Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung

ERSTES HALBHUNDERT (Mūlapaṇṇāsam)

Zweiter Teil (Vaggo Dutiyo) - Buch des Löwenrufs (Sīhanādavaggo)

16. (II,6) Cetokhila Sutta (Die Herzbeklemmungen)

 

DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Sie­gerwalde, im Garten Anāthapindikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Ihr Mönche!" ‑ "Erlauchter!" antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

 

            "Wer da von euch, ihr Mönche, die fünf Herzbeklemmungen nicht verloren und die fünf Fesseln des Herzens nicht durchschnitten hat, kann freilich in diesem Orden der Wahrheit zum Gedeihen, zur Reife und Entfaltung nicht gelan­gen. Welche fünf Herzbeklemmungen sind das, die ein solcher nicht verloren hat? Da schwankt und zweifelt, ihr Mönche, ein Mönch am Meister, hegt Mißtrauen und Mißgunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der am Meister schwankt und zwei­felt, Mißtrauen und Mißgunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese erste Herz­be­klemmung nicht verloren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt und zweifelt an der Satzung, hegt Mißtrauen und Mißgunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Satzung schwankt und zweifelt, Mißtrauen und Mißgunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer ab­geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Aus­dauer abgeneigt ist, der hat also diese zweite Herzbeklemmung nicht ver­loren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt und zweifelt an der Jüngerschaft, hegt Mißtrauen und Mißgunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Jüngerschaft schwankt und zweifelt, Mißtrauen und Mißgunst hegt, des­sen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer ab­geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Aus­dauer abgeneigt ist, der hat also diese dritte Herzbeklemmung nicht verloren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt und zweifelt an der Ordens­regel, hegt Mißtrauen und Mißgunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Ordensregel schwankt und zweifelt, Mißtrauen und Mißgunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese vierte Herzbeklemmung nicht ver­loren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch ärgert und kränkt sich über seine Ordensbrüder, ist niedergeschlagen und beklommen. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich über seine Ordensbrüder ärgert und kränkt, niedergeschlagen und beklommen ist, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharr­lichkeit und Ausdauer ahgeneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese fünfte Herzbeklemmung nicht verloren. Das sind die fünf HerzbekLemmungen, die ein solcher nicht verloren hat.

 

            "Welche fünf Fesseln des Herzens sind das, die ein solcher nicht durch­schnitten hat? Da hat sich, ihr Mönche, ein Mönch beim Wünschen nicht der Be­gierde entäußert, nicht des Verlangens entäußert, nicht der Sehnsucht ent­äußert, nicht des Gelüstens entäußert, nicht des Fieberns entäußert, nicht des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Wünschen nicht der Begierde, nicht des Verlangens, nicht der Sehnsucht, nicht des Gelüstens, nicht des Fieberns, nicht des Dürstens entäußert hat, dessen Gemüt ist der An­strengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt. Wessen, Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese erste Fessel des Herzens nicht durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat sich beim Fühlen nicht der Be­gierde entäußert, nicht des Verlangens entäußert, nicht der Sehnsucht ent­äußert, nicht des Gelüstens entäußert, nicht des Fieberns entäußert, nicht des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Fühlen nicht der Be­gierde, nicht des Verlangens, nicht der Sehnsucht, nicht des Gelüstens, nicht des Fieberns, nicht des Dürstens entäußert hat, dessen Gemüt ist der Anstren­gung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt. Wessen Ge­müt der An­strengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese zweite Fessel des Herzens nicht durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat sich beim Sehn nicht der Be­gierde entäußert, nicht des Verlangens entäußert, nicht der Sehnsucht ent­äußert, nicht des Gelüstens entäußert, nicht des Fieberns entäußert, nicht des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Sehn nicht der Be­gier­de, nicht des Verlangens, nicht der Sehnsucht, nicht des Gelüstens, nicht des Fieberns, nicht des Dürstens entäußert hat, dessen Gemüt ist der Anstren­gung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt. Wessen, Gemüt der An­strengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese dritte Fessel des Herzens nicht durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat zur Mahlzeit so viel gegessen, als seinem Magen wohlbekommt, und gefällt sich in behaglichem Sitzen, be­hag­lichem Liegen, behaglichem Schlummern. Ein Mönch, ihr Mönche, der zur Mahlzeit so viel gegessen hat, als seinem Magen wohlbekommt, und sich in behaglichem Sitzen, behaglichem Liegen, behaglichem Schlummern ge­fällt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Aus­dauer abgeneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese vierte Fessel des Herzens nicht durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch führt in der Absicht eine gött­liche Verkörperung zu erlangen ein heiliges Leben: 'Durch diese Übun­gen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich ein Gott werden oder ein Gött­licher!' Ein Mönch, ihr Mönche, der in der Absicht eine gött­liche Verkörperung zu erlangen ein heiliges Leben führt: 'Durch diese Übun­gen oder Gelübde, Kas­teiung oder Entsagung will ich ein Gott werden oder ein Gött­lich­er!', dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlich­keit und Ausdauer abgeneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer abgeneigt ist, der hat also diese fünfte Fessel des Herzens nicht durch­schnitten.

 

            "Das sind die fünf Fesseln des Herzens, die ein solcher nicht durch­schnit­ten hat. Wer da von euch, ihr Mönche, diese fünf Herzbeklemmungen nicht verloren und diese fünf Fesseln des Herzens nicht durchschnitten hat, kann freilich in diesem Orden der Wahrheit zum Ge­deihen, zur Reife und Entfaltung nicht gelangen.

 

            "Wer da von euch, ihr Mönche, die fünf Herzbeklemmungen verloren und die fünf Fesseln des Herzens glatt durchschnitten hat, kann wohl in diesem Orden der Wahrheit zum Gedeihen, zur Reife und Entfaltung gelangen. Wel­che fünf Herzbeklemmungen sind das, die ein solcher verloren hat? Da schwankt nicht und zweifelt nicht, ihr Mönche, ein Mönch am Meister, hegt Vertrauen und Gunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der am Meister nicht schwankt und nicht zweifelt, Ver­trauen und Gunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlich­keit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlich­keit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese erste Herzbeklemmung ver­loren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt nicht und zweifelt nicht an der Satzung, hegt Vertrauen und Gunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Satzung nicht schwankt und nicht zweifelt, Vertrauen und Gunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese zweite Herzbeklemmung verloren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt nicht und zweifelt nicht an der Jüngerschaft, hegt Vertrauen und Gunst. Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Jüngerschaft nicht schwankt und nicht zweifelt, Vertrauen und Gunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Aus­dauer ge­neigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese dritte Herzbeklemmung ver­loren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch schwankt nicht und zweifelt nicht an der Ordensregel, hegt Vertrauen und Gunst, Ein Mönch, ihr Mönche, der an der Ordensregel nicht schwankt und nicht zweifelt, Vertrauen und Gunst hegt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Aus­dauer ge­neigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese vierte Herzbeklemmung ver­loren.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch ärgert sich nicht, kränkt sich nicht über seine Ordensbrüder, ist nicht niedergeschlagen, nicht beklom­men. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich über seine Ordensbrüder nicht ärgert und kränkt, nicht niedergeschlagen und beklommen ist, dessen Gemüt ist der An­strengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese fünfte Herzbeklemmung verloren. Das sind die fünf Herzbeklemmungen, die ein solcher verloren hat.

 

            "Welche fünf Fesseln des Herzens sind das, die ein solcher glatt durch­schnitten hat? Da hat sich, ihr Mönche, ein Mönch beim Wünschen der Begierde entäußert, des Verlangens entäußert, der Sehnsucht entäußert, des Gelü­stens entäußert, des Fieberns entäußert, des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Wünschen der Begierde, des Verlangens, der Sehn­sucht, des Gelüstens, des Fieberns, des Dürstens entäußert hat, dessen Ge­müt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese erste Fessel des Herzens glatt durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat sich beim Fühlen der Begierde entäußert, des Verlangens entäußert, der Sehnsucht entäußert, des Gelüstens entäußert, des Fieberns entäußert, des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Fühlen der Begierde, des Verlangens, der Sehnsucht, des Gelüstens, des Fieberns, des Dürstens entäußert hat, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese zweite Fessel des Herzens glatt durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat sich beim Sehn der Begierde entäußert, des Verlangens entäußert, der Sehnsucht entäußert, des Gelüstens entäußert, des Fieberns entäußert, des Dürstens entäußert. Ein Mönch, ihr Mönche, der sich beim Sehn der Begierde, des Verlangens, der Sehnsucht, des Gelüstens, des Fieberns, des Dürstens entäußert hat, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt, Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese dritte Fessel des Herzens glatt durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch hat zur Mahlzeit nicht so viel gegessen, als seinem Magen wohlbekommt, gefällt sich nicht in behaglichem Sitzen, behaglichem Liegen, behaglichem Schlummern. Ein Mönch, ihr Mön­che, der zur Mahlzeit nicht so viel gegessen hat, als seinem Magen wohlbe­kommt, sich nicht in behaglichem Sitzen, behaglichem Liegen, behaglichem Schlummern gefällt, dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharr­lichkeit und Aus­dauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese vierte Fessel des Herzens glatt durchschnitten.

 

            "Weiter sodann, ihr Mönche: ein Mönch führt nicht in der Absicht eine göttliche Verkörperung zu erlangen ein heiliges Leben: 'Durch diese Übungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich ein Gott werden oder ein Göttlicher!' Ein Mönch, ihr Mönche, der nicht in der Absicht ei­ne göttliche Verkörperung zu erlangen ein heiliges Leben führt: 'Durch diese Übungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich ein Gott werden oder ein Gött­licher!', dessen Gemüt ist der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt. Wessen Gemüt der Anstrengung und Mühe, Beharrlichkeit und Ausdauer geneigt ist, der hat also diese fünfte Fessel des Herzens glatt durchschnitten. Das sind die fünf Fesseln des Her­zens, die ein solcher glatt durchschnitten hat. Wer da von euch, ihr Mönche, diese fünf Herzbeklemmungen verloren und diese fünf Fesseln des Herzens glatt durchschnitten hat, kann wohl in diesem Orden der Wahrheit zum Ge­deihen, zur Reife und Entfaltung gelangen.

 

            "Er gewinnt das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung des Willens er­worbene Machtgebiet, gewinnt das durch Innigkeit, Ausdauer und Samm­lung der Kraft erworbene Machtgebiet, gewinnt das durch Innigkeit, Aus­dauer und Samm­lung des Geistes erworbene Machtgebiet, gewinnt das durch Innigkeit, Ausdauer und Sammlung des Prüfens erworbene Macht­gebiet, Heldenmut aber zum fünften. Und dieser also fünfzehnfach helden­mütig gewordene Mönch, ihr Mönche, ist fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die unvergleichliche Sicherheit zu finden. Gleichwie etwa, Mönche, wenn eine Henne ihre Eier, acht oder zehn oder zwölf Stück, wohl bebrütet, gänzlich ausgebrütet, völlig gar gebrütet hat: wie sollte da nicht jener Henne der Wunsch kommen: 'Ach möchten doch meine Küch­lein mit den Krallen oder dem Schnabel die Schale aufhacken, möchten sie doch heil durchbrechen!', und jene Küchlein sind fähig geworden mit den Krallen oder dem Schnabel die Schale aufzuhacken und heil durch­zu­brechen: ebenso nun auch, ihr Mönche, ist ein also fünfzehnfach heldenmütig gewor­dener Mönch fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die un­vergleichliche Sicherheit zu finden."

 

            "Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

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