliche, glückliche Persönlichkeit. In diesem
Glauben gleichen sie dem alten Schakal, den im Walde beim Anblick des
Kimsukabaumes (Butea frondosa, ein Baum mit leuchtend roten Blüten. Fast jeder
Teil des Baumes wird zu Heilzwecken verwendet) der Gedanke quält, daß jede nicht
vom Baume herab gefallene Blüte ein Stück Fleisch sei. Darum heißt es;
"Sobald der Schakal in dem Wald
Den blüh'nden Kimsubaum erblickt,
Läuft er in Eile hin und denkt,
Ein Fleischbaum sei's, den er entdeckt."Und jede Blüte, die da fällt,
Zerbeißet er in höchster Gier.
'Oh!' denkt er, 'nein, dies ist kein Fleisch.
Dort auf dem Baume hängt es noch.'"So sollt' der weise Mann nicht bloß
Den Teil, der auf den Boden fällt,
Als widerlich betrachten, sondern
Auch den, der noch am Körper hängt."Denn diesen Leib als schön erachtend,
Durch diesen Leib vom Wahn betört,
Begeh'n die Toren böse Dinge
Und werden nicht vom Leid erlöst."Darum betracht' der weise Mann
Den Zustand dieses faulen Leib's
- ob lebend oder tot, ganz gleich -
Als jeder wahren Schönheit bar."
Denn es heißt:
"Wie Aas stinkt dieser faule Leib,
Wie eine Grube voller Kot.
Verachtet von den Einsichtsvollen,
Erfaßt die Toren Gier danach."Ganz von feuchter Haut umwickelt
Ist die große Eiterbeule,
Und aus den neun Löchern allen
Dringet Kotgestank und Fäule."Ja, könnte man bei diesem Leibe
Das Innere nach außen kehr'n,
So müßte man zum Stocke greifen,
Um Kräh'n und Hunde abzuwehr'n."
Somit möge der tüchtige Mönch, wo immer sich der Zustand des Ekels zeigt, sei's
beim lebendigen oder toten Körper, das Objekt auffassen und die Übung zur Vollen
Stufe weiterführen.
Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 6. Teil: die auf die Entfaltung der Sammlung sich beziehende Darstellung der Ekelobjekte.