Visuddhi Magga I
10. Die in der Reinheit des Lebensunterhalts bestehende Sittlichkeit
(44a) (ājīvapārisuddhi-sīla)
Ājīvapārisuddhisīlaṃ
Was nun die 'in Reinheit des Lebensunterhaltes bestehende Sittlichkeit'
betrifft, die unmittelbar nach der 'in Sinnenzügelung bestehenden Sittlichkeit'
erwähnt wird, so bedeutet darin der Ausdruck "die des Lebensunterhaltes wegen
(begangene Übertretung der) vorgeschriebenen 6 Übungsregeln" folgendes: -
- "Des Lebensunterhaltes wegen, des Lebensunterhaltes willen, in übler
Absicht und von Wünschen überkommen, in fälschlicher, unwahrer Weise, mit
einer übermenschlichen Fähigkeit prahlen: das ist ein 'Pārājika-Vergehen'
(d.i. ein 'mit Ausstoßung verbundenes Vergehen');
- des Lebensunterhaltes wegen, des Lebensunterhaltes willen Kuppelei
ausüben: das ist ein 'Sanghādisesa Vergehen' (d.i. ein 'im Beginn und weiteren
Verlauf Sangha-Akte erforderndes Vergehen');
- daß einer des Lebensunterhaltes wegen, des Lebensunterhaltes willen zu
jemandem sagt, daß der Mönch, der in seinem Kloster wohnt, ein Heiliger sei:
das ist das Vergehen einer schweren Ausschreitung' (thull' accaya);
- wenn der Mönch, ohne krank zu sein, des Lebensunterhaltes wegen, des
Lebensunterhaltes willen, für sich selber auserwählte Speisen bestellt und
davon verzehrt, so ist das ein 'Pācittiya-Vergehen' (d.i. ein 'abzubüßendes
Vergehen');
- wenn die Nonne, ohne krank zu sein, des Lebensunterhaltes wegen, des
Lebensunterhaltes willen, für sich selber auserwählte Speisen bestellt und
davon verzehrt, so ist das ein 'Patidesanīya-Vergehen' (d.i. ein zu
beichtendes Vergehen);
- ohne krank zu sein, des Lebensunterhaltes wegen, des Lebensunterhaltes
willen, für sich Suppe oder Reis zu bestellen und davon zu verzehren: das ist
ein 'Dukkata-Vergehen' (schlechtes Benehmen). (Pariv. p.146.)
(Oben erwähnte Klassen von Ordensvergehen finden sich auch im
Pātimokkha. Über die bei
Sanghādisesa-Vergehen erforderlichen Ordenshandlungen s.
A.II.201)
Das nun sind die sechs vorgeschriebenen Übungsregeln. Und dieser Sechs
Übungsregeln Überschreitung ist hier gemeint.
Über Hinterlist usw. lautet der Palitext (Vibh. p.352f):
(17)
"Was ist da Hinterlist" (kuhanā)? Was da bei einem an Gewinn, Ehre und
Ruhm Hängenden, Übelgesinnten und von Wünschen Überkommenen, bei seinem in
Verweigerung der Bedarfsgegenstände bestehenden Drumherumreden sich an Anordnen,
Festlegen und Zurechtlegen der körperlichen Haltungsweise zeigt, das
Zusammenziehen der Augenbrauen, die Rümpferei, seine Hinterlist, seine
Hinterlisten, seine Hinterlistigkeit: das nennt man Hinterlist.
"Und was ist da "Plappern" (lapanā)? Das Ansprechen der anderen durch
den an Gewinn, Ehre und Ruhm hängenden, Übelgesinnten und von Wünschen
Überkommenen, sein Plappern, Schmusen, sein Übertreiben, äußerstes Übertreiben,
sein Festbinden, völliges Festbinden, Glänzenwollen, äußerstes Glänzenwollen,
seine Schmeichelrede, seine Kriecherei, sein 'Bohnensuppenwesen', seine
Kinderwartung: das nennt man Plappern.
"Und was ist da "Anspielerei" (nemittikatā)? Anspielungen eines
solchen anderen gegenüber, Machen von Anspielungen, Andeutungen, Machen von
Andeutungen, Drumherumreden, einkreisende Rede: das nennt man Anspielerei.
"Und was ist da "Verkleinerungssucht" (nippesikatā)? Das Beschimpfen
der anderen durch einen solchen, sein Verleumden der anderen, Tadeln,
Zurückweisen, äußerstes Zurückweisen, Verhöhnen, äußerstes Verhöhnen,
Anschuldigen, äußerstes Anschuldigen, Schlechtsprechen hinter der anderen
Rücken: das nennt man Verkleinerungssucht.
"Und was ist da das "Gieren nach immer größerem Gewinn" (lābhena lābham
nijigimsanatā)? Der an Gewinn, Ehre und Ruhm Hängende Übelgesinnte und von
den Wünschen Überkommene bringt die hier erhaltene Speise dorthin, und die dort
erhaltene Speise bringt er hierher. Solcherart Sucht, große Sucht, äußerste
Sucht, solches Suchen, großes Suchen, äußerstes Suchen nach immer mehr Speise:
das nennt man Gier nach immer größerem Gewinn."
Die Bedeutung dieser Pali-Stelle aber ist folgendermaßen zu verstehen:
In der Darstellung der Hinterlist bedeutet:
- "An Gewinn, Ehre und Ruhm hängend": an Gaben, Verehrung und gutem Rufe
hängend und danach strebend.
- "Übelgesinnt" (pāpiccha) bedeutet: den Wunsch habend, nicht
vorhandene Tugenden zur Schau zu stellen.
- "Von Wünschen überkommen" bedeutet: von Wünschen bedrückt.
Da nun in Mahā-Niddesa (p. 224f.) die dreifache Grundlage der Hinterlist
überliefert wird, nämlich als Verweigerung der Bedarfsgegenstände, als
Drumherumreden und als verbunden mit der körperlichen Haltungsweise, so wurde,
um auch diese dreifache Grundlage zu erklären, hierauf begonnen mit den Worten:
"Bei seinem in Verweigerung der Bedarfsartikel bestehenden Drumherumreden usw."
Hier nun ist die in "Verweigerung der Bedarfsgegenstände" bestehende
Grundlage der Hinterlist folgendermaßen zu verstehen: Obgleich dem Mönche
Gewänder usw. angeboten werden und er derselben bedarf, verweigert er sie wegen
seiner üblen Gesinnung. Er weiß nämlich, daß die Hausleute ein festes Vertrauen
zu ihm besitzen und denken: 'Oh, wie bedürfnislos der Ehrwürdige ist! Nichts
will er annehmen! Von Segen wäre es für uns, wenn er von uns doch wenigstens
irgend eine Kleinigkeit annehmen möchte!' Und wenn sie ihm darauf in vielerlei
Weise kostbare Gewänder u. dergl. anbieten, dann gebärdet er sich, als ob er
ihnen (mit der Gaben-Annahme) einen Gefallen tut; und infolge seiner Annahme
beschenkt man ihn von da ab geradezu mit ganzen Wagenladungen. Daß er nun zu
diesem Zwecke die anderen in Bewunderung versetzt, das hat man als die in
'Verweigerung der Bedarfsgegenstände' bestehende Grundlage der Hinterlist zu
verstehen.
Im Mahā-Niddesa (p.224) nämlich heißt es:
"Was ist die in Verweigerung der Bedarfsartikel bestehende Grundlage der
Hinterlist? Da warten die Hausleute dem Mönche auf mit Gewand, Almosenspeise,
Lagerstatt und den Arzneimitteln gegen Krankheiten. Und in übler Gesinnung und
von Wünschen überkommen, verweigert er dieselben, obgleich er ihrer bedarf,
und zwar in der Hoffnung noch mehr zu bekommen. Und er sagt: 'Was braucht der
Mönch ein kostbares Gewand? Es geziemt sich, daß der Mönch vom Leichenfelde
oder Kehrrichthaufen oder auf dem Markte weggeworfene Stoffetzen auflese,
daraus ein Gewand anfertige und sich darin kleide. Was braucht der Mönch
kostbare Speisen! Es geziemt sich, daß der Mönch mit den beim Einsammeln
erlangten Almosenbrocken sein Leben friste. Was braucht der Mönch eine
kostbare Lagerstätte! Es geziemt sich, daß der Mönch am Fuße eines Baumes oder
unter freiem Himmel wohne. Was braucht der Mönch kostbare Arzneien für
Krankheiten? Es geziemt sich, daß der Mönch sich aus abgestandenem (Kuh-) Urin
oder zerbröckelten Myrobalanfrüchten eine Arznei herstelle (*). Und darum
trägt er ein rauhes Gewand, genießt rauhe Almosenspeise, bewohnt eine rauhe
Lagerstatt und gebraucht rauhe Arzneimittel gegen Krankheiten. Von ihm nun
nehmen die Hausleute an, daß er ein bedürfnisloser Mönch sei, genügsam,
abgekehrt, der Geselligkeit abhold, voll Tatkraft, ein Lehrer der Askese. Und
mehr und mehr warten ihm die Hausleute mit den Bedarfsgegenständen auf. Er
aber spricht also: 'Angesichts dreier Dinge erzeugt der vertrauensvolle edle
Sohn großes Verdienst, nämlich: angesichts des Vertrauens, angesichts der zu
gebenden Gabe und angesichts der der Gaben Würdigen. Ein solches Vertrauen
aber besitzt ihr, die zu gebende Gabe habt ihr, und der Empfänger bin ich.
Würde ich da die Gaben nicht annehmen, so würdet ihr von dem Verdienst
ausgeschlossen sein. Ich habe kein Bedürfnis nach der Gabe. Doch aus Mitleid
mit euch will ich sie annehmen.' Auf diese Weise erlangt er eine Menge
Gewänder, Almosenspeise, Lagerstatt und Arzneimittel gegen Krankheiten.
Solcherart Zusammenziehen der Augenbrauen und Rümpferei, solche Hinterlist,
solches Hinterlisten, solche Hinterlistigkeit: das nennt man die in
Verweigerung der Bedarfsgegenstände bestehende Grundlage der Hinterlist."
(*) Unmittelbar nach einer Mönchsweihe (upasampadā) wird jedesmal dem
neu aufgenommenen Mönche (bhikkhu) die Mahnung gegeben, daß er
gegebenfalls auf 4 Arten von Grundlagen (nissaya) angewiesen sei und sich
dann damit zu begnügen habe. Diese sind: die Almosenspeise als Nahrung, der Fuß
eines Baumes als Wohnstätte, ein aus gefundenen Fetzen zusammengeflicktes Gewand
und abgestandenen Rinderurin als Arznei. In
A.IV.27 heißt es, daß diese 4
Dinge unscheinbar und leicht zu erlangen, aber untadelhaft seien. Weiteres
s.B.Wtb.: dhutanga. - Rinderurin gilt
übrigens in ganz Indien seit Jahrtausenden als eines der wirksamsten
Universal-Heilmittel.
Daß er, in übler Gesinnung, auf diese oder jene Weise durch seine Worte in
Bewunderung versetzt, in denen er seine Erreichung von übermenschlichen
Fähigkeiten andeutet: das ist als die mit "Drumherumreden" bezeichnete Grundlage
der Hinterlist zu verstehen. Es heißt nämlich (ib.226):
- "Was ist da die mit 'Drumherumreden' bezeichnete Grundlage der Hinterlist?
Da spricht einer in übler Gesinnung und von Wünschen überkommen aus Ehrsucht
Worte, die von dem edlen Gesetz handelt, in der Hoffnung, daß ihn die Leute
verehren möchten. Und er sagt: 'Hochgewaltig ist jener Mönch, der so und so
ein Gewand trägt.' Oder er sagt: 'Hochgewaltig ist jener Mönch, der solcherart
Almosenschale, Metallteller, Wasserfilter, Schüssel, Gürtel oder Sandalen
trägt.' Oder er sagt: 'Hochgewaltig ist jener Mönch, der so und so einen
Berater oder Lehrer hat, der so und so einen Freund, Bekannten, Vertrauten
oder Gefährten unter demselben Berater oder Lehrer hat.' Oder er sagt:
'Hochgewaltig ist der Mönch, der in jenem Kloster wohnt, oder in jener
Halbdachwohnung, jenem Terrassenbau, jenem flachen Bau, jener Höhle, Grotte
oder Hütte, jenem Giebelhaus, jenem Turm, jenem vierstöckigen Turm, jener
Schatzkammer, jener Versammlungshalle, jenem Pavillon, am Fuße jenes Baumes'.
Oder aber, beständig von übler Sucht besessen, wiederholt die Augenbrauen
zusammenziehend, immer hinterlistig und geschwätzig, und für seine bloßen
Worte gepriesen, äußert er solch tiefsinnige, versteckte, subtile, verhüllte,
überweltliche, dem 'Leeren' (d.i. dem Nirwahn) verbundene Reden, als wie: 'Der
und der Mönch hat die und die Errungenschaften friedvoller Zustände gewonnen.'
Solcherart Zusammenziehen der Augenbrauen und Rümpferei, solche Hinterlist,
solches Hinterlisten, solche Hinterlistigkeit: das nennt man die mit
'Drumherumreden' bezeichnete Grundlage der Hinterlist."
- Als die auf die "körperliche Haltungsweise" sich beziehende Grundlage der
Hinterlist hat man bei dem Übelgesinnten sein Inbewunderungversetzen durch die
in ehrsüchtiger Gesinnung eingenommene körperliche Haltungsweise zu verstehen.
Denn es heißt (ib. 225):
- "Was ist die auf die körperliche Haltungsweise sich beziehende Grundlage
der Hinterlist? Da hat der Übelgesinnte und von Wünschen Überkommene, die
ehrsüchtige Gesinnung: 'Ach, möchten mich doch die Leute auf solche oder
solche Weise verehren (Komm: "Ach, möchten sie mich doch als Heiligen
ansehen!")!' Und darum ordnet er seine Haltung beim Gehen und Liegen; voller
Berechnung, und als sei er gesammelt, geht, steht und setzt er sich, legt sich
nieder und scheint auf den ersten Anblick vertieft zu sein. Solcherart
Zusammenziehen der Augenbrauen und Rümpferei, solche Hinterlist, solches
Hinterlisten, solche Hinterlistigkeit: das nennt man die mit 'körperlicher
Haltungsweise' bezeichnete Grundlage der Hinterlist."
- "In Verweigerung der Bedarfsgegenstände bestehend," bedeutet da soviel
wie: 'als Verweigerung der Bedarfsgegenstände bezeichnet' oder 'wegen der
Verweigerung der Bedarfsgegenstände so benannt'.
- "Drumherumreden" bedeutet: das sich annähernde Reden.
- "Körperliche Haltungsweise" bedeutet die vier Körperpositionen.
- "Anordnen" bedeutet: im Anfang ordnen, oder mit völliger Hingebung ordnen.
- "Festlegen" bedeutet die Art des Festlegens.
- "Zurechtlegen" nennt man: schön ordnen, anmutig machen.
- Das "Zusammeneziehen der Augenbrauen" bedeutet: die Augenbrauen
zusammenziehen oder auch den Mund rümpfen (d.i. zusammenziehen), um seine
Wichtigkeit und Überlegenheit zu zeigen.
- Wem aber die Gewohnheit des Rümpfens eignet, der ist ein 'Rümpfer'.
"Rümpferei" aber ist der Zustand des Rümpfers.
- "Hinterlist" will sagen: in Bewunderung versetzen.
- "Hinterlisten" aber ist die Handlung der Hinterlist, und
"Hinterlistigkeit" der Zustand.
- In der Darstellung des Plapperns hat "Ansprechen" folgende Bedeutung:
Sobald der Mönch Leute zu seinem Kloster kommen sieht, spricht er sie gleich
zu Anfang an, etwa in der Weise: 'Zu welchem Zweck seid ihr gekommen, meine
Herren? Etwa, um die Mönchsgemeinde einzuladen? Wenn dem so ist, gehet voraus!
Ich werde meine Almosenschale holen und nachkommen.' Oder er stellt sich vor:
'Ich bin Tissa. Der König ist mir sehr gewogen; auch der und der königliche
Minister ist mir sehr gewogen'; solche sich selber ankündende Rede gilt als
Ansprechen.
- "Plappern" bedeutet die auf Anfragen hin in obiger Weise gemachte
Plapperei.
- "Schmusen" ist hier das freundliche Plaudern des Mönches, der die
Hausleute aus Furcht vor Mißbilligung wiederholt zu Wort kommen läßt.
- "Übertreiben" bedeutet hier: von einem in übertriebener Weise als
mächtigem Gutsherren, mächtigem Schiffsbesitzer oder mächtigem Gabenherrn
reden.
- "Äußerstes Übertreiben" bedeutet: mit seinen Reden einen in jeder Hinsicht
in den Himnlel heben.
- "Festbinden" bedeutet: (zu den Hausleuten sprechen:) 'Anhänger, früher
habt ihr zu dieser Zeit die Erstlingsgaben gegeben; warum gebt ihr jetzt
keine?' Und so lange bindet er sie fest und verwickelt sie, bis sie schießlich
sagen: 'wir werden schon geben, Ehrwürdiger. Wir hatten noch keine Zeit usw.'
Oder, sobald der Mönch einen Mann mit einem Zuckerrohr in der Hand erblickt,
fragt er: 'Wo habt ihr das her, Anhänger?' 'Aus dem Zuckerrohrfelde,
Ehrwürdiger.' 'Sagt, ist das Zuckerrohr dort wohl süß?' 'Ihr möget davon essen
und euch überzeugen, Ehrwürdiger.' 'Nicht, o Hausvater ' geziemt es sich für
einen Mönch zu sagen, daß man ihm Zuckerrohr geben solle.' Solcherart
verwickelndes Gespräch, wodurch der Mönch die anderen verwickelt, das gilt als
'Festbinden'. Einen in jeder Hinsicht wiederholt festbinden gilt als das
"völlige Festbinden".
- Als "Glänzenwollen" bezeichnet man solches sich überhebende
Scheinenwollen, Glänzenwollen, Leuchtenwollen, wie etwa: 'Diese Familie kennt
bloß mich; wenn sie da irgend etwas zu geben haben, geben sie es nur mir.'
Hier ist die Tela-kandarika-Erzählung anzuführen. Wiederholt von jeder Seite
glänzen wollen, gilt als "äußerstes Glänzenwollen".
- "Schmeichelrede" bedeutet: wiederholt liebenswürdige Worte reden, ohne
darauf zu achten, ob diese der Wahrheit und der Lehre entsprechen.
- Als "Kriecherei" gilt selbsterniedrigende Redeweise; beim Reden sich
selber immer tiefer stellen.
- Als "Bohnensuppenwesen" (mugga-sūyatā) gilt der der Bohnensuppe
gleichende Zustand. Wie nämlich beim Kochen der Bohnen irgend eine Bohne nicht
kocht, die übrigen aber alle kochen, so gilt ein Mensch, in dessen Rede
einiges wahr, der Rest aber unwahr ist, als bohnensuppenähnlich; und sein
Wesen gilt als 'Bohnensuppenwesen'.
- "Kinderwartung" ist der Zustand des Kinderwartens. Wer nämlich, wie eine
Amme, die Kinder von den Familien auf seine Hüfte oder seine Schultern nehmend
wartet, d.h. herumträgt, die Handlung eines solchen Wartenden ist das
Kinderwarten; der Zustand des Kinderwartens aber ist die 'Kinderwartung'.
- In der Darstellung der Anspielerei bedeutet "Anspielung" irgend eine
körperliche oder sprachliche Handlung, wodurch man dem anderen ein Zeichen
macht zum Geben von Bedarfsgegenständen. Wenn man sieht, wie die anderen
Mönche Speise erhalten haben und ihres Weges ziehen, und man eine Anspielung
macht, etwa in der Weise: 'Was habt ihr erhalten? usw.' so gilt das als das
"Machen von Anspielungen".
- "Andeutung" ist eine die Bedarfsgegenstände betreffende Bemerkung. Das
"Machen von Andeutungen" besteht darin, daß man Andeutungen macht, um zu
veranlassen, einem z.B. Milch u.dgl. zu geben. Da erblickt der Mönch Kälber
hütende Kuhhirten, und er fragt sie, ob diese Kälber von Milch oder verdünnter
Buttermilch lebten. Und auf die Antwort: 'Von Milch leben sie, o Ehrwürdiger'
sagt er: 'Nein, das sind keine milchtrinkenden Kälber. Würden sie Milch
trinken, so bekämen auch die Mönche Milch usw.' In dieser Weise veranlaßt er
jene Burschen, ihre Eltern davon in Kenntnis zu setzen.
- "Drumherumreden" ist (dem Gegenstand) sich annäherndes Reden. Hier ist die
Geschichte von einem in den Familien verkehrenden Mönche zu erwähnen. Als
derselbe etwas zu essen wünschte, trat er in ein Haus und setzte sich nieder.
Die Hausfrau, die ihn erblickte, aber keine Lust hatte, ihm etwas zu geben,
sprach: "Es ist kein Reis da, Ehrwürdiger", und ging zum Nachbarhaus,
gleichsam als ob sie von dort Reis holen wollte. Der Mönch trat darauf in das
Zimmer ein, und beim Umherspähen bemerkte er in der Ecke hinter der Tür
Zuckerrohr, in einem Gefäße Zucker, in einem Korb Scheiben von Salzfischen, in
einem Topfe Reis, in einem Krug Butteröl. Dann ging er wieder hinaus und
setzte sich. Die Hausfrau kam nun zurück und sagte, daß sie keinen Reis
bekommen habe. Der Mönch aber sprach: "Anhängerin, ich habe bereits ein
Vorzeichen gesehen, daß mir heute kein Almosen zufallen wird." "Wieso denn,
Ehrwürdiger?" "Ich sah da eine Schlange, die aussah wie das in der Türecke
liegende Zuckerrohr. Als ich sie erschlagen wollte und mich umsah, bemerkte
ich einen Stein, der aussah wie der im Topfe aufbewahrte Zuckerklumpen. Als
ich nach der Schlange schlug, breitete sie ihren Hut aus, der aussah wie die
in dem Korb aufbewahrten Scheiben von Salzfischen. Als sie in den Stein beißen
wollte, bemerkte ich ihre Zähne, die aussahen wie der in dem Topf befindliche
Reis. Als sie in Wut geriet, bemerkte ich den aus ihrem Rachen heraustretenden
giftgemischten Speichel, der aussah wie das in dem Kruge aufbewahrte
Butteröl." Da nun die Frau sah, daß sie dem Kahlkopf nichts weismachen konnte,
gab sie ihm vom Zuckerrohr, kochte Reis und gab ihm alles und jedes, Butteröl,
Zucker und Fische. Solches (dem Gegenstand) sich annäherndes Reden hat man als
das 'Drumherumreden' zu verstehen.
- "Einkreisende Rede" bedeutet: solange mit seinen Reden einkreisen, bis man
etwas erhält.
- In der Darstellung der Verkleinerungssucht bedeutet "Beschimpfen" auf
zehnfache Weise beschimpfen. (Im Komm. zu Dhp. 21-23 werden diese 10
Beschimpfungen angeführt, nämlich: daß einer ein Dieb sei, oder Einfalt, Narr,
Kamel, Ochs, Esel, Teufel oder Bestie, daß es für ihn keine Erlösung gebe,
oder daß ihn ein übles Schicksal erwarte.)
- "Schmähen" ist: in verletzender Weise reden.
- "Tadeln" bedeutet hier: einem anderen Fehler zuschreiben, etwa in der
Weise, daß man ihn einen Menschen ohne Vertrauen und Glauben u.dergl. nennt.
- Als "Abweisen" gilt es, wenn man einen zurückweicht mit den Worten:
'Sprich nicht darüber!' "Äußerstes Abweisen bedeutet: einen zurückweisen,
indem man auf allen Seiten einen Grund und eine Ursache findet. Oder: als
'Abweisung' gilt es, wenn man, sobald man sieht, daß einer nichts gibt, man
ihn zurückweist mit den Worten: 'Ja, ja, solch ein Herr der Gaben!' Und ihn
gründlich zurückweisen, etwa: 'Ja, solch ein mächtiger Herr der Gaben!', das
gilt als "äußerstes Abweisen".
- Als "Verhöhnen" gilt es ' wenn man einen verhöhnt, etwa in den Worten:
'Was für ein Leben für einen solchen Mann, der von den Keimen (seiner Werke)
zehrt.' "Äußerstes Verhöhnen" bedeutet noch stärkere Verhöhnung, etwa: 'Wie!
Nennt ihr diesen auch einen Nichtgeber, der doch beständig allen die Worte zu
hören gibt: 'Es ist nichts da'?'
- "Anklagen" bedeutet hier: einen anklagen, daß er kein Almosengeber sei,
daß er tadelnswert sei. "Äußerstes Anklagen" bedeutet: einen in jeder Hinsicht
anklagen.
- "Verbreiten von Tadel" bedeutet: von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf, von
Landstrich zu Landstrich über einen Menschen Tadel verbreiten, in dem
Gedanken, daß er aus Furcht vor Tadel einem etwas geben werde.
- "Hinter der anderen Rücken schlecht sprechen" (eigentlich 'den andern ins
Rückenfleisch beißen') bedeutet: vor einem Menschen süße Worte reden und
hinter seinem Rücken ihn tadeln. Weil nämlich die Rede eines solchen, der den
anderen nicht ins Gesicht schauen kann, gerade so ist als ob er ihnen von
hinten in das Rückenfleisch bisse, darum sagt man: 'dem anderen ins
Rückenfleisch beißen (parapitthimamsikatā, das englische 'backbiting'
deckt sich vollkommen mit diesem Begriff).
- "Dies nennt man Verkleinerungssucht" heißt: weil man dadurch den Vorzug
der anderen abkratzt, abschabt, gerade wie mit dem Bambuskratzer die Salbe;
oder weil man, in der Sucht nach Gewinn, die Tugenden der anderen zerstückelt
und zerstampft, gerade wie man durch Zerreiben von wohlriechenden Stoffen
Riechpulver zu gewinnen sucht - darum nennt man dies 'Verkleinerungssucht'.
- In der Darstellung des "Gierens nach immer größerem Gewinn" bedeutet
"Gieren" das Aufspüren. "Hier erlangt" bedeutet: in diesem Hause erhalten.
"dort" bedeutet: in jenem Hause. "Sucht" bedeutet: Wünschen; "Aufsuchen"
bedeutet: Aufspüren; "Herumsucherei" bedeutet: wiederholtes Herumspüren. Hier
ist die Geschichte von dem Mönche zu erwähnen, der alles, was er von Anfang an
erhielt, an die Kinder der Familien weggab, dann aber, als er zuletzt
Milchbrei erhielt, fort ging. 'Suchen' usw. sind bloße Synonyme von 'Sucht'
usw. 'Suchen' ist dasselbe wie Sucht, 'Aufsuchen' dasselbe wie, 'Aufsucherei'
und, 'Herumsuchen' dasselbe wie 'Herumsucherei'. So ist hier der Zusammenhang
zu verstehen, - Dies ist die Erklärung von Hinterlist usw.
- Hier hat man in dem Ausdrucke "solch üblen
Zustände usw." die Zusammenfassung der zahlreichen üblen Zustände zu
verstehen, die in der 'Rede vom Brahmanetz' (D.1)
erwähnt werden, in den Worten: "Gleichwie da einige Asketen und Priester,
während sie die aus Vertrauen gegebenen Speisen genießen, sich ihren
Lebensunterhalt durch verkehrte Lebensweise erwerben, nämlich durch solcherart
niedrige Künste wie Wahrsagen aus den Körperteilen, Zeichendeutung,
Prophezeiung aus Naturereignissen (wie Sternschnuppen, Erdbeben usw.),
Traumdeutung, Wahrsagen aus Körpermerkmalen, Wahrsagen aus Mäusefraß (aus
angefressenen Stellen in Kleidern usw.), Feueropfer, Löffelopfer usw."
- Somit kommt also der schlechte Lebensunterhalt zustande durch die des
Lebensunterhaltes wegen begangene Übertretung der sechs Übungsregeln, sowie
durch die üblen Zustände, wie Hinterlist, Plappern, Anspielerei,
Verkleinerungssucht, Gieren nach immer größerem Gewinn usw. Darum gilt das
Abstehen von jederart solchen schlechten Lebensunterhaltes als die 'in
Reinheit des Lebensunterhaltes bestehende Sittlichkeit'. Hier nun ist dies die
Worterklärung: "Lebensunterhalt" ist dasjenige, aufgrund dessen man lebt. Und
worin besteht derselbe? Er besteht in der als das Suchen nach den
Bedarfsgegenständen geltenden Anstrengung.