Auszüge aus dem Mahā-Niddesa

Zu Sutta Nipata Vers 775

 

Kurz, wahrlich, ist dieses Leben!

 

Aus zwei Gründen ist das Leben ,kurz' (zu nennen): wegen der Begrenztheit seiner Dauer und wegen der Begrenztheit seiner Grundbeschaffenheit.

            Inwiefern ist das Leben kurz wegen der Begrenztheit seiner Dauer?

 

Leben und Ichform, jedes Glücke und Leid,
In einem Geistmoment nur sind sie da;
Gar schnell geht der Moment dahin.
Auch jene Götter, deren Leben dauert
Gar vierundachtzig tausend Kalpen,
Selbst sie erleben nicht einmal,
Die Einigung von zwei Momenten.
Die Daseinsgruppen, welche schwinden
Im Tod und während dieses Lebens,
Darin sind alle diese Gruppen gleich:
Dahingegangen sind sie ohne Wiederkehr.
Die eben jetzt Zerfall ereilt hat
Und die in ferner Zukunft schwinden,
Im Augenblick nach ihrem Hingang
Kein Unterschied besteht dann mehr.
Nicht wird aus Unentstandenem man geboren;
Es ist die Gegenwart, in der man lebt.
Zerbricht Bewußtsein, dann stirbt auch die Welt;
Im höchsten Sinne stellt es so sich dar.
Wie ihr Gefälle, sich in Willens-Richtung senkend,
So ist der Ablauf jener Geistmomente.
In ungebrochener Folge gehen sie dahin,
Bedingt vom sechsfachen Gebiet der Sinne.
Unaufgespeichert lösen sie sich auf
Und bilden keine Häufung in der Zukunft auch.
Entstanden, dauern sie nicht länger,
Als sich ein Senfkorn hält auf Pfeiles Spitze.
Den Dingen allen steht Zerfall bevor,
Die zum Entstehen sind gelangt.
Zerfall-geweihte Dinge sind es, die bestehen;
Mit früheren sind sie unvermischt.
Aus Ungesehenem kommen sie hervor,
Ins Ungesehene gehen sie zerbrechend.
Gleichwie der Blitz am Himmel zuckt,
Entstehen und vergehen die Dinge.

 

In diesem Sinne ist das Leben kurz wegen der Begrenztheit seiner Dauer.

 

Wie nun ist das Leben kurz wegen der Begrenztheit seiner Grundbeschaffenheit?

In diesem Sinne ist das Leben kurz wegen der Begrenztheit seiner Grund­beschaffenheit.

 

 

Nachbemerkung: Die obigen Verse finden sich z.T. auch in Buddhaghosas "Reinheits-Pfad" (Visuddhi-Magga) und zwar Vers 1-5, 7-9 in Teil 20 und Vers 1-3 in Teil 8 dieses Werkes. -

 

Der letzte Prosa-Abschnitt enthält einige der in der Abhidhamma-Literatur enthaltenen 24 Bedingtheits-Formen (paccaya), und zwar

Unsere Stelle mag entweder ein Hinweis hierauf oder, was wahrscheinlicher ist, eine Keimzelle für die spätere Ausarbeitung dieser 24 Bedingungs-Formen sein.


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