(Anhang B.2 gibt Erläuterungen zu dieser Sutte aus dem Nettippakarana.)
1032 AJITA
1033 DER ERHABENE
1034 AJITA
1036 AJITA
1037 DER ERHABENE
1039 DER ERHABENE
1040 TISSA-METTEYA
1041 DER ERHABENE
[1] Das sie unrein macht (abhilepanam), wtl.: die Beschmierung; CNidd erklärt durch die Begriffsreihe: "das Klebrige, Anhaftende; die Fessel, die Befleckung (upakkilesa)."
[2] Durch Habsucht (vevicchā; auch in v. 941); wohl von Skr. vevitsā, Desiderativum (Wunschform) von Ö vid: der Wunsch. etwas kennen zu lernen. Im Pali hat das Wort allerdings seine eigene Entwicklung genommen und hat hier die Bedeutung 'Verlangen- oder 'Habsucht'. Als Beleg hierfür siehe Puggala-Paññatti, wo vevicchā in der sich an lobha (Gier) anschließenden Synonymen-Reihe erscheint, und zwar zwischen macchariya (Eifersucht, Neid) und kadariya (Geiz). MNidd erklärt es mit macchariya. Der Begriff dürfte zu verstehen sein als das unruhige, rastlose Verlangen und vielleicht, in Anknüpfung an die obige Sanskrit-Bedeutung, die Sucht nach immer neuen Reizen und Genüssen. die 'Genuß-Neugier'. -
Im Netti-P. (s. Anhang B.2) wird vivicchā (so dortige Lesart) allerdings mit vicikicchā (Zweifel) erklärt: "Ein Mensch. der von den 'Hemmungen' (nīvarana) verhüllt ist (nivuto- s. Verszeile a), zweifelt (vivicchati). Vivicchā bedeutet nämlich 'Zweifel'." Diese Erklärung ist jedoch sicher unzutreffend.
[3] Gelüsten macht sie unrein (japp'ābhilepanam). K: "Begehren (tanhā) ist nämlich für diese Welt wie die Leimrute (lepa- Hindeutung auf abhilepanam) für die Affen." Die Ausführung dieses Gleichnisses findet sich im Samyutta-Nikāya, 47,7.
[4] Die Ströme. K: "die nach den Sehobjekten usw. hinfließenden Begehrens-Ströme." Dies ist auch belegt durch Dhammapada v. 339, wo von den 36 Strömungen gesprochen wird; dies bezieht sich auf die im A.IV.199 behandelten '36 Fährten oder Gedanken des Begehrens' (tanhā-vicaritāni).
Der darauf folgende Dhammapada-Vers 340 beginnt übrigens mit den gleichen Worten, wie unser Sn-Vers: Savanti sabbadhī sotā. Vgl. ferner Itivuttaka 109: "Die Strömung des Flusses, das, ihr Mönche, ist eine Bezeichnung für das Begehren." Siehe auch Anhang B.2.
[5] Weisheit: In der Zusammenstellung mit 'Achtsamkeit' (sati; Zeile b) mag auch hier, wie in v. 969 (s. Anm.), besonders an die 'Wissensklarheit' (sampajañña) zu denken sein.
[6] Hinzufügung in ( ) laut Komm. zu Netti-Pakarana (s. Anhang B.2).
[7] K: (Geist und Körper schwinden) zusammen mit dem Bewußtsein, nicht früher und nicht später." - CNidd: "Durch Aufhebung des Karma-erzeugenden Bewußtseins (abhisankhāra-viññāna)."
[8] (Heilige) Ergründer der Dinge (sankhāta-dhammāse). CNidd: "die Heiligen." Dieser Vers wird im Samyutta-Nikāya, 12, 31 zitiert und von Sāriputta erklärt.
Kämpfer (sekhā; wtl.: Übende). So werden diejenigen genannt, die eine der ersten sieben Hohen Pfade und Ziele erreicht haben, d.h. bis zum Heiligkeits-Pfad (arahatta-magga) einschließlich. Die achte Stufe ist das Heiligkeits-Ziel (arahatta-phala), bei dessen Erreichung man als asekha, d.h. als 'Kampfeslediger' gilt.
[9] Regung (iñjita) ist vor allem die Begehrens-Regung; s Vers 750.
[10] Näherin; s. Anm. [13]
[11] Als Ergründer (wtl.: in Ergründung; samkhāya); vgl. v. 1038 m. Anm. [8]
[12] Wer beide Enden klar durchschaut; vgl. v. 778 m. Anm.
[13] Er überwand die Näherin (Begehren) (so'dha sibbanim accagā). Die Erklärung in ( ) ist durch Angutt.-Nik., Sechser-Buch, Nr. 61 belegt, wo v. 1042 zitiert und von den Mönchen erörtert wird. Der Buddha selber äußert sich dort wie folgt:
"Alle der Reihe nach, ihr Mönche, habt ihr recht gesprochen. Worauf sich aber im 'Weg zum Anderen Ufer' (parāyane) meine Antwort auf Metteyyas Frage bezog, das sollt ihr nun erfahren . . . Der Sinnen-Eindruck, ihr Mönche, bildet das eine Ende, die Entstehung des Sinnen-Eindrucks das andere Ende, die Aufhebung des Sinnen-Eindrucks die Mitte, das Begehren (tanhā) aber ist die Näherin. Denn das Begehren näht (oder heftet; sibbati) sie (d.i. die beiden Enden) zusammen zur Entstehung dieser oder jener Daseinsform."
In Atthasālinī (dem Kommentar zum Abhidhamma-Werk Dhammasangani) heißt es: "Die Gier (lobha) gilt als Näherin im Sinne des Aneinanderfügens; denn die Gier näht oder heftet durch Tod und Wiedergeburt die Wesen im Daseinskreislauf aneinander, wie ein Schneider ein Tuch an ein anderes."
Das Bild von der Näherin wird zuerst von dem befragenden Brahmanen gebraucht, und wir dürfen daher annehmen, daß er dabei an die altindische, ihm sicher vertraute Lehre vom 'Weltfaden' oder 'Faden-Ātman' (sūtr'ātman) gedacht hat, für die im folgenden einige Belege gegeben werden. Die Antwort des Buddha darf somit als eine Ablehnung und Berichtigung dieser Lehre aufgefaßt werden.
Satapatha-Brāhmana: "Die Sonne ist der Haken (der Anhalts- oder Anknüpfungspunkt; āsañjana), an den diese Welten geknüpft sind vermittels der Himmelsrichtungen . . . Sie bindet diese Welten an sich durch den Faden-Ātman." - In der vorbuddhistischen Brhadāranyaka-Upanisad (3, 7) heißt es: "Kennst du jenen Faden, von welchem diese Welt und die andere Welt und alle Welten zusammengebüschelt werden? . . . Kennst du jenen inneren Lenker, der diese Welt und die andere Welt und alle Wesen innerlich regiert? . . . Wahrlich, wer jenen Faden kennt und jenen inneren Lenker . . ., der kennt alles . . . Der Wind (vāyu) fürwahr ist jener Faden . . . Der die Erde usw. innerlich regiert, der ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche" (Deussen "Sechzig Upanishads", p. 439ff; s. auch p. 660, 683).
Deussen bemerkt hierzu: "Da Vāyu (der Wind) als psychischer und kosmischer Prāna nur ein Symbol des Ātman, dieser aber wiederum der Antaryāmin oder innere Lenker der Wesen ist, so sind Vāyu und Antaryāmin im Grunde identisch, und als einheitlicher Gedanke des ganzen Abschnittes läßt sich bezeichnen, daß der Ātman das erkennende Subjekt in uns, sowohl von innen alle Dinge regiert als auch von außen alles Einzelne wie das Weltganze in seinem Bestande zusammenhält." Āruneya-Up: "Das Brahman ist die Schnur (sūtram)" (Deussen, 1. c., p. 693) - Shankara: "Wie Holzpuppen durch Pflöcke und Schnüre bewegt werden, so wird die Welt vom Faden-Ātman gelenkt."
Interessante europäische Quellen für das Bild vom (goldenen) Faden gibt Ananda K. Coomāraswamy in "Figures of Speech or Figures of Thought" (London 1946), p. 116, 224, 236. Zum Bild von der Näherin vgl. auch die verwandte mythologische Vorstellung von den Schicksals-Spinnerinnen, den Nornen und Parzen.
Dem Buddha zufolge ist es also die Begierde, die all diesen verschiedenen Vorstellungen vom 'Weltfaden' oder 'Faden-Ātman' zugrunde liegt. Sie ist die wahre 'Näherin'; sie ist die webende, bindende und zusammenhaltende Kraft, nach der schon uraltes Denken fragte.