Ein Beitrag zur Auslegung des Satipatthāna Sutta
IM Mahāparinibbānasutta
Nachwort zur vorstehenden Untersuchung
Leer ist die Welt. Diese Erkenntnis gewann ich aus der Beschäftigung mit dem Buddhismus, genauer: aus dem Studium der im Pali-Kanon überlieferten Worte Buddhas. Dabei fand ich, daß Buddha und seine großen Jünger unter Leerheit etwas ganz anderes verstanden als die 4 oder 5 Jahrhunderte später lebenden Philosophen des Mahāyana, aber auch etwas anderes als jene Theravadins, die, vermutlich um dieselbe Zeit, die Leerheits-Suttas des Majjhima-Nikaya verfaßten. Den ursprünglichen Sinn der Leerheit fand ich in der von Buddha gebilligten Erklärung Kaccānas, deren Bedeutung seit vielen Jahrhunderten in Vergessenheit geraten war. Auch den abendländischen Forschern war sie bisher entgangen. Als ich sie gefunden hatte, brachte ich sie zunächst den Buddhisten in Ceylon zur Kenntnis, wo mein Aufsatz im Mai 1948 zugleich in singhalesischer und in englischer Sprache erschien. Jetzt lege ich das Ergebnis den deutschen Lesern zur Prüfung vor.
Wie die asiatischen Buddhisten, so halten auch die meisten Freunde des Buddhismus in Europa alles, was im Pali-Kanon steht, unterschiedslos für echtes Buddhawort, obwohl europäische Gelehrte schon wiederholt Zweifel an der Echtheit mancher Stellen geäußert haben. Ich glaube, daß es zum rechten Verständnis der Buddhalehre beiträgt, hier das Echte und Ursprüngliche von späteren Zusätzen zu scheiden. Ist denn nicht das, was der große Meister gelehrt hat, unermeßlich viel wertvoller als die Zutaten der Epigonen? Dieser Unterscheidung dienen meine textkritischen Untersuchungen über die Jhanas, die drei Welten, über Buddha und die Frauen und über das Mahāparinibbānasutta. Ferner versuche ich, die Meinungsverschiedenheiten über die Anattālehre zu überbrücken und die Frage der "Unpersönlichkeit" zu klären. Als Einleitung, besonders für diejenigen Leser, die noch nicht viel vom Buddhismus wissen, gebe ich einen Vortrag wieder, den ich im November 1922 in der Schopenhauer-Gesellschaft zu Dresden gehalten habe. Aus der Rücksicht auf die damaligen Zuhörer erklärt es sich, daß ich darin Schopenhauer so häufig zitiert habe. Er verdient aber auch, von Buddhisten geschätzt zu werden, ebenso wie Kant, mit dem ich diese Sammlung buddhistischer Studien abschließe.
Kurt Schmidt