Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung

ERSTES HALBHUNDERT (Mūlapaṇṇāsam)

Dritter Teil (Vaggo Tatiyo) - Buch der Gleichnisse (opamadhammavaggo)

22. (III,2) Alagaddūpama Sutta (Das Schlangengleichnis)

 

DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Sie­gerwalde, im Garten Anāthapindikos. Zu jener Zeit nun hatte ein Mönch namens Arittho, ehemals ein Geierjäger, folgende verkehrte Meinung ge­äußert: 'Also fasse ich die vom Erhabenen verkündete Lehre auf, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Verder­ben gereichen.' Es kam nun vielen Mönchen zu Ohren, daß ein Mönch Namens Arittho, ein früherer Geierjäger, diese verkehrte Meinung gefaßt habe. Da be­gaben sich nun jene Mönche dorthin wo Arittho der Mönch, der frühere Geier­jäger, weilte, und sprachen hierauf also zu ihm:

            "Ist es wahr, wie man sagt, Bruder Arittho, du habest diese verkehrte Mei­nung gefaßt: 'Also verstehe ich die vom Erhabenen verkündete Lehre, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen'?"

            "So ist es, ihr Brüder, allerdings fass' ich die vom Erhabenen ver­kündete Lehre also auf, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Hand­lungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen."

            Da nun wollten jene Mönche Arittho den Mönch, den früheren Geierjäger, von seiner verkehrten Meinung abbringen, wandten sich zu ihm, sprachen zu ihm, belehrten ihn: "Nicht also rede, Bruder Arittho, den Erhabenen ver­bessere nicht, nicht ist es gut den Erhabenen verbessern, nicht kann der Er­habene solches gesagt haben. Auf mannigfaltige weise, Bruder Arittho, wur­den die verderblichen Handlungen vom Erhabenen erklärt, und sie gereichen dem Täter notwendig zum Verderben. Unbefriedigend sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Kahlen Knochen verglichen hat der Erhabene die Begierden, Fleischfetzen verglichen hat der Erhabene die Begierden, flammendem Stroh verglichen hat der Erhabene die Begierden, glühenden Kohlen verglichen hat der Erha­bene die Begierden, Träum­ereien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Betteleien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Baumfrüchten vergli­chen hat der Erhabene die Begierden, Schwerterschneiden verglichen hat der Erhabene die Begierden, Lanzenspitzen verglichen hat der Erhabene die Be­gierden, Schlangenrachen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt [1]."

            Arittho der Mönch aber, der frühere Geierjäger, obzwar von jenen Mönchen also angegangen, angesprochen und belehrt, hielt an dieser seiner ver­kehrten Meinung zähe fest: 'Ich, fürwahr, ihr Brüder, verstehe die vom Er­habenen ver­kündete Lehre also, daß jene vom Erhabenen als verderblich be­zeichneten Hand­lungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gerei­chen müssen"

 

            Als nun jene Mönche Arittho den Mönch, den früheren Geierjäger, von dieser verkehrten Meinung nicht abbringen konnten, begaben sie sich dort­hin wo der Erhabene weilte, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setz­ten sich zur Seite nieder. Hierauf nun sprachen jene Mönche zum Erhabenen also:

 

            "Ein Mönch namens Arittho, o Herr, ein ehemaliger Geierjäger, hat fol­gende verkehrte Meinung geäußert: 'Also verstehe ich die vom Erhabenen ver­kündete Lehre, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen.' Hier­von erhielten wir Kunde, o Herr, begaben uns zu Arittho und fragten ihn, ob das Gerücht wahr sei. Auf unsere Frage, o Herr, erwiderte uns Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger: 'So ist es, ihr Brüder, allerdings fasse ich die vom Erhabenen verkündete Lehre also auf, daß jene vom Erhabenen als ver­derblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Ver­derben gereichen.' Da nun wollten wir, o Herr, Arittho den Mönch, den früheren Geierjäger, von seiner verkehrten Meinung abbringen, wandten uns zu ihm, sprachen zu ihm, belehrten ihn: Nicht also rede, Bruder Arittho, den Erhabenen verbessere nicht, nicht ist es gut den Erhabenen verbessern, nicht kann der Erhabene solches gesagt haben. Auf mannigfaltige Weise, Bru­der Arittho, wurden die verderblichen Handlungen vom Erhabenen erklärt, und sie gereichen dem Täter notwendig zum Verderben. Unbe­friedigend sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Kahlen Knochen verglichen hat der Erhabene die Begierden, Fleischfetzen verglichen hat der Erhabene die Begierden, flammendem Stroh verglichen hat der Erhabene die Begierden, glühenden Kohlen verglichen hat der Erhabene die Begierden, Träumereien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Betteleien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Baum­früchten verglichen hat der Erhabene die Begierden, Schwerterschneiden ver­glichen hat der Erhabene die Begierden, Lanzenspitzen verglichen hat der Erha­bene die Begierden, Schlangenrachen gleich sind die Begierden, hat der Erhabe­ne gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Obzwar nun, o Herr, solcher­art von uns angegangen, angesprochen und belehrt, hielt Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger, an dieser seiner verkehrten Meinung zähe fest: 'Ich, fürwahr, ihr Brüder, fasse die vom Erhabenen verkündete Lehre also auf, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen.' Da wir nun, o Herr, Arittho den Mönch, den früheren Geierjäger, von dieser verkehrten Meinung nicht abbringen konnten, beschlossen wir, die Sache dem Erhabenen zu be­richten."

 

            Da nun wandte sich der Erhabene an einen der Mönche:

            "Gehe, o Mönch, und sage in meinem Namen Arittho dem Mönche, dem früheren Geierjäger: der Meister ruft dich, Bruder Arittho."

            "Wohl, o Herr!" erwiderte jener Mönch, dem Erhabenen gehorchend, be­gab sich dorthin wo Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger, weilte, und sprach hierauf also zu ihm:

            "Der Meister ruft dich, Bruder Arittho."

            "Gut, o Bruder, ich komme!" erwiderte Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger, jenem Mönche, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, be­grüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Hierauf nun sprach zu Arittho dem Mönche, dem früheren Geierjäger, der Erhabene also:

 

            "Ist es wahr, wie man sagt, Arittho, du habest diese verkehrte Meinung gefaßt: 'Also verstehe ich die vom Erhabenen verkündete Lehre, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Handlungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen'?"

            "So ist es allerdings: ich, o Herr, fasse die vom Erhabenen verkündete Lehre dahin auf, daß jene vom Erhabenen als verderblich bezeichneten Hand­lungen dem Täter nicht notwendig zum Verderben gereichen."

            "Von wem hast du denn, du betörter Mann, gehört, daß ich eine solche Lehre verkündet hätte? Habe ich nicht, o Tor, auf mannigfaltige Weise die verderblichen Handlungen erklärt und dargelegt, daß sie dem Täter not­wendig zum Verderben gereichen? Unbefriedigend sind die Begierden, hab' ich gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Kahlen Kno­chen verglichen habe ich die Begierden, Fleischfetzen verglichen habe ich die Begierden, flammendem Stroh verglichen habe ich die Begierden, glühenden Kohlen verg­lichen habe ich die Begierden, Träumereien verglichen habe ich die Begierden, Betteleien verglichen habe ich die Begierden, Baumfrüch­ten verglichen habe ich die Begierden, Schwerterschneiden verglichen habe ich die Begierden, Lanzen­spitzen verglichen habe ich die Begierden, Schlangenrachen gleich, habe ich gesagt, sind die Begierden, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Aber mißverständigen Sinnes, o Tor, willst du uns verbessern und gräbst dir selbst das Grab und schaffst dir schwere Schuld. Das wird dir, o Tor, lange zum Unheil, zum Leiden gerei­chen."

            Und der Erhabene wandte sich an die Mönche:

            "Was meint ihr wohl, Mönche? Hat dieser Mönch Arittho, der frühere Geierjäger, in unserer Heilsordnung nicht etwa Brand gestiftet?"

            "Wie wäre das möglich, o Herr, nein, wahrlich nicht, o Herr!"

            Auf diese Worte setzte sich Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger, verstummt und verstört, gebeugten Rumpfes, gesenkten Hauptes, das Ant­litz von brennender Röte übergossen, wortlos nieder. Als nun der Erhabene sah, wie Arittho der Mönch, der frühere Geierjäger, verstummt und verstört da saß, gebeugten Rumpfes, gesenkten Hauptes, das Antlitz von brennender Röte über­gossen, wortlos, sprach er also zu ihm: "Dies wird sich als deine eigene ver­kehrte Meinung erweisen, o du Betörter; ich werde nun die Mön­che befragen."

            Und der Erhabene wandte sich an die Mönche:

            "Versteht auch ihr, meine Mönche, die verkündete Lehre also, wie dieser Mönch Arittho, der frühere Geierjäger, der mißverständigen Sinnes uns ver­bessert und sich selbst das Grab gräbt und schwere Schuld schafft?"

            "Nicht so, o Herr! Auf mannigfaltige Weise hat uns ja, o Herr, der Erha­bene die verderblichen Handlungen erklärt und dargelegt, daß sie dem Täter

notwendig zum Verderben gereichen. Unbefriedigend sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Kah­len Knochen verglichen hat der Erhabene die Begierden, Fleischfetzen ver­glichen hat der Erhabene die Begierden, flammendem Stroh verglichen hat der Erhabene die Begierden, glühenden Kohlen verglichen hat der Erhabene die Begierden, Träumereien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Bet­teleien verglichen hat der Erhabene die Begierden, Baumfrüchten verglichen hat der Erhabene die Begierden, Schwerterschneiden verglichen hat der Er­habene die Begierden, Lanzenspitzen verglichen hat der Erhabene die Be­gierden, Schlangenrachen gleich sind die Begierden, hat der Erhabene gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt."

 

            "Wohl, ihr Mönche, wohl, daß ihr, meine Mönche, die verkündete Lehre also versteht. Freilich habe ich euch, ihr Mönche, auf mannigfaltige Weise die verderblichen Handlungen erklärt und dargelegt, daß sie dem Täter not­wendig zum Verderben gereichen. Unbefriedigend sind die Begierden, habe ich gesagt, voller Leiden, voller Qualen, das Elend überwiegt. Kahlen Kno­chen verglichen habe ich die Begierden, Fleischfetzen verglichen habe ich die Begierden, flammendem Stroh verglichen habe ich die Begierden, glühenden Kohlen ver­glichen habe ich die Begierden, Träumereien verglichen habe ich die Begierden, Betteleien verglichen habe ich die Begierden, Baumfrüchten verglichen habe ich die Begierden, Schwerterschneiden verglichen habe ich die Begierden, Lanzen­spitzen verglichen habe ich die Begierden, Schlangen­rachen gleich, habe ich gesagt, sind die Begierden, voller Leiden, voller Qua­len, das Elend überwiegt. Aber dieser Mönch Arittho, der frühere Geier­jäger, will uns mißverständigen Sinnes verbessern und gräbt sich selbst das Grab und schafft sich schwere Schuld. Das wird diesem betörten Manne lange zum Unheil, zum Leiden gereichen. Daß er aber, ihr Mönche, außer diesen Begierden da, außer den wahrgenommenen Begierden, außer dem, was unter Begierden gedacht wird, etwa andere Begierden finden könnte, ist schlechterdings unmöglich.

 

            "Wohl gibt es, ihr Mönche, Toren, die sich die Lehre aneignen. Obzwar sie diese Lehre sich angeeignet haben, untersuchen sie nicht mit Weisheit den Sinn der Lehren. Da sie den Sinn nicht mit Weisheit untersuchen, gewähren ihnen die Lehren keine Einsicht. Sie lernen die Lehre nur, um Reden und Meinun­gen über sie äußern zu können. Den Zweck, um dessen willen sie die Lehre lernen, den merken sie nicht. Ihnen gereichen die unrecht an­gefaßten Lehren lange zum Unheil und Leiden. Und warum das? Weil sie die Lehren, ihr Mönche, unrecht angefaßt haben. Es ist, ihr Mönche, als wie wenn ein Mann, der Schlangen begehrt, Schlangen sucht, auf Schlangen aus­geht, eine gewaltige Schlange fände und sie am Leibe oder am Schwanze anfaßte: da schösse die Schlange auf ihn zu und bisse ihn in die Hand, in den Arm oder in andere Glieder, so daß er in der Folge den Tod oder tödlichen Schmerz erlitte. Und warum das? Weil er die Schlange, ihr Mönche, unrecht angefaßt hatte. Ebenso nun auch, ihr Mönche, gibt es Toren, denen die un­recht angefaßten Lehren lange zum Unheil und Leiden gereichen. Und war­um das? Weil sie die Lehren, ihr Mönche, unrecht angefaßt haben.

 

            "Wohl gibt es aber, ihr Mönche, auch edle Söhne, die sich die Lehre an­eignen. Nachdem sie diese Lehre sich angeeignet haben, untersuchen sie mit Weisheit den Sinn der Lehren, Da sie den Sinn mit Weisheit untersuchen, ge­währen ihnen die Lehren Einsicht. Sie lernen die Lehre nicht etwa nur, um Reden und Meinungen über sie äußern zu können. Den Zweck, um dessen willen sie die Lehre lernen, den merken sie. Ihnen gereichen die recht an­gefaßten Lehren lange zum Wohle, zum Heile. Und warum das? Weil sie die Lehren, ihr Mönche, recht angefaßt haben, Es ist, ihr Mönche, als wie wenn ein Mann, der Schlangen begehrt, Schlangen sucht, auf Schlangen ausgeht, eine gewaltige Schlange fände und sie mit einem gabelförmigen Stocke, recht angefaßt, niederzwänge und, nach­dem er sie mit dem gabelförmigen Stocke, recht angefaßt, niedergezwungen hätte, am Halse wohl gepackt hielte: wenn nun auch, ihr Mönche, die Schlange Hand oder Arm oder andere Glieder je­nes Mannes mit ihrem Leibe umringelte, so brauchte er darum weder Tod zu befürchten noch tödlichen Schmerz. Und warum nicht? Weil er die Schlange, ihr Mönche, recht angefaßt hätte. Ebenso nun auch, ihr Mönche, gibt es auch edle Söhne, denen die recht angefaßten Lehren lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Und warum das? Weil sie die Lehren, ihr Mönche, recht angefaßt haben.

 

            "Darum also, ihr Mönche: was ihr vom Sinn meiner Rede verstehet, das bewahret getreu; was ihr aber vom Sinn meiner Rede nicht verstehet, das muß ich mit euch besprechen, auf daß es wohlbelehrte Mönche gebe.

 

            "Als Floß, ihr Mönche, will ich euch die Lehre weisen, zum Entrinnen tauglich, nicht zum Festhalten. Das höret und achtet wohl auf meine Rede."

            "Ja, o Herr!" antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

            "Gleichwie, ihr Mönche, wenn ein Mann, auf der Reise, an ein ungeheueres Wasser käme, das diesseitige Ufer voller Gefahren und Schrecken, das jensei­tige Ufer sicher, frei von Schrecken, und es wäre kein Schiff da zur Überfuhr, keine Brücke diesseits um das jenseitige Ufer zu erreichen. Da würde dieser Mann denken: 'Das ist ja ein ungeheueres Wasser, das diesseitige Ufer voller Gefahren und Schrecken, das jenseitige Ufer sicher, frei von Schrecken, und kein Schiff ist da zur Überfuhr, keine Brücke diesseits um jenseits hinüber­zugelangen. Wie, wenn ich nun Röhricht und Stämme, Reisig und Blätter sammel­te, ein Floß zusammenfügte und mittels dieses Floßes, mit Händen und Füßen arbeitend, heil zum jenseitigen Ufer hinübersetzte?!' Und der Mann, ihr Mön­che, sammelte nun Röhricht und Stämme, Reisig und Blätter, fügte ein Floß zu­sammen und setzte mittels dieses Floßes, mit Händen und Füßen arbeitend, heil ans jenseitige Ufer hinüber. Und, gerettet, hinübergelangt, würde er also denken: 'Hochteuer ist mir wahrlich dieses Floß, mittels dieses Floßes bin ich, mit Händen und Füßen arbeitend, heil ans jenseitige Ufer gelangt: Wie, wenn ich nun dieses Floß auf den Kopf heben oder auf die Schultern laden würde und hinginge, wohin ich will ?' Was haltet ihr davon, Mönche? Würde wohl dieser Mann durch solches Tun das Floß richtig behandeln?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Was hätte also, ihr Mönche, der Mann zu tun, damit er das Floß richtig behandelte ? Da würde, ihr Mönche, dieser Mann, gerettet, hinübergelangt, also erwägen: 'Hochteuer ist mir wahrlich dieses Floß, mittels dieses Floßes bin ich, mit Händen und Füßen arbeitend, heil an das jenseitige Ufer hinüber­ge­langt. Wie, wenn ich nun dieses Floß ans Ufer legte oder in die Flut senkte und hinginge, wohin ich will?' Durch solches Tun, wahrlich, ihr Mönche, würde dieser Mann das Floß richtig behandeln. Ebenso nun auch, ihr Mön­che, habe ich die Lehre als Floß dargestellt, zum Entrinnen tauglich, nicht zum Festhalten.

 

            "Die ihr das Gleichnis vom Floße, ihr Mönche, verstehet,

            Ihr habt auch das Rechte zu lassen, geschweige das Unrecht.

 

"Sechs verkehrte Lehren, ihr Mönche, sind das; welche sechs? Da betrach­tet, ihr Mönche, der unerfahrene gewöhnliche Mensch, der Heiligen ungewär­tig, der heiligen Lehre unkundig, der heiligen Lehre fremd‑ der Edlen unge­wärtig, der Lehre der Edlen unkundig, der Lehre der Edlen fremd, den Körper: 'Der gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'; er betrachtet das Gefühl: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'; er betrachtet die Wahrneh­mung: 'Die gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'; er betrachtet die Unter­schei­dungen: 'Die gehören mir, das bin ich, das ist mein Selbst'; und was da gesehn, gehört, gedacht, erkannt, erreicht, erforscht, im Geiste unter­sucht wird, auch davon hält er: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'; und auch den Glaubenssatz, welcher da lehrt: 'Das ist die Welt, das ist die Seele, das werde ich nach meinem Tode werden, unvergänglich, be­harrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich, ja, werde ich so verbleiben', auch davon hält er: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst.'

 

            "Der erfahrene heilige Jünger aber, ihr Mönche, der Heiligen gewärtig,

der heiligen Lehre kundig, der heiligen Lehre vertraut ‑ der Edlen gewärtig, der Lehre der Edlen kundig, der Lehre der Edlen vertraut, betrachtet den Körper: 'Der gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'; er betrachtet das Gefühl: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'; er betrachtet die Wahrnehmung: 'Die gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'; er betrachtet die Unterschei­dungen: 'Die gehören mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'; und was da gesehn, gehört, gedacht, erkannt, erreicht, erforscht, im Geiste untersucht wird, auch davon hält er: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'; und auch den Glaubenssatz, welcher da lehrt: 'Das ist die Welt, das ist die Seele, das werde ich nach meinem Tode werden, unvergänglich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich, ja, werde ich so ver­bleiben', auch davon hält er: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.' Also die Dinge betrachtend kennt er kein unverständiges Zittern."

 

            Auf diese Worte wandte sich einer der Mönche an den Erhabenen: "Kann wohl, o Herr, unverständiges Zittern aus äußeren Gründen eintreten?"

            "Kann sein, o Mönch", sprach der Erhabene. "Es wird, zum Beispiel, o Mönch, einem Menschen also zumute: 'Verloren hab' ich's, ach, ich besitze es nimmer! Oh, hätt' ich's doch wieder! Ach, nimmermehr werd' ich's er­langen!' Er ist traurig, gebrochen, er jammert, schlägt sich stöhnend die Brust und gerät in Verzweiflung. Also, o Mönch, tritt unverständiges Zittern aus äußeren Gründen ein."

            "Und kann wohl, o Herr, unverständiges Zittern aus äußeren Gründen unterbleiben?"

            "Kann sein, o Mönch", sprach der Erhabene. "Da wird, o Mönch, einem Menschen nicht also zumute: 'Verloren hab' ich's, ach, ich besitze es nim­mer! Oh, hätt' ich's doch wieder! Ach, nimmermehr werd' ich's erlangen !' Er ist nicht traurig, nicht gebrochen, er jammert nicht, schlägt sich nicht stöh­nend die Brust und gerät nicht in Verzweiflung. Also, o Mönch, unterbleibt unver­ständiges Zittern aus äußeren Gründen."

            "Kann aber, o Herr, unverständiges Zittern aus inneren Gründen eintre­ten?"

            "Kann sein, o Mönch", sprach der Erhabene. "Es hat, zum Beispiel, o Mönch, einer den Glauben: 'Das ist die Welt, das ist die Seele, das werde ich nach meinem Tode werden, unvergänglich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich, ja, werde ich so verbleiben,' Der hört vom Vollendeten oder von einem Jünger des Vollendeten die Verkündung der Wahrheit, die alles An­hängen und Genügen an falschen Lehren, Dogmen und Systemen von Grund aus zerstört, die zum Aufgehn aller Unterscheidung führt, zur Abwehr aller Anhaftung, zum Ver­siegen des Durstes, zur Wendung, zur Auflösung, zur Erlöschung. Da wird ihm also zumute: 'Vernichtet werde ich sein, oh, zu­grunde gegangen, ach! Nicht mehr werde ich sein!' Er ist traurig, gebrochen, er jammert, schlägt sich stöhnend die Brust und gerät in Verzweiflung. Also, o Mönch, tritt unver­ständiges Zittern aus inneren Gründen ein."

            "Und kann wohl, o Herr, unverständiges Zittern aus inneren Gründen unterbleiben?"

            "Kann sein, o Mönch", sprach der Erhabene. "Da hat, o Mönch, einer nicht den Glauben: 'Das ist die Welt, das ist die Seele, das werde ich nach meinem Tode werden, unvergänglich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich, ja, werde ich so verbleiben.' Der hört vom Vollendeten oder von einem Jünger des Vollendeten die Verkündung der Wahrheit, die alles Anhängen und Genügen an falschen Lehren, Dogmen und Systemen von Grund aus zer­stört, die zum Aufgehn aller Unterscheidung führt, zur Abwehr aller Anhaf­tung, zum Versiegen des Durstes, zur Wendung, zur Auflösung, zur Erlöschung. Da wird ihm nicht also zumute: 'Vernichtet werde ich sein, oh, zu­grunde gegangen, ach! Nicht mehr werde ich sein!' Er ist nicht traurig, nicht gebrochen, er jammert nicht, schlägt sich nicht stöhnend die Brust, gerät nicht in Verzweiflung. Also, o Mönch, unterbleibt unverständiges Zittern aus inneren Gründen.

 

            "Könntet ihr wohl, Mönche, ein Gut erlangen, dessen Besitz unvergäng­lich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich derselbe nur bliebe? Kennt ihr, Mönche, ein solches Gut?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Wohl, ihr Mönche: auch ich, ihr Mönche, kenne ein solches Gut nicht, dessen Besitz unvergänglich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich der­selbe nur bliebe.

            "Seid ihr wohl, Mönche, einem Glauben an Unsterblichkeit ergeben, nach welchem der Gläubige von Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung erlöst würde? Kennt ihr, Mönche, einen Glauben an Unsterblichkeit, der dem Gläubigen Erlösung brächte von Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Ver­zweiflung!"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Wohl, ihr Mönche: auch ich, ihr Mönche, kenne keinen Glauben an Un­sterblichkeit, der dem Gläubigen Erlösung brächte von Wehe, Jammer, Lei­den, Gram und Verzweiflung.

            "Hängt ihr wohl, Mönche, einer Schule an, durch welche der Anhänger vor Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung bewahrt bliebe? Kennt ihr, Mönche, eine Schule, die den Anhänger vor Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Verzweiflung schützen könnte?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Wohl, ihr Mönche: auch ich, ihr Mönche, kenne eine solche Schule nicht, die den Anhänger schützen könnte vor Wehe, Jammer, Leiden, Gram und Ver­zweif­lung.

 

            "Wenn das 'Ichselbst', ihr Mönche, vorhanden wäre, könnt' es dann auch ein 'Mir eigen' geben?"

            "Ja, o Herr!"

            "Wenn das 'Eigen', ihr Mönche, vorhanden wäre, könnt' es dann auch ein 'Mir selbst' geben?"

            "Freilich, o Herr!"

            "Da nun weder das 'Ich' noch das 'Eigen', ihr Mönche, wahrhaft und wirk­lich erlangt werden kann, wie steht's um das Dogma, welches da lehrt: 'Das ist die Welt, das ist die Seele, das werd' ich nach meinem Tode werden, unvergäng­lich, beharrend, ewig, unwandelbar, ewig gleich, ja, werde ich so ver­bleiben'?

            Ist das nicht, ihr Mönche, eine völlig ausgereifte Narrenlehre?"

 

            "Was wär' es denn anderes, o Herr, als eine völlig ausgereifte Narren­lehre!"

            "Was meint ihr wohl, Mönche: ist der Körper unvergänglich oder ver­gäng­lich?"

            "Vergänglich, o Herr!"

            "Was aber vergänglich, ist das weh' oder wohl?"

            "Weh', o Herr!"

            "Was aber vergänglich, wehe, wandelbar ist, kann man etwa davon be­haupten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

            "Gewiß, nicht, o Herr!"

            "Was meint ihr wohl, Mönche: ist das Gefühl unvergänglich oder ver­gäng­lich?"

            "Vergänglich, o Herr!"

            "Was aber vergänglich, ist das weh' oder wohl?"

            "Weh', o Herr!"

            "Was aber vergänglich, wehe, wandelbar ist, kann man etwa davon be­haup­ten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Was meint ihr wohl, Mönche: ist die Wahrnehmung unvergänglich oder ver­gänglich?"

            "Vergänglich, o Herr!"

            "Was aber vergänglich, ist das weh' oder wohl?"

            "Weh', o Herr!"

            "Was aber vergänglich, wehe, wandelbar ist, kann man etwa davon behaup­ten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Was meint ihr wohl, Mönche: sind die Unterscheidungen unvergänglich

oder vergänglich?"

            "Vergänglich, o Herr!"

            "Was aber vergänglich, ist das weh' oder wohl?"

            "Weh', o Herr!"

            "Was aber vergänglich, wehe, wandelbar ist, kann man etwa davon be­haupten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Was meint ihr wohl, Mönche: ist das Bewußtsein unvergänglich oder ver­gänglich ?"

            "Vergänglich, o Herr!",

            "Was aber vergänglich, ist das weh' oder wohl?"

            "Weh', o Herr!"

            "Was aber vergänglich, wehe, wandelbar ist, kann man etwa davon be­haupten: 'Das gehört mir, das bin ich, das ist mein Selbst'?"

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Darum also, ihr Mönche: was es auch an Körperlichem gibt, vergangenes, zukünftiges, gegenwärtiges, eigenes oder fremdes, grobes oder feines, ge­meines oder edles, fernes oder nahes: alles Körperliche ist, der Wahrheit ge­mäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.' Was es auch an Gefühl gibt, vergan­genes, zukünf­tiges, gegenwärtiges, eigenes oder fremdes, grobes oder feines, gemeines oder edles, fernes oder nahes: alles Gefühl ist, der Wahrheit gemäß, mit voll­kom­mener Weisheit also anzusehn: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.' Was es auch an Wahrnehmung gibt, vergangene, zukünf­tige, gegenwärtige, eigene oder fremde, grobe oder feine, gemeine oder edle, ferne oder nahe: alle Wahrnehmung ist, der Wahrheit ge­mäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: 'Die gehört mir nicht, die bin ich nicht, die ist nicht mein Selbst.' Was es auch an Unterscheidungen gibt, vergangene, zukünf­tige, gegenwärtige, eigene oder fremde, grobe oder feine, gemeine oder edle, ferne oder nahe: alle Unterscheidungen sind, der Wahrheit gemäß, mit voll­kommener Weisheit also anzusehn: 'Die gehören mir nicht, die bin ich nicht, die sind nicht mein Selbst.' Was es auch an Be­wußtsein gibt, vergangenes, zukünftiges, gegenwärtiges, eigenes oder frem­des, grobes oder feines, unedles oder edles, fernes oder nahes: alles Bewußt­sein ist, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.'

 

            "In solchem Anblick, ihr Mönche, wird der erfahrene heilige Jünger des Körpers überdrüssig und wird des Gefühles überdrüssig und wird der Wahr­nehmung überdrüssig und wird der Unterscheidungen überdrüssig und wird des Bewußtseins überdrüssig, überdrüssig wendet er sich ab. Abgewandt löst er sich los. 'Im Erlösten ist die Erlösung', diese Erkenntnis geht auf. 'Versiegt ist die Ge­burt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt', versteht er da.

            "Ein solcher Mönch, ihr Mönche, wird 'Riegelheber' genannt, wird 'Gra­benfüller' genannt, wird 'Pfeilentledigter' genannt, wird 'Hakenloser' ge­nannt, wird 'Heiliger, Fahnenloser, Bürdeloser, Abgeschiedener' genannt.

            "Wie aber, ihr Mönche, wird der Mönch zum Riegelheber? Da wird, ihr Mönche, von dem Mönch das Nichtwissen verneint, an der Wurzel abge­schnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß es nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann. Also, ihr Mönche, wird der Mönch zum Riegelheber.

            "Wie aber, ihr Mönche, wird der Mönch zum Grabenfüller? Da wird, ihr Mönche, von dem Mönch die daseinsschwangere Wandelwelt der Geburten verneint, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann. Also, ihr Mön­che, wird der Mönch zum Grabenfüller.

            "Wie aber, ihr Mönche, wird der Mönch zum Pfeilentledigten? Da wird, ihr Mönche, von dem Mönch der Lebensdurst verneint, an der Wurzel ab­geschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann. Also, ihr Mönche, wird der Mönch zum Pfeilentledigten.

            "Wie aber, ihr Mönche, wird der Mönch zum Hakenlosen? Da werden, ihr Mönche, von dem Mönch die fünf niederzerrenden Fesseln verneint, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln können. Also, ihr Mönche, wird der Mönch zum Haken­losen.

            "Und wie, ihr Mönche, wird der Mönch zum Heiligen, zum Fahnenlosen, Bürdelosen, Abgeschiedenen? Da wird, ihr Mönche, von dem Mönch der Ichheit Dünkel verneint, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht, so daß er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann. Also, ihr Mönche, wird der Mönch zum Heiligen, zum Fahnenlosen, Bürdelosen, Abgeschie­denen.

            "Den also gemüterlösten Mönch, ihr Mönche, lauernd zu versuchen wagen selbst die Indo‑, Brahma‑ und Pajapati‑Götter nicht: 'Gefestigt ist dieses Vollendeten Bewußtsein.' Und warum nicht? Schon bei Lebzeiten nenn' ich den Vollendeten, ihr Mönche, unerfaßbar.

 

            "Der ich also rede, also lehre, ihr Mönche, mich bezichtigen einige Asketen und Brahmanen, grundloser, nichtiger Weise, fälschlich, mit Unrecht: 'Ein Verneiner ist der Asket Gotamo, des lebendigen Wesens Zerstörung, Ver­nichtung, Aufhebung verkündigt er.' Was ich nicht bin, ihr Mönche, nicht rede, dessen bezichtigen mich jene lieben Asketen und Brahmanen, grund­loser; nicht­iger Weise, fälschlich, mit Unrecht: 'Ein Verneiner ist der Asket Gotamo, des lebendigen Wesens Zerstörung, Vernichtung, Aufhebung ver­kündigt er.' Nur eines, ihr Mönche, verkündige ich, heute wie früher: das Leiden und des Leidens Ausrodung.

 

            "Wenn da, ihr Mönche, die Menschen den Vollendeten tadeln, verurteilen, verfolgen und angreifen, da wird der Vollendete, ihr Mönche, nicht unwillig, nicht mißmutig, nicht gedrückten Gemütes. Wenn da, ihr Mönche, die Men­schen den Vollendeten werthalten, hochschätzen, achten und ehren, da wird der Voll­endete, ihr Mönche, nicht froh, nicht freudig, nicht geschwellten Gemütes. Wenn da, ihr Mönche, die Menschen den Vollendeten werthalten, hochschätzen, achten und ehren, da gedenkt, ihr Mönche, der Vollendete also: 'Weil dies früher durchdacht worden ist, erweisen sie mir hierin solch Ehren."

            "Darum also, ihr Mönche: wenn auch die Menschen euch tadeln, verur­teilen, verfolgen und angreifen, werdet da nicht unwillig, nicht mißmutig ­nicht gedrückten Gemütes. Darum also, ihr Mönche: wenn auch die Men­schen euch werthalten, hochschätzen, achten und ehren, werdet da nicht froh, nicht freudig, nicht geschwellten Gemütes. Darum also, ihr Mönche: wenn auch die Menschen euch werthalten, hochschätzen, achten und ehren, so gedenket dabei: 'Weil dies früher durchdacht worden ist, erweisen sie uns hierin solche Ehren.'

 

            "Darum also, ihr Mönche: was euch nicht angehört, das gebet auf. Das von euch Aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

            "Was aber, ihr Mönche, gehört euch nicht an?

 

            "Der Körper, ihr Mönche, ge­hört euch nicht an: ihn gebet auf. Der von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Das Gefühl, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf. Das von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Die Wahrnehmung, ihr Mönche, gehört euch nicht an: sie gebet auf. Die von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Die Unterscheidungen, ihr Mönche, gehören euch nicht an: sie gebet auf. Die von euch aufgegebenen werden euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Das Bewußtsein, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf. Das von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

 

            "Was meint ihr wohl, Mönche: wenn ein Mann das, was an Gräsern und Reisig, Zweiglein und Blättern in diesem Siegerwalde daliegt, wegtrüge, oder verbrennte, oder sonst nach Belieben damit schaltete, würdet ihr da etwa denken: 'Uns trägt der Mann weg, oder verbrennt er, oder schaltet sonst nach Belieben'?" 

            "Gewiß nicht, o Herr!"

            "Und warum nicht?"

            "Nicht das ist ja, o Herr, unser Ich oder Eigen!"

            "Ebenso nun auch, ihr Mönche, gebet auf, was euch nicht angehört. Das von euch Aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen. Und was, ihr Mönche, gehört euch nicht an?

 

            "Der Körper, ihr Mönche, gehört euch nicht an: ihn gebet auf. Der von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Das Gefühl, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf. Das von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Die Wahrnehmung, ihr Mönche, gehört euch nicht an: sie gebet auf. Die von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Die Unter­schei­dungen, ihr Mönche, gehören euch nicht an: sie gebet auf. Die von euch auf­gegebenen werden euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

            "Das Bewußtsein, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf. Das von euch aufgegebene wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.

 

 

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, aufge­deckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene Mönche, welche Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln vernichtet haben, die in vollkommener Weisheit Erlösten: ein Wandeln gibt es für diese nimmer.

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohl verkündet, gezeigt, aufge­deckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene Mönche, welche die fünf niederzerrenden Fesseln abgestreift haben, alle diese gelangen empor, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr kehren sie zurück nach jener Welt.

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, aufge­deckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene Mönche, welche die drei Fesseln abgestreift haben, die von Gier, Haß und Irre Erleichterten, fast schon Geläuterten, alle diese kehren nur einmal wieder, nur einmal noch zu dieser Welt gekommen werden sie dem Leiden ein Ende machen.

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, aufge­deckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene Mönche, welche die drei Fesseln abgestreift haben, alle diese sind Hörer der Botschaft geworden, dem Verderben entronnen, eilen zielbewußt der vollen Erwachung entgegen.

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, aufge­deckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene Mönche, welche der Wahr­heit ergeben, der Lehre ergeben sind, alle diese eilen der vollen Erwachung entgegen.

            "So hab' ich, ihr Mönche, die Wahrheit wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert.

 

            "So ist die Wahrheit, ihr Mönche, von mir wohlverkündet, gezeigt, auf­gedeckt, dargelegt, entschleiert worden, und jene, die Vertrauen, die Liebe zu mir empfinden, alle diese steigen himmelwärts auf."

 

            Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.



[1] Die ersten sieben Gleichnisse werden in der 54.Rede Majjh.Nik. erklärt: Ein kahler Knochen, ohne Fleisch, abgeschabt, blutbefleckt, vom Schlächter einem halbverhungerten Hunde zugeworfen; ein Fleischfetzen, von einem Geier gepackt, doch von anderen herniederstürzenden Geiern im Kampf auf Leben und Tod entrissen; eine Strohfackel, die gegen den Wind getragen bald Hand, Arm und Leib ergreift; eine Grube voller glühender Kohlen, die dem Hineinge­stoßenen jämmerliches Unheil bereitet; Gärten, Haine, Gewässer, die man im Traum gesehen hat, aber wiedererwacht vergebens suchen würde; ein zusammen­geborgter Schatz, mit dem man am Markte großtut: aber die Eigner kommen und nehmen ihn weg; Nüsse, die einer, der klettern kann, auf hoher Palme oben sitzend pflückt, aber ein anderer, der nicht klettern kann kommt mit scharfem Beile heran und hackt auf den Stamm los. Die weiteren drei Gleichnisse kommen an anderer Stelle nicht vor, sind aber allgemein verständlich.

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