55. Nachdem der Erhabene, so lange es ihm beliebte am Gayāsīsa geweilt hatte, ging er zusammen mit einer großen Mönchsgemeinde, es waren tausend ehemalige Flechtenasketen, nach Rājagaha [120] . So wanderte der Erhabene allmählich nach Rājagaha und kam dort an. Dort verweilte der Erhabene am Grabmal Supatiṭṭha [121] im Laṭṭhi-Hain [122] .
Der Fürst von Magadha, Seniya Bimbisāra hörte: „Der Asket, der liebe Freund Gotama [123] , Sohn der Sakya [124] , der vom Sakyageschlecht in die Hauslosigkeit ging, kam nach Rājagaha. Er weilt am Grabmal Supatiṭṭha im Laṭṭhi-Hain. Dem erhabenen Gotama eilt dieser edle Ruhmesruf voraus: ‘Dies ist der Erhabene, Heilige, vollkommen Erwachte, der in Wissen und Wandel Vollendete, der Pfadvollender, der Kenner der Welt, der unübertroffene Lenker der zu zähmenden Menschen, der Lehrer der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.’ [125] Er erklärt diese Welt mit den Göttern, Māras, Brahmas, Asketen und Brahmanen, Geschöpfen, Göttern und Menschen, nachdem er selbst durch [eigene] Erkenntnis erfahren hat, spricht er sie aus, verkündet er die Lehre, die am Anfang gute, in der Mitte gute, am Ende gute und er erklärt der Bedeutung und Worten getreu den völlig vollendeten, völlig geläuterten Reinheitswandel. Solch einen Heiligen zu sehen ist verdienstvoll.“
Dann ging der Fürst von Magadha, Seniya Bimbisāra zum Erhabenen. Ihm folgten hundertzwanzigtausend [126] Brahmanen und Hausleute. Dort angekommen verehrte er den Erhabenen und setzte sich beiseite nieder. Von den hundertzwanzigtausend Brahmanen und Hausleuten setzten sich einige beiseite nieder nachdem sie den Erhabenen verehrt hatten, einige wechselten freundliche Worte mit dem Erhabenen und nachdem sie höfliche und freundliche Worte ausgetauscht hatten, setzten sie sich beiseite nieder, einige grüßten den Erhabenen mit zusammengelegten Händen und setzten sich dann beiseite nieder, einige teilten Vor- und Zunamen dem Erhabenen mit und setzten sich beiseite nieder und einige setzten sich schweigend beiseite nieder.
Da kam den hundertzwanzigtausend Brahmanen und Hausvätern aus Magadha der Gedanke: ‘Hat nun der große Asket bei Uruvelakassapa den Reinheitswandel auf sich genommen oder hat Uruvelakassapa bei diesem großen Asketen den Reinheitswandel auf sich genommen?’ Der Erhabene erkannte in seinem Geist den Gedankengang der hundertzwanzigtausend Brahmanen und Hausleute aus Magadha und sprach Uruvelakassapa mit diesem Vers an:
„Was hat der in Uruvelā
Wohnende gesehen?
Warum gab der Hager genannte das Feuer[opfer]
auf?
Dich frage ich, o Kassapa, in dieser Sache:
Warum gab er das Feueropfer auf?
„[Schöne] Gestalten, Geräusche, Geschmäcke und Gespielinnen versprechen die Opferungen. ‘Dies ist Schmutz’ erkannt habend und ‘dort ist die Grundlage [zum Wiederdasein]’, war ich vom Opfern und [Feuer-]Verehren nicht mehr entzückt.“
„Wenn sich dein Geist hier nicht erfreut (Kassapa, sag es dem Erhabenen), bei [schönen] Gestalten, Geräuschen und Geschmäckern, dann sag, wo sonst sich dann in der Götter- und Menschenwelt dein Geist erfreut.“
„Den Hort des Friedens, das, was frei ist von Anhaften, was keine (moralische) Unreinheit aufweist, was ohne Hang am Dasein in Sinneslust ist, das Unveränderliche sah ich, so wie es wirklich ist und unabhängig von den Ansichten anderer. Daher war ich vom Opfern und [Feuer-]Verehren nicht mehr entzückt.“
56. Dann stand der ehrwürdige Uruvelakassapa von seinem Sitz auf, legte das Obergewand auf eine Schulter, neigte den Kopf zu Füßen des Erhabenen und sprach: „Mein Lehrer, Herr Erhabener, sind Sie und ich bin Ihr Schüler. Sie sind mein Lehrer, Herr Erhabener und ich bin Ihr Schüler.“ Nun hatten die hundertzwanzigtausend Brahmanen und Haushälter aus Magadha den Eindruck: ‘Uruvelakassapa hat beim großen Asketen den Reinheitswandel auf sich genommen.’
Nachdem der Erhabene den Gedankengang der hundertzwanzigtausend Brahmanen und Haushälter aus Magadha in seinem Geist erkannt hatte, gab er ihnen eine stufenweise Belehrung wie folgt: ein Gespräch über das Geben, über Sittlichkeit, über den Himmel, dann über die Gefahren, die Schlechtigkeit und Verderbtheit der Sinnesgier sowie aller Befleckungen und dann zeigte er den Segen des Entsagens auf. Als der Erhabene wusste, dass sie in ihrer Gemütsverfassung aufnahmefähig, sanftmütig, unvoreingenommen, begeistert und vertrauensvoll waren, da verkündete er die Kernaussage der Lehren der Buddhas: Unzulänglichkeit, Entstehung [davon], Überwindung [davon] und den Weg [dazu]. Genau so, wie ein sauberer fleckenloser Stoff gut Farbe annehmen würde, so ging den hundertzwanzigtausend Brahmanen und Haushältern aus Magadha mit Bimbisāra an der Spitze dort auf dem Sitz das reine, klare Auge der Wahrheit auf: ‘Wenn irgend etwas als seine Eigenschaft das Entstehen hat, all das hat als seine Eigenschaft die Vergänglichkeit.’ Zehntausend nahmen die Laienanhängerschaft an. [127]
57. Nachdem Seniya Bimbisāra, der Fürst von Magadha die Lehre gesehen, die Lehre erlangt, die Lehre verstanden, in die Lehre eingedrungen ist, den [skeptischen] Zweifel überwunden, die Ungewissheit entfernt, unabhängig von anderen Lehrern Selbstvertrauen in der Lehre [des Buddha] erlangt hatte, sprach er zum Erhabenen: „Herr, früher, als junger Mann, da hatte ich fünf Wünsche, die haben sich jetzt erfüllt. Herr, früher als junger Mann dachte ich: ‘Ach möge ich doch als Fürst inthronisiert werden!’ Das war mein erster Wunsch und er ist mir in Erfüllung gegangen. ‘Möge doch in meinem Fürstentum ein Heiliger, vollkommen Erwachter erscheinen!’ Das war mein zweiter Wunsch und er ist mir in Erfüllung gegangen. ‘Möge ich doch diesen Erhabenen aufsuchen!’ war mein dritter Wunsch und er ist mir in Erfüllung gegangen. ‘Möge mir doch der Erhabene die Lehre verkünden!’ war mein vierter Wunsch und er ist mir in Erfüllung gegangen. ‘Möge ich die Lehre des Erhabenen verstehen!’ war mein fünfter Wunsch und auch dieser ist mir in Erfüllung gegangen. Herr, früher, als junger Mann, da hatte ich diese fünf Wünsche, die sich jetzt erfüllt haben.
Sehr gut, sehr gut, hoher Herr! Als würde der hohe Herr etwas Umgedrehtes richtig hinstellen oder etwas Verdecktes aufdecken oder einem Verirrten den Weg zeigen oder in der Dunkelheit eine Öllampe hinhalten, damit, wer Augen hat, die Bilder sieht, genau so hat der Erhabene auf verschiedene Weise die Lehre verkündet. Hoher Herr, wir nehmen unsere Zuflucht zum Erhabenen, zur Lehre als auch zur Mönchsgemeinschaft. Der Erhabene möge mich als Laienanhänger annehmen, der von heute an für das ganze Leben seine Zuflucht genommen hat. Nimm die [Einladung zur] Speisung für morgen zusammen mit dem Orden an.“ Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zustimmung. Nachdem Seniya Bimbisāra, der Fürst von Magadha wusste, dass der Erhabene zugestimmt hatte, stand er vom Sitz auf, verehrte den Erhabenen, umschritt ihn rechts herum und ging fort. Als die Nacht vorüber war, ließ Fürst Seniya Bimbisāra vorzügliche feste Speisen zubereiten. Er ließ den Erhabenen wissen: ‘Es ist Zeit, Herr, das Mahl ist vorbereitet.’
58. Nachdem sich der Erhabene am Morgen angezogen hatte, nahm er Almosenschale und Obergewand und ging mit einem großen Orden, tausend frühere Flechtenasketen, nach Rājagaha. Bei dieser Gelegenheit nahm der Götterkönig Sakka die Gestalt eines jungen Brahmanen an, ging der Mönchsgemeinschaft mit dem Erwachten an der Spitze voraus und sang diese Verse:
„Der
Gezähmte mit gezähmten früheren Asketen,
Erlöster
mit Erlösten.
Goldgeschmückt,
goldfarben
betritt
der Erhabene Rājagaha.
Der
Befreite mit befreiten früheren Asketen,
Erlöster
mit Erlösten.
Goldgeschmückt,
goldfarben
betritt
der Erhabene Rājagaha.
Der
Hinübergelangte
mit
hinübergelangten früheren Asketen,
Erlöster
mit Erlösten.
Goldgeschmückt,
goldfarben
betritt
der Erhabene Rājagaha.
Zehn
Stätten, zehn Kräfte,
zehn
Dinge und zehn Faktoren erlangte er.
[128]
Von
zehnmal hundert gefolgt,
betritt
der Erhabene Rājagaha.“
Als die Menschen den Götterkönig Sakka sahen, sagten sie: „Ach wie schön ist dieser junge Brahmane! Wie ansehnlich ist doch dieser junge Brahmane! Ach wie lieblich ist doch dieser junge Brahmane! Von woher stammt dieser junge Brahmane?“ Als so gesprochen wurde, gab Sakka der Götterkönig den Menschen diesen Vers zur Antwort:
„Wer weise, völlig gezähmt,
rein und unvergleichlich,
heilig ist und wohlgegangen in der Welt,
des’ Nachfolger ich bin.“
59. Dann kam der Erhabene zur Wohnstätte des Magadhafürsten, Seniya Bimbisāra. Dort angekommen setzten er und der Mönchsorden sich auf die vorbereiteten Sitze. Nun bewirtete und bediente Seniya Bimbisāra, der Fürst von Magadha, eigenhändig den Mönchsorden mit dem Buddha an der Spitze mit vorzüglicher fester Speise. Als der Erhabene gegessen und die Hand von der Almosenschale zurückgezogen hatte, setzte er sich an dessen Seite nieder. An der Seite sitzend kam Seniya Bimbisāra der Gedanke: ‘Wo könnte der Erhabene hier weilen? Vom Dorf nicht weit weg und nicht zu nah, auf dass den Menschen, die den Wunsch danach haben, das Hingehen und Zurückkommen möglich ist, dass man sich annähern kann. Ein Platz, der tags nicht überfüllt und nachts kaum laut ist, wo wenig Stimmengewirr ist, der menschenleer, vor Menschen verborgen und zur Abgeschiedenheit geeignet ist?’ Da kam dem Fürsten von Magadha der Gedanke: ‘Mein Bambushain im Park ist vom Dorf nicht weit weg und nicht zu nah, da ist den Menschen, die den Wunsch danach haben, das Hingehen und Zurückkommen möglich, man kann sich annähern. Ein Platz, der tags nicht überfüllt und nachts kaum laut ist, wo wenig Stimmengewirr ist, der menschenleer, vor Menschen verborgen und zur Abgeschiedenheit geeignet ist. Ich werde meinen Bambushain im Park dem Mönchsorden mit dem Erhabenen an der Spitze geben.’ Daraufhin nahm Seniya Bimbisāra von Magadha einen goldenen Wasserkrug und übergab ihn dem Erhabenen indem er sprach: „Ich gebe den Bambushain im Park dem Orden mit dem Erhabenen an der Spitze.“ [129] Der Erhabene nahm das Gelände an. Dann veranlasste der Erhabene den Seniya Bimbisāra von Magadha durch eine Lehrrede zu verstehen, aufzunehmen, davon motiviert zu sein, sich daran zu erfreuen, stand vom Sitz auf und ging fort. Nachdem der Erhabene in diesem Zusammenhang eine Lehrrede gegeben hatte, sprach er zu den Mönchen: „Ihr Mönche, ich erlaube Gelände.“
60. Damals weilte der Wanderasket Sañcaya mit einer großen Gruppe von zweihundertfünfzig Wanderasketen in Rājagaha. Zu dieser Zeit nahmen Sāriputta und Moggallāna beim Wanderasketen Sañcaya den Reinheitswandel auf sich. Zwischen den beiden war eine Vereinbarung getroffen: Wer zuerst das Todlose erreicht, sollte es dem anderen sagen.
Nachdem er am Morgen aufgestanden war, sich angezogen und Almosenschale und Obergewand genommen hatte, ging der ehrwürdige Assaji nach Rājagaha auf Almosengang. Er war angenehm anzusehen beim Vorwärtsgehen und Zurückkommen, beim Anschauen und Betrachten, wenn er sich beugte oder den Arm ausstreckte, er hielt die Augen niedergeschlagen und war beherrscht in der Körperhaltung. Der Wanderasket Sāriputta sah den ehrwürdigen Assaji in Rājagaha auf dem Almosengang, angenehm anzusehen beim Vorwärtsgehen und Zurückkommen, beim Anschauen und Betrachten, wenn er sich beugte oder den Arm ausstreckte, die Augen niedergeschlagen hielt und wie beherrscht er in der Körperhaltung war. Als er ihn so sah, kam ihm der Gedanke: ‘Das ist einer von denen, die wirklich Heilige in der Welt sind oder den Weg zur Heiligkeit betreten haben. Ich werde nun zu diesem Mönch gehen und ihn fragen, für wen er in die Hauslosigkeit gegangen ist, wer sein Lehrer ist und an wessen Lehre er Gefallen findet.’ Da kam dem Wandermönch Sāriputta der Gedanke: ‘Jetzt ist die falsche Zeit diesen Mönch zu fragen, denn er geht von Haus zu Haus um Almosen. Ich werde ihm auf den Fersen bleiben, ihm, der einen geeigneten Weg weiß.’ Nachdem der ehrwürdige Assaji in Rājagaha seinen Almosengang beendet und Almosen erhalten hatte, kam er zurück. Nun ging der Wandermönch Sāriputta zum ehrwürdigen Assaji. Dort angekommen, tauschten sie Grüße und wechselten freundliche, erinnerungswürdige Worte und nachdem sie Grüße und freundliche Worte ausgetauscht hatten, stellte er sich seitlich hin. Seitlich stehend sprach der Wanderasket Sāriputta zum ehrwürdigen Assaji: „Tatsächlich, Freund, deine Sinne sind geläutert und rein ist deine Hautfarbe. Bei wem hast du die Ordination genommen? Wer ist dein Lehrer? An wessen Lehre findest du Gefallen?“ – „Freund, das ist der große Asket, der Sohn der Sakya, der aus der Sakyafamilie in die Hauslosigkeit gegangen ist. Ich ging beim Erhabenen in die Hauslosigkeit. Also ist er mein erhabener Lehrer und an der Lehre dieses Erhabenen finde ich Gefallen.“ – „Welche Ansicht vertritt denn dieser ehrwürdige Lehrer, was verkündet er?“ – „Ich bin neu, Freund, erst kürzlich in die Hauslosigkeit gegangen [130] , gerade erst in dieser Lehre und Disziplin angekommen. Ich bin nicht imstande die Lehre ausführlich darzulegen, aber ich kann dir deren Sinn zusammenfassend sagen.“ Daraufhin sprach der Wanderasket Sāriputta zum ehrwürdigen Assaji: „So sei es, Freund. Sag ein bisschen oder viel, aber nenne mir den Sinn. Ich wünsche den Sinn. Was sollen viele Definitionen?“ Da gab der ehrwürdige Assaji dem Wanderasketen Sāriputta diesen Lehrspruch:
„Welche Dinge durch Ursachen
entstehen,
über deren Ursachen spricht der
Vollendete,
sowie auch deren Untergang.
Das ist die Lehre des Großen
Asketen.“
Während dieser Lehrspruch verkündet wurde, ging dem Wanderasketen Sāriputta das klare, reine Auge der Wahrheit auf: ‘Wenn irgend etwas als seine Eigenschaft das Entstehen hat, all das hat als seine Eigenschaft die Vergänglichkeit.’ „Wenn das die Lehre ist, dann hast du es bis zur Stätte gebracht, die frei von Sorge ist, die viele Weltzeitalter ungesehen war.“
61. Dann ging Sāriputta zu Moggallāna. Der Wanderasket Moggallāna sah Sāriputta von Ferne herankommen. Als er ihn sah, sprach er zu ihm: „Tatsächlich, Freund, deine Sinne sind geläutert und rein ist deine Hautfarbe. Hast du etwa das Todlose erreicht?“ – „Ja Freund, ich habe das Todlose erreicht.“ – „Freund, wie hast du das Todlose erreicht?“
„Also Freund, ich sah den ehrwürdigen Mönch Assaji in Rājagaha um Almosen gehen. Er war angenehm anzusehen beim Vorwärtsgehen und Zurückkommen, beim Anschauen und Betrachten, wenn er sich beugte oder den Arm ausstreckte, die Augen niedergeschlagen hielt und beherrscht war in der Körperhaltung. Als ich ihn so sah, dachte ich, das ist einer von denen, die wirklich Heilige in der Welt sind oder den Weg zur Heiligkeit betreten haben. Ich werde nun zu diesem Mönch gehen und ihn fragen, für wen er in die Hauslosigkeit gegangen ist, wer sein Lehrer ist und an wessen Lehre er Gefallen findet. Dann kam mir der Gedanke, dass es jetzt die falsche Zeit sei, diesen Mönch zu fragen, denn er geht von Haus zu Haus um Almosen. Ich blieb ihm auf den Fersen, ihm, der einen geeigneten Weg weiß. Nachdem der ehrwürdige Assaji in Rājagaha seinen Almosengang beendet und Almosen erhalten hatte, kam er zurück. Nun ging ich zum ehrwürdigen Assaji. Dort angekommen, tauschten wir Grüße und wechselten freundliche Worte, an die man sich erinnert und nachdem ich Grüße und freundliche Worte ausgetauscht hatte, stellte ich mich seitlich hin. Seitlich stehend sprach ich zum ehrwürdigen Mönch Assaji: ‘Tatsächlich, Freund, deine Sinne sind geläutert und rein ist deine Hautfarbe. Bei wem hast du die Ordination genommen? Wer ist dein Lehrer? An wessen Lehre findest du Gefallen?’ [Er antwortete:] ‘Freund, das ist der große Asket, der Sohn der Sakya, der aus der Sakyafamilie in die Hauslosigkeit gegangen ist. Ich ging beim Erhabenen in die Hauslosigkeit. Also ist er mein erhabener Lehrer und an der Lehre dieses Erhabenen finde ich Gefallen.’ [Ich fragte] ‘Welche Ansicht vertritt denn dieser ehrwürdige Lehrer, was verkündet er?’ [er antwortete] ‘Ich bin neu, Freund, erst kürzlich in die Hauslosigkeit gegangen, gerade erst in dieser Lehre und Disziplin angekommen. Ich bin nicht imstande die Lehre ausführlich darzulegen, aber ich kann dir deren Sinn zusammenfassend sagen.’ [ich sagte] ‘Sag ein bisschen oder viel, aber nenne mir den Sinn. Ich wünsche den Sinn. Was sollen viele Definitionen?’ Da gab mir der ehrwürdige Mönch Assaji diesen Lehrspruch:
‘Welche Dinge durch Ursachen
entstehen,
über deren Ursachen spricht der
Vollendete,
sowie auch deren Untergang.
Das ist die Lehre des Großen
Asketen.’
Während dieser Lehrspruch verkündet wurde, ging dem Wanderasketen Moggallāna das klare, reine Auge der Wahrheit auf: ‘Wenn irgend etwas als seine Eigenschaft das Entstehen hat, all das hat als seine Eigenschaft die Vergänglichkeit.’ „Wenn das die Lehre ist, dann hast du es bis zur Stätte gebracht, die frei von Sorge ist, die viele Weltzeitalter ungesehen war.“
62. Da sprach Moggallāna zu Sāriputta: „Wir gehen zum Erhabenen, mein Freund. Er ist unser erhabener Lehrer.“ – „Mein Freund, wegen uns verweilen hier zweihundertfünfzig Wanderasketen, die zu uns aufschauen. Wir fragen sie und was sie meinen, das sollen sie tun.“ Dann gingen Sāriputta und Moggallāna zu den anderen Wanderasketen. Dort sagten sie zu ihnen: „Freunde, wir gehen zum Erhabenen, er ist unser erhabener Lehrer.“ – „Wir verweilen hier wegen der Ehrwürdigen, sehen zu den Ehrwürdigen auf. Wenn die Ehrwürdigen den Reinheitswandel beim großen Asketen auf sich nehmen, nehmen wir auch alle den Reinheitswandel beim großen Asketen auf uns.“ Nun gingen Sāriputta und Moggallāna zum Wanderasketen Sañcaya. Dort angekommen sprachen sie zu ihm: „Freund, wir gehen zum Erhabenen, er ist unser erhabener Lehrer.“ – „Schluss damit! Geht nicht. Wir drei werden uns alle um die Gruppe kümmern.“ Zum zweiten Mal sprachen sie zu ihm: „Freund, wir gehen zum Erhabenen, er ist unser erhabener Lehrer.“ – „Schluss damit! Geht nicht. Wir drei werden uns alle um die Gruppe kümmern.“ Zum dritten Mal: „Freund, wir gehen zum Erhabenen, er ist unser erhabener Lehrer.“ – „Schluss damit! Geht nicht. Wir drei werden uns alle um die Gruppe kümmern.“ Dann nahmen Sāriputta und Moggallāna die zweihundertfünfzig Wanderasketen und gingen zum Bambushain. Auf der Stelle kam dem Wanderasketen Sañcaya heißes Blut aus dem Mund heraus.
Der Erhabene sah Sāriputta und Moggallāna von fern herankommen. Als er sie sah, sprach er zu den Mönchen: „Ihr Mönche, Kolita und Upatissa [131] , die zwei Freunde kommen. Dieses Paar Jünger wird das höchste edle Paar.
Sobald
sie tiefe Gelehrsamkeit, das Gebiet der Erkenntnis,
das
Höchste, die Vernichtung der Wiedergeburt,
die
Befreiung erreichen,
dann
verkündet im Bambushain der Lehrer über sie:
Kolita
und Upatissa die zwei Freunde kommen.
Dieses Paar Jünger wird das höchste edle
Paar.“
Nun kamen Sāriputta und Moggallāna zum Erhabenen. Dort angekommen, neigten sie den Kopf zu Füßen des Erhabenen und sprachen: „Wir, o Herr, möchten beim Erhabenen die Ordination erhalten, wir möchten auch die Hochordination erhalten.“ – „Kommt, Mönche“, sagte der Erhabene, „gut dargelegt ist die Lehre, führt den Reinheitswandel, um alles Leid zu beenden.“ Das war die Hochordination der Ehrwürdigen.
63. Zu jener Zeit nahmen wohlbekannte und hochgeschätzte Söhne guter Familien in Magadha den Reinheitswandel beim Erhabenen auf sich. Die Menschen ärgerten sich darüber, wurden unruhig und erregten sich: ‘Zur Sohnlosigkeit führt der Asket Gotama. Zur Witwenschaft führt der Asket Gotama. Der Asket Gotama führt zur Zerstörung der Familien. Erst gingen tausend Flechtenasketen zu ihm in die Hauslosigkeit und jetzt gehen auch noch zweihundertfünfzig Wanderasketen von Sañcaya zu ihm in die Hauslosigkeit. Aber auch wohlbekannte und hochgeschätzte Söhne guter Familien aus Magadha nahmen beim Asketen Gotama den Reinheitswandel auf sich. Wenn sie diese Mönche sahen, tadelten sie sie mit diesem Vers:
„Der
große Asket nach Giribbaja in Magadha kam.
die
Führung Sañcaya’s Asketen er übernahm,
wen
wird er jetzt wohl (ver-)führen?“
Als Mönche hörten, dass jene Menschen sich darüber ärgerten, unruhig wurden und erregten, erzählten sie dem Erhabenen den Sachverhalt. „Ihr Mönche, lange wird so nicht mehr gesprochen. Sieben Tage wird noch so gesprochen. Nach sieben Tagen wird es vorüber sein. Ihr Mönche, wenn ihr mit diesem Vers getadelt werdet:
‘Der
große Asket nach Giribbaja in Magadha kam.
die
Führung Sañcaya’s Asketen er übernahm,
wen
wird er jetzt wohl (ver-)führen?’
dann tadelt ihr sie wiederum mit diesem Vers:
‘Die
großen Helden, Wahrheitsfinder,
sie
führ’n durch wahre Lehre an.
Wer
ist wohl neidisch auf den Weisen,
der
mittels Wahrheit führen kann?’“
[132]
Als nun die Leute die Mönche sahen und mit dem Vers tadelten:
„Der
große Asket nach Giribbaja in Magadha kam.
>die
Führung Sañcaya’s Asketen er übernahm,
wen
wird er jetzt wohl (ver-)führen?“
dann tadelten sie diese im Gegenzug mit diesem Vers:
„Die
großen Helden, Wahrheitsfinder,
sie
führ’n durch wahre Lehre an.
Wer
ist wohl neidisch auf den Weisen,
der
mittels Wahrheit führen kann?“
Die Leute dachten: ‘Man sagt, durch die Wahrheit leiten die Asketen, die Sakyasöhne, nicht durch die Unwahrheit.’ Sieben Tage wurde so gesprochen. Nach sieben Tagen hörte das auf.
[120] Wtl: „Fürsthausen“ oder „Königshausen“, die Hauptstadt von Magadha, wurde auch Giribbaja („Bergumgrenzte“) genannt, liegt etwa 55 km nordöstlich von Gayā und hatte vermutlich um die 60.000 bis 80.000 Einwohner. Im Anhang ist eine Übersichtskarte (Karte 3), aus welcher hervorgeht, dass Uruvela nicht allzuweit von Rājagaha entfernt ist.
[121] Supatiṭṭha Gut möglich, dass dieser Name auf eine Asketenpraxis zurückzuführen ist, nämlich dem Schlafen (supati) im Stehen (tiṭṭhati); Grabhügel als Kuppelmale (cetiya) gab es schon seit langer Zeit, sie sind demnach keine spezifisch buddhistische Sache. Wanderasketen bevorzugten Grabstätten als Aufenthaltsort. Diese Kultstätten gab es oft nur an größeren Städten und waren damals noch nicht mit Ziegeln errichtet bzw. ummantelt.
[122] „Knüppel-Wald“ im Südwesten von Rājagaha. Ein Weg von etwa 12 km.
[123] bho Der Fürst redet vom Buddha (noch) als Gleichrangigem und benutzt den Familiennamen (vgl Mvg 10). Bimbisāra war der regierende Großfürst von Magadha (und Aṅga; → 98), dennoch steht fast nie Mahārāja im Text.
[124] Die Sākya hatten wahrscheinlich kein solches Kastensystem (vaṇṇā) wie die südlicheren Gegenden, die stark im Brahmanismus (den Veden) verankert waren. Sie verwalteten sich selber. In einem gewählten Rat wurden Probleme besprochen und eine Übereinkunft ausgehandelt. Demnach war der Vater des Buddha (Suddhodana) kein König (Monarch) sondern das gewählte Oberhaupt (Fürst) für diese Region. Er unterstand dem Mahārāja (Großfürsten) von Kosala, der in Sāvatthi residierte.
[125] Iti pi so bhagavā arahaṃ sammāsambuddho vijjācaraṇasampanno sugato lokavidū anuttaro purisadammasārathi satthā devamanussānaṃ buddho bhagavā Das ist die Verehrungsformel für den Buddha, die heute noch zu allen möglichen Anlässen und als Schutzformel (paritta) rezitiert wird.
[126] dvādasa-nahuta zwölf (mal) zehntausend; M/T: „Myriaden“. Mit Sicherheit eine ikonografische Zahl. Bei einer geschätzten Einwohnerzahl von maximal 80.000 und dem derzeitigen Grad der Bekanntheit des Buddha einfach nicht möglich. Am besten würde man mit „die oberen Zehntausend“ übersetzen.
[127] eka-nahuta Bisher waren die Belehrungen derart erfolgreich, dass alle Zuhörer ergriffen waren.
[128] Zehn Stätten = AN X,20; zehn Kräfte = AN X,21; (Buddhaghosa:) zehn Dinge (kammapatha) = AN X,27; die zehn Faktoren entsprechen hier den Eigenschaften eines Heiligen, d.h. Übung haben im Achtfältigen Pfad plus Perfektion in Erkenntnis sowie Rechte Befreiung.
[129] Aus dem Behältnis in der Hand des Gebenden wird Wasser über die Hand des Empfängers gegossen. Der Übergang des Wassers symbolisiert den Übergang des Eigentums in andere Hände.
Halbrelief aus Gandhāra, 2./4. Jh., Indian Museum, Kolkata
[130] Er meint hier seine Zugehörigkeit zum Buddha, denn er ist ja einer der fünf Asketen gewesen, die mit dem späteren Buddha praktizierten, also eigentlich schon viel früher in die Hauslosigkeit gegangen.
[131] Die (bürgerlichen) Namen von Sāriputta und Moggallāna.
[132] Übersetzung von H.W. Schumann.