(Diese Sutte findet sich in M. 92: ferner v. 548-567 in den 'Liedern der Mönche' (v. 818-841). Dort finden sich auch noch weitere Sela zugeschriebene Verse. - Vers 570 - 572 = 545 - 546.)
So habe ich gehört. Als sich einst der Erhabene auf der Wanderschaft im Lande der Anguttarāper* befand, zusammen mit einer großen Mönchsschar, mit zwölfhundert und fünfzig Mönchen, da kam er nach Āpana, einer Ortschaft der Anguttarāper.
*(Anguttarāper (ang'uttar'āpesu); d.i. jener Teil des Anga-Stammes der 'nördlich des Flusses', nämlich des im K Maha-Mahī genannten Ganges-Armes lebte.)
Da hörte Kéniya, der Flechtenträger: "Jener Asket, der Herr Gotama, der Sakyersohn, der aus dem Geschlecht der Sakyer in die Hauslosigkeit zog, er befindet sich auf der Wanderung im Lande der Anguttarāper und ist nun nach Āpana gekommen zusammen mit einer großen Mönchsschar, mit zwölfhundert und fünfzig Mönchen. Über diesen Herrn Gotama nun hat sich solch hoher Ruhmesruf erhoben: 'Dies, wahrlich, ist der Erhabene, der Heilige, der Vollkommen Erwachte, der in Wissen und Wandel Vollendete, der Gesegnete, der Kenner der Welt, der unvergleichliche Lenker zu zähmender Menschen, der Erwachte, der Erhabene! Er zeigt diese Welt mit ihrer Schar von himmlischen Geistern, von Māra- und Brahma-Göttern, von Asketen und Brahmanen, mit all ihren Göttern und Menschen, nachdem er sie selber erkannt und erfahren hat. Er legt die Lehre dar in ihrem Sinn und ihrem Wortlaut, die am Anfang vorzügliche, in der Mitte vorzügliche und am Ende vorzügliche. Den ganz vollendeten, völlig geläuterten Heiligen Wandel kündet er. Gut, wahrlich, ist der Anblick solcher Heiligen!'"
Da begab sich Kéniya, der Flechtenträger, zum Erhabenen, und bei ihm angelangt, setzte er sich nach Austausch höflicher, freundlicher Begrüßung zur Seite nieder. Der Erhabene nun unterwies Kéniya, den Flechtenträger, durch ein Lehrgespräch, ermahnte ihn, regte ihn an, erfreute ihn. Und Kéniya, der Flechtenträger, durch das Lehrgespräch des Erhabenen unterwiesen, ermahnt, angeregt und erfreut, sprach zum Erhabenen also: "Zusagen möge mir Herr Gotama das morgige Mahl, zusammen mit der Mönchsgemeinde!" Nach diesen Worten sprach der Erhabene zu Kéniya, dem Flechtenträger: "Groß, o Kéniya, ist die Mönchsgemeinde, es sind zwölfhundert und fünfzig Mönche. Du aber bist den Brahmanen ergeben!" Doch auch ein zweites Mal sprach Kéniya, der Flechtenträger: "Wenn auch, Herr Gotama, die Mönchsschar groß ist, es zwölfhundert und fünfzig Mönche sind, und wenn ich auch den Brahmanen ergeben bin, - zusagen möge mir Herr Gotama das morgige Mahl zusammen mit der Mönchsgemeinde!" Und noch ein zweites Mal sprach zu ihm der Erhabene in gleicher Weise, und auch zum dritten Mal erwiderte Kéniya, der Flechtenträger, mit den selben Worten. Schweigend sagte nun der Erhabene zu.
Der Zusage des Erhabenen gewiß, erhob sich Kéniya, der Flechtenträger, von seinem Sitze und begab sich zu seiner Klause. Dort wandte er sich an seine Freunde und Genossen, Angehörige und Blutsverwandte: "Höret mich, liebe Freunde und Genossen, Angehörige und Blutsverwandte! Der Asket Gotama ward von mir für morgen zum Mahl geladen, zusammen mit seiner Mönchsschar. Wollet mir dabei Eure Hilfe geben!" - "Gewiß, Herr!", antworteten die Freunde und Genossen, Angehörigen und Blutsverwandten dem Flechtenträger Kéniya. Einige gruben nun Feuerstellen, einige spalteten Holz, einige wuschen die Gefäße, andere stellten den Wassertopf auf, wieder andere bereiteten die Sitze und der Flechtenträger Kéniya selber machte das Rund-Zelt zurecht.
Zu dieser Zeit nun war in Āpana der Brahmane Sela ansässig, ein Meister der drei Veden in ihrem Wortschatz und Metrik, in Lautkunde und Wortzerlegung, der Vorzeit Sage als fünftes meisternd. Ein Textkenner und Grammatiker war er, nicht unerfahren auch in den Theorien über die Natur und in der Wissenschaft von den Merkmalen eines Hohen Menschen. Dreihundert jungen Brahmanen lehrte er die vedischen Sprüche. Diesem Brahmanen Sela war damals der Flechtenträger Kéniya sehr ergeben. Als nun der Brahmane Sela, umgeben von seinen dreihundert Schülern, sich auf einem Spaziergang erging, kam er auch zur Klause des Flechtenträgers Kéniya. Und er sah, wie da bei der Klause Kéniya's die verschiedenen Arbeiten verrichtet wurden. Als er dies gesehen, sprach er zum Flechtenträger Kéniya also: "Soll da wohl beim Herrn Kéniya eine Sohnes-Hochzeit stattfinden oder eine Tochter-Hochzeit? Oder wird ein großes Opfer vorbereitet, oder ist vielleicht der König von Māgadha, Seniya Bimbisāra, für morgen zum Mahle geladen, samt seiner Heeresmacht?" - "Nicht wird bei mir, o Sela, Sohnes-Hochzeit sein oder Tochter-Hochzeit. Nicht ist der König von Māgadha, Seniya Bimbisāra, für morgen zum Mahle geladen, samt seiner Heeresmacht. Doch es wird allerdings ein großes Opfer vorbereitet: "Der Asket Gotama, der Sakyersohn, . . . ist nach Āpana gekommen. Über diesen Herrn Gotama nun hat sich solch hoher Ruhmesruf erhoben: 'Dies, wahrlich, ist . . . der Erwachte, der Erhabene!' Er ist es, der von mir für morgen zum Mahle geladen ward, samt seiner Mönchsschar."
Da dachte der Brahmane Sela: ",Der Erwachte', - ein Klang ist dies, den man selten hört in der Welt! Es finden sich in unseren Sprüchen zweiunddreißig Merkmale eines Hohen Menschen. Ist er mit ihnen versehen, dann gibt es für ihn nur zwei Fährten, keine anderen: "Wenn er im Hausleben bleibt, wird er ein König werden. ein Weltherrscher, ein gerechter Gesetzesfürst, ein Sieger bis zu den vier Enden der Welt, der Sicherheit erlangte für sein Land, der im Besitz ist der sieben Juwelen. Dies nun sind diese sieben Juwelen: das Rad-Juwel, das Elefanten-Juwel, das Roß-Juwel, das Edelstein-Juwel, das Frauen-Juwel, das Bürger-Juwel und das Juwel eines Staatsmannes. Mehr als tausend Söhne wird er haben, Helden, mit mächtigem Körperbau, Vernichter der feindlichen Heere. Diese meerumgürtete Erde wird er ohne Gewalt und Waffe, nur durch das Recht beherrschen. Wenn er aber aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht, wird er ein Heiliger sein, ein Vollkommen Erwachter, einer, der von der Welt die Hülle wegzieht." Nach solchen Gedanken wandte er sich an Kéniya: "Wo, verehrter Kéniya, weilt nun dieser Herr Gotama, der Heilige, Vollkommen Erwachte?" Auf diese Worte streckte der Flechtenträger Kéniya seinen rechten Arm aus und sprach zum Brahmanen Sela: "Dort, o Sela, wo der dunkle Waldsaum ist!"
Da machte sich der Brahmane Sela mit seinen dreihundert Schülern auf den Weg
zum Erhabenen. Zu seinen Schülern aber sprach er also: "Geräuschlos wollet euch
nähern, Verehrte, Schritt für Schritt setzend; denn schwer zugänglich sind diese
Erhabenen, wie einsam wandernde Löwen. Und wenn ich dann mit dem Erhabenen
spreche, so möget ihr nicht die Unterredung unterbrechen, das Ende des
Gespräches wollet abwarten, Verehrte!" Darauf näherte sich Sela, der Brahmane,
dem Erhabenen, und nach Austausch höflicher, freundlicher Begrüßung setzte er
sich zur Seite nieder. Während Sela, der Brahmane so zur Seite saß, forschte er
am Körper des Erhabenen nach den zweiunddreißig Merkmalen eines Hohen Menschen.
Und es sah der Brahmane Sela am Körper des Erhabenen die zweiunddreißig Merkmale
eines Hohen Menschen, mit Ausnahme zweier. Hinsichtlich dieser zwei aber war er
unsicher und im Zweifel, hatte er keine Gewißheit, keine Klarheit, nämlich
hinsichtlich des Schamglieds verborgen in der Vorhaut und hinsichtlich der
großen Zunge. Da dachte der Erhabene bei sich: "Jener Brahmane Sela sieht an mir
die zweiunddreißig Merkmale eines Hohen Menschen, mit Ausnahme zweier.
Hinsichtlich dieser zwei ist er unsicher und im Zweifel, hat er keine Gewißheit,
keine Klarheit, nämlich hinsichtlich des Schamglieds verborgen in der Vorhaut
und hinsichtlich der großen Zunge." Und der Erhabene ließ nun eine solche
magische Erscheinung entstehen, daß der Brahmane Sela des Erhabenen Schamglied
sah, verborgen in der Vorhaut. Und der Erhabene streckte seine Zunge aus und
berührte mit ihr beide Ohren, berührte mit ihr beide Nasenöffnungen und bedeckte
mit ihr auch die ganze Stirnwölbung. Da nun dachte der Brahmane Sela: "Versehen
ist der Asket Gotama mit den zweiunddreißig Merkmalen eines Hohen Menschen,
vollständig, nicht unvollständig, doch nicht weiß ich, ob er ein Erwachter ist
oder nicht. Ich habe es nun sagen hören von greisen, bejahrten Brahmanen, von
Lehrern und Lehrerslehrern: die da Heilige und Vollkommen Erwachte sind, wenn
ihr Lob gesprochen wird, geben sie sich zu erkennen. Sollte ich nun nicht in
Gegenwart des Asketen Gotama ihn in geeigneten Versen preisen?" Und es pries der
Brahmane Sela den Erhabenen in seiner Gegenwart mit diesen geeigneten Versen:
549
550
551
552
553
554 DER ERHABENE
555 SELA
* Der Sāri Sohn d.i. Sāriputta, neben Mahā-Moggallāna ein Hauptjünger Buddhas.
558
559
560
561
562 SELA
563
*Aus niederm Stamm (kanhābhijātiko); wtl.: von den Dunklen abstammend, d.h. von den dunkleren, drawidischen Ureinwohnern Indiens.
564
565 (DIE JÜNGER SELAS)
566 (SELA)
567 DER ERHABENE
Und es erhielt Sela, der Brahmane, samt seiner Schar, vom Erhabenen die Weihe
der Weltabkehr, erhielt die volle Ordensweihe.
Der Flechtenträger Kéniya jedoch ließ, nachdem diese Nacht verstrichen war, in seiner Klause erlesene Speise vorbereiten und sandte dann zum Erhabenen, um ihm die Zeit anzukünden: "Zeit ist es, Herr Gotama! Bereit ist das Mahl." Der Erhabene nun hatte sich am Morgen angekleidet und, mit Schale und Gewand versehen, begab er sich zur Klause Kéniyas, des Flechtenträgers. Dort angelangt, setzte er sich mit der Mönchsgemeinde auf den bereiteten Sitzen nieder. Und der Flechtenträger Kéniya versah und bediente mit erlesener Speise eigenhändig die Mönchsgemeinde, mit dem Buddha zu Häupten. Als der Erhabene gespeist und die Hand von der Schale zurückgezogen hatte, nahm Kéniya einen der niedrigen Sitze und setzte sich zur Seite nieder. Darauf dankte der Erhabene dem Flechtenträger Kéniya mit diesen Versen:
560 (DER ERHABENE)
569
Nachdem der Erhabene dem Flechtenträger Kéniya mit diesen Worten gedankt
hatte, erhob er sich von seinem Sitz und entfernte sich.
Der Ehrwürdige Sela aber, samt seinen Schülern, weilte einsam, abgesondert,
unermüdlich, eifrig und entschlossen. Jenes Ziel, um dessentwillen Söhne aus
edler Familie gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehen, - diese
höchste Vollendung des Heiligen Wandels hatten sie schon nach, kurzer Zeit, bei
Lebzeiten noch, selber erkannt, durchschaut und verwirklicht: "Versiegt ist
Wiedergeburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres
bleibt nach diesem hier!" - so hatten sie erkannt. So waren auch der Ehrwürdige
Sela, samt seiner Schar, Heilige geworden.
Darauf begab sich der Ehrwürdige Sela mit seinen Schülern zum Erhabenen,
ordnete das Gewand über eine Schulter, faltete zum Erhabenen hin verehrend die
Hände und redete ihn mit diesen Versen an:
570 (SELA)
571
572