Majjhima Nikāya 111

2. Kapitel: Abteilung von Einer nach dem anderen - Anupadavagga

Einer nach dem anderen - Anupada Sutta

 

1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī im Jeta Hain, dem Park des Anāthapiṇḍika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die Bhikkhus: "Ihr Bhikkhus." - "Ehrwürdiger Herr", erwiderten sie. Der Erhabene sagte dieses:

2. "Ihr Bhikkhus, Sāriputta ist weise. Sāriputta besitzt große Weisheit; Sāriputta besitzt umfassende Weisheit; Sāriputta besitzt freudebereitende Weisheit; Sāriputta besitzt schnellauffassende Weisheit; Sāriputta besitzt scharfsichtige Weisheit; Sāriputta besitzt durchdringende Weisheit. Einen Halbmonat lang, ihr Bhikkhus, praktizierte Sāriputta Einsicht in (verschiedene) Zustände, einen nach dem anderen [1]. Sāriputtas Einsicht in (verschiedene) Zustände, einen nach dem anderen, war diese:

3. "Da, ihr Bhikkhus, trat Sāriputta ganz abgeschieden von Sinnesvergnügen, abgeschieden von unheilsamen Geisteszuständen, in die erste Vertiefung ein, die von anfänglicher und anhaltender Hinwendung des Geistes begleitet ist, und verweilte darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Abgeschiedenheit entstanden sind."

4. "Und die Zustände in der ersten Vertiefung (§6,1/ §8,1/ §10,1 entsprechend) - die anfängliche Hinwendung des Geistes, die anhaltende Hinwendung des Geistes, die Verzückung, die Glückseligkeit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken [2] - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon [3]. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt [4]."

5. "Wiederum, ihr Bhikkhus, trat Sāriputta mit der Stillung der anfänglichen und anhaltenden Hinwendung des Geistes (zum Meditationsobjekt) in die zweite Vertiefung ein, die innere Beruhigung und Einheit des Herzens enthält, ohne anfängliche und anhaltende Hinwendung des Geistes, und verweilte darin, mit Verzückung und Glückseligkeit, die aus der Konzentration entstanden sind."

6. "Und die Zustände der zweiten Vertiefung - die innere Beruhigung, die Verzückung, die Glückseligkeit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

7. "Wiederum, ihr Bhikkhus, trat Sāriputta mit dem Verblassen der Verzückung, in Gleichmut verweilend, achtsam und wissensklar, voll körperlich erlebter Glückseligkeit, in die dritte Vertiefung ein, von der die Edlen sagen: 'Glückselig verweilt derjenige, der voll Gleichmut und Achtsamkeit ist', und verweilte darin."

8. "Und die Zustände der dritten Vertiefung - der Gleichmut, die Glückseligkeit, die Achtsamkeit, die Wissensklarheit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

9. "Wiederum, ihr Bhikkhus, trat Sāriputta mit dem Überwinden von Glück und Schmerz und dem schon früheren Verschwinden von Freude und Trauer in die vierte Vertiefung ein, die aufgrund von Gleichmut Weder-Schmerzhaftes-noch-Angenehmes und Reinheit der Achtsamkeit in sich hat, und verweilte darin."

10. "Und die Zustände der vierten Vertiefung - der Gleichmut, das weder-schmerzhafte-noch-angenehme Gefühl, die Nicht-Anteilnahme des Herzens aufgrund von Stille, die Reinheit der Achtsamkeit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

11. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden der Formwahrnehmung, mit dem Verschwinden der Wahrnehmung der Sinneseinwirkung, mit Nichtbeachtung der Vielheitswahrnehmung, indem sich Sāriputta vergegenwärtigte 'Raum ist unendlich', trat er in das Gebiet der Raumunendlichkeit ein und verweilte darin."

12. "Und die Zustände im Gebiet der Raumunendlichkeit - die Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

13. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Raumunendlichkeit, indem sich Sāriputta vergegenwärtigte 'Bewußtsein ist unendlich', trat er in das Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit ein und verweilte darin."

14. "Und die Zustände im Gebiet der Bewußtseinsunendlichkeit - die Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Willensentschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

15. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit, indem sich Sāriputta vergegenwärtigte 'da ist nichts', trat er in das Gebiet der Nichtsheit ein und verweilte darin."

16. "Und die Zustände im Gebiet der Nichtsheit - die Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit und die Einspitzigkeit des Geistes; der Kontakt, das Gefühl, die Wahrnehmung, der Wille und Geist; der Eifer, der Entschluß, die Energie, die Achtsamkeit, der Gleichmut und das Aufmerken - diese Zustände wurden von ihm umgrenzt, einer nach dem anderen; jene Zustände entstanden, und er hatte Kenntnis davon, sie waren gegenwärtig, und er hatte Kenntnis davon, sie verschwanden, und er hatte Kenntnis davon. Er verstand: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

17. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Nichtsheit trat Sāriputta in das Gebiet von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung ein und verweilte darin."

18. "Er trat achtsam aus jenem Erreichungszustand heraus. Nachdem er das getan hatte, betrachtete er die vergangenen Zustände, die aufgehört und sich verändert hatten, folgendermaßen: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie [5].' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt ein Entkommen jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es das gibt."

19. "Wiederum, ihr Bhikkhus, mit dem völligen Überwinden des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-Noch-Nichtwahrnehmung trat Sāriputta in das Erlöschen von Wahrnehmung und Gefühl ein und verweilte darin. Und seine Triebe wurden zerstört, indem er mit Weisheit sah."

20. "Er trat achtsam aus jenem Erreichungszustand heraus. Nachdem er das getan hatte, betrachtete er die vergangenen Zustände [6], die aufgehört und sich verändert hatten, folgendermaßen: 'Diese Zustände treten also tatsächlich in Erscheinung, nachdem sie vorher nicht vorhanden waren; nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie.' In Bezug auf jene Zustände verweilte er, ohne angezogen zu werden, ohne abgestoßen zu werden, unabhängig, ungebunden, frei, losgelöst, mit einem unbeschränkten Herzen. Er verstand: 'Es gibt nichts mehr jenseits davon', und mit der Pflege jenes Erreichungszustands bestätigte er, daß es nichts mehr gibt."

21. "Ihr Bhikkhus, wenn man zu Recht von irgendjemand sagen wollte: 'Er hat Meisterschaft und Vervollkommnung in edler Sittlichkeit erlangt, er hat Meisterschaft und Vervollkommnung in edler Konzentration erlangt, er hat Meisterschaft und Vervollkommnung in edler Weisheit erlangt, er hat Meisterschaft und Vervollkommnung in edler Befreiung erlangt', so ist in der Tat Sāriputta derjenige, von dem man zu Recht dies sagen sollte."

22. "Ihr Bhikkhus, wenn man zu Recht von irgendjemand sagen wollte: 'Er ist der Sohn des Erhabenen, von seiner Brust geboren, von seinem Mund geboren, vom Dhamma geboren, vom Dhamma erschaffen, ein Erbe im Dhamma, nicht ein Erbe in materiellen Gütern', so ist in der Tat Sāriputta derjenige, von dem man zu Recht dies sagen sollte."

23. "Ihr Bhikkhus, das unübertreffliche Rad des Dhamma, das vom Tathāgata in Gang gesetzt worden ist, wird auf richtige Weise von Sāriputta in Gang gehalten."

 

Das ist es, was der Erhabene sagte. Die Bhikkhus waren zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen.


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Anmerkung:

[1] Das war die Einsichtsübung in den zwei Wochen zwischen der Ordination und dem Erlangen der Arahantschaft (vgl. M74).

[2] Die ersten fünf geistigen Faktoren werden Vertiefungsglieder genannt, weil sich anhand dieser der betreffende Vertiefungsszustand definieren läßt. Das bedeutet aber nicht, daß es beim Vertiefungserlebnis sonst weiter nichts gäbe. Viele Meditierende, die Vertiefungserlebnisse nicht kennen, sind der Meinung, Vertiefungen seien so eine Art Blackout (oder Whiteout). Ein Rückbesinnen auf das Material, das die Suttas zu diesem Thema liefern, kann zur Standortbestimmung in der eigenen Praxis hilfreich sein. Der Buddha nennt weiter Kontakt (phassa), Gefühl (vedanā), Wahrnehmung (saññā), Wille (cetanā) und Geist (citta); Eifer (chanda), Entschluß (adhimokkha), Energie (viriya), Achtsamkeit (sati), Gleichmut (upekkhā) und Aufmerken (manasikāra).

[3] Im Pālikanon gibt es nur wenige Beschreibungen des Wesens der Vergänglichkeit, hier ist eine davon: Entstehen, Bestehen und Vergehen. Modelle von kleinsten (atomistischen) Geistesmomenten entstanden erst viel später. Diese fanden in der Gelehrtenwelt des Theravāda weite Beachtung, obwohl sie keine Grundlage in den Sutten haben. "Alles ist vergänglich" heißt nicht, daß sich alles "in jedem Augenblick" ändert. Die Ungewißheit, wann Veränderung stattfinden wird, ist ein wesentlicher Aspekt von Dukkha.

[4] "Er verweilte, ohne angezogen zu werden etc.", bedeutet zum einen, daß er sich durch sein Eintreten in die Vertiefung zeitweilig außerhalb des Einflußbereichs der Befleckungen, die er ja noch nicht endgültig überwunden hatte, aufhielt. Außerdem hatte er keine Anhaftung an das Vertiefungserlebnis selbst, was in seiner Erkenntnis "es gibt ein Entkommen jenseits davon" zum Ausdruck kommt. Das "Entkommen" ist ein jeweils höherer Geisteszustand.

Manche Manuskripte haben statt “nach ihrem Vorhandensein zerfallen sie” (paṭiventi) die Lesart “nachdem sie geworden sind, werden sie erkennbar” (paṭivedenti).

[5] BB: Diese indirekte introspektive Methode muß angewandt werden, um den vierten immateriellen Erreichungszustand zu betrachten, da dieser Erreichungszustand äußerst subtil ist und für Schüler nicht in den Bereich des Beobachtbaren eintritt. Nur vollständig erleuchtete Buddhas können ihn direkt betrachten.

[6] MA sagt, nachdem es im Aufhören von Wahrnehmung und Gefühl keine geistigen Faktoren gibt, muß sich "Zustände" entweder auf materielle Dinge beziehen, oder um geistige Dinge, die dem zuletzt genannten Erreichungszustand vorausgingen.


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