1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī, im Östlichen Park, im Palast von Migāras Mutter auf.
2. Bei jener Gelegenheit, am Uposatha-Tag des Fünfzehnten, in der Vollmond-Nacht, hatte der Erhabene im Freien Platz genommen, umgeben von der Sangha der Bhikkhus.
3. Da erhob sich ein bestimmter Bhikkhu von seinem Platz, rückte seine obere Robe auf einer Schulter zurecht, hielt seine Hände ehrerbietig zusammengelegt in Richtung des Erhabenen und sagte zu ihm: "Ehrwürdiger Herr, ich würde den Erhabenen gerne etwas über einen bestimmten Punkt fragen, wenn der Erhabene mir eine Antwort auf meine Frage gewähren würde." - "Setze dich auf deinem eigenen Sitzplatz nieder, Bhikkhu, und frage, was du willst." Also setzte sich der Bhikkhu auf seinem eigenen Sitzplatz nieder und sagte zum Erhabenen:
"Sind dies nicht, ehrwürdiger Herr, die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird; nämlich die Daseinsgruppe der Form, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe des Gefühls, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe der Wahrnehmung, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe der Gestaltungen, an der angehaftet wird, und die Daseinsgruppe des Bewußtseins, an der angehaftet wird?"
"Dies, Bhikkhu, sind die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird; nämlich die Daseinsgruppe der Form, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe des Gefühls, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe der Wahrnehmung, an der angehaftet wird, die Daseinsgruppe der Gestaltungen, an der angehaftet wird, und die Daseinsgruppe des Bewußtseins, an der angehaftet wird."
Mit den Worten "Gut, ehrwürdiger Herr" äußerte der Bhikkhu Entzücken und Freude über die Worte des Erhabenen. Dann stellte er ihm eine weitere Frage:
5. "Aber, ehrwürdiger Herr, worin wurzeln diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird?"
"Diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, wurzeln in Gier [1], Bhikkhu."
6. "Ehrwürdiger Herr, ist jenes Anhaften das Selbe wie diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, oder ist das Anhaften getrennt von den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird?"
"Bhikkhu, jenes Anhaften ist weder das Selbe wie diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, noch ist das Anhaften getrennt von den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird. Es ist die Gier und die Begierde in den fünf Daseinsgruppen (vgl. M44), an denen angehaftet wird, welches genanntes Anhaften ist."
7. "Aber, ehrwürdiger Herr, kann es Vielfalt in der Gier und der Begierde in den fünf Daseinsgruppen (vgl. M44), an denen angehaftet wird, geben?"
"Die kann es geben, Bhikkhu", sagte der Erhabene. "Bhikkhu, da denkt jemand so: 'Möge meine Form künftig so und so sein; möge mein Gefühl künftig so und so sein; möge meine Wahrnehmung künftig so und so sein; mögen meine Gestaltungen künftig so und so sein; möge mein Bewußtsein künftig so und so sein.' Auf solche Weise gibt es Vielfalt in der Gier und der Begierde in den fünf Daseinsgruppen (vgl. M44), an denen angehaftet wird."
8. "Aber, ehrwürdiger Herr, auf welche Weise läßt sich der Begriff 'Gruppen' auf die Daseinsgruppen anwenden?"
"Bhikkhu, jegliche Art von Form, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah - dies ist die Daseinsgruppe der Form. Jegliche Art von Gefühl, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah - dies ist die Daseinsgruppe des Gefühls. Jegliche Art von Wahrnehmung, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah - dies ist die Daseinsgruppe der Wahrnehmung. Jegliche Art von Gestaltungen, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah - dies ist die Daseinsgruppe der Gestaltungen. Jegliche Art von Bewußtsein, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah - dies ist die Daseinsgruppe des Bewußtseins. Auf diese Weise, Bhikkhu, läßt sich der Begriff 'Gruppen' auf die Daseinsgruppen anwenden."
9. "Was ist die Ursache und die Bedingung, ehrwürdiger Herr, für die Manifestation der Daseinsgruppe der Form? Was ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe des Gefühls? Was ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe der Wahrnehmung? Was ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe der Gestaltungen? Was ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe des Bewußtseins?"
"Die vier Großen Elemente, Bhikkhu, sind die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe der Form. Kontakt ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe des Gefühls. Kontakt ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe der Wahrnehmung. Kontakt ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe der Gestaltungen. Name-und-Form ist die Ursache und die Bedingung für die Manifestation der Daseinsgruppe des Bewußtseins [2]."
10. "Ehrwürdiger Herr, auf welche Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht?"
"Bhikkhu, ein nicht unterrichteter Weltling, der die Edlen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist, betrachtet Form als Selbst, oder Selbst als Form besitzend, oder Form als im Selbst enthalten, oder Selbst als in Form enthalten. Er betrachtet Gefühl als Selbst, oder Selbst als Gefühl besitzend, oder Gefühl als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Gefühl enthalten. Er betrachtet Wahrnehmung als Selbst, oder Selbst als Wahrnehmung besitzend, oder Wahrnehmung als im Selbst enthalten, oder Selbst als in der Wahrnehmung enthalten. Er betrachtet die Gestaltungen als Selbst, oder Selbst als Gestaltungen besitzend, oder die Gestaltungen als im Selbst enthalten, oder Selbst als in den Gestaltungen enthalten. Er betrachtet Bewußtsein als Selbst, oder Selbst als Bewußtsein besitzend, oder Bewußtsein als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Bewußtsein enthalten. Auf diese Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht."
11. "Aber, ehrwürdiger Herr, auf welche Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht nicht?"
"Bhikkhu, ein wohlunterrichteter edler Schüler, der die Edlen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, betrachtet Form nicht als Selbst, oder Selbst als Form besitzend, oder Form als im Selbst enthalten, oder Selbst als in Form enthalten. Er betrachtet Gefühl nicht als Selbst, oder Selbst als Gefühl besitzend, oder Gefühl als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Gefühl enthalten. Er betrachtet Wahrnehmung nicht als Selbst, oder Selbst als Wahrnehmung besitzend, oder Wahrnehmung als im Selbst enthalten, oder Selbst als in der Wahrnehmung enthalten. Er betrachtet die Gestaltungen nicht als Selbst, oder Selbst als Gestaltungen besitzend, oder die Gestaltungen als im Selbst enthalten, oder Selbst als in den Gestaltungen enthalten. Er betrachtet Bewußtsein nicht als Selbst, oder Selbst als Bewußtsein besitzend, oder Bewußtsein als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Bewußtsein enthalten. Auf diese Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht nicht."
12. "Was, ehrwürdiger Herr, ist die Befriedigung, was ist die Gefahr und was ist das Entkommen im Falle der Form? Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr und was ist das Entkommen im Falle des Gefühls. Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr und was ist das Entkommen im Falle der Wahrnehmung. Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr und was ist das Entkommen im Falle der Gestaltungen. Was ist die Befriedigung, was ist die Gefahr und was ist das Entkommen im Falle des Bewußtseins?"
"Das Glück und die Freude, Bhikkhu, die in Abhängigkeit von Form entstehen - dies ist die Befriedigung im Falle der Form. Form ist vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen - dies ist die Gefahr im Falle der Form. Die Beseitigung von Gier und Begierde, das Überwinden von Gier und Begierde nach Form - dies ist das Entkommen im Falle der Form."
"Das Glück und die Freude, Bhikkhu, die in Abhängigkeit von Gefühl entstehen - dies ist die Befriedigung im Falle des Gefühls. Gefühl ist vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen - dies ist die Gefahr im Falle des Gefühls. Die Beseitigung von Gier und Begierde, das Überwinden von Gier und Begierde nach Gefühl - dies ist das Entkommen im Falle des Gefühls."
"Das Glück und die Freude, Bhikkhu, die in Abhängigkeit von Wahrnehmung entstehen - dies ist die Befriedigung im Falle der Wahrnehmung. Wahrnehmung ist vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen - dies ist die Gefahr im Falle der Wahrnehmung. Die Beseitigung von Gier und Begierde, das Überwinden von Gier und Begierde nach Wahrnehmung - dies ist das Entkommen im Falle der Wahrnehmung."
"Das Glück und die Freude, Bhikkhu, die in Abhängigkeit von Gestaltungen entstehen - dies ist die Befriedigung im Falle der Gestaltungen. Gestaltungen sind vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen - dies ist die Gefahr im Falle der Gestaltungen. Die Beseitigung von Gier und Begierde, das Überwinden von Gier und Begierde nach Gestaltungen - dies ist das Entkommen im Falle der Gestaltungen."
"Das Glück und die Freude, Bhikkhu, die in Abhängigkeit von Bewußtsein entstehen - dies ist die Befriedigung im Falle des Bewußtseins. Bewußtsein ist vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen - dies ist die Gefahr im Falle des Bewußtseins. Die Beseitigung von Gier und Begierde, das Überwinden von Gier und Begierde nach Bewußtsein - dies ist das Entkommen im Falle des Bewußtseins."
13. "Ehrwürdiger Herr, auf welche Weise weiß man, auf welche Weise sieht man, damit es in Bezug auf diesen Körper mit seinem Bewußtsein und allen äußeren Zeichen kein Ich-Machen, kein Mein-Machen und keine Neigung zum (Ich-)Dünkel gibt?"
"Bhikkhu, man sieht jegliche Art von Form, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alle Form mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Man sieht jegliche Art von Gefühl, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alles Gefühl mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Man sieht jegliche Art von Wahrnehmung, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alle Wahrnehmung mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Man sieht jegliche Art von Gestaltungen, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alle Gestaltungen mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Man sieht jegliche Art von Bewußtsein, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, man sieht alles Bewußtsein mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Wenn man auf solche Weise weiß und sieht, gibt es in Bezug auf diesen Körper mit seinem Bewußtsein und allen äußeren Zeichen kein Ich-Machen, kein Mein-Machen und keine Neigung zum (Ich-)Dünkel."
14. Da erschien im Herzen eines bestimmten Bhikkhu dieser Gedanke: "Es scheint also, daß Form Nicht-Selbst ist, Gefühl ist Nicht-Selbst, Wahrnehmung ist Nicht-Selbst, Gestaltungen sind Nicht-Selbst, Bewußtsein ist Nicht-Selbst. Auf welches Selbst wirken sich dann Taten aus, die vom Nicht-Selbst verübt werden?"
Da richtete sich der Erhabene, weil er in seinem Herzen den Gedanken im Herzen jenes Bhikkhu erkannte, folgendermaßen an die Bhikkhus: "Es ist möglich, ihr Bhikkhus, daß irgendein fehlgeleiteter Mann hier, dumm und unwissend, mit einem Herzen, das von Begehren beherrscht ist, denken könnte, er könne die Botschaft des Lehrers auf solche Weise übertreffen: 'Es scheint also, daß Form Nicht-Selbst ist, Gefühl ist Nicht-Selbst, Wahrnehmung ist Nicht-Selbst, Gestaltungen sind Nicht-Selbst, Bewußtsein ist Nicht-Selbst. Auf welches Selbst wirken sich dann Taten aus, die vom Nicht-Selbst verübt werden?' Nun, ihr Bhikkhus, ihr seid von mir mittels Befragung geschult worden, zu verschiedenen Anlässen, in Bezug auf verschiedene Dinge."
15. "Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Ist Form unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?" - "Leid, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: 'Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst'?" - "Nein, ehrwürdiger Herr."
"Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Ist Gefühl unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?" - "Leid, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: 'Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst'?" - "Nein, ehrwürdiger Herr."
"Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Ist Wahrnehmung unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?" - "Leid, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: 'Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst'?" - "Nein, ehrwürdiger Herr."
"Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Sind Gestaltungen unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?" - "Leid, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: 'Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst'?" - "Nein, ehrwürdiger Herr."
"Ihr Bhikkhus, was meint ihr? Ist Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich ist, Leid oder Glück?" - "Leid, ehrwürdiger Herr." - "Ist das, was vergänglich, leidvoll und der Veränderung unterworfen ist, geeignet, so betrachtet zu werden: 'Dies ist mein, dies bin ich, dies ist mein Selbst'?" - "Nein, ehrwürdiger Herr."
16. "Daher, ihr Bhikkhus, sollte jegliche Art von Form, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, sollte alle Form mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Jegliche Art von Gefühl, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alles Gefühl sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Jegliche Art von Wahrnehmung, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Wahrnehmung sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Jegliche Art von Gestaltungen, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alle Gestaltungen sollten mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.' Jegliche Art von Bewußtsein, ob vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innerlich oder äußerlich, grob oder subtil, niedrig oder hoch, entfernt oder nah, alles Bewußtsein sollte mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend gesehen werden: 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst.'" [3]
17. "Indem er so sieht, wird ein wohlunterrichteter edler Schüler ernüchtert der Form gegenüber, ernüchtert gegenüber dem Gefühl gegenüber, ernüchtert der Wahrnehmung gegenüber, ernüchtert den Gestaltungen gegenüber, ernüchtert dem Bewußtsein gegenüber."
18. "Wenn er ernüchtert wird, wird er begierdelos. Durch Begierdelosigkeit ist (sein Geist) befreit. Wenn er befreit ist, kommt das Wissen: 'Er ist befreit.' Er versteht: 'Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr.'"
Das ist es, was der Erhabene sagte. Die Bhikkhus waren zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen. Während diese Lehrrede gesprochen wurde, wurde der Geist von sechzig Bhikkhus durch Nicht-Anhaften von den Trieben befreit.
Anmerkungen:
[1] Der Buddha verwendet das Wort chanda, das zunächst die neutrale Bedeutung "Handlungsantrieb" hat. Im positiven Sinnzusammenhang wird es in diesem Buch mit "Eifer" übersetzt, im Zusammenhang mit den vier Machtfährten als "Absicht". Handlungsantrieb, der sich auf Sinnesobjekte bezieht, heißt "Sinnesbegierde" (kāmachanda). MA setzt es im Zusammenhang dieser Lehrrede mit taṇhā gleich, das in diesem Buch durchweg mit "Begehren" übersetzt wird. Hier heißt chanda also "Gier". Zu bedenken ist aber, daß auch der geistige Impuls hinter den Aktivitäten eines Arahant als chanda bezeichnet wird.
[2] Nach dem zwölfgliedrigen Beispiel der bedingten Entstehung ist auch umgekehrt Bewußtsein die Bedingung für Name-und-Form. Bewußtsein ist ohne Essenz, es ist immer Präsenz von etwas, von diesem abhängig. Dieses Etwas (Name-und-Form: Gefühl, Wahrnehmung, Wille, Aufmerken, Kontakt - und - Form, das Sinnesobjekt) ist davon abhängig, vom Bewußtsein "entdeckt" zu werden (vgl. M9).
[3] Dieses Übungsmantra des Edlen Schülers lautet auf Pāli: N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā. Es ist schwierig, den Inhalt dieses schlichten Satzes zu vermitteln. Zum einen, weil im Pāli das Personalpronomen wie im Lateinischen weggelassen werden kann; wenn es wie hier erscheint, hat das unterstreichende Wirkung. Zweitens, weil man im Pāli auf zwei verschiedene Weisen “ich bin” sagen kann: Asmi (oder amhi) von der Wurzel as (existieren, sein) ist statischer als homi (oder bhavāmi) von der Wurzel bhū (werden, sein). Drittens aufgrund von Unterschieden in der Satzbaulogik und viertens, weil die Satzaussage dem Erleben des Weltlings widerspricht.
Eine schrittweise Annäherung, angefangen bei möglichst wörtlicher Übersetzung:
Siehe dazu auch: M1/ M22, §§15+25/ M28, §7/ M35, §24. Mehr zu den Khandhas in meinem Beitrag zu dem Thema in der Anthologie “Der Buddha und seine Lehre” (Stammbach 2001).