maranānussati

'Betrachtung über den Tod', bildet eine der 10 Betrachtungen (siehe anussati).

»Die Betrachtung über den Tod, entfaltet und häufig geübt, bringt hohen Lohn und Segen, hat die Todlosigkeit zum Ziele und Ausgange. Wie aber wird solche Betrachtung entfaltet?

»Sobald der Tag zur Neige geht, oder die Nacht entweicht und der Tag anbricht, da denkt der Mönch bei sich: 'Wahrlich, viele Möglichkeiten zum Sterben bestehen für mich: es möchte mich eine Schlange beißen oder ein Skorpion oder Hundertfuß stechen, und dabei möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis. Oder ich möchte straucheln und hinfallen, oder die genossene Speise möchte mir schlecht bekommen, oder Galle, Schleim und stechende Gase möchten erregt werden, oder Menschen oder Unholde möchten mich anfallen. Und dabei möchte ich ums Leben kommen. Das aber wäre für mich ein Hindernis.' Da hat der Mönch also bei sich zu erwägen: 'Finden sich in mir wohl noch unüberwundene üble, unheilsame Dinge, die mir, wenn ich heute bei Tag oder bei Nacht sterben sollte, zum Schaden gereichen könnten?' Wenn er nun erkennt, daß dies der Fall ist, so hat er eben äußersten Willensentschluß, Tatkraft, Streben, Ausdauer, Standhaftigkeit, Achtsamkeit und Geistesklarheit an den Tag zu legen, um diese üblen, unheilsamen Dinge zu überwinden.« (A.VIII.74).

In Vis. VIII heißt es: »Wer diese Übung zu entfalten wünscht, begebe sich in die Einsamkeit, und abgeschieden stelle er in gründlicher Weise die Erwägung an: 'Einst wird kommen der Tod; die Lebenskraft wird versiegen!'; oder: 'Sterben muß ich! Sterben muß ich!' Wer nämlich die Erwägung nicht gründlich anstellt, dem steigt Kummer auf, sobald er über den Tod geliebter Menschen nachsinnt, genau wie der leiblichen Mutter, wenn sie an den Tod ihres Kindes denkt; und beim Nachsinnen über den Tod unliebsamer Menschen steigt ihm Freude auf, genau wie den Feinden, wenn sie an den Tod ihres Feindes denken; beim Nachsinnen über den Tod eines ihm gleichgültigen Menschen aber kommt es zu keiner Ergriffenheit, genau so wenig wie in dem Leichenverbrenner beim Anblick einer Leiche; und beim Nachsinnen über den eigenen Tod steigt ihm Entsetzen auf, genau wie der einen Mörder mit gezücktem Schwerte Erblickende von Entsetzen ergriffen wird . . . So möge man denn, wenn man hier oder da Erschlagene oder andere Tote erblickt, nachsinnen über den Tod von solchen verstorbenen Wesen, die einst im Glücke gelebt haben, und möge die Achtsamkeit, Ergriffenheit und Einsicht anspornen und in den Worten 'Eintreten wird der Tod usw.' die Erwägung anstellen . . . Nur in dem, der die Betrachtung so anstellt, werden die Hemmungen (siehe nīvarana) zurückgedrängt, und infolge der Vorstellung des Todes festigt sich die Achtsamkeit und die geistige Übung erreicht die 'Angrenzende Stufe' (siehe upacāra-samādhi)«.

Auch in der folgenden Weise mag man nach dem Vis. über den Tod nachdenken: -man betrachte ihn wie einen vor einem stehenden Mörder mit gezücktem Schwerte, sage sich, daß alles Glück mit dem Tode endet, daß selber die mächtigsten Wesen des Himmels und der Erde dem Tode unterworfen sind, daß wir diesen Körper mit den darin hausenden unzähligen Würmern und anderen Lebewesen teilen müssen, daß dieses Leben etwas von Ein- und Ausatmung Abhängiges und daran Gebundenes ist, und daß das Leben nur solange funktioniert als die Elemente, Nahrung und Atmung usw. richtig funktionieren; daß man nicht weiß, wann, wo und woran man sterben wird und was für ein Schicksal einen nach dem Tode erwartet; daß das Leben gar kurz und begrenzt ist. Wie es heißt:

»Gar kurz ist das Leben der Menschen, begrenzt, flüchtig, voller Leiden und Qualen - wie ein bei Sonnenaufgang schnell zergehender Tautropfen . . . wie eine Wasserblase . . . wie eine im Wasser gezogene Furche . . . wie der alles mit sich reißende nie stillstehende Gebirgsstrom . . . wie das stets den Tod vor Augen habende Schlachtvieh« (A.VIII.70; ferner ib.73).

»Der Mönch, der dieser Betrachtung über den Tod hingegeben ist, ist allzeit unermüdlich, erreicht hinsichtlich aller Daseinsformen die Vorstellung der Begehrlosigkeit, verliert die Begierde zum Leben, verabscheut das Böse, speichert nichts auf, ist hinsichtlich der Bedarfsartikel frei vom Schmutze des Geizes, die Vorstellung der Vergänglichkeit wird ihm vertraut; und während er diese noch weiter verfolgt, wird ihm die Vorstellung des Leidens und der Unpersönlichkeit gewärtig . . . Frei von Furcht und Verstörung scheidet er ab beim Tode, und sollte er nicht schon bei Lebzeiten das Todlose (das Nirwahn) erreichen, so ist ihm doch beim Zerfall des Leibes eine glückliche Daseinsfährte beschieden.« (Vis. VIII).


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