Back Visuddhi Magga XVIII

Vis. XVIII. Die Reinheit der Erkenntnis (ditthi-visuddhi) [Pali]

1. Die 7 Reinheiten:
2. Feststellen des Geistigen und Körperlichen (nāma-rūpa-vavatthapana)
3. Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach 4 Elementen
4. Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach 18 Elementen
5. Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach 12 Grundlagen
6. Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach 5 Daseinsgruppen
7. Das Körperliche an dieser Persönlichkeit

Vis. XVIII.1. Die 7 Reinheiten:

Es wurde gesagt, daß, wenn man in den den Boden des Wissens bildenden Dingen (XIV-XVII) durch Lernen und Befragen seine Erkenntnis geübt hat, man die beiden die Wurzeln bildenden Reinheiten zustande zu bringen habe, u.zw. die Reinheit der Sittlichkeit und die Reinheit des Geistes.

Hierbei nun gilt:

als 'Reinheit der Sittlichkeit' (sīla-visuddhi) die vollkommen reine vierfache Sittlichkeit, nämlich Zügelung gemäß der Ordenszucht, Sinnenzügelung, Reinheit des Lebensunterhalts und die auf die Bedarfsgegenstände sich beziehende Sittlichkeit, die in der Darstellung der Sittlichkeit (s. I) ausführlich erklärt wird.

Als 'Reinheit des Geistes' (citta-visuddhi) aber gelten die 8 Erreichungszustände (Vertiefungen) zusammen mit der Angrenzenden Sammlung; auch diese wird in der Darstellung der unter dem Stichwort 'Geist' bezeichneten Sammlung in jeder Weise ausführlich erklärt (III-XI). Somit hat man diese beiden Dinge in der dort ausführlich erklärten Weise zu verstehen.

Was aber diese fünf als 'Rumpf' bezeichneten Reinheiten betrifft, nämlich

    1. die 'Reinheit der Erkenntnis' (ditthi-visuddhi: XVIII),
    2. die 'Reinheit der Zweifelsentrinnung' (kankhāvitarana-visuddhi: XIX),
    3. die 'Reinheit des Erkenntnisblickes mit Hinsicht auf Pfad und Nichtpfad' (maggāmagga-ñānadassana-visuddhi: XX),
    4. die 'Reinheit des Fortschreitenden Erkenntnisblickes (patipada-nanadassana-visuddhi: XXI),
    5. die 'Reinheit des Erkenntnisblickes' (nanadassana-visuddhi: XXII): darunter gilt als 'Reinheit der Erkenntnis' das der Wahrheit gemäße Erkennen (yāthāva-dassana) des Geistigen und Körperlichen.

Note:
Die einzige Stelle im Kanon, wo diese den ganzen Inhalt des Visuddhi-Magga ausmachenden 7 Stufen der Reinheit (satta-visudhi) erwähnt werden, ist D.34 und, vor allem, M.24, wo der Zweck dieser 7 Stufen durch das Gleichnis vom Wagengespann erläutert wird. Der eigentliche und letzte Zweck des heiligen Lebenswandels, heißt es da, besteht nicht etwa in Reinheit der Sittlichkeit, des Geistes oder des Erkennens usw., sondern in restloser Erlösung und Erlöschung. Wie man nun da das erste Gefährt besteigt und bis zum zweiten fährt, dann umsteigt und mit dem zweiten Gefährt bis zum dritten Gefährt fährt usw.; "so auch hat die Reinheit der Sittlichkeit die Reinheit des Geistes zum Ziele, ... diese die Reinheit der Erkenntnis, ... diese die Reinheit der Zweifelsentrinnung ... usw. ... diese aber die haftlose Erlösung. ..."


Vis. XVIII.2. Das Feststellen des Geistigen und Körperlichen: (nāma-rūpa-vavatthapana)

 

Der 'auf Gemütsruhe Gestützte' (samatha-yānika), der diese Erkenntnis zustande zu bringen wünscht, erhebt sich zuerst aus irgend einer der Vertiefungen der Feinkörperlichen oder Unkörperlichen Sphäre, ausnehmend das Gebiet der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung, und erforscht die Gedankenfassung und die übrigen Vertiefungsglieder (Diskursives Denken, Verzückung, Freudegefühl, Sammlung, Gleichmut) und die damit verbundenen geistigen Dinge (wie Gefühl; Wahrnehmung usw.) hinsichtlich ihrer Merkmale, ihrer Natur usw.

 

Hat er sie untersucht, so stellt er alle diese Dinge als das 'Geistige' (nāma) fest, u.zw. im 'Sinne des Sichhinneigens (namana), insofern nämlich das Geistige sich zum Objekte hinneigt. Gleichwie, wenn ein Mann in seinem Hause eine Schlange erblickt, er beim Verfolgen derselben ihre Höhle entdeckt, genau so auch untersucht der Übungsbeflissene das Geistige: 'Worauf beruhend kommt dieses Geistige zum Entstehen?' Und während er danach sucht, entdeckt er das physische Herz (hadaya-rūpa) als dessen Grundlage. Darauf erfaßt er die für das physische Herz die Grundlage bildenden 4 Grundelemente (Festes, Flüssiges, Hitze, Wind) und die übrigen durch die Grundelemente bedingte und davon abhängige Körperlichkeit als das 'Körperliche' (rūpa).

 

Dies alles stellt er, da es eben die Eigenschaft des Bedrücktwerdens (ruppana) hat, als das Körperliche fest. Darauf stellt er das durch sein Hinneigen (zum Objekt) gekennzeichnete Geistige und das durch das Bedrücktwerden gekennzeichnete Körperliche zusammengefaßt als das 'Geistige und Körperliche (nāma-rūpa) fest.


Vis. XVIII.3. Das Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach den 4 Elementen:

 

Der 'auf bloßen Hellblick Gestützte' (suddha-vipassanā- yānika) aber oder eben dieser 'auf Gemütsruhe Gestützte' (samatha-yānika) untersucht, zusammenfassend oder im Einzelnen, die 4 Elemente (dhātu), u.zw. nach irgend einer von diesen und jenen in der Darstellung von der Analyse der Elemente (XI. 2) erwähnten Untersuchungsmethoden. Sind ihm nun die 4 Elemente nach ihrem wahren Wesen und ihren Merkmalen deutlich geworden, so zeigen sich ihm bei den durch Karma gezeugten Kopfhaaren als die Körperorgan-Zehnergruppe die folgenden 10 körperlichen Dinge: die 4 Elemente, Farbe, Duft, Saft, Nährstoff, Lebensfähigkeit und Körpersensitivität. Falls dabei die Geschlechtsmerkmale vorhanden sind, so zeigen sich 10 weitere körperliche Dinge, nämlich die zehnfache Geschlechtsgruppe (Geschlecht, 4 Elemente usw.). Ferner zeigen sich dabei - durch Nahrung, Temperatur oder Geist gezeugt - die mit Nährstoff endenden 8 körperlichen Dinge (4 Elemente usw.), also 24 (d.i. 8 nahrunggezeugte, 8 temperaturgezeugte, 8 geistgezeugte) weitere Dinge (d.i. zusammen 44). Auf diese Weise zeigen sich bei jedem der durch die 4 Bedingungen (Karma, Geist, Temperatur, Nahrung) entstandenen 24 Körperteile (*) je 44 Dinge. Bei jedem von den durch 'Temperatur' und 'Geist' gezeugten 4 Bestandteilen, wie Schweiß, Tränen, Speichel, Rotz, gibt es auf Grund der 2 mit Nährstoff endenden Achtergruppen (4 Elemente usw.) jedesmal 16 körperliche Dinge (die temperaturgezeugte und die geistgezeugte Achtergruppe). Bei jedem von den durch 'Temperatur' gezeugten 4 Bestandteilen, wie Mageninhalt, Kot, Eiter, Urin, zeigen sich jedesmal 8 körperliche Dinge, nämlich die durch Temperatur gezeugte und mit Nährstoff endende Achtergruppe (4 Elemente usw.). Dies ist vorerst die Erklärung hinsichtlich der 32 Körperteile.

 

(*) Als die von den 32 Körperbestandteilen hier in Betracht kommenden 8 gelten die durch Temperatur und Geist bedingt entstandenen 4: Schweiß, Tränen, Speichel, Rotz; ferner die durch Temperatur (physische Einflüsse) entstandenen 4: Mageninhalt, Kot Eiter, Urin

 

Was aber jene weiteren 10 Aspekte (4 des Hitze- und 6 des Windelements) (*1) anbetrifft, die, sobald die 32 Körperteile deutlich sind, in Erscheinung treten, so zeigen sich da bei dem die Speisen usw. 'verdauenden' karmagezeugten Hitzeaspekt 9 körperliche Dinge, nämlich die mit Nährstoff endenden (acht) Dinge und Lebensfähigkeit. Ebenso auch gibt es in dem geistgezeugten Aspekte (d. i. der Ein- und Ausatmung) 9 körperliche Dinge, nämlich die mit Nährstoff endenden 8 und den Ton. Bei jedem der übrig bleibenden, durch die 4 Bedingungen entstandenen 8 körperlichen Aspekte (d. i. 1. 2. 3. 5. 6. 7. 8. 9 ; s. Anm. *1) zeigen sich jedesmal 33 körperliche Dinge, nämlich die (karmagezeugte) Vitale Neunergruppe (4 Elemente usw. und Lebensfähigkeit) und 3 mit Nährstoff endende Achtergruppen (1 geistgezeugte, 1 temperaturgezeugte, 1 nahrunggezeugte). Sobald ihm nun mit Hinsicht auf die in dieser Weise vollständigen 42 Körperbestandteile (20 Aspekte des Festen Elementes: Kopfhaare usw., 12 Flüssigkeitsaspekte: Galle, Schleim usw., 4 Hitzaspekte, 6 Windaspekte) jene 4 Grundstoffe und die davon abhängige Körperlichkeit deutlich geworden sind, so zeigen sich auf Grund der physischen Grundlage (Herz) und der Sinnenpforten ihm noch weitere 60 körperliche Dinge, nämlich die 5 Zehnergruppen, d.i. die Augen-Zehnergruppe usw., und die Herz-Zehnergruppe. Alle diese körperlichen Dinge aber in dem Merkmal des Bedrücktwerdens zusammenfassend erkennt er: 'Dies ist das Körperliche' (rūpa).

 

 

(*1) Diese sind die 4 Aspekte des Hitze-Elements (tejo-dhātu), nämlich: 1. das Erhitzende, 2. Verzehrende, 3. Verbrennende; 4. Verdauende; ferner die 6 Aspekte des Wind-Elements (vāyo-dhātu), nämlich: 5. aufsteigende Winde, 6. absteigende Winde, 7. alle Glieder durchziehende Gase, 8. Winde im Leibe, 9. Eingeweidewinde, 10. Ein- und Ausatmung. Ausführliches über diese 4 Elemente und ihre Aspekte s. Vis.XI.

 

 

Und hat er so das Körperliche erfaßt, so zeigen sich ihm die unkörperlichen Dinge an der (Geist-) Pforte, nämlich die beiden Arten des Fünfsinnenbewußtseins (d.i. 5 durch heilsames und 5 durch unheilsames Karma gezeugte Bewußtseinsklassen = Tab. 34-38; 50-54), die 3 Geist-Elemente (39, 55, 70); ferner die 68 Geistbewußtseins-Elemente (d.i. alles übrige weltliche Bewußtsein), zusammen 81 'weltliche' Bewußtseinsklassen; ferner die gleichzeitig mit diesen Bewußtseinsklassen entstandenen (und untrennbar damit verbundenen) Allgemeinen 7 geistigen Dinge, wie Bewußtseindruck (phassa), Gefühl (vedanā), Wahrnehmung (saññā), Wille (cetana), (geistige) Lebensfähigkeit (jīvita), Geistesbeharren (citta-tthiti = schwache Konzentration oder samādhi), Geistiges Aufmerken (manasikāra). Die 'überweltlichen, Bewußtseinsklassen (18-21; 66-69) aber können weder von dem auf bloßen Hellblick Gestützten noch auch von dem auf Gemütsruhe Gestützten erfaßt werden, solange diese Stufen noch nicht erreicht sind. Und auch alle diese 'unkörperlichen' Dinge in dem Merkmale des Sichhinneigens (zum Objekte) zusammenfassend; erkennt er: 'Dies ist das Geistige (nāma).'

 

(18 Elemente) Auf diese Weise stellt da einer dadurch, daß er die 4 Elemente feststellt, ausführlich das 'Geistige und Körperliche' (nāma-rūpa) fest.


Vis. XVIII.4. Das Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach den 18 Elementen:

 

Ein anderer aber stellt das Geistige und Körperliche mit Rücksicht auf die 18 Elemente (dhatu: XV. 2) fest. Und in welcher Weise? Da erwägt der Mönch die Elemente also: 'Es gibt da an dieser Person die Elemente:

l. Sehorgan
2. Hörorgan
3. Riechorgan
4. Schmeckorgan
5. Körperorgan
6. Geist-Element (mano-dhātu)
7. Sehobjekt
8. Hörobjekt
9. Riechobjekt
10. Schmeckobjekt
11. Körpereindruck
12. Geistobjekt (dhamma-dhātu)
13. Sehbewußtsein
14. Hörbewußtsein
15. Riechbewußtsein
16. Schmeckbewußtsein
17. Körperbewußtsein
18. Geistbewußtsein (manoviññāna-dhātu)

Jenen mit weißen und schwarzen Ringen verzierten Fleischballen aber, der Länge und Breite besitzt, in der Augenhöhle vermittels eines Sehnenstranges befestigt ist und den die Welt als das Auge kennt, diesen läßt er außer acht und stellt das in der Darstellung der Daseinsgruppen unter den abhängigen Körperdingen erklärte 'sensitive Auge' (cakkhu-ppasāda) als das Sehorgan fest. Nun gibt es aber (außer dem Sehorgan) noch weitere 53 körperliche Dinge, als da sind: 9 gleichzeitig (mit dem Sehorgan) entstandene Körperdinge, nämlich die seine Grundlage bildenden 4 Elemente und die mit diesen verbundenen 4 körperlichen Dinge wie Farbe, Duft, Saft und Nährstoff, und die diese beschützende Lebensfähigkeit; ferner die dabei vorhandenen 20 karmagezeugten Körperdinge wie die Körperorgan-Zehnergruppe (4 Elemente, Farbe, Duft, Saft, Nährstoff, Lebensfähigkeit, Körperorgan) und die Geschlechts-Zehnergruppe (wie vorher, doch Geschlecht statt Körperorgan); ferner die 24 nicht karmisch- erworbenen Körperdinge, nämlich die durch Nahrung, Temperatur und Geist entstandenen mit Nährstoff endenden 3 Achtergruppen: 'Alle diese Dinge sind nicht das Element Sehorgan' so stellt er fest. Die entsprechende Erklärung gilt auch für die Elemente Hörorgan, Riechorgan und Schmeckorgan. Zu dem Element Körperorgan jedoch gehören die (nach Abzug der Körperorgan-Zehnergruppe) übrigbleibenden 43 Körperdinge. Einige aber behaupten, daß die durch Temperatur und Geist entstandenen (zwei) (Achtergruppen), dadurch daß man sie durch Hinzufügung von Ton zu jedesmal neun Dingen macht, 45 Körperdinge ergeben.

 

Diese 5 sensitiven Organe nun und die ihre 5 Objekte bildenden Dinge, wie Sehobjekt, Ton, Duft, Saft und Körpereindruck, diese 10 Dinge gelten als die 10 (physischen) Elemente (El. 1-5; 7-11). Die übrigen körperlichen Dinge (Geschlecht, Lebensfähigkeit, Herz Nahrung usw. gelten als das Geistobjekt-Element (El. 12).

 

Als die 5 Bewußtseins-Elemente (El. 13-17) gelten die (durch heilsames bzw. unheilsames Karma gezeugten) 2 Fünfergruppen von Bewußtsein (s. Tab. I. 34-38; 50-54), nämlich das auf dem Sehorgan beruhende und vom Sehobjekt abhängige, als Sehbewußtsein bezeichnete Bewußtsein usw. Als das eine 'Geist-Element' (mano-dhātu = El. 6) gelten die drei Geistelement-Bewußtseinsklassen (Tab. 39, 55, 70), als das eine Geistbewußtseins-Element (manoviññāna-dhātu: = El. 18) die 68 Geistbewußtseinselement-Bewußtseinsklassen (d.i. alles übrige weltliche Bewußtsein). Alle diese 81 weltlichen Bewußtseinsklassen bilden also zusammen die 7 Bewußtseinselemente (d.i. Seh-, Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperbewußtsein, Geistelement, Geistbewußtseinselement). Die damit verbundenen Dinge wie Bewußtseinseindruck usw. (Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Aufmerken usw.) bilden das Geistobjekt-Element. Somit bilden hier die 10½ Elemente (d. i. die 5 physischen Sinnenorgane und 5 Sinnenobjekte, und z. T. das Geistobjekt) das Körperliche (rūpa), die 7½ Elemente (5 Sinnenbewußtseine, Geist-Element, Geistbewußtseins-Element und 'teilweise' das Geistobjekt-Element) bilden das Geistige (nāma). Auf diese Weise stellt da einer das Geistige und Körperliche fest mit Rücksicht auf die 18 Elemente.


Vis. XVIII.5. Das Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach den 12 Grundlagen:
 

Ein anderer stellt das Geistige und Körperliche fest mit Rücksicht auf die 12 Grundlagen (āyatana).
 

Und in welcher Weise?

In der anläßlich des Seh-Elementes erwähnten Weise die 53 körperlichen Dinge außer acht lassend, stellt er als die Sehgrundlage bloß das sensitive Sehorgan (cakkhu-ppasāda) fest.

 

Dann stellt er, genau wie in der dort angegebenen Weise, das Hör-, Riech-, Schmeck- und Körperelement als die Hör-, Riech-, Schmeck- und Körpergrundlage fest, und die hierzu die Objekte bildenden 5 Dinge als die Form-, Ton-, Duft-, Geschmack und Körpereindruck-Grundlage, die 7 weltlichen Bewußtseinselemente (El. 6; 13-18) aber als die Geist-Grundlage (manāyatana), die damit verbundenen geistigen Dinge wie Bewußtseinseindruck usw. und die übrige Körperlichkeit als das 'Geist-Objekt' (dhammāyatana). Damit stellt er fest, daß die 10½ Grundlagen (5 Sinnenorgane, 5 Sinnenobjekte und 'teilweise' das Geistobjekt) das Körperliche (rūpa) bilden, und die 1½ Grundlage (Geistgrundlage und 'teilweise' das Geistobjekt) das Geistige (nāma). Auf diese Weise stellt da einer das Geistige und Körperliche fest mit Rücksicht auf die 12 Grundlagen.


Vis. XVIII.6. Das Feststellen des Geistigen und Körperlichen nach den 5 Daseinsgruppen:

 

Ein anderer stellt dies, noch enger zusammenfassend, mit Rücksicht auf die Daseinsgruppen (khandha) fest.

 

Und in welcher Weise?

 

Da stellt der Mönch fest: 'An diesem Körper gibt es die durch 4 Bedingungen (Karma, Geist, Temperatur, Nahrung) entstandenen 4 Elemente. Darauf beruhen Farbe, Duft, Saft, Nährstoff, ferner die 5 sensitiven Organe wie sensitives Sehorgan usw., die physische Grundlage (Herz), Geschlecht, Lebensfähigkeit; ferner der aus 2 Gründen (Geist, Temperatur) entstandene Ton: diese 17 Körperdinge eignen sich zur Betrachtung, da sie erzeugte und in Stofflichkeit bestehende Körperdinge (rūpa-rūpa) sind. Körperliche und sprachliche Äußerung aber, sowie Raumelement, körperliche Beweglichkeit, Geschmeidigkeit, Gefügigkeit, Anwachsen, Kontinuität, Verfall, Veränderlichkeit: diese 10 körperlichen Dinge aber eignen sich nicht zur Betrachtung, da sie lediglich Zustandsveränderungen sind oder (wie der Raum) die Begrenzung eines Zwischenraumes, aber selber keine erzeugten stofflichen Körper sind. Und nur aus dem Grunde, daß sie Zustandsveränderungen und Begrenzung eines Zwischenraumes von körperlichen Dingen betreffen, werden sie als körperlich bezeichnet. Somit gelten alle diese 27 körperlichen Dinge zusammen als die Körperlichkeitsgruppe, die mit den 81 weltlichen Bewußtseinszuständen zusammen aufgestiegenen Gefühle als die Gefühlsgruppe, die damit verbundenen Wahrnehmungen als die Wahrnehmungsgruppe, die Geistesformationen als die Geistesformationen-Gruppe, das Bewußtsein als die Bewußtseinsgruppe. So also bildet die Körperlichkeitsgruppe das Körperliche (rūpa), während die 4 unkörperlichen Gruppen das Geistige (nāma) bilden. Auf diese Weise stellt da einer das Geistige und Körperliche fest mit Rücksicht auf die 5 Daseinsgruppen.


Vis. XVIII.7. Das Körperliche an dieser Persönlichkeit:

 

Ein anderer wieder erforscht an dieser Persönlichkeit das Körperliche ganz kurz so: 'Was immer es an Körperlichem gibt, alles Körperliche (rūpa) besteht in den 4 Hauptelementen und der von den 4 Hauptelementen abhängigen Körperlichkeit' (M. 106). Genau so erfaßt er die Geistgrundlage (manāyatana) und einen Teil des Geistobjektes (dhammā-yatana) als das Geistige (nāma): 'So also ist dies das Geistige, jenes das Körperliche, darum spricht man vom Geistigen und Körperlichen (nāma-rūpa).' Auf diese Weise stellt er ganz kurz das Geistige und Körperliche fest.

 

Wenn ihm aber, nachdem er auf diese und jene Weise das Körperliche erforscht hat, beim Erforschen des Unkörperlichen dieses auf Grund seiner Subtilität sich nicht zeigt, so soll er seine Übung nicht etwas im Stiche lassen, sondern soll eben das Körperliche immer wieder betrachten, erwägen, erforschen und feststellen. Wenn immer ihm nämlich das Körperliche völlig deutlich, entwirrt und ganz klar ist, so sind ihm auch jedesmal die jenes Körperliche zum Objekt habenden unkörperlichen Dinge ganz von selber deutlich. Wenn da z.B. ein Mann in einem unreinen Spiegel sein Gesicht betrachten will und, trotzdem er Augen hat, sich ihm das Spiegelbild nicht zeigt, so wirft er darum nicht etwa den Spiegel fort, sondern er putzt ihn immer wieder; und sobald der Spiegel völlig rein ist, zeigt sich ihm das Spiegelbild ohne Weiteres, Oder, wenn da einer Öl wünscht, so schüttet er den gemahlenen Ölsamen in den Bottich und begießt ihn mit Wasser. Wenn nun, nach einmaligem oder zweimaligem Pressen, das Öl noch nicht hervorquillt, so wirft er nicht etwa den gemahlenen Ölsamen fort, sondern er begießt ihn immer wieder mit heißem Wasser, stampft und preßt ihn, und während er das tut, quillt das klare Öl hervor. Oder, wenn da einer Wasser zu klären wünscht und, nachdem er mit der Hand einen Brechnusskern in den Topf eingeführt hat, bei einmaligem oder zweimaligem Reiben das Wasser noch nicht rein wird, so wirft er nicht etwa den Brechnusskern weg, sondern er reibt immer wieder mit ihm; während er aber das tut, setzt sich der Schlamm, und das Wasser wird klar und rein. So auch soll jener Mönch, ohne seine Übung aufzugeben, das Körperliche immer wieder betrachten, erwägen, erforschen und feststellen. Wenn ihm nämlich das Körperliche völlig deutlich, entwirrt und ganz klar ist, so beruhigen sich jedes Mal die diesem Erfassen widerstrebenden trübenden Leidenschaften, und der Geist wird klar wie das über dem Schlamm befindliche Wasser, und die jenes Körperliche zum Objekt habenden unkörperlichen Dinge zeigen sich ganz von selber.

 

In der entsprechenden Weise mag diese Sache auch durch die Gleichnisse vom Zuckerrohr, von den Dieben, vom Rinde, von der Dickmilch, von den Fischen und durch noch andere Gleichnisse beleuchtet werden.

 

(Obige Gleichnisse handeln vom Auspressen des Zuckersaftes aus dem Zuckerrohr, vom Geständniserzwingen bei eingefangenen Dieben, vom Bändigen eines Rindes, von Gewinnung der Butter aus dicker Milch und vom Kochen von Fischen)

Bei solch völlig klarem Erfassen des Körperlichen aber zeigen sich ihm die unkörperlichen Dinge in dreifacher Weise:
 

 

Und in welcher Weise?
 

Während da einer vorerst die Elemente erforscht, in der Weise: 'Das Feste Element hat das Merkmal der Härte usw.', zeigt sich ihm als erster Kontakt der Bewußtseinseindruck (phassa). Damit verbunden zeigt sich ihm das Gefühl als die Gefühlsgruppe, die Wahrnehmung als die Wahrnehmungsgruppe, der Wille (cetanā) zusammen mit dem Bewußtseinseindruck als die Geistesformationen-Gruppe, das Bewußtsein als die Bewußtseinsgruppe. Ebenso, während er in den Kopfhaaren das Feste Element als durch Härte gekennzeichnet erfaßt, zeigt sich ihm zuerst der Bewußtseinseindruck. Damit verbunden zeigt sich ihm das Gefühl als die Gefühlsgruppe, die Wahrnehmung als die Wahrnehmungsgruppe, der Wille zusammen mit dem Bewußtseinseindruck als die Geistesformationen-Gruppe, das Bewußtsein als die Bewußtseinsgruppe. Auf diese Weise zeigen sich ihm die unkörperlichen Dinge auf Grund des Bewußtseinseindruckes.

 

Während ein anderer das Feste Element als durch Härte gekennzeichnet erfaßt, zeigt sich ihm das jenes (feste Element) zum Objekt habende und den 'Objektgeschmack' aufnehmende Gefühl (vedanā) als die Gefühlsgruppe, die damit verbundene Wahrnehmung als die Wahrnehmungsgruppe, der damit verbundene Bewußtseinseindruck und der Wille als die Geistesformationen-Gruppe, das damit verbundene Bewußtsein als die Bewußtseinsgruppe. Ebenso ist es, während er in den Kopfhaaren . . . in der Ein- und Ausatmung das Feste Element als durch Härte gekennzeichnet erfaßt. Auf diese Weise zeigen sich ihm die unkörperlichen Dinge auf Grund des Gefühls.

 

Während ein anderer das Feste Element als durch Härte gekennzeichnet erfaßt, zeigt sich ihm das das Objekt (d. i. das Feste Element) erkennende Bewußtsein (viññāna; Härteempfindung) als die Bewußtseinsgruppe, das damit verbundene Gefühl als die Gefühlsgruppe, die Wahrnehmung als die Wahrnehmungsgruppe, Bewußtseinseindruck und Wille als die Geistesformationen-Gruppe. Ebenso ist es, während er in den Haaren . . . in den Ein- und Ausatmungen das Feste Element als durch Härte gekennzeichnet erfaßt. Auf diese Weise zeigen sich ihm die unkörperlichen Dinge auf Grund des Bewußtseins.

 

Genau in derselben Weise hat man beim Erfassen des Körperlichen usw. alle die verschiedenen Methoden zu verfolgen und den Zusammenhang herzustellen, wie z. B.: 'Bei den durch Karma entstandenen Kopfhaaren hat das Feste Element das Merkmal der Härte usw.'; ebenso bei den 42 Elementbestandteilen, wie Kopfhaare usw., jedesmal mit Hinsicht auf die 4 Elemente; ebenso bei den übrigen Dingen wie Sehorgan-Element usw.

 

Weil nun bloß bei solch ganz klarem Erfassen des Körperlichen dem Übenden die unkörperlichen Dinge auf dreierlei Weise deutlich werden, darum möge er bloß durch ganz klares Erfassen des Körperlichen sich um Erfassen des Unkörperlichen bemühen, nicht auf andere Weise. Wenn nämlich, sobald ein oder zwei körperliche Dinge aufgetreten sind, er das körperliche Gebiet verläßt und  auf Erforschung des Unkörperlichen übergeht, so fällt er von dem ganzen Übungsobjekte ab und gleicht dann der anläßlich der Erdkasina-Entfaltung beschriebenen Gebirgskuh (A. IX. 35). Wenn er aber vermittels ganz klaren Erfassens des Körperlichen sich um die Erfassung des Unkörperlichen bemüht, so gelangt seine Übung zum Wachsen, zum Gedeihen und zur Größe. So stellt er auf Grund des Bewußtseinseindrucks usw. die anwesenden 4 unkörperlichen Gruppen als das Geistige (nāma) fest, die aber hierfür die Objekte bildenden 4 Hauptelemente und die von diesen abhängige Körperlichkeit als das Körperliche (rūpa). Auf diese Weise stellt er alle den drei Ebenen angehörenden Dinge, wie die 18 Elemente, die 12 Grundlagen und die 5 Gruppen, als die zwei Dinge fest: das Geistige (nāma) und das Körperliche (rūpa), gerade als ob er mit einem Messer einen Kasten öffnete oder als ob er zwei zusammengewachsene Palmstämme entzwei trennte: Und er gelangt zu dem Schlusse, daß es außer dem Geistigen und Körperlichen kein weiteres Wesen gibt, keine Person, kein Himmelswesen, keinen Gott. So stellt er das Geistige und Körperliche seiner wirklichen und wahren Natur nach fest; und um noch besser diese weltlichen Begriffe (loka-samaññā) wie 'Wesen' und 'Person' zu überwinden, die Wahnvorstellung einer Wesenheit zu überwinden und den Geist auf dem Boden der Unverblendung zu festigen, stellt er, indem er diese Sache mit zahlreichen Suttentexten vergleicht, fest: 'Bloß etwas Geistiges und Körperliches ist dies, aber kein Wesen, keine Person'.

 

Gesagt nämlich wurde (S.5.10):
 

"Gleichwie bei Anhäufung der Teile
Man da von einem 'Wagen' spricht,
Braucht man, sobald die Gruppen da sind,
Den populären Namen, Mensch'

 
Ferner heißt es (M. 28): - 'Gleichwie, ihr Brüder, der durch Holz, Stricke, Lehm und Stroh bedingte eingeschlossene Raum als 'Haus' bezeichnet wird, genau so, ihr Brüder, wird der durch Knochen, Sehnen, Fleisch und Blut bedingte eingeschlossene Raum als der 'Körper' bezeichnet.

Ferner heißt es (S.5.10): -
 

"Nur Leiden ist es, was entsteht,
Und was besteht, und was vergeht.
Nichts außer Leiden kann entsteh'n,
Nichts außer Leiden löst sich auf."

 

(Obige Aussprüche besagen kurz, daß, was immer entsteht, alles bloß vergängliche, elende und wesenlose Phänomene sind. Vergl. hierzu den schönen Vers: "Bloß Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da usw.")

 
In dieser Weise wird in vielen Hunderten von Sutten bloß das Geistige und Körperliche gelehrt, aber kein Wesen, keine Person.
 

Gleichwie also, wenn die verschiedenen Bestandteile wie Achse, Rad, Gestell, Deichsel usw. auf gewisse Weise zusammengefügt sind, es zur konventionellen Bezeichnung (vohāra) 'Wagen' kommt, es aber im höchsten Sinne (paramatthato), wenn man da einen Teil nach dem anderen untersucht, gar kein (als unabhängige Einheit bestehender) Wagen zu finden ist - oder gleichwie, wenn die Bestandteile wie Holz usw. auf eine bestimmte Weise einen Raum einschließen, man die konventionelle Bezeichnung 'Haus' gebraucht, im höchsten Sinne aber gar kein Haus da ist - oder gleichwie, wenn Finger und Daumen in eine gewisse Lage gebracht sind, es zur konventionellen Bezeichnung 'Faust' kommt - oder wie auf Grund des Resonanzkastens und anderer Teile man von einer 'Laute' spricht - oder wie auf Grund von Elefanten, Pferden usw. man von einem 'Heer' spricht, und bei Wällen, Häusern, Stadttoren usw. von einer 'Stadt'; oder wenn Stamm, Aste, Blätter usw. auf gewisse Weise geordnet sind, man die konventionelle Bezeichnung 'Baum' gebraucht, im höchsten Sinne aber, wenn man Teil für Teil untersucht, gar kein Baum aufzufinden ist: - genau so auch gebraucht man, sobald die fünf Daseinsgruppen da sind, die konventionelle Bezeichnung 'Wesen' oder 'Person'; untersucht man aber jedes einzelne Ding, so findet man im höchsten Sinne gar kein Wesen, das die Grundlage bilden könnte zu solcher Auffassung wie 'Ich bin' oder 'Ich'. Im höchsten Sinne gibt es eben bloß das Geistige und Körperliche. Wer so erkennt, dessen Erkennen gilt als das der Wirklichkeit gemäße Erkennen.

 

Wer aber, dieses wahrheitsgemäße Erkennen verwerfend, an der Auffassung festhält: 'Ein Wesen ist da', der muß auch zugeben, daß dieses Wesen (beim Tode) entweder vernichtet oder nicht vernichtet werde. Gibt er dessen Nichtvernichtung zu, so verfällt er dem 'Ewigkeitsglauben' (sassata-dhitthi); gibt er aber dessen Vernichtung zu, so verfällt er dem 'Vernichtungsglauben' (uccheda-ditthi). Und warum? Weil bei solchen Auffassungen nichts da sein würde, das aus etwas anderem in der Weise (d.i. in allmählicher Veränderung) folgt wie Milch in Dickmilch übergeht. Wer die Auffassung hat: 'Ewig ist das Wesen', von dem sagt man; daß er sich anklammere. Wer die Auffassung hat: 'Vernichtet wird das Wesen', von dem sagt man, daß er übers Ziel schieße. Darum sagt der Erhabene :

 

"Durch zwei Ansichten gefesselt, ihr Mönche, klammern sich unter den Himmelswesen und Menschen die einen an, die anderen schießen übers Ziel, und nur diejenigen, die Augen haben, erkennen die Dinge.

 

"Wie aber, ihr Mönche, klammern sich die einen an? Am Dasein erfreut, ihr Mönche, sind Himmelswesen und Menschen, übers Dasein entzückt, durchs Dasein beglückt. Legt man diesen nun die Lehre zur Daseinserlöschung dar, so drängt ihr Geist nicht dahin, erfreut sich nicht daran, festigt sich nicht darin, neigt nicht dazu. So, ihr Mönche, klammern sich die einen an.

 

"Wie aber, ihr Mönche, schießen die anderen übers Ziel? Einige, die des Daseins überdrüssig sind, davor Abscheu und Ekel empfinden, diese preisen das Nichtdasein, insofern da eben dieses Ich nach der Auflösung des Körpers zerstört und vernichtet werde, nicht mehr nach dem Tode bestehe. Dies sei der Friede, dies das Erhabene, dies das Wahre. So, ihr Mönche, schießen die anderen übers Ziel.

 

"Wie aber, ihr Mönche, erkennen bloß diejenigen, die Augen haben? Da, ihr Mönche, erkennt der Mönch das Gewordene (die 5 Gruppen) als geworden, und hat er das Gewordene als geworden erkannt, so strebt er nach Abwendung davon, nach Aufhebung und Erlöschung. So, ihr Mönche, erkennen bloß diejenigen, die Augen haben." (It. 43)

 

Gleichwie nämlich eine hölzerne Gliederpuppe ('dāru-yanta' ist eine hölzerne Puppe, deren Glieder durch Fäden in Bewegung gesetzt werden. Dasselbe Gleichnis findet sich auch an der entsprechenden Stelle im chinesischen Vimutti-Magga und im Satipatthāna-Kommentar) leer ist, leblos und untätig, aber dennoch vermittels einer Ziehvorrichtung sich bewegt und stehen bleibt und voll Leben und Tätigkeit zu sein scheint, so auch sind das Geistige und Körperliche an sich etwas Leeres, Lebloses, Untätiges; dadurch aber, daß sie gegenseitig auf einander einwirken, geht und steht diese geistig-körperliche Verbindung und erscheint voll Leben und Tätigkeit. Daher sagen die Alten Meister : -

 

"In Wirklichkeit gibt's bloß den Körper und den Geist,
Und nicht zeigt sich dabei ein Wesen oder Mensch,
Denn leer ist dies, wie eine Puppe konstruiert,
Ein Haufen Elend und vergleichbar Holz und Stroh."

Dies aber möge man nicht bloß durch das Gleichnis von der Gliederpuppe klar machen, sondern auch durch noch weitere Gleichnisse, wie das vom Rohrbündel und ähnlichen Dingen. Gleichwie nämlich bei zwei Rohrbündeln, die so aufgestellt sind, daß sie sich gegenseitig stützen, das eine dem anderen eine Stütze bietet und, wenn das eine fällt, auch das andere fallen muß: genau so sind im Fünfgruppendasein das Geistige und das Körperliche gegenseitig bedingt, und das eine bildet für das andere eine Stütze, so daß, wenn das eine im Tode fällt, auch das andere fallen muß. Darum sagen die Alten Meister : -

 

"Als Paar sind Geist und Körper beide
Sich gegenseitig eine Stütze;
Sobald die eine Stütze bricht,
Zerbrechen alle zwei zugleich."

 

Ferner, wenn da bedingt durch eine vom Trommelschlegel angeschlagene Trommel ein Ton entsteht, so ist doch die Trommel eines, der Ton ein anderes, und Trommel und Ton sind unvermengt, denn die Trommel ist (an sich) ohne Ton und der Ton ohne Trommel. Genau so, wenn da in Abhängigkeit von der in den physischen Grundlagen, Sinnentoren und Objekten bestehenden Körperlichkeit das Geistige entsteht, so ist doch das Körperliche eines, ein anderes aber das Geistige, und das Geistige und das Körperliche sind unvermengt, denn das Geistige ist leer an Körperlichem und das Körperliche leer an Geistigem. Wie also durch die Trommel bedingt der Ton entsteht, so entsteht durch das Körperliche bedingt das Geistige. Darum sagen die Alten Meister:

 

"Nicht kommen aus dem Auge die vier Dinge und Bewußtseinseindruck,
Auch aus der Form nicht, auch aus dem nicht, was da zwischen beiden liegt.
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

"Nicht kommen aus dem Ohre die vier Dinge und Bewußtseinseindruck,
Auch aus dem Ton nicht, auch aus dem nicht, was da zwischen beiden liegt.
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

"Nicht kommen aus der Nase die vier Dinge und Bewußtseinseindruck,
Auch aus dem Duft nicht, auch aus dem nicht, was da zwischen beiden liegt.
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

"Nicht kommen aus der Zunge die vier Dinge und Bewußtseinseindruck,
Auch aus dem Saft nicht, auch aus dem nicht, was da zwischen beiden liegt.
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

"Nicht kommen aus dem Körper die vier Dinge und Bewußtseinseindruck,
Nicht aus dem Tastobjekt, auch aus dem nicht, was da zwischen beiden liegt (*).
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

"Nicht kommen aus dem Herzensgrunde die Gebilde,
Sind aus dem Geistobjekte nicht hervorgegangen.
Abhängig von Bedingungen entstehen die Gebilde,
Gleichwie der Ton bedingt ist durch das Anschlagen der Trommel.

(*) 'phassapañcamā', die den Bewußtseinseindruck als fünftes habenden'. Nach dem Satipatthāna-Kommentar sind hier zu verstehen: Bewußtsein (viññāna), Gefühl (vedanā), Wahrnehmung (saññā), Wille (cetanā), Bewußtseinseindruck (phassa)
 

Fernerhin ist dabei der Geist machtlos und vermag nicht aus eigener Kraft zu bestehen; und er ißt nicht, trinkt nicht, spricht nicht, bewegt sich nicht. Auch der Körper ist machtlos und vermag nicht aus eigener Kraft zu bestehen; und nicht hat er den Wunsch zu essen, zu trinken, zu reden oder sich zu bewegen. Wohl aber besteht der Körper in Abhängigkeit vom Geiste, und der Geist in Abhängigkeit vom Körper, so daß, sobald der Geist zu essen, trinken, reden oder sich zu bewegen wünscht, dann der Körper ißt, trinkt, redet oder sich bewegt.

 

Um diesen Sinn klar zu machen, führt man das Gleichnis an von dem Blindgeborenen und dem Lahmen, die beide die Absicht hatten, sich nach irgend einer Richtung hin zu begeben. Sprach der Blinde zum Lahmen : "Schau, ich kann wohl meine Füße richtig gebrauchen, aber ich habe keine Augen, um die ebenen und unebenen Stellen zu sehen." Der Lahme aber sprach zum Blinden: "Ich kann wohl meine Augen richtig gebrauchen, aber ich habe keine Füße, mit denen in hin und her gehen könnte." Und außer sich vor Freude lud der Blinde den Lahmen auf seine Schultern. Nachdem dieser aber sich dem Blinden auf die Schulter gesetzt hatte, sprach er: "Lasse links liegen! Geh nach rechts! Lasse rechts liegen! Geh nach links!"

 

Hierbei nun ist der Blindgeborene machtlos und unfähig und bewegt sich nicht vermittels seiner eigenen Kraft; und auch der Lahme ist machtlos und unfähig und bewegt sich nicht vermittels seiner eigenen Kraft. Sondern das Gehen kommt nur dadurch, zustande, daß beide sich gegenseitig unterstützen. Genau so auch ist das Geistige an sich machtlos; nicht kommt es durch eigene Macht zum Entstehen und ist nicht bei diesen und jenen Handlungen in Tätigkeit. Aber auch das Körperliche ist ohnmächtig; nicht kommt es durch eigene Macht zum Entstehen und ist nicht bei diesen und jenen Handlungen in Tätigkeit. Ohne gegenseitige Unterstützung aber gibt es für beide keine Entstehung und keine Tätigkeit. Darum heißt es:
 
 

"Nicht durch eigne Kraft entstehen beide,
Nicht durch eigne Kraft bestehen sie:
Dem Einfluß fremder Dinge unterworfen
Entstehen sie, bedingt, ohn' eigne Kraft.

"Durch anderes bedingt entstehen sie,
Durch andere Objekte leben sie.
Bedingt durch die Objekte sind sie da,
Durch fremde Dinge werden sie gewirkt.

"Gleichwie mit Hilfe eines Schiffes
Die Menschen fahren übers Meer,
So auch bedingt durch diesen Körper
Die Geistgruppe im Gange ist.

"Gleichwie mit Menschenhilfe da
Das Schiff das weite Meer durchkreuzt,
So auch bedingt durch diesen Geist
Die Körpergruppe fortbesteht.
 
"Wie Mensch und Schiff das Meer durchkreuzen,
Bedingend gegenseitig sich,
So sind der Geist und Körper auch
Sich gegenseitig eine Stütze."

 

So auf vielerlei Weise das Geistige und Körperliche feststellend und den Glauben an eine Wesenheit überwindend, hat man dieses auf dem Boden der Unverblendung ruhende wahrheitsgemäße Erkennen des Geistigen und Körperlichen als die 'Reinheit der Erkenntnis' (ditthi-visuddhi) aufzufassen. Auch als das 'Feststellen des Geistigen und Körperlichen' oder auch als das 'Abgrenzen der Gebilde' wird jene Erkenntnis bezeichnet.

 

Hier endet des zur Beglückung guter Menschen abgefaßten "Weges zur Reinheit" 18. Teil: die auf die Entfaltung des Wissens sich beziehende Darstellung der Reinheit der Erkenntnis.


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