1. Zur Seite stehend redete da die Devatā den Erhabenen mit der folgenden
Strophe an:
2. "Was muß man abschneiden, um glücklich zu leben?
Was muß man abschneiden, um keinen Kummer zu leiden? [162]
Was ist das einzige, dessen Vernichtung du billigst, o Gotama?"
3. (Der Erhabene:)
"Den Zorn muß man abschneiden, um glücklich zu leben;
den Zorn muß man abschneiden, um keinen Kummer zu leiden.
Die Vernichtung des Zornes,
dessen Wurzel Gift und dessen Gipfel süß ist, [163] o Devatā,
Preisen die Edlen; denn hat man ihn abgeschnitten,
leidet man keinen Kummer mehr."
[162] Wtl.: was zerschnitten habend lebt man glücklich usw. - Die Strophen sind mehrfach wiederholt, so unten in S.2.3, S.7.1, S.11.21, ferner Dhammapada-Komm. IV. 162.
[163] P. madhuraggassa. Der Komm. I. 1167 erklärt das mit akkutthassa patikkositvā pahatassa patiharitva sukham uppajjati "einem der geschmäht ist, macht es Freude, wenn er wieder schmäht, und einem, der geschlagen wird, wenn er wieder schlägt".
1. (Die Devatā:)
"Was ist des Wagens Kennzeichen? [164]
Was ist das Kennzeichen des Feuers?
Was ist des Reiches Kennzeichen?
Was ist das Kennzeichen der Frau?"
2. (Der Erhabene:)
"Die Fahne ist des Wagens Kennzeichen;
der Rauch ist das Kennzeichen des Feuers.
Der König ist des Reiches Kennzeichen; [165]
der Gatte ist der Frau Kennzeichen." [166]
[164] Komm I. 116.11.: paññāyati etenāti paññānam "man erkennt etwas daran, daher: Kennzeichen".
[165] Komm.: Colarattham Panduratthan ti evam rattham pi raññā paññāyati.
[166] Komm: "Auch eines weltbeherrschenden Königs Tochter wird als Frau dadurch gekennzeichnet, daß man sagt: sie ist die Gattin von dem und dem.
1. (Die Devatā:)
"Was ist hier des Mannes bester Besitz?
Was bringt, recht aufgeführt, Glück?
Was ist wahrlich der süßeste der Genüsse? [167]
Wie muß man leben, damit man es das beste Leben nenne?"
2. (Der Erhabene:)
"Der Glaube ist hier des Mannes bester Besitz;
Die gute Lehre [168] bringt, recht ausgeführt, Glück
Die Wahrheit wahrlich ist der süßeste der Genüsse;
In Erkenntnis muß man leben, damit man es das beste Leben nenne."
[167] P. rasānam, wtl.: der Geschmäcke.
[168] P. dhammo; nach dem Komm. = der Pfad der zehn guten Handlungen. Es sind das 1) Enthaltung vom Töten lebender Wesen, 2) von Diebstahl, 3) vom üblen Wandel in sinnlicher Lust, 4) von Lüge, 5) von Verleumdung, 6) von rauhen Worten, 7) von müßigem Gerede, 8) Neidlosigkeit, 9) Nichtbosheit, 10) rechte Anschauung.
1. (Die Devatā:)
"Was ist das beste von dem, das aufgeht?
Was das beste von dem, das niedergeht?
Was ist das beste von denen, die hinausgehen,
Was von denen, die (zu uns) sprechen?"
2. (Der Erhabene:)
"Der Same ist das beste von dem, das aufgeht;
der Regen ist das beste, das niedergeht.
Die Rinder sind das beste von denen, die hinausgehen, [169]
der Sohn von denen, die (zu) uns sprechen.
Das Wissen ist das beste von dem, was aufgeht;
das Nichtwissen ist das beste, was niedergeht. [170]
Die Gemeinde ist das beste von denen, die hinausgehen; [171]
der Buddha von denen, die (zu uns) sprechen."
[169] Nämlich vom Hause hinaus auf die Weide.
[170] P. uppatatam - nipatatam, hier konditional "wenn es aufgeht - niedergeht" d.h. zunimmt, abnimmt."
[171] P. pavajamānānam, nämlich aus dem häuslichen Leben in das Leben der Hauslosigkeit. Es ist an die Zeremonie der pabbajjā gedacht.
1. (Die Devatā:)
"Wovor sind hier in Furcht so viele Leute?
Ist doch der Pfad verkündet mit vielen Methoden. [172]
Ich frage dich, Gotama, du Erkenntnisreicher:
Worauf fußend wird man die andere Welt nicht fürchten?"
2. (Der Erhabene:).
"Wenn man, Wort und Gedanken recht beherrschend,
Und mit körperlichem Tun keine Sünde begehend,
Als Bewohner eines an Speise und Trank reichen Hauses [173]
Gläubig ist, milde, mitteilsam, barmherzig:
Auf diesen vier Eigenschaften fußend [174]
Wird man die andre Welt nicht fürchten."
[172] P. anekāyatanam (Adv.). Der Komm. I. 118.16 denkt an die 38 Methoden der Meditation.
[173] Der Komm. führt als Beispiel den Anāthapindika an.
[174] P. dhammesu. Die Strophe ist an Laienanhänger (Zeile3) gerichtet. Die vier Eigenschaften, die vor der Furcht vor dem Jenseits schützen, sind in Z.4 genannt, in Z.1. und 2 die Voraussetzungen, auf denen sie beruhen, oder ihr wesentliches äußeres Merkmal.
1. (Die Devatā:)
"Was welkt dahin und was welkt nicht? Was heißt ein Abweg?
Was ist die Gefahr für die (Erreichung der) Heilszustände? [175]
was nimmt Tag und Nacht ab?
Was ist der Schmutzflecken am heiligen Wandel?
Was ist ein Bad ohne Wasser?
Wie viele Lücken gibt es in der Welt, wo das Denken keinen Halt findet?
Dich zu befragen sind wir gekommen, wie können wir das erkennen?"
2. (Der Erhabene:)
"Die (körperliche) Form der Menschen welkt dahin,
Name und Sippe [176] welken nicht.
Begierde heißt ein Abweg;
Lust ist die Gefahr für die (Erreichung der) Heilszustände.
Die Lebenszeit nimmt Tag und Nacht ab;
das Weib ist der Schmutzflecken des heiligen Wandels:
an ihm hängt dies Geschlecht;
Kasteiung und heiliger Wandel, das ist ein Bad ohne Wasser.
Sechs Lücken gibt es in der Welt, wo das Denken keinen Halt findet:
Trägheit, Lässigkeit, Untätigkeit, Bequemlichkeit,
Schlaf und Faulheit: diese sechs Lücken, das soll man durchaus meiden."
[175] P. dhammānam paripantho. Die dhammā sind die verschiedenen Stufen oder Zustände der Heilsentwickelung (zur Bed. vgl. M. und W. Geiger, Pāli Dhamma III.2b, S. 23). Diese Entwicklung wird als eine Reise vorgestellt; am Wege (vgl. den Ausdruck magga) lauern im Hinterhalt (paripantho) die Leidenschaften gleich Räubern.
[176] P. rūpam-nāmagottam. Es ist dabei an die geläufige Verbindung nāmarūpam (Bd. II, S.2) zu denken.
1. (Die Devatā:)
"Was ist die Herrschermacht in der Welt?
Was ist das höchste der Besitztümer?
Was ist Rostflecken an der Waffe [177] in der Welt?
Was ist in der Welt eine Pestbeule?
Wen wehrt man ab, wenn er wegträgt?
Wer aber ist, wenn er wegträgt, lieb?
Über wen, wenn er wieder und wieder kommt, freuen sich die Verständigen?
2. (Der Erhabene;)
"Der Wille ist die Herrschermacht in der Welt;
ein Weib ist das höchste der Besitztümer.
Der Zorn ist ein Rostflecken an der Waffe in der Welt;
die Räuber sind in der Welt eine Pestbeule.
Den Räuber wehrt man ab, wenn er wegträgt;
ein Samana, [178] wenn er wegträgt, ist lieb.
Über einen Samana, wenn er wieder und wieder kommt,
freuen sich die Verständigen."
[177] P. satthamalam. Komm. I.12.10 = malaggahītam sattham "eine vom Rost ergriffene Waffe". Später gibt der Komm. aber eine zweite Erklärung, die meiner Wiedergabe näher steht: paññāsatthassa malam "ein Schmutzflecken am Schwert der Erkenntnis".
[178] Hier der buddhistische Bettelmönch. Über den Begriff vgl. Bd.II, S.20.
1. (Die Devatā:)
"Was wird der, der auf sein bestes bedacht ist, nicht herschenken?
Was wird der Mensch nicht preisgeben?
Was soll man nur gut von sich geben, übel aber nicht loslassen?"
2. (Der Erhabene:)
"Sein Selbst wird der Mann nicht herschenken; [179]
sein Selbst wird er nicht preisgeben. [180]
Die Rede soll man nur gut von sich geben, übel aber nicht loslassen."
[179] Nach dem Komm. I.121.1: er wird sich nicht zum Sklaven eines anderen machen.
[180] Komm.: er wird sein Leben nicht den Löwen, Tigern usw. preisgeben.
1. (Die Devatā:)
"Was gibt Wegzehrung mit? Was ist die Heimstätte der Schätze?
Was zerrt den Mann hin und her? Was ist schwer aufzugeben in der Welt?
Woran sind die gewöhnlichen Wesen gefesselt,
wie Vögelchen mit einer Schlinge?"
2. (Der Erhabene:)
"Der Glaube gibt Wegzehrung mit;
das Glück [181] ist die Heimstätte der Schätze.
Das Wünschen zerrt den Mann hin und her;
das Wünschen ist schwer aufzugeben in der Welt.
An das Wünschen sind die gewöhnlichen Wesen gefesselt,
wie Vögelchen mit einer Schlinge."
[181] P. siri. Der Komm. I.121.8 erklärt das Wort durch issariyam "Herrschermacht, und erklärt die Stelle damit, daß, wo Herrschergewalt auftritt, von Land und Wasser die Reichtümer zusammenströmen.
1. (Die Devatā:)
"Was ist eine Leuchte in der Welt? Was ist wachsam in der Welt?
Wer unter den Lebensgefährten ist es bei der Arbeit? [182]
Was ist die rechte Wandelbahn? [183]
Was nährt gleich einer Mutter den trägen und den fleißigen Sohn?
Von was leben die Wesen, die Geschöpfe alle, die auf der Erde wohnen?"
2. (Der Erhabene:)
"Der Verstand ist eine Leuchte in der Welt;
Besonnenheit ist wachsam in der Welt.
Die Rinder sind es unter den Lebensgefährten bei der Arbeit;
die Ackerfurche ist [184] die rechte Wandelbahn.
Der Regnen nährt gleich einer Mutter den trägen und den fleißigen Sohn.
Vom Regen leben die Wesen, [185] die Geschöpfe alle, die auf der Erde
wohnen."
[182] P. kimsu kamme sajīvānam. Der Komm. (I. 121.13) umschreibt das letzte Wort durch saha jīvantānam. Sinn: wer ist bei der Arbeit Helfer?
[183] P. iriyāpatho, im Komm. erklärt durch jīvitavutti "Lebensführung".
[184] Es ist natürlich mit Mrs. Rhys Davids sīt' assa zu lesen. Ich halte assa für die 3. Sg. Opt. von as.
[185] Ich lese vutthim bhūtā upajīvanti (statt vutthibhūtā).
1. (Die Devatā:)
"Welche sind ohne Schuld hier in der Welt?
Wessen Leben geht nicht verloren?
Welche verstehen das Wünschen? Welchen ist stets Freiheit [186] eigen?
Wen verehren Mutter, Vater und Bruder, wenn er fest steht (in seiner Pflicht)?
Wen begrüßen hier ehrfurchtsvoll die Edelleute,
auch wenn er von niedriger Herkunft ist?"
2. (Der Erhabene:)
"Die Samanas [187] sind ohne Schuld hier in der Welt;
der Samanas Leben geht nicht verloren.
Die Samanas verstehen das Wünschen; [188]
den Samanas ist stets Freiheit eigen.
Den Samana verehren Mutter, Vater und Bruder,
wenn er fest steht (in seiner Pflicht).
Den Samana begrüßen hier ehrfurchtsvoll die Edelleute,
auch wenn er von niedriger Herkunft ist."
[186] P. bhojisiya, Abstr. zu bhujissa "ein freier Mann"; Komm. I. 121 1.Z. = adācabhāvo.
[187] S. oben Note zu 1. 77.2.
[188] D.h. sie kennen die Nichtigkeit alles weltlichen Begehrens.