1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī im Jeta Hain, dem Park des Anāthapiṇḍika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die Bhikkhus: "Ihr Bhikkhus." - "Ehrwürdiger Herr", erwiderten sie. Der Erhabene sagte dieses:
2."Ihr Bhikkhus, ein Bhikkhu, der ein Nachforschender ist, der das Herz anderer nicht kennt, sollte eine Untersuchung des Tathāgata anstellen, um zu erfahren, ob dieser vollständig erleuchtet ist oder nicht [1]."
3."Ehrwürdiger Herr, unsere Lehren sind im Erhabenen verwurzelt, vom Erhabenen geführt, beruhen auf dem Erhabenen. Es wäre gut, wenn der Erhabene die Bedeutung dieser Worte erläutern würde. Wenn die Bhikkhus dies vom Erhabenen gehört haben, werden sie es sich merken."
"Dann, ihr Bhikkhus, hört zu und verfolgt aufmerksam, was ich sagen werde." - "Ja, ehrwürdiger Herr", erwiderten sie. Der Erhabene sagte folgendes:
4."Bhikkhus, ein Bhikkhu, der ein Nachforschender ist, der das Herz anderer nicht kennt, sollte den Tathāgata in Hinsicht auf zwei Arten von Zuständen, Zustände, die durch das Auge und durch das Ohr erfahrbar sind, folgendermaßen untersuchen: 'Sind im Tathāgata irgendwelche befleckte Geisteszustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?' Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Es sind im Tathāgata keine befleckte Geisteszustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind.'"
5."Wenn er dies weiß, untersucht er folgendermaßen weiter: 'Sind im Tathāgata irgendwelche gemischten Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?' Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Es sind im Tathāgata keine gemischten Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind.'"
6."Wenn er dies weiß, untersucht er folgendermaßen weiter: 'Sind im Tathāgata geläuterte Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?' Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Es sind im Tathāgata geläuterte Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind.'"
7."Wenn er dies weiß, untersucht er folgendermaßen weiter: 'Hat dieser Ehrwürdige diesen heilsamen Zustand seit langer Zeit erlangt, oder hat er ihn kürzlich erlangt?' Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Dieser Ehrwürdige hat diesen heilsamen Zustand seit langer Zeit erlangt; er hat ihn nicht erst kürzlich erlangt.'"
8."Wenn er dies weiß, untersucht er folgendermaßen weiter: 'Hat dieser Ehrwürdige einen guten Ruf erworben und Ruhm erlangt, so daß die Gefahren [2] in ihm zu finden sind?' Denn, ihr Bhikkhus, solange ein Bhikkhu noch keinen guten Ruf erworben und Ruhm erlangt hat, sind die Gefahren in ihm nicht zu finden; aber wenn er einen guten Ruf erworben und Ruhm erlangt hat, sind jene Gefahren in ihm zu finden. Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Dieser Ehrwürdige hat einen guten Ruf erworben und Ruhm erlangt, aber die Gefahren sind in ihm nicht zu finden.'"
9."Wenn er dies weiß, untersucht er folgendermaßen weiter: 'Ist dieser Ehrwürdige selbstbeherrscht ohne Angst, nicht von Angst beherrscht, und vermeidet er, in Sinnesvergnügen zu schwelgen, weil er ohne Begierde ist, aufgrund der Vernichtung der Begierde?' Wenn er ihn untersucht, weiß er: 'Dieser Ehrwürdige ist selbstbeherrscht ohne Angst, nicht von Angst beherrscht, und vermeidet, in Sinnesvergnügen zu schwelgen, weil er ohne Begierde ist, aufgrund der Vernichtung der Begierde.'"
10."Wenn jetzt, ihr Bhikkhus, andere diesen Bhikkhu folgendermaßen fragen würden: 'Was sind die Gründe des Ehrwürdigen und aufgrund welcher Beweise sagt er: >Dieser Ehrwürdige ist selbstbeherrscht ohne Angst, nicht von Angst beherrscht, und vermeidet, in Sinnesvergnügen zu schwelgen, weil er ohne Begierde ist, aufgrund der Vernichtung der Begierde.<?', so würde dieser Bhikkhu richtigerweise wie folgt antworten: 'Egal, ob jener Ehrwürdige in der Sangha oder allein weilt, während sich einige gut benehmen und einige schlecht benehmen und einige da eine Gruppe unterrichten, während einige hier sich um materielle Dinge besorgt zeigen und andere von materiellen Dingen nicht beschmutzt werden, so verachtet jener Ehrwürdige niemanden aufgrund dieser Dinge. Und ich habe dies aus dem Munde des Erhabenen gehört und gelernt: >Ich bin selbstbeherrscht ohne Angst, nicht von Angst beherrscht, und vermeide, in Sinnesvergnügen zu schwelgen, weil ich ohne Begierde bin, aufgrund der Vernichtung der Begierde.<'"
11."Der Tathāgata, ihr Bhikkhus, sollte darüber weiter folgendermaßen befragt werden: 'Sind im Tathāgata irgendwelche befleckte Geisteszustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?' Der Tathāgata würde folgendermaßen antworten: 'Es sind im Tathāgata keine befleckte Geisteszustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind.'"
12."Wenn er gefragt würde: 'Sind im Tathāgata irgendwelche gemischten Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?', würde der Tathāgata folgendermaßen antworten: 'Es sind im Tathāgata keine gemischten Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind.'"
13."Wenn er gefragt würde: 'Sind im Tathāgata geläuterte Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind, oder nicht?' Der Tathāgata würde folgendermaßen antworten: 'Es sind im Tathāgata geläuterte Zustände zu finden, die durch das Auge oder durch das Ohr erfahrbar sind. Sie sind mein Pfad und mein Gebiet, und doch identifiziere ich mich nicht mit ihnen [3].'"
14."Ihr Bhikkhus, ein Schüler sollte sich dem Lehrer, der so spricht, nähern, um das Dhamma zu hören. Der Lehrer lehrt ihn das Dhamma mit seinen immer höheren Ebenen, mit seinen immer erhabeneren Ebenen, mit seinen dunklen und hellen Gegenstücken. Da der Lehrer den Bhikkhu auf solche Weise das Dhamma lehrt, kommt der Bhikkhu durch unmittelbares Erkennen einer bestimmten Lehre in eben diesem Dhamma zu einem Schluß über die Lehren. Folgendermaßen ist er voll Zuversicht in Bezug auf den Lehrer: 'Der Erhabene ist vollständig erleuchtet, das Dhamma ist vom Erhabenen gut verkündet, die Sangha praktiziert gut.'"
15."Wenn andere diesen Bhikkhu folgendermaßen fragen würden: 'Was sind die Gründe des Ehrwürdigen und aufgrund welcher Beweise sagt er: >Der Erhabene ist vollständig erleuchtet, das Dhamma ist vom Erhabenen gut verkündet, die Sangha praktiziert gut.<?', so würde dieser Bhikkhu richtigerweise wie folgt antworten: 'Hier, ihr Freunde, habe ich mich dem Erhabenen genähert, um das Dhamma zu hören. Der Erhabene lehrte mich das Dhamma mit seinen immer höheren Ebenen, mit seinen immer erhabeneren Ebenen, mit seinen dunklen und hellen Gegenstücken. Da der Erhabene mich das Dhamma auf solche Weise lehrte, kam ich durch unmittelbares Erkennen einer bestimmten Lehre in eben diesem Dhamma zu einem Schluß über die Lehren. Folgendermaßen bin ich voll Zuversicht in Bezug auf den Lehrer: >Der Erhabene ist vollständig erleuchtet, das Dhamma ist vom Erhabenen gut verkündet, die Sangha praktiziert gut.<'"
16."Ihr Bhikkhus, wenn durch diese Gründe, durch diese Worte, durch diese Ausdrucksweise bei jemandem Vertrauen in den Tathāgata gepflanzt, verwurzelt und gefestigt wurde, so sagt man, das sein Vertrauen von Gründen gestützt, in Schauung verwurzelt, stark sei; es kann von keinem Mönch oder Brahmanen oder Deva oder Māra oder Brahmā oder irgend jemandem in der Welt zerstört werden. Auf diese Weise, ihr Bhikkhus, findet eine Untersuchung des Tathāgata in Einklang mit dem Dhamma statt, und so wird der Tathāgata in Einklang mit dem Dhamma gründlich untersucht [4]."
Das ist es, was der Erhabene sagte. Die Bhikkhus waren zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen.
Anmerkungen:
[1] BB erklärt das so: wer den Geist des Buddha nicht direkt erkennen kann (das kann bestenfalls ein Arahant), kann aber aus dem körperlichen und sprachlichen Verhalten ableiten, ob noch Befleckungen vorhanden sind oder nicht.
[2] Die Gefahren sind Überheblichkeit, Dünkel etc..
[3] Selbst bei subtiler Identifikation wäre die Läuterung nicht vollständig.
[4] Die letztendlich gültige Untersuchung findet mit eigener Verwirklichung des Dhamma statt. Ab Stromeintritt beruht die Untersuchung nicht mehr auf Schlußfolgerung, sondern auf unmittelbarem Erkennen, gemäß dem Buddhawort: "Wer den Tathāgata sieht sieht das Dhamma, wer das Dhamma sieht, sieht den Tathāgata."