„Schön bist du und von prächt'ger Farbe“
§A. Dies erzählte der Meister , da er im Jetavana verweilte , mit Beziehung auf einen gierigen Mönch. Dieser war nämlich mit Gewändern und ähnlichen Geschenken unzufrieden und suchte beim Umhergehen immer nach, wo das Mahl für die Mönchsgemeinde, wo sie eingeladen sei; nur an dem Gespräch über das Essen hatte er seine Freude. Einige brave Mönche aber teilten dies, um dem abzuhelfen, dem Meister mit.
Der Meister ließ ihn zu sich rufen und fragte: „Ist es wahr, o Mönch, dass du gierig bist?“ Auf dessen bejahende Antwort fuhr er fort: „O Mönch, warum bist du, der du doch in dieser so zum Heile führenden Lehre Mönch geworden bist, so gierig? Die Gier ist etwas Böses. Früher schon warst du infolge dieser Gier zu Benares nicht zufrieden mit den Leichnamen von Elefanten und anderen Tieren und zogest darum in den großen Wald.“ Nach diesen Worten erzählte er folgende Begebenheit aus der Vergangenheit.
§B. Als ehedem zu Benares Brahmadatta regierte, war eine gierige Krähe zu Benares unbefriedigt von den Leichnamen der Elefanten und anderer Tiere. Sie dachte: „Wie ist es denn im Walde?“, und begab sich in den Wald. Da sie dort nicht befriedigt war von den Waldfrüchten, begab sie sich nach dem Ufer des Ganges. Während sie dort weilte, sah sie ein Paar Goldgänse und dachte: „Diese Vögel glänzen gar sehr; sie verzehren an diesem Gangesufer viel Fleisch, glaube ich. Ich muss sie fragen, selbst auch ihre Nahrung verzehren und dadurch schönfarbig werden.“ Indem sie sich unweit von ihnen niederließ, sprach sie, um die Goldgans zu fragen, folgende zwei Strophen:
Diese Worte zurückweisend sprach die Goldgans folgende dritte Strophe:
Darauf sprach die Krähe die folgenden beiden Strophen:
Darauf sprach die Goldgans, um ihr die Ursache ihrer Hässlichkeit zu zeigen und indem sie ihr die Wahrheit verkündete, die folgenden übrigen Strophen:
Die Goldgans fügte noch hinzu: „Darum, wenn du der Welt lieb werden willst, so gib alle Feindschaft auf!“, und zeigte ihr so die Wahrheit. Die Krähe aber erwiderte: „Ihr sagt mir nicht, was eure Nahrung ist“; krächzend flog sie in die Höhe und ließ sich in Benares wieder auf einem Misthaufen nieder.
§C. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen und die Wahrheiten verkündigt hatte, verband er das Jātaka (am Ende der Verkündigung der Wahrheiten aber gelangte jener gierige Mönch zur Frucht der Nichtrückkehr) mit folgenden Worten: „Damals war die Krähe der gierige Mönch, die weibliche Goldgans war die Mutter Rāhulas, die männliche Goldgans aber war ich.“
Ende der Erzählung von der Goldgans
[1] Vgl. die ähnliche Erzählung im Jātaka 434.
[2] Der Pathina-Fisch ist Silurus boalis, der Rohita-Fisch Cyprianus rohita.
[3] Beides sind Wasserpflanzen; „sevala“ ist die Pflanze Valsilneria.
[4] Also auch bei den Tieren gilt das Prinzip der „ahimsa“, des Nichtverletzens, das für den Buddhisten so wichtig ist.