451. Damals weilte der Erhabene, der Buddha, im Park des Ghosita [1094] in Kosambi. Damals hatte ein gewisser Mönch ein Vergehen begangen. [1095] Er hatte bei diesem Vergehen die Ansicht, dass es ein Vergehen war. Andere Mönche waren bei diesem Vergehen der Ansicht, dass es kein Vergehen war. Dann hatte er später auch die Ansicht dass dieses Vergehen kein Vergehen wäre. Wiederum andere Mönche waren bei diesem Vergehen der Ansicht, dass es ein Vergehen war. Jene Mönche sprachen zu diesem Mönch: „Ein Vergehen, Bruder, hast du begangen. Siehst du das Vergehen ein?“ – „Nein ihr Brüder, es gibt kein Vergehen, das ich einsehen müsste.“ Da diese Mönche Eintracht wünschten [1096] , suspendierten sie jenen Mönch wegen Nichteinsehen eines Vergehens. Dieser Mönch war aber einer, der viel erfahren hat [1097] , ein Traditionsbewusster [1098] , ein Träger der Lehre [1099] , ein Träger des Regelwerkes, ein Kenner der Tabellen [1100] , ein Weiser, Gelehrter, Verständiger, Gemäßigter, Gewissenhafter und Lernwilliger. Nun ging dieser Mönch zu befreundeten und bekannten Mönchen und sprach zu ihnen: „Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung habe ich nicht begangen. Keine Verfehlung habe ich begangen. Ein Suspendierter bin ich nicht. Ich bin kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde ich suspendiert, einem aufhebbaren [1101] und unangemessenem [1102] . Ihr Brüder, seid um der Lehre und des Regelwerkes willen auf meiner Seite.“ Und so bekam dieser Mönch die befreundeten und bekannten Mönche auf seine Seite. Er sandte im ganzen Landkreis zu befreundeten und bekannten Mönchen Boten: ‘Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung habe ich nicht begangen. Keine Verfehlung habe ich begangen. Ein Suspendierter bin ich nicht. Ich bin kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde ich suspendiert, einem aufhebbaren und unangemessenem. Ihr Brüder, seid um der Lehre und des Regelwerkes willen auf meiner Seite.’ Und so bekam dieser Mönch die befreundeten und bekannten Mönche des Landkreises auf seine Seite. [1103]
Da kamen jene Mönche, die dem Suspendierten folgten, zu den Mönchen, die ihn suspendiert hatten. Dort sprachen sie zu denen, die ihn suspendierten: „Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung hat er nicht begangen. Keine Verfehlung hat er begangen. Ein Suspendierter ist er nicht. Er ist kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde er suspendiert, einem aufhebbaren und unangemessenem.“ Da antworteten die Mönche, die ihn suspendierten denen, die dem Suspendierten folgten: „Ein Vergehen, ihr Brüder ist das, ein Vergehen ist es. Eine Verfehlung hat er begangen. Er hat eine Verfehlung begangen. Ein Suspendierter ist er. Er ist ein Suspendierter. Durch ein vorschriftsgemäßes Verfahren wurde er suspendiert, einem nicht aufhebbaren und angemessenem. Möget ihr Ehrwürdigen diesem suspendierten Mönch nicht nachfolgen und nicht zu ihm halten!“ Obwohl das von den Mönchen, die suspendiert hatten, zu denen gesagt wurde, die zu dem Suspendierten hielten, folgten diese [aber] dem suspendierten Mönch nach und hielten weiterhin zu ihm. [1104]
452. Da ging ein gewisser Mönch zum Erhabenen. Dort angekommen verehrte er den Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Beiseite sitzend sprach er zum Erhabenen: „Da, o Herr, beging ein gewisser Mönch ein Vergehen und hatte bei diesem Vergehen die Ansicht, dass es ein Vergehen war. Andere Mönche hatten bei diesem Vergehen die Ansicht, es sei kein Vergehen. Dann hatte er später auch die Ansicht dass dieses Vergehen kein Vergehen wäre. Wiederum andere Mönche hatten bei diesem Vergehen die Ansicht, dass es ein Vergehen sei. Jene Mönche, o Herr, sprachen zu diesem Mönch: ‘Ein Vergehen, Bruder, hast du begangen. Siehst du das Vergehen ein?’ – ‘Nein ihr Brüder, es gibt kein Vergehen, das ich einsehen müsste.’ Da diese Mönche Eintracht wünschten, o Herr, suspendierten sie jenen Mönch wegen Nichteinsehen eines Vergehens. Dieser Mönch, o Herr, ist aber einer, der viel erfahren hat, ein Traditionsbewusster, ein Träger der Lehre, ein Träger des Regelwerkes, ein Träger des Abhidhamma, ein Weiser, Gelehrter, Verständiger, Gemäßigter, Gewissenhafter und Lernwilliger. Nun ging dieser Mönch, o Herr, zu befreundeten und bekannten Mönchen und sprach zu ihnen: ‘Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung habe ich nicht begangen. Keine Verfehlung habe ich begangen. Ein Suspendierter bin ich nicht. Ich bin kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde ich suspendiert, einem aufhebbaren und unangemessenem. Ihr Brüder, seid um der Lehre und des Regelwerkes willen auf meiner Seite.’ Und so, o Herr, bekam dieser Mönch die befreundeten und bekannten Mönche auf seine Seite. Er sandte im ganzen Landkreis zu befreundeten und bekannten Mönchen Boten: ‘Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung habe ich nicht begangen. Keine Verfehlung habe ich begangen. Ein Suspendierter bin ich nicht. Ich bin kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde ich suspendiert, einem aufhebbaren und unangemessenem. Ihr Brüder, seid um der Lehre und des Regelwerkes willen auf meiner Seite.’ Und so, o Herr, bekam dieser Mönch die befreundeten und bekannten Mönche des Landkreises auf seine Seite. Da kamen jene Mönche, die dem Suspendierten folgen, zu den Mönchen, die ihn suspendierten. Dort sprachen sie zu denen, die ihn suspendiert hatten: ‘Ein Vergehen, ihr Brüder ist das nicht. Kein Vergehen ist es. Eine Verfehlung hat er nicht begangen. Keine Verfehlung hat er begangen. Ein Suspendierter ist er nicht. Er ist kein Suspendierter. Durch ein nicht vorschriftsgemäßes Verfahren wurde er suspendiert, einem aufhebbaren und unangemessenem.’ Da antworteten die Mönche, die suspendiert haben denen, die dem Suspendierten folgen: ‘Ein Vergehen, ihr Brüder ist das, ein Vergehen ist es. Eine Verfehlung hat er begangen. Er hat eine Verfehlung begangen. Ein Suspendierter ist er. Er ist ein Suspendierter. Durch ein vorschriftsgemäßes Verfahren wurde er suspendiert, einem nicht aufhebbaren und angemessenem. Möget ihr Ehrwürdigen diesem suspendierten Mönch nicht nachfolgen und nicht zu ihm halten!’ Obwohl das von den Mönchen, die suspendiert haben, zu denen gesagt wurde, die zu dem Suspendierten halten, folgen diese [aber] dem suspendierten Mönch nach und halten weiterhin zu ihm.“
453. Da dachte sich der Erhabene: ‘Zerbrochen ist der Mönchsorden! Zerbrochen ist der Mönchsorden!’, stand vom Sitz auf und ging zu den Mönchen, die suspendierten. Dort angekommen, setzte er sich auf den vorbereiteten Sitz. Dann sagte der Erhabene zu den suspendiert habenden Mönchen: „Ihr solltet hier und da einen Mönch nicht suspendieren, indem ihr denkt: ‘So scheint es uns richtig zu sein.’ Ihr Mönche, es kann sein, dass ein gewisser Mönch ein Vergehen beging und er von diesem Vergehen die Meinung hat: ‘Das ist kein Vergehen.’ Andere Mönche haben von jenem Vergehen die Meinung: ‘Das ist ein Vergehen.’ Sie wissen aber von dem Mönch, dass er einer ist, der viel erfahren hat, ein Traditionsbewusster, ein Träger der Lehre, ein Träger des Regelwerkes, ein Träger des Abhidhamma, ein Weiser, Gelehrter, Verständiger, Gemäßigter, Gewissenhafter und Lernwilliger. Sie überlegen: ‘Wenn wir diesen Mönch wegen Nichteinsehens eines Vergehens suspendieren, können wir nicht mit ihm Uposatha begehen. Wenn wir ohne diesen Mönch Uposatha begehen, entstehen im Orden aus diesem Grund Streit, Zank, Zwist, Auseinandersetzung, Ordensspaltung, Ordensdifferenzen, Ordensstillstand [1105] und Verschiedenheit im Orden [1106] entstehen.’ Ihr Mönche, von zur Spaltung neigenden Mönchen soll ein Mönch wegen Nichteinsehens eines Vergehens nicht suspendiert werden.
Ihr Mönche, es kann sein, dass ein gewisser Mönch ein Vergehen beging und er von diesem Vergehen die Meinung hat: ‘Das ist kein Vergehen.’ Andere Mönche haben von jenem Vergehen die Meinung: ‘Das ist ein Vergehen.’ Sie wissen aber von dem Mönch, dass er einer ist, der viel erfahren hat, ein Traditionsbewusster, ein Träger der Lehre, ein Träger des Regelwerkes, ein Träger des Abhidhamma, ein Weiser, Gelehrter, Verständiger, Gemäßigter, Gewissenhafter und Lernwilliger. Sie überlegen: ‘Wenn wir diesen Mönch wegen Nichteinsehens eines Vergehens suspendieren, können wir nicht mit ihm Pavāraṇā begehen, wir müssten ohne diesen Mönch Pavāraṇā begehen. Wir könnten mit diesem Mönch keine Ordensverfahren durchführen, wir müssten ohne diesen Mönch Ordensverfahren durchführen. Wir könnten nicht mit ihm beisammensein, wir müssten ohne ihn zusammensitzen. Wir könnten keinen Reisschleim mit ihm zusammen trinken, wir müssten ohne ihn Reisschleim zusammen trinken. Wir könnten mit diesem Mönch nicht zusammen in der Speisehalle sitzen, wir müssten ohne diesen Mönch zusammen in der Speisehalle sitzen. Wir könnten nicht mit diesem Mönch unter einem Dach wohnen, wir müssten ohne diesen Mönch zusammen unter einem Dach wohnen [1107] . Wir könnten ihn nicht gemäß seiner Dauer der Ordenszugehörigkeit grüßen, wir dürften ihn nicht entsprechend seiner Ordensjahre grüßen. Wir könnten ihm nicht entgegengehen, ihn nicht mit ehrfürchtig aneinandergelegten Händen grüßen, keine freundlichen Worte austauschen, wir dürften diesem Mönch nicht entgegengehen, ihn nicht mit ehrfürchtig aneinandergelegten Händen grüßen, mit ihm keine freundlichen Worte austauschen. Aus diesem Grund werden [aber] im Orden Streit, Zank, Zwist, Auseinandersetzung, Ordensspaltung, Ordensdifferenzen, Ordensstillstand und Verschiedenheit im Orden entstehen.’ Ihr Mönche, von zur Spaltung neigenden Mönchen soll ein Mönch wegen Nichteinsehens eines Vergehens nicht suspendiert werden.“
454. Nachdem der Erhabene den suspendiert habenden Mönchen diesen Sachverhalt dargelegt hatte, stand er vom Sitz auf und ging er zu denen, die dem suspendierten Mönch folgten. Dort setzte er sich auf den vorbereiteten Sitz. „Ihr Mönche bildet euch nicht ein, wenn ihr ein Vergehen begangen habt und ihr denkt: ‘Wir haben kein Vergehen begangen.’, dass ihr das Vergehen nicht wiedergutzumachen braucht.
Ihr Mönche, es kann sein, dass ein gewisser Mönch ein Vergehen beging und er von diesem Vergehen die Meinung hat: ‘Das ist kein Vergehen.’ Andere Mönche haben von jenem Vergehen die Meinung: ‘Das ist ein Vergehen.’ Jener Mönch wusste von den Mönchen, dass sie welche sind, die viel erfahren haben, traditionsbewusst sind, Träger der Lehre, Träger des Regelwerkes, Träger des Abhidhamma, Weise, Gelehrte, Verständige, Gemäßigte, Gewissenhafte und Lernwillige. Er überlegt: ‘Es ist nicht gut, wenn jemand meinetwegen oder wegen anderer aus Zuneigung, Abneigung, Verblendung oder Angst einen falschen Weg geht. Wenn mich diese Mönche wegen Nichteinsehens eines Vergehens suspendieren, werden sie nicht mit mir Uposatha begehen und wenn sie nicht mit mir Uposatha begehen, dann werden aus diesem Grund Streit, Zank, Zwist, Auseinandersetzung, Ordensspaltung, Ordensdifferenzen, Ordensstillstand und Verschiedenheit im Orden entstehen.’ Ihr Mönche, ein zur Spaltung neigender Mönch, soll vertraulich [1108] den anderen Mönchen sein Vergehen bekennen.
Ihr Mönche, es kann sein, dass ein gewisser Mönch ein Vergehen beging und er von diesem Vergehen die Meinung hat: ‘Das ist kein Vergehen.’ Andere Mönche haben von jenem Vergehen die Meinung: ‘Das ist ein Vergehen.’ Jener Mönch wusste von den Mönchen, dass sie welche sind, die viel erfahren haben, traditionsbewusst sind, Träger der Lehre, Träger des Regelwerkes, Träger des Abhidhamma, Weise, Gelehrte, Verständige, Gemäßigte, Gewissenhafte und Lernwillige. Er überlegt: ‘Es ist nicht gut, wenn jemand meinetwegen oder wegen anderer aus Zuneigung, Abneigung, Verblendung oder Angst einen falschen Weg geht. Wenn mich diese Mönche wegen Nichteinsehens eines Vergehens suspendieren, werden sie nicht mit mir Pavāraṇā begehen, sie müssten ohne mich Pavāraṇā begehen. Sie könnten mit mir keine Ordensverfahren durchführen, sie müssten ohne mich Ordensverfahren durchführen. Sie könnten nicht mit mir zusammen sein, sie müssten ohne mich beisammensitzen. Sie könnten keinen Reisschleim mit mir zusammen trinken, sie müssten ohne mich Reisschleim zusammen trinken. Sie könnten nicht mit mir zusammen in der Speisehalle sitzen, sie müssten ohne mich zusammen in der Speisehalle sitzen. Sie könnten nicht mit mir unter einem Dach wohnen, sie müssten ohne mich zusammen unter einem Dach wohnen. Sie könnten mich nicht gemäß meiner Dauer der Ordenszugehörigkeit grüßen, sie dürften mich nicht entsprechend meiner Ordensjahre grüßen. Sie könnten mir nicht entgegengehen, mich nicht mit ehrfürchtig aneinandergelegten Händen ehren und keine freundlichen Worte austauschen, sie dürften mir nicht entgegengehen, mich nicht mit ehrfürchtig aneinandergelegten Händen ehren und mit mir keine freundlichen Worte austauschen. Aus diesem Grund werden [aber] im Orden Streit, Zank, Zwist, Auseinandersetzung, Ordensspaltung, Ordensdifferenzen, Ordensstillstand und Verschiedenheit im Orden entstehen.’ Ihr Mönche, ein zur Spaltung neigender Mönch, soll vertraulich den anderen Mönchen sein Vergehen bekennen.“ Nachdem der Erhabene diesen Sachverhalt den Mönchen, die dem suspendierten Mönch folgten, dargelegt hatte, stand er vom Sitz auf und ging fort.
455. Zu dieser Zeit begingen die dem suspendierten Mönch nachfolgenden Mönche innerhalb der Grenze Uposatha und führten Ordensverfahren durch. Die suspendiert habenden Mönche gingen nach außerhalb der Grenze und begingen dort Uposatha und führten Ordensverfahren durch. Dann ging einer der suspendiert habenden Mönche zum Erhabenen. Dort angekommen begrüßte er den Erhabenen ehrfürchtig und setzte sich zur Seite nieder. Beiseite sitzend sprach der Mönch zum Erhabenen: „Die dem suspendierten Mönch nachfolgenden Mönche, begingen innerhalb der Grenze Uposatha und führten Ordensverfahren durch. Und wir, die suspendiert habenden Mönche, begingen außerhalb der Grenze Uposatha und führten Ordensverfahren durch.“ – „Wenn die Mönche, die dem suspendierten Mönch nachfolgen und innerhalb der Grenze Uposatha begehen und Ordensverfahren durchführen, [und zwar] wie von mir erlassen mit Ankündigung und Beschlussverkündung, dann sind das Verfahren, die den Vorschriften gemäß, unaufhebbar und angemessen sind. Wenn ihr, die suspendiert habenden Mönche außerhalb der Grenze Uposatha begeht und Ordensverfahren durchführt, [und zwar] wie von mir erlassen mit Ankündigung und Beschlussverkündung, dann sind das auch Verfahren, den Vorschriften gemäß, unaufhebbar und angemessen. Aus welchem Grund? Diese Mönche sind von einer anderen Gruppe als ihr und ihr seid von einer anderen Gruppe als diese. [1109]
Mönch, zwei Gründe gibt es für das Getrenntleben [1110] : Einer geht selber zu einer anderen Gruppe oder der ganze Orden schließt jemanden aus wegen Uneinsichtigkeit bzw. Nichtwiedergutmachung von Vergehen oder Nichtaufgeben von üblen Ansichten. Das sind die zwei Gründe für das Getrenntleben. Mönch, zwei Gründe gibt es für das Zusammenleben: Einer bleibt bei seiner Gruppe oder der vollständige Orden hebt die Suspendierung wegen Uneinsichtigkeit bzw. Nichtwiedergutmachung von Vergehen oder Nichtaufgeben von üblen Ansichten auf. Das sind die zwei Gründe für das Zusammenleben.“
456. Zu dieser Zeit stritten, zankten und debattierten die Mönche miteinander in der Speisehalle und verhielten sich zueinander unangemessen in Worten und Taten und wurden [sogar] handgreiflich. Die Leute wurden unruhig, ärgerten sich und regten sich auf: „Wie können sich die Asketen, die Sakyasöhne bloß in der Speisehalle streiten, zanken und debattieren, sich zueinander unangemessen mit Worten und Taten verhalten und [sogar] handgreiflich werden?“ Die Mönche sahen, dass die Leute unruhig, verärgert und aufgeregt waren. Diejenigen Mönche, die gemäßigt waren, wurden unruhig, ärgerten sich und regten sich auf: „Wie können sich die Asketen, die Sakyasöhne bloß in der Speisehalle streiten, zanken und debattieren, sich zueinander unangemessen mit Worten und Taten verhalten und [sogar] handgreiflich werden?“ Dann erzählten jene Mönche dem Erhabenen den Vorfall. „Ihr Mönche, ist wahr, was man sagt, dass Mönche in der Speisehalle streiten, zanken und debattieren, sich zueinander unangemessen mit Worten und Taten verhalten und [sogar] handgreiflich werden?“ – „Das ist wahr, Erhabener.“ Da tadelte der Erwachte, Erhabene: „Wie können sich jene Mönche in der Speisehalle streiten, zanken und debattieren, sich zueinander unangemessen mit Worten und Taten verhalten und [sogar] handgreiflich werden? Das ist nicht erfreulich für die, die [noch] nicht [an der Lehre] erfreut sind, noch vermehrt es die Zahl derer, die erfreut sind.“ Nachdem er getadelt und eine Lehrrede gehalten hatte, sprach er zu den Mönchen: „Ihr Mönche, [sogar] wenn der Orden zerbrochen ist, sich nicht den Vorschriften gemäß verhält und sich ständig unerfreulich verhält, soll man auf seinem Sitz bei sich denken: ‘Wenigstens haben wir zueinander kein unangemessenes Verhalten in Worten und Taten und werden nicht handgreiflich.’ Wenn der Orden gespalten ist, ihr Mönche, und vorschriftsgemäßes Verhalten und Freundlichkeit vorherrschen, dann soll man sich gemeinsam nebeneinander niedersetzen [1111] .“
457. Zu dieser Zeit stritten, zankten und debattierten die Mönche inmitten des Orden und verweilten, sich gegenseitig mit Worten verletzend [1112] . Sie waren nicht imstande, diesen Streitfall beizulegen. Da ging ein gewisser Mönch zum Erhabenen. Dort angekommen verehrte er den Erhabenen und stellte sich zur Seite hin. Beiseite stehend sprach er zum Erhabenen: „Hoher Herr, da streiten, zanken und debattieren die Mönche inmitten des Ordens und verweilen, sich gegenseitig mit Worten verletzend. Sie sind nicht imstande, diesen Streitfall beizulegen. Herr, es wäre gut, wenn der Erhabene zu den Mönchen käme, von Mitgefühl bewogen.“ Durch Schweigen gab der Erhabene seine Zustimmung. Dann ging der Erhabene zu jenen Mönchen. Dort angekommen setzte er sich auf einen vorbereiteten Sitz. Da sitzend sprach der Erhabene zu den Mönchen: „Genug, ihr Mönche! Lasst Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung!“ Als das gesagt wurde, erwiderte ein gewisser Mönch der Unrecht habenden Partei dem Erhabenen: „Wartet, o Herr, Erhabener, Meister der Lehre! Gleichmütig, o Herr, möge der Erhabene, der Wahrheitskenner im gegenwärtigen Glück verweilen und unbeteiligt bleiben. Wir werden durch diesen Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung ganz bekannt.“ Zum zweiten Mal sprach der Erhabene zu den Mönchen: „Genug, ihr Mönche! Lasst Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung!“ Zum zweiten Mal erwiderte ein gewisser Mönch der Unrecht habenden Partei dem Erhabenen: „Wartet, o Herr, Erhabener, Meister der Lehre! Gleichmütig, o Herr, möge der Erhabene, der Wahrheitskenner im gegenwärtigen Glück verweilen und unbeteiligt bleiben. Wir werden durch diesen Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung ganz bekannt.“ Da sprach der Erhabene zu den Mönchen: [1113]
458. Ihr Mönche, einstmals lebte in Benares Brahmadatta, der Fürst von Kāsi [1114] . Er war reich, sehr begütert, hatte großen Besitz, ein großes Heer, besaß große Wagen. Er hat ein großes Reich, eine wohlgefüllte Getreide- und Schatzkammer. Der Fürst von Kosala, Dīghīti, war arm, nicht begütert, hatte geringen Besitz, nur ein kleines Heer, besaß wenige Wagen. Er hatte ein kleines Reich und eine weniger gefüllte Getreide- und Schatzkammer. Da marschierte Brahmadatta, der Fürst von Kāsi, ausgerüstet mit seinem viergliedrigen Heer [1115] gegen Fürst Dīghīti von Kosala. Der Fürst von Kosala, Dīghīti, hörte: ‘Man sagt, dass Brahmadatta, der Fürst von Kāsi, gegen mich mit seinem viergliedrigen Heer marschiert.’ Da dachte er sich: ‘Fürst Brahmadatta von Kāsi ist reich, sehr begütert, hat großen Besitz, ein großes Heer und besitzt große Wagen. Er hat ein großes Reich, eine wohlgefüllte Getreide- und Schatzkammer. Ich aber bin arm, nicht begütert, habe wenig Besitz, nur ein kleines Heer, besitze wenig Wagen, habe ein kleines Reich und eine wenig gefüllte Getreide- und Schatzkammer. Gegen Fürst Brahmadatta von Kāsi bin ich nicht in der Lage auch nur einen Kampf zu bestehen. Vorsichtshalber werde ich aus dieser Stadt fortgehen.’ Da nahm Fürst Dīghīti von Kosala die Fürstin mit sich und verließ die Stadt. Nun übernahm Fürst Brahmadatta von Kāsi Heer, Wagen, Land, Schatz- und Getreidekammer des Fürsten Dīghīti von Kosala und herrschte darüber. Dīghīti, der Fürst von Kosala, brach mit seiner Frau nach Benares auf. Nach und nach kamen sie in Benares an. Dort wohnte der Fürst Dīghīti von Kosala mit seiner Frau in einem gewissen, am Rand von Benares liegenden Ort, im Haus eines Töpfers [1116] als Unbekannter und kleidete sich wie ein Wanderasket.
Nach nicht langer Zeit, wurde die Gemahlin des Fürsten Dīghīti von Kosala schwanger. Da bekam sie Lust darauf, wenn die Sonne aufgeht, das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen zu sehen und das Waschwasser der Schwerter zu trinken. [1117] Die Fürstin sprach zu Dīghīti von Kosala: „Herr, ich bin schwanger und bekam Lust darauf, wenn die Sonne aufgeht, das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen zu sehen und das Waschwasser der Schwerter zu trinken.“ – „Meine Fürstin, woher sollen wir Armen ein auf ebener Erde stehendes, ausgerüstet und bewaffnetes, viergliedriges Heer und das Waschwasser von Schwertern haben?“ – „Mein Fürst, wenn ich das nicht bekomme, werde ich sterben.“
459. Zu dieser Zeit war der Hauptpriester des Fürsten Brahmadatta von Kāsi ein Freund des Fürsten Dīghīti von Kosala. Da, ihr Mönche, ging Dīghīti zum Hauptpriester des Fürsten Brahmadatta. Dort sprach er zum ihm: „Eine Freundin von dir, mein Freund, ist schwanger. Sie bekam Lust darauf, wenn die Sonne aufgeht, das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen zu sehen und das Waschwasser der Schwerter zu trinken.“ – „Na gut, mein Freund, dann lass uns die Fürstin sehen.“ Dann kam die Gemahlin des Fürsten Dīghīti von Kosala zum Hauptpriester des Fürsten Brahmadatta von Kāsi. Der Hauptpriester des Fürsten Brahmadatta von Kāsi sah die Fürstin des Fürsten Dīghīti von Kosala aus der Ferne kommen. Als er sie sah, stand er vom Sitz auf, legte sein Obergewand auf eine Schulter, legte die Hände in Richtung der Gemahlin des Fürsten Dīghīti von Kosala zusammen und sprach drei Mal: „Wahrlich, ein Fürst von Kosala reift in dir! Wahrlich, ein Fürst von Kosala reift in dir!“ und dann: „Sei froh, Fürstin, wenn die Sonne aufgeht, wirst du das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen sehen und das Waschwasser der Schwerter zu trinken bekommen.“
Dann, ihr Mönche, ging der Hauptpriester des Fürsten Brahmadatta von Kāsi zu seinem Fürsten. Dort sprach er zu ihm: „Mann [1118] , es sind Zeichen sichtbar geworden. Morgen zur Zeit des Sonnenaufganges möge das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen und die Schwerter gewaschen werden.“ Da, ihr Mönche, befahl Fürst Brahmadatta von Kāsi den versammelten Menschen: ‘Leute, dem entsprechend, was der Hauptpriester sagt, sollt ihr handeln.’ Als die Sonne aufging bekam die Fürstin des Fürsten Dīghīti von Kosala das viergliedrige Heer ausgerüstet und bewaffnet auf ebener Erde stehen zu sehen und das Waschwasser der Schwerter zu trinken. [1119] Dann, ihr Mönche, hat die Gemahlin des Fürsten Dīghīti von Kosala, nachdem der Embryo reif geworden war, einen Knaben geboren. Sie gaben ihm den Namen Dīghāvu [1120] . Nach nicht langer Zeit erlangte der Knabe Dīghāvu geistige Reife. [1121]
Da, ihr Mönche, kam dem Fürsten Dīghīti von Kosala der Gedanke: ‘Dieser Brahmadatta, der Fürst von Kāsi, hat uns viel Unheil angetan. Von ihm wurden uns das Heer, die Wagen, das Land, Schätze und Getreide weggenommen. Wenn er von uns erfährt, wird er uns alle drei töten lassen. Besser, ich lasse den Jungen Dīghāvu außerhalb der Stadt leben.’ Da, ihr Mönche, ließ Fürst Dīghīti von Kosala den Knaben Dīghāvu außerhalb der Stadt leben. Nach nicht langer Zeit hatte der Knabe Dīghāvu außerhalb der Stadt alle Kunstfertigkeiten gelernt.
460. Zu dieser Zeit wohnte der Friseur [1122] des Fürsten Dīghīti von Kosala beim Fürst Brahmadatta von Kāsi. Der Friseur des Fürsten Brahmadatta sah den Fürst Dīghīti mit dessen Gemahlin irgendwo an einem Ort an der Grenze zu Benares, wie er unerkannt als Wandermönch verkleidet im Anwesen eines Töpfers lebte. Als er das gesehen hatte, ging er zu Fürst Brahmadatta. Dort angekommen sprach er zu ihm: „Majestät, Dīghīti, der Fürst von Kosala lebt unerkannt verkleidet als Wandermönch mit seiner Gemahlin irgendwo an einem Ort an der Grenze zu Benares im Anwesen eines Töpfers.“
Da befahl der Fürst Brahmadatta von Kāsi seinen Männern: „Los, ihr Leute, bringt mir den Fürsten Dīghīti von Kosala samt seiner Frau her!“ – „So sei es, Göttlicher.“ antworteten die Männer dem Fürsten Brahmadatta von Kāsi und holten Fürst Dīghīti von Kosala und dessen Frau herbei. Dann, ihr Mönche, befahl Fürst Brahmadatta den Männern: „Los Leute, dem Fürsten Dīghīti und seiner Frau sollen mit einem starken Seil die Hände hinten fest zusammengebunden und der Kopf kahl geschoren werden, dann soll man sie, mit einer rauen Trommel begleitet, von Straße zu Straße, von Kreuzung zu Kreuzung paradieren lassen, dann durch das südliche Tor hinaus, im Süden der Stadt [1123] , sollen sie in vier Stücke zerschnitten werden und in die vier Himmelsrichtungen soll jeweils ein Stück hingeworfen werden.“ – „So sei es, Göttlicher.“ antworteten die Männer dem Fürsten Brahmadatta und ließen Fürst Dīghīti und seine Gemahlin mit einem starken Seil die Hände hinten zusammenbinden, den Kopf kahlscheren und dann mit einer rauen Trommel begleitet von Straße zu Straße, von Kreuzung zu Kreuzung paradieren.
Dem jungen Dīghāvu kam der Gedanke: ‘Lange habe ich Vater und Mutter nicht gesehen. Was, wenn ich gehen würde, um Vater und Mutter zu sehen?’ Da, ihr Mönche, ging Prinz Dīghāvu nach Benares und sah, Vater und Mutter mit einem starken Seil die Hände hinten fest zusammengebunden und den Kopf kahlgeschoren, wie sie mit einer rauen Trommel begleitet von Straße zu Straße, von Kreuzung zu Kreuzung paradierten. Als er das sah, ging er zu Vater und Mutter. Der Fürst Dīghīti sah den jungen Dīghāvu herankommen und sprach zu ihm: „Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe [1124] .“
Nachdem er das gesagt hatte, sprachen die Leute zu Fürst Dīghīti von Kosala: „Der Fürst Dīghīti von Kosala ist irre, er redet Unsinn. Wer ist dieser Dīghāvu? Wem sagt er: ‘Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe?’“ – „Leute, ich bin kein Irrer der Unsinn redet. Wer aber weise ist, der wird es verstehen.“ Zum zweiten Mal sprach Fürst Dīghīti von Kosala zum jungen Dīghāvu: „Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.“ Zum zweiten Mal sprachen die Leute zu Fürst Dīghīti: „Der Fürst Dīghīti von Kosala ist irre, er redet Unsinn. Wer ist dieser Dīghāvu? Wem sagt er: ‘Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe?’“ – „Leute, ich bin kein Irrer der Unsinn redet. Wer aber weise ist, der wird es verstehen.“ Zum dritten Mal sprach Fürst Dīghīti von Kosala zum jungen Dīghāvu: „Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.“ Zum dritten Mal sprachen die Leute zu Fürst Dīghīti: „Der Fürst Dīghīti von Kosala ist irre, er redet Unsinn. Wer ist dieser Dīghāvu? Wem sagt er: ‘Lieber Dīghāvu, mögest du weiter sehen, nicht kurz. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe?’“ – „Leute, ich bin kein Irrer der Unsinn redet. Wer aber weise ist, der wird es verstehen.“ Dann, ihr Mönche, haben jene Menschen, die Fürst Dīghīti von Kosala und seine Gemahlin mit einem starken Seil die Hände hinten fest zusammengebunden und ihnen den Kopf kahlgeschoren hatten und sie mit einer rauen Trommel begleitet von Straße zu Straße, von Kreuzung zu Kreuzung paradieren ließen, sie durch das südliche Tor hinausgeführt und im Süden vor der Stadt in vier Stücke zerschnitten und jeweils ein Stück in die vier Himmelsrichtungen gelegt. Nachdem sie eine Wache aufgestellt hatten, gingen sie fort.
Da, ihr Mönche, ging der junge Dīghāvu nach Benares, holte Alkohol und veranlasste die Wache zu trinken. Als sie berauscht umgefallen waren, beschaffte er Brennholz, errichtete einen Scheiterhaufen und legte die Körper von Vater und Mutter auf den Scheiterhaufen. Dann entzündete er das Feuer und umrundete mit zusammengelegten Händen drei Mal den Scheiterhaufen.
461. Zu dieser Zeit ging Fürst Brahmadatta von Kāsi auf die Zinne des Palastes [1125] . Ihr Mönche, als er nun den Knaben Dīghāvu mit zusammengelegten Händen drei Mal den Scheiterhaufen umrunden sah, dachte er: ‘Zweifellos ist dieser Mensch ein Verwandter oder [gar] Blutsverwandter des Fürsten Dīghīti von Kosala. Weh mir! Er wird für mich ein Unheilbringer sein. Keiner wird mir erklären können, was das bedeutet.’
Dann aber, ihr Mönche, ging der junge Dīghāvu in den Wald und so lange es ihm beliebte, weinte und klagte er. Nachdem er sich die Tränen abgewischt hatte, betrat er Benares, ging zum Elefantenstall in der Nähe des Palastes und sprach zu den Elefantenbändigern: „Herr Lehrer, ich wünsche diese Kunst zu lernen.“ – „Junger Mann, dann lerne.“ Einige Zeit später stand der junge Dīghāvu in der Nacht kurz vor Sonnenaufgang auf, spielte die Laute und sang mit lieblicher Stimme im Elefantenstall. Fürst Brahmadatta, der auch kurz vor Sonnenaufgang aufgestanden war, hörte den lieblichen Gesang und das Lautenspiel aus dem Elefantenstall und er fragte seine Männer: „Leute, wer steht kurz vor Sonnenaufgang auf, spielt Laute und singt mit lieblicher Stimme im Elefantenstall?“ – „Ein junger Mann, o Göttlicher, ein Schüler des Elefantenbändigers, steht kurz vor Sonnenaufgang auf, spielt Laute und singt mit lieblicher Stimme im Elefantenstall.“ – „Leute, bringt jenen jungen Mann her.“ – „So sei es, o Göttlicher.“ antworteten jene Leute dem Fürsten Brahmadatta und brachten den jungen Dīghāvu zu ihm. „Du da, Junge, bist du derjenige, der kurz vor Sonnenaufgang aufsteht und im Elefantenstall mit lieblicher Stimme singt und dazu die Laute spielt?“ – „Ja, o Göttlicher“ – „Wenn das so ist, junger Mann, dann sing und spiel die Laute.“ – „So sei es, Göttlicher.“ antwortete der junge Dīghāvu dem Fürsten von Kāsi und um zu gefallen, sang er mit lieblicher Stimme und spielte die Laute. Da, ihr Mönche, sprach Fürst Brahmadatta von Kāsi: „Du, junger Mann, bleibe bei mir.“ – „So sei es, Göttlicher“ antwortete der junge Dīghāvu dem Fürsten. Nun stand der junge Dīghāvu für den Fürsten von Kāsi früh auf und ging nach ihm schlafen, tat achtsam was zu tun war, verhielt sich gefällig, sprach Erfreuliches. Nach nicht langer Zeit, ihr Mönche, hat Fürst Brahmadatta von Kāsi den jungen Dīghāvu als seinen Vertrauten in privaten Angelegenheiten angestellt.
462. Dann, ihr Mönche, sprach Fürst Brahmadatta von Kāsi zum jungen Dīghāvu: „Nun, junger Mann, lass den Wagen anspannen, ich will auf die Jagd gehen.“ – „So sei es, Göttlicher.“ antwortete Prinz Dīghāvu dem Fürsten, spannte den Wagen an und sprach dann zum Fürsten Brahmadatta: „Hoheit, der Wagen ist angespannt. Wenn Ihr meint, es sei jetzt die rechte Zeit dafür, dann tut es.“ Nun bestieg Fürst Brahmadatta den Wagen und der junge Dīghāvu war der Wagenlenker. Nach und nach lenkte er den Wagen so, dass das Heer mehr und mehr den einen Weg nahm, sein Wagen einen anderen. Nachdem nun, ihr Mönche, der Fürst Brahmadatta von Kāsi lange gefahren war, sprach er zum jungen Dīghāvu: „Du da, junger Mann, spann den Wagen aus, ich bin müde, ich will mich hinlegen.“ – „So sei es, Göttlicher.“ antwortete der junge Dīghāvu dem Fürsten, spannte den Wagen aus und setzte sich mit gekreuzten Beinen nieder. Da nun, ihr Mönche, legte der Fürst Brahmadatta seinen Kopf in den Schoß des jungen Dīghāvu und schlief ein. Dem Müden überkam augenblicklich der Schlaf.
Da, ihr Mönche, dachte der junge Dīghāvu: ‘Fürst Brahmadatta von Kāsi hat uns viel Unheil angetan. Von ihm wurden uns das Heer, die Wagen, das Land, Schätze und Getreide weggenommen. Meine Eltern hat er töten lassen. Jetzt ist die Zeit, wo ich die Rache nehme.’ und zog das Schwert aus der Scheide. Dann dachte der junge Dīghāvu: ‘Mein Vater sagte mir in seiner Todesstunde: „Mein lieber Dīghāvu, mögest du nicht zu weit und nicht zu kurz blicken. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.“ Es ist für mich nicht angemessen, wenn ich die Worte des Vaters übertreten würde.’ und so steckte er das Schwert wieder in die Scheide. Zum zweiten Mal kam dem Prinzen Dīghāvu der Gedanke: ‘Fürst Brahmadatta von Kāsi hat uns viel Unheil angetan. Von ihm wurden uns das Heer, die Wagen, das Land, Schätze und Getreide weggenommen. Meine Eltern hat er töten lassen. Jetzt ist die Zeit, wo ich die Rache nehme.’ und zog das Schwert [wieder] aus der Scheide. Dann dachte der junge Dīghāvu: ‘Mein Vater sagte mir in seiner Todesstunde: „Mein lieber Dīghāvu, mögest du nicht zu weit und nicht zu kurz blicken. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.“ Es ist für mich nicht angemessen, wenn ich die Worte des Vaters übertreten würde.’ und er steckte das Schwert [wieder] zurück in die Scheide. Zum dritten Mal kam dem Prinzen Dīghāvu der Gedanke: ‘Fürst Brahmadatta von Kāsi hat uns viel Unheil angetan. Von ihm wurden uns das Heer, die Wagen, das Land, Schätze und Getreide weggenommen. Meine Eltern hat er töten lassen. Jetzt ist die Zeit, wo ich die Rache nehme.’ Da zog er das Schwert [wieder] aus der Scheide. Dann dachte der junge Dīghāvu: ‘Mein Vater sagte mir in seiner Todesstunde: „Mein lieber Dīghāvu, mögest du nicht zu weit und nicht zu kurz blicken. Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.“ Es ist für mich nicht angemessen, wenn ich die Worte des Vaters übertreten würde.’ und steckte das Schwert [wieder] zurück in die Scheide. Doch plötzlich, ihr Mönche, stand Fürst Brahmadatta von Kāsi auf, erschrocken, ängstlich, bang und voller Furcht. Da fragte der junge Dīghāvu den Fürsten Brahmadatta: „Hoheit, warum seid Ihr plötzlich erschrocken, ängstlich, bang und voller Furcht aufgestanden?“ – „Junger Mann, ich sah im Traum den Prinzen Dīghāvu, Sohn des Fürsten Dīghīti von Kosala, wie er mich mit dem Schwert überfällt. Deshalb stand ich erschrocken, ängstlich, bang und voller Furcht plötzlich auf.“
Da, ihr Mönche, hielt der junge Dīghāvu mit der linken Hand den Kopf des Fürsten Brahmadatta, zog mit der rechten Hand das Schwert und sprach zu Fürst Brahmadatta von Kāsi: „Jawohl, Göttlicher! Ich bin der Sohn des Fürsten Dīghīti von Kosala, der Prinz Dīghāvu. Viel Unheil haben wir durch Euch erfahren. Uns wurden das Heer, die Wagen, das Land, Schätze und Getreide weggenommen. Meine Eltern habt Ihr töten lassen. Jetzt ist die Zeit, wo ich Rache nehmen werde.“ Da, ihr Mönche, beugte Fürst Brahmadatta von Kāsi sein Haupt zu Füßen des Prinzen Dīghāvu und bat: „Lass mich am Leben, lieber Dīghāvu! Lass mich am Leben, lieber Dīghāvu!“ – „Wie könnte ich einem Fürsten das Leben schenken? Der Göttliche ist es, der mir das Leben schenken sollte.“ – „Wenn du, lieber Dīghāvu, mir mein Leben schenkst, dann schenke ich dir auch dein Leben.“ Als sich so Fürst Brahmadatta von Kāsi und der junge Dīghāvu gegenseitig das Leben schenkten, gaben sie sich die Hand und schworen, dass sie [sich gegenseitig] nichts Übles (an)tun wollen. [1126]
Dann, ihr Mönche, sprach Fürst Brahmadatta von Kāsi zu Prinz Dīghāvu: „Lieber Dīghāvu, spann den Wagen an und lass uns fahren.“ – „So sei es, Göttlicher.“ antwortete Prinz Dīghāvu ihm und spannte den Wagen an. Dann sprach er zu Fürst Brahmadatta: „O Göttlicher, der Wagen ist angespannt. Wenn Ihr meint, es sei jetzt die rechte Zeit dafür, dann tut es.“ Nun bestieg Fürst Brahmadatta den Wagen und der junge Dīghāvu war der Wagenlenker. Nach und nach lenkte er den Wagen so, dass er nach nicht langer Zeit [wieder] mit dem Heer zusammentraf.
Als sie nun wieder in Benares ankamen, veranlasste Fürst Brahmadatta von Kāsi, dass sich Kanzler und Minister versammelten und sprach zu diesen: „Leute, wenn ihr den Sohn des Fürsten Dīghīti von Kosala, den Prinzen Dīghāvu sehen würdet, was würdet ihr tun?“ Einige sagten: „Wir würden ihm die Hände abschneiden. Wir würden ihm die Füße abschneiden. Wir würden ihm Hände und Füße abschneiden. Wir würden ihm die Ohren abschneiden. Wir würden ihm die Nase abschneiden. Wir würden ihm Ohren und Nase abschneiden. Wir würden ihm den Kopf abhacken.“ – „Hier, Leute! Das ist der Sohn von Dīghīti, dem Fürsten von Kosala, Prinz Dīghāvu. Es gibt keinen Grund, ihm etwas anzutun! Er schenkte mir das Leben und ich schenkte ihm das Leben.“
463. Dann, ihr Mönche, sprach Fürst Brahmadatta von Kāsi zu Prinz Dīghāvu: „Dein Vater, lieber Dīghāvu, sagte, als es für ihn Zeit war zu sterben: ‘Lieber Dīghāvu, mögest du nicht zu weit und nicht zu kurz blicken. Mein lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft, mein lieber Dīghāvu, kommt Feindschaft zur Ruhe.’ In welchem Zusammenhang sagte dein Vater das?“ – „Göttlicher, als für meinen Vater die Zeit herankam zu sterben und er sagte: ‘nicht zu weit’, meinte er: ‘mögest du nicht lange Zeit Feindschaft hegen.’ Göttlicher, das war es, was mein Vater mit ‘nicht zu weit’ meinte, als es für ihn Zeit war zu sterben. Göttlicher, als für meinen Vater die Zeit herankam zu sterben und er sagte: ‘nicht zu nah’, meinte er: ‘zerstöre nicht schnell die Freundschaft.’ Göttlicher, das war es, was mein Vater mit ‘nicht zu nah’ meinte, als es für ihn Zeit war zu sterben. Göttlicher, als für meinen Vater die Zeit herankam zu sterben sagte er: ‘Lieber Dīghāvu, durch Feindschaft kommt Feindschaft nicht zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft kommt Feindschaft zur Ruhe.’ Durch Ihre Hoheit wurden mein Vater und meine Mutter getötet. Würde ich Ihrer Hoheit das Leben nehmen, würden mir die, die ihrer Hoheit nahestehen, das Leben nehmen und die, die mir nahestehen, die würden jenen [wiederum] das Leben nehmen. Darum kommt Feindschaft nicht durch Feindschaft zur Ruhe. Aber so hat Ihre Hoheit mir das Leben geschenkt und ich habe Ihrer Hoheit das Leben geschenkt. So ist die Feindschaft durch die Nichtfeindschaft zur Ruhe gekommen. Göttlicher, darum sagte mein Vater zu mir, als für ihn die Zeit zu sterben herankam: ‘Feindschaft kommt nicht durch Feindschaft zur Ruhe. Durch Nichtfeindschaft kommt Feindschaft zur Ruhe.’“
Da, ihr Mönche, dachte Fürst Brahmadatta von Kāsi: ‘Ach wie erstaunlich! Ach wie wunderbar! Diese Weisheit des Prinzen Dīghāvu. Wie er von dem, was der Vater in Kürze sagte, den Sinn ausführlich verstand.’ Dann übergab er [ihm] den väterlichen Besitz, die Wagen, das Land, die Schätze und das Getreide, auch seine Tochter gab er [ihm].
Ihr Mönche, so wie diese Fürsten, als sie schon Stock und Schwert ergriffen hatten, Geduld und Wohlwollen aufbrachten, wollt ihr nicht auch, die ihr in dieser gut dargelegten Lehre und Regelwerk in die Hauslosigkeit gegangen seid, euch duldend und wohlwollend verhalten?“ Zum dritten Mal sprach der Erhabene zu den Mönchen: „Genug, ihr Mönche! Lasst Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung!“ Zum dritten Mal erwiderte ein gewisser Mönch der Unrecht habenden Partei dem Erhabenen: „Warte, o Herr, Erhabener, Meister der Lehre! Gleichmütig, o Herr, möge der Erhabene, der Wahrheitskenner im gegenwärtigen Glück verweilen und unbeteiligt bleiben. Wir werden durch diesen Streit, Zank, Debatte und Auseinandersetzung ganz bekannt.“ Da dachte der Erhabene: ‘Die haben die Kontrolle über sich verloren, diese törichten Menschen. Sie sind nicht leicht zu belehren.’, stand vom Sitz auf und ging fort.
Das erste Kapitel zum Auswendiglernen,
das von Dīghāvu, ist beendet.
464. Nachdem der Erhabene kurz vor Sonnenaufgang aufgestanden war, nahm er Almosenschale und Robe und ging in Kosambi auf Almosengang. Nachdem er vom Almosengang in Kosambi zurückgekehrt war und mittags gespeist hatte, brachte er seine Unterkunft in Ordnung, nahm Almosenschale und Robe, stellte sich inmitten des Ordens und sprach diese Strophen [1127] :
„Lärmt in der Menge der Gewöhnliche,
dann denkt er nicht, ein Dummer zu
sein.
Wenn auch der Orden ist zerbrochen,
denkt keiner weiter drüber nach.
Verworren ist der Weisen Rede,
die nun den Worten lassen freie
Bahn,
den Mund weit aufgerissen,
und wissen nicht mehr, wer sie
führt.
‘Geschlagen hat er mich, beschimpft,
hat mich besiegt, hat mich beraubt!’
Wer solchem Denken sich gibt hin,
in dem kommt nie der Hass zur Ruh’.
‘Geschlagen hat er mich, beschimpft,
hat mich besiegt, hat mich beraubt!’
Wer solches Denken nicht mehr hegt,
in dem kommt bald der Hass zur Ruh’.
Durch Hass fürwahr kann nimmermehr
zur Ruhe bringen man den Hass.
Durch Nichthass kommt der Hass zur Ruh’.
Das ist ein ewiges Gesetz.
Die Andern aber seh’n nicht ein,
dass man sich hierin zügeln muss.
Doch, wer da rechte Einsicht hat,
in dem kommt aller Streit zur Ruh’.
[1128]
Wer Knochen bricht und Leben nimmt,
Rind, Pferde und Besitztum raubt,
die sich auch plündern ihre Reiche,
auch unter ihnen
[1129]
gibt es Eintracht.
Warum kann das bei euch nicht sein?
Wer Weisen als Gefährte hat,
der treu ihm ist, sich gut verhält,
all die Gefahren überwindend,
mag freudig-achtsam mit ihm wandern
er.
Wer keinen Weisen als Gefährten hat,
der treu ihm ist, sich gut verhält,
dann wie ein Fürst, der sein
erobert’ Land aufgibt,
dann soll wandern er allein
dem Elefanten gleich im Dschungel.
Am besten reise man allein,
nie von Toren je begleitet.
Einsam wandernd, nichts Böses tuend,
gleichmütig wie der Elefant im
Dschungel.“
[1130]
Das Dīghāvu-Kapitel ist beendet.
[1094] Kosambi ist die Hauptstadt der Vaṃsā (Vatsā) und wurde zu Lebzeiten des Buddha von Fürst Parantapa regiert und nach ihm von dessem Sohn Udena, die beide keine Anhänger des Buddha waren. Damals gab es vier nennenswerte Klöster, von denen bisher nur das Ghositārāma eindeutig identifiziert werden konnte. Unter anderem anhand dieser Öllampe, auf deren Boden man diese Widmung fand: „Diese fromme Spende wurde der Dufthütte des erhabenen Buddha im Ghoṣitārāma dargebracht vom Śākya-Mönch, dem ehrwürdigen Dharmapradīpa. Möge das Verdienst allen Wesen zur Erlangung der höchsten Erkenntnis gereichen.“
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Die siebenschalige Öllampe vom Ghositārama |
Die Übersichtskarte von Kosambi (→ Karte 11) zeigt die Lage der jeweiligen Stätten.
Anfänglich war es nur der Park, den der Kaufmann Ghosita zur Verfügung stellte, später wurde hier ein Kloster errichtet. Ungewöhnlich ist, dass dieser Park innerhalb der Stadt direkt am Stadtwall liegt [C].
Der Ort [B], an dem Kaiser Aśoka später eine seiner Säulen aufstellen ließ, ist bisher noch nicht namentlich identifiziert worden. Auch trägt diese Säule (b) weder ein Kapitell noch eine Inschrift.
[1095] In Ja 428 findet sich die Vorgeschichte: Damals wohnten zwei Mönche in einem Hause; der eine war ein Kenner des Vinaya, der andere ein Kenner des Sutta. Eines Tages stellte der Sutta-Kenner, nachdem er seinen Körper gereinigt, das Wasser, das von der Reinigung übriggeblieben war, im Wasserhause in einem Topfe hin und ging dann hinaus. Als später der Vinaya-Kenner dorthinein kam und das Wasser sah, verließ er den Raum und fragte den anderen: „Hast du das Wasser hingestellt?“ – „Ja, Lieber“, antwortete dieser. Der andere fragte weiter: „Weißt du aber nicht, dass du damit eine Sünde begangen hast?“ – „Nein, das weiß ich nicht.“ – „Doch, Lieber, das ist eine Sünde.“ – „Dann will ich Genugtuung dafür leisten.“ Doch der Vinaya-Kenner versetzte: „Wenn du aber, Freund, ohne Absicht und nicht mit Willen dies getan hast, so ist es keine Sünde.“
Der Vinaya-Kenner aber erzählte seinen Anhängern: „Dieser Sutta-Kenner merkt es nicht, wenn er eine Sünde begeht.“ Als diese dessen Anhänger sahen, sagten sie: „Euer Lehrer merkt nicht, dass er in Sünde gestürzt ist, auch wenn er eine Sünde begangen hat.“ Sie gingen hin und teilten dies ihrem Lehrer mit. Dieser sprach: „Dieser Vinaya-Kenner hat vorher gesagt, es sei keine Sünde und jetzt sagt er, es sei eine Sünde; er ist ein Lügner.“ So verstärkten sie gegenseitig den Streit.
Als darauf der Vinaya-Kenner eine Gelegenheit dazu fand, erklärte er die Verhehlung der Sünde von jenem für eine Tat, die die Exkommunikation verdiene. Von da an teilten sich auch diejenigen, die ihnen ihre Hilfsmittel spendeten und auch die Laienbrüder in zwei Parteien; auch die Nonnen, die sie zu ermahnen pflegten, sowie die Gottheiten, die sie beschützten und die ihnen befreundeten und vertrauten himmlischen Gottheiten bis hinauf zur Brahmawelt bildeten wie Unbekehrte zwei Parteien; bis zum Akaniṭṭha-Himmel hinauf erstreckte sich dieser Streit. (aus: J. Dutoit „Jātakam“ Band III)
Ob das tatsächlich so schwer wiegt, dass man den Mönch wegen Uneinsichtigkeit suspendieren muss, bleibt offen. Der Anlass ist aber hier nicht die Hauptsache, sondern der Prozess, wie sich ein Schisma entwickelt. Besagter Mönch hätte „um des Friedens willen“ erst gar kein Verfahren anstrengen müssen. Aber da Uneinigkeit herrschte und persönliche Meinungen und Ansichten (Dünkel!) im Vordergrund standen, musste der Vorfall verhandelt werden. „Es bestand also damals schon ein Gegensatz zwischen Moralisten und Dogmatikern, zwischen Praktikern und Theoretikern.“ (Dutoit, Fußnote zu Ja 428)
[1096] sāmaggiṃ labhitvā Genauer: nachdem die Mönche 1. „Gesamtheit, Vollständigkeit“, 2. „Eintracht, Harmonie“ gewünscht hatten (nachdem sie ihn aufgefordert hatten, sein Vergehen einzusehen); M/T: „nachdem die Mönche zusammengekommen waren“.
[1097] bahussuto Einer, der viel gehört hat (da ja mündlich tradiert wurde).
[1098] āgatāgamo Ein Überlieferer des Kanons, ein Traditionalist.
[1099] dhammadharo Einer, der die Lehre im Gedächtnis behält.
[1100] mātikādharo Einer, der die Grundschemata im Gedächtnis behält. Den Abhidhamma, wie a.a.O. übersetzt, gab es damals noch nicht.
[1101] kuppena „unstet, beweglich, erschütterbar“.
[1102] aṭṭhānārahena „nicht standhaltend“ (einer Prüfung bzw. Revision).
[1103] Das ist der Anfang der Ordensspaltung: Saṅghādisesa 10 [→ Anhang].
[1104] Die Fortsetzung der Ordensspaltung: Saṅghādisesa 11 [→ Anhang].
[1105] saṅgha-vavaṭṭhāna Stillstand im Orden, d.h. kein Fortschritt (im Dhamma).
[1106] saṅgha-nānākaraṇa D.h. Meinungsverschiedenheiten, die sich zu Ordensspaltung(-en) auswachsen.
[1107] āsane nisīdissāma In der Unterkunft zusammen sitzen, d.h. er wäre zu meiden.
[1108] saddhāya Sich mit Vertrauen an einen anderen Mönch wenden, also nicht in der offiziellen Versammlung.
[1109] Das bedeutet, die Ordensspaltung ist vollzogen.
[1110] nānā-saṃ-vāsaka Getrenntleben – hier aber nicht im Sinne von parivāsa als Bestrafung (Bewährungsauflage) zu verstehen.
[1111] āsanantarikāya nisīditabbaṃ „abwechselnd nebeneinander Platz nehmen“.
[1112] mukha-sattīhi vidudantā wtl: „mit dem Mund-schwert zerstechen“.
[1113] Selbige Erzählung erscheint in Ja 428 und 371.
[1114] → Anmerkungen 30 und 658.
[1115] → Anmerkung 751 in Mvg 297.
[1116] kumbhakāra wtl: „Krugmacher“.
[1117] caturaṅginī senā sannaddhā vammikā subhūme ṭhitā khaggānañca dhovanaṃ pātu J. Abbott: „Das Schwert des Marātha Sivaji, das dem Satāra dargeboten wurde, hat Kräfte und das Wasser, mit dem es gewaschen wurde, ist ein Heilmittel bei Entbindungsstörungen.“ (aus: „Keys of Power“).
[1118] bhane. Der Oberpriester steht im Kastensystem als Brahmane über dem Fürsten aus der Kriegerkaste, daher spricht er diesen als Untergebenen an. Im Deutschen gibt es kein Äquivalent.
[1119] Demnach muss dieses Wasser frei zugänglich gewesen sein, da man sie ja sonst erkannt hätte.
[1120] Korrekt und a.a.O. heißt es „Dīghāyu“, was ebenfalls „Lebelang“ (Langlebiger) bedeutet – im Gegensatz zu Dīghīti, was „Leidelang“ (lange Leidender) bedeutet.
[1121] viññutaṃ pāpuṇi „Besonnenheits-Erlangung“ bildhaft für das Erwachsensein.
[1122] kappaka auch „Barbier“. Ein derart persönlicher Bediensteter des Herrschers hatte eine gewisse Sonderstellung inne. Einerseits war er jemand, der einen verachteten Beruf ausübte, andererseits aber pflegte er vertrauten Umgang mit dem Herrscher.
[1123] Süden ist die Richtung des Todesgottes. Im Süden befand sich normalerweise auch der Bestattungsplatz der niederen Kasten. Verbrecher aber auch Selbstmörder wurden allerdings nicht bestattet, d.h. deren Körper wurden nicht eingeäschert und sie bekamen auch keinerlei Ritual. Tat es dennoch jemand, wurde dieser hart bestraft und der das Ritual ausführende Brahmane bekam Berufsverbot.
[1124] = Dhp 5.
[1125] upari-pāsāda Der Palast hatte ein begehbares Flachdach.
[1126] In Ja 371 wird es etwas anders geschildert (übersetzt von Dutoit):
Prinz Dīghāyu (= Lebelang) aber faßte den an seiner Seite liegenden König von Benares am Schopfe und indem er dachte: „Jetzt werde ich den Räuber, der meine Eltern getötet, in vierzehn Teile auseinanderhauen“ hob er sein Schwert. In diesem Augenblick erinnerte er sich an die Ermahnung, die ihm seine Eltern gegeben. Er dachte: „Auch wenn ich mein Leben opfern müßte, werde ich ihre Ermahnung nicht mißachten; ich will ihm nur Furcht einjagen.“ Und er sprach folgende erste Strophe:
„Da so, wie du jetzt bist, o König,
du nun in meine Hand gekommen,
steht dir ein Mittel zur Verfügung,
das dich vom Tode könnte retten?“
Darauf sprach der König folgende zweite Strophe:
„Da so, wie ich jetzt bin, mein Lieber,
ich nun in deine Hand gekommen,
steht mir kein Mittel zur Verfügung,
das mich vom Tode könnte retten.“
Hierauf sprach der Bodhisattva die folgenden übrigen Strophen:
„Nichts andres als die Tugend, König,
nichts andres als ein gutes Wort A
schützt dich jetzt in der Todesstunde;
denn
nicht vermöcht’ es all dein Geld.
‘Er hat gescholten mich, geschlagen B,
besiegt hat er mich und beraubt’;
wer diese Meinung in sich nährt,
bei dem hört nicht die Feindschaft
auf.
‘Er hat gescholten mich, geschlagen,
besiegt hat er mich und beraubt’;
wer nicht diesen Gedanken hegt,
denen hört die Feindschaft auf.
Denn nicht durch Feindschaft kann auf Erden
die Feindschaft je besänftigt werden;
durch Freundschaft aber hört sie auf.
Dies ist das ewige Gesetz.“
Nach diesen Worten aber sprach der Bodhisattva: „Ich, o Großkönig, übe keinen Verrat an dir; töte aber du mich“ und legte sein Schwert in dessen Hand. Der König aber schwur gleichfalls einen Eid: „Ich übe keinen Verrat an dir.“ Er begab sich mit ihm in die Stadt, zeigte ihn seinen Ministern und sagte: „Dies ist, sag’ ich, der Prinz Dīghāyu, der Sohn des Königs von Kosala. Er hat mir das Leben geschenkt; man darf ihm nichts mehr tun.“ Nach diesen Worten gab er ihm seine Tochter zur Frau und setzte ihn auf den seinem Vater gehörigen Thron. Von da an führten sie beide einig und einträchtig die Regierung.
Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen, verband er das Jātaka mit folgenden Worten: „Damals waren die Eltern die Angehörigen von Großkönigsfamilien, der Prinz Dīghiti C aber war ich.“
A) Nämlich die Ermahnung der Eltern.; B) Die folgenden drei Strophen sind die Verse 3-5 des Dhammapada.; C) Hier muss Dīghāyu stehen.
[1128] = Dhp 3-6 nach Ñāṇatiloka Mahāthera.
[1129] Gemeint sind Brahmadatta und Dīghavu.
[1130] = Dhp 328 und 329.