Digha Nikāya - Die Längere Sammlung

34.10 Dasuttara Sutta, Die Zehnerfolge

Zehn Dinge:

Zehn Dinge, ihr Brüder, sind wertzuhalten, zehn Dinge auszubilden, zehn Dinge zu durchschauen, zehn Dinge aufzuheben, zehn Dinge bringen Nachteil, zehn Dinge bringen Vorteil, zehn Dinge sind schwer zu treffen, zehn Dinge sind zu erzeugen, zehn Dinge sind zu verstehen, zehn Dinge sind zu verwirklichen.

«Was für zehn Dinge sind wertzuhalten?

Zehn schutzverleihende Dinge: 

  1. da ist, ihr Brüder, ein Mönch tugendhaft, in reiner Zucht richtig gezügelt bleibt er lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt. 

  2. Weiter sodann hat ein Mönch viel gehört, ist Behälter des Wortes, Hort des Wortes der Lehre; und was da am Anfang begütigt, in der Mitte begütigt, am Ende begütigt und sinn- und wortgetreu das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum überliefert: das kennt er, behält er, beherrscht er mit der Rede, bewahrt es im Gedächtnis, hat es von Grund aus verstanden. 

  3. Dann hat ein Mönch edle Freunde, edle Gefährten, edle Vertraute. 

  4. Er ist zutraulich, zutraulich machende Dinge hat er erworben, er ist ausdauernd, ehrerbietig kommt er der Weisung nach. 

  5. Er ist bei all den verschiedenartigen Obliegenheiten der Ordensgenossen geschickt, er scheut keine Mühe, hat den Sachen gemäß zu prüfen gelernt, er weiß zu handeln, er weiß zu entscheiden. 

  6. Dem Rechten ist er zugetan, freundlich sucht er beizukommen, er hegt für die Lehre, für die Zucht hohe Begeisterung. 

  7. Er ist zufrieden mit was immer für einem Gewande, Almosenbissen, Sitz und Lager, Arzneimittel im Falle der Krankheit. 

  8. Mut hat er und Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, gibt den heilsamen Kampf nicht auf. 

  9. Er hat Einsicht, ist mit höchster Geistesgegenwart begabt: was da einst getan, einst gesagt wurde, daran denkt er, daran erinnert er sich. 

  10. Und er ist witzig, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt; 

diese zehn Dinge sind wertzuhalten.

Was für zehn Dinge sind auszubilden?

Zehn Orte der Allheit: 

diese zehn Dinge sind auszubilden.

Was für zehn Dinge sind zu durchschauen?

Zehn Bereiche: Gesichtbereich, Formenbereich; Gehörbereich, Tönebereich; Geruchbereich, Düftebereich; Geschmackbereich, Säftebereich; Getastbereich, Tastungenbereich; diese zehn Dinge sind zu durchschauen. 

Was für zehn Dinge sind aufzuheben?

Zehn Falschheiten: falsche Erkenntnis, falsche Gesinnung, falsche Rede, falsches Handeln, falsches Wandeln, falsches Mühen, falsche Einsicht, falsche Einigung, falsches Wissen, falsche Erlösung; diese zehn Dinge sind aufzuheben.

Was für zehn Dinge bringen Nachteil?

Zehn unheilsame Tatengänge: Lebendiges umbringen, Nichtgegebenes nehmen, Ausschweifung begehen, Lüge sagen, hinterrücks ausrichten, barsch anfahren, plappern und plaudern, Begehrlichkeit, Gehässigkeit, verkehrte Ansicht; diese zehn Dinge bringen Nachteil.

Was für zehn Dinge bringen Vorteil?

Zehn heilsame Tatengänge: Lebendiges umzubringen vermeiden, Nichtgegebenes zu nehmen vermeiden, Ausschweifung zu begehen vermeiden, Lüge zu sagen vermeiden, hinterrücks auszurichten vermeiden, barsch anzufahren vermeiden, das Plappern und Plaudern vermeiden, ohne Gier, ohne Haß, recht gesinnt sein; diese zehn Dinge bringen Vorteil (*137).

Was für zehn Dinge sind schwer zu treffen?

Zehn heilige Zustände: 

da hat, ihr Brüder, ein Mönch fünf Eigenschaften sich abgewöhnt, sechs Eigenschaften sich erworben, einsam ist er beschirmt, er hat viererlei Stützpunkte, abgeschüttelt hat er die einzeln gültigen Wahrheiten, beglichen das Verlangen nach Ausroden und Anbauen, sein Sinn ist unvertrübt, beschwichtigt ist die körperliche Unterscheidung, wohlabgelöst ist sein Gemüt, wohlabgelöst ist er in Weisheit. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch fünf Eigenschaften sich abgewöhnt? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch 

  1. den Wunscheswillen sich abgewöhnt, 
  2. den Hassensgroll sich abgewöhnt, 
  3. die matte Müde sich abgewöhnt, 
  4. den stolzen Unmut sich abgewöhnt, 
  5. das Schwanken sich abgewöhnt. 

Also, ihr Brüder, hat der Mönch fünf Eigenschaften sich abgewöhnt. Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch sechs Eigenschaften sich erworben? Hat da, ihr Brüder, ein Mönch 

  1. mit dem Gesichte eine Form erblickt, so wird er weder fröhlich noch traurig, er bleibt vielmehr gleichgültig, klar besonnen; 
  2. hat er mit dem Gehöre einen Ton gehört, 
  3. hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen, 
  4. hat er mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt, 
  5. hat er mit dem Getaste eine Tastung getastet, 
  6. hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so wird er weder fröhlich noch traurig, er bleibt vielmehr gleichgültig, klar besonnen. 

Also, ihr Brüder, hat der Mönch sechs Eigenschaften sich erworben. Wie aber, ihr Brüder, ist der Mönch einsam beschirmt? Da ist, ihr Brüder, ein Mönch mit Einsicht als Schirm des Gemütes umgeben. Also, ihr Brüder, ist der Mönch einsam beschirmt. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch viererlei Stützpunkte? Da mag, ihr Brüder, ein Mönch eins mit Bedacht pflegen, und eins mit Bedacht dulden, eins mit Bedacht fliehen, und eins mit Bedacht bekämpfen. Also, ihr Brüder, hat der Mönch viererlei Stützpunkte. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch die einzeln gültigen Wahrheiten abgeschüttelt? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch was da der gewöhnlichen Asketen und Priester gewöhnliche, einzeln gültige Wahrheiten sind, alle diese hat er abgeschüttelt, abgeworfen, abgestoßen, von sich getan, sich ihrer entledigt, sich ihrer entäußert, sich davon befreit. Also, ihr Brüder, hat der Mönch die einzeln gültigen Wahrheiten abgeschüttelt. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch das Verlangen nach Ausroden und Anbauen beglichen? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch das Wunschverlangen aufgehoben, das Daseinsverlangen aufgehoben, und das Verlangen nach heiligem Wandel hat er gestillt. Also, ihr Brüder, hat der Mönch das Verlangen nach Ausroden und Anbauen beglichen. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch unvertrübten Sinn? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch wünschenden Sinn aufgehoben, hassenden Sinn aufgehoben, feindlichen Sinn aufgehoben. Also, ihr Brüder, hat der Mönch unvertrübten Sinn. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch die körperliche Unterscheidung beschwichtigt? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmütig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung erwirkt. Also, ihr Brüder, hat der Mönch, die körperliche Unterscheidung beschwichtigt. 

Wie aber, ihr Brüder, hat der Mönch das Gemüt wohlabgelöst? Da hat, ihr Brüder, ein Mönch das Gemüt von Begier abgelöst, von Haß abgelöst, von Irre abgelöst. Also, ihr Brüder, hat der Mönch das Gemüt wohlabgelöst. 

Wie aber, ihr Brüder, ist der Mönch in Weisheit wohlabgelöst? Da weiß, ihr Brüder, ein Mönch: <Die Begier hab' ich überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann>; er weiß: <Den Haß hab' ich überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann>; er weiß <Die Irre hab' ich überstanden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann.> Also, ihr Brüder, ist der Mönch in Weisheit wohlabgelöst; diese zehn Dinge sind schwer zu treffen.

Was für zehn Dinge sind zu erzeugen?

Zehn Arten der Wahrnehmung: die Wahrnehmung der Unsauberkeit, die Wahrnehmung des Sterbens, die Wahrnehmung von der Widerwärtigkeit der Nahrung, die Wahrnehmung von der Freudlosigkeit an der ganzen Welt, die Wahrnehmung der Vergänglichkeit, die Wahrnehmung des Leidens der Vergänglichkeit, die Wahrnehmung der Nichtigkeit des Leidens, die Wahrnehmung der Abkehr, die Wahrnehmung der Hinwegkunft, die Wahrnehmung der Auflösung; diese zehn Dinge sind zu erzeugen.

Was für zehn Dinge sind zu verstehen?

Zehn abzutragende Dinge: 

Was für zehn Dinge sind zu verwirklichen?

Zehn untrügliche Dinge: untrüglich rechte Erkenntnis, untrüglich rechte Gesinnung, untrüglich rechte Rede, untrüglich rechtes Handeln, untrüglich rechtes Wandeln, untrüglich rechtes Mühen, untrüglich rechte Einsicht, untrüglich rechte Einigung, untrüglich rechte Weisheit, untrüglich rechte Erlösung; diese zehn Dinge sind zu verwirklichen.

So sind das hundert Dinge, wahre, echte, wirkliche, nicht unwirkliche, unveränderliche, die der Vollendete vollkommen erkundet hat.»

Also sprach der ehrwürdige Sāriputto. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des ehrwürdigen Sāriputto.


(*137) Der Grundriß der zehn Tatengänge, nach rechts und nach links im Rundbogen doppelt bestanden, ist in der 176. Rede des Dasakanipāto im Anguttaranikāyo entworfen, in einem Gespräch mit Cundo, dem Goldschmied von Pāvā am Gebirge, wobei die Gebräuche und Gelübde der Priester im Tiefland, der Bettelpilger und Tempelbeter, der Feuerverehrer und Wasserbesprenger, betrachtet und auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. 

Ob nun einer vom Aufstehen an bis zum Niederlegen immer die Erde berührt oder nicht berührt, feuchte Kuhfladen berührt oder nicht berührt, grüne Gräser berührt oder nicht berührt, dem Feuer dient oder nicht dient, sich vor der Sonne verbeugt oder nicht verbeugt, dreimal täglich ins Wasser herabsteigt oder nicht herabsteigt: nicht darauf kommt es an, sondern welche Seite der zehn Tatengänge man gewählt hat. Die unheilsame Seite ist eben nicht reinlich und beunreinigt. Hat man nun diesen Rundgang betreten, immer eifrig beschritten, so wird die höllische Welt offenbar, der tierische Schoß offenbar, das Gespensterreich offenbar, oder was irgend noch etwa eine andere üble Fährte sei. Aber die Seite der zehn heilsamen Tatengänge ist reinlich und bereinigt. Hat man da nun diesen Rundbogen betreten, immer eifrig beschritten, so werden die Götter offenbar, die Menschen offenbar, oder was irgend noch etwa eine andere gute Fährte sei.

(*138) Die Stelle, die der rechten Erkenntnis zukommt, wird im Anguttaranikāyo, Dasakanipāto No. 121, so gezeigt «Wenn die Sonne, ihr Mönche, zum Aufgange kommt, ist das die Vorankunft, das die Vorandeutung, und zwar das Frühmorgenrot. Ebenso nun auch, ihr Mönche, ist bei den heilsamen Dingen das die Vorankunft, das die Vorandeutung, und zwar die rechte Erkenntnis.»


 Home Oben Zum Index Zurueck