Vinaya Pitaka

Culla Vagga 5

V.20. DIE SCHÜSSEL UMKEHREN

Damals war der Licchavier Vaddho mit jenen Mönchen befreundet, die Anhänger von Mettiyo und Bhummajako waren. [20] Der ging zu jenen Mönchen ...und sprach zu ihnen: "Meine Verehrung, ihr Herren." Die gaben keine Antwort. Ein zweites und ein drittes Mal grüßte der Licchavier Vaddho, und wieder antworteten sie nicht. Er fragte: "Habe ich die Herren verletzt, daß sie nicht antworten?" – "Das ist, weil du nicht Partei ergriffen hast, Freund, als wir von dem Maller Dabbo [21] verletzt worden sind" – "Was kann ich da tun?" – "Wenn du willst, dann geh zum Erhabenen und sorge dafür, daß der Maller Dabbo noch heute verbannt wird." – "Wie soll ich das anfangen? Wie kann ich das?" – "Geh zum Erhabenen und sage ihm: 'Herr, das ist nicht recht, das gehört sich nicht, daß diese Gegend, die angstfrei, sicher, unbedrängt sein sollte, voller Schrecken, Unsicherheit und Bedrängnis ist. Wo die Luft ruhig war, da ist jetzt Sturm; es ist, wie wenn das Wasser kocht: Meine Frau ist von dem Maller Dabbo verführt worden!" – "Ist recht, ihr Herren", sprach der Licchavier Vaddho zu den Mönchen, die Anhänger von Mettiyo und Bhummajako waren, ...ging zum Erhabenen, grüßte ihn und sprach, ...wie ihm die Mönche aufgetragen hatten.

 

Da ließ der Erhabene den Orden zusammenkommen und befragte den ehrwürdigen Dabbo, den Maller: "Dabbo, erinnerst du dich, getan zu haben, was dieser Vaddho sagt?" – "Der erhabene Herr kennt mich doch!" Ein zweites und ein drittes Mal stellte der Erhabene seine Frage, und ein zweites und ein drittes Mal antwortete der ehrwürdige Dabbo: "Der erhabene Herr kennt mich doch!" – "Dabbo, Wesen wie ein Dabbo weichen nicht aus: Wenn du es getan hast, dann sag, daß du es getan hast; wenn du es nicht getan hast, dann sag, daß du es nicht getan hast." – "Seit meiner Geburt habe ich nicht einmal im Traum mit geschlechtlichen Dingen zu tun gehabt, wie erst im Wachen!"

 

Da wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Mönche, wegen dieses Vorfalls hat der Orden vor dem Licchavier Vaddho die Almosenschale umzudrehen und keine Almosenspeise mehr von ihm anzunehmen. Vor einem Anhänger, der acht Eigenschaften hat, ist die Almosenschale umzudrehen:

Wenn er darauf hinarbeitet,

  1. daß ein Mönch nichts bekommt,
  2. Nachteil erleidet,
  3. keine Unterkunft erhält,
  4. daß er einen Mönch verleumdet und beschimpft,
  5. daß er Mönche mit anderen Mönchen entzweit,
  6. wenn er vom Vollendeten oder
  7. von der Lehre oder
  8. vom Orden schlecht redet.

 

Ich erlaube euch, Mönche, vor einem Anhänger, der diese acht Eigenschaften hat, die Almosenschale umzudrehen. Und so ist sie umzudrehen: Der Orden soll durch einen erfahrenen, tüchtigen Mönch benachrichtigt werden: 'Ihr Herren, hört mir zu: Der Licchavier Vaddho hat den ehrwürdigen Dabbo, den Maller, grundlos eines Tugendverstoßes beschuldigt; wenn der Orden einverstanden ist, dann soll der Orden vor dem Licchavier Vaddho die Almosenschale umdrehen und keine Almosenspeise mehr von ihm annehmen. Das ist mein Antrag... Wenn der Orden einverstanden ist, so möge er schweigen; wer dagegen ist, sage es." - Der Orden schwieg...

 

Am anderen Morgen erhob sich der ehrwürdige Ānando in der Morgenfrühe, nahm Obergewand und Almosenschale, ging zu Vaddhos Wohnung und sprach: "Der Orden hat vor dir die Almosenschale umgedreht und nimmt keine Almosenspeise mehr von dir an, Freund Vaddho." Als der Licchavier Vaddho begriffen hatte: "Der Orden hat vor mir die Almosenschale umgedreht und nimmt keine Almosenspeise mehr von mir an,…" fiel er in Ohnmacht. Seine Freunde, Vertrauten und Verwandten sprachen zu ihm: "Weine nicht, Vaddho, klage nicht. Wir wollen vom Erhabenen und dem Orden Verzeihung erbitten." - Da begab sich der Licchavier Vaddho mit Frau und Kind, Freunden, Vertrauten und Verwandten zum Erhabenen mit nassen Haaren und nassen Gewändern, [22] fiel dem Erhabenen zu Füßen und sprach: "Ein Vergehen hat mich überkommen wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Taugenichts, daß ich den ehrwürdigen Dabbo, den Maller, ohne jeden Grund eines Tugendverstoßes bezichtigt habe. Der Erhabene wolle meine Beichte dieser Verfehlung als Verfehlung annehmen und das Versprechen, mich künftig zu hüten." – "Da hat dich allerdings ein Vergehen überkommen, Freund Vaddho, wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Taugenichts, daß du den ehrwürdigen Dabbo, den Maller, ohne jeden Grund eines Tugendverstoßes bezichtigt hast. Weil du aber diese Verfehlung als Verfehlung eingesehen hast und nach der Regel offengelegt hast, [23] so nehmen wir das von dir an. Denn, Freund Vaddho, in der Heilswegweisung des Vollendeten gilt es als Fortschritt, eine Verfehlung als Verfehlung einzusehen, sie offenzulegen und sich künftig zu hüten."

 

Dann sprach der Erhabene zu den Mönchen: "Nun, Mönche, laßt den Orden vor dem Licchavier Vaddho die Almosenschale wieder aufrichten und wieder Almosenspeise von ihm annehmen. Vor einem Anhänger, der acht Eigenschaften hat, kann die Almosenschale wieder aufgerichtet werden:

Wenn er nicht darauf hinarbeitet, daß ein Mönch nichts bekommt, Nachteil erleidet, keine Unterkunft erhält, wenn er keinen Mönch verleumdet und beschimpft, wenn er Mönche nicht mit anderen Mönchen entzweit, wenn er nicht vom Vollendeten oder von der Lehre oder vom Orden schlecht redet.

 

Ich erlaube euch, Mönche, die Almosenschale vor einem Anhänger, der diese acht Eigenschaften hat, wieder aufzurichten..."


[20] Das waren zwei der Sechsermönche

[21] Dabbo hatte schon mit sieben Jahren den Heilsstand erreicht und war der allseits beliebte Quartiermeister des Ordens. (vgl. seinen Lebenslauf von Hellmuth Hecker in WW 1981, S. 240 ff.)

[22] Zeichen der Trauer — auch in Todesfällen.

[23] Vaddho hat hier freiwillig die mönchische Beichtformel angewandt, der Erwachte hat es wie von einem Mönch angenommen.


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