UDĀNA

V. KAPITEL: SONO

Ud.V.1. DER KÖNIG

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī. Zu der Zeit war König Pasenadi von Kosalo mit Königin Mallikā hinaufgestiegen auf die Terrasse des königlichen Palastes. Dort sprach König Pasenadi zu Königin Mallikā: "Gibt es eigentlich für dich etwas, das dir lieber wäre als das eigene Selbst, Mallikā?" - "Für mich gibt es nichts, das mir lieber wäre als das eigene Selbst, großer König. gibt es denn für dich etwas, das dir lieber wäre als das eigene Selbst?" - "Auch für mich gibt es nichts, das mir lieber wäre als das eigene Selbst, Mallikā." Da erhob sich König Pasenadi und begab sich zum Erhabenen, grüßte den Erhabenen ehrerbietig, setzte sich seitwärts und berichtete das ganze Gespräch.

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Wer im Gemüt die ganze Welt durchwandert
er findet nichts, was er mehr als sein Selbst liebt.
Genauso lieben alle auch ihr Selbst.
Verletz' drum keinen - du liebst auch dein Selbst!" [62]

 (siehe S.3.8)


[62] Der Buddha geht stets vom Erleben aus. Der Nicht-Geheilte, auch wenn er im Geist die dritte Verstrickung - "Glaube an Persönlichkeit" - aufgelöst hat, ist aber noch lange in die achte Verstrickung verstrickt - "Ich-Bin-Empfinden" - als ob da ein Ich wäre. Wer die Lehre nicht kennt, weiß nicht einmal von dieser achten Verstrickung. So kann der Buddha hier das "Ich-Bin-Empfinden" unbefangen als Ansatzpunkt für Mitempfinden benutzen.


Ud.V.2. KURZLEBIG

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī. Zu der Zeit erhob sich der ehrwürdige Ānando aus seiner Abgeschiedenheit und begab sich zum Erhabenen, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen: "Es ist doch verwunderlich, es ist doch erstaunlich, wie kurzlebig die Mutter des Erhabenen war: Sieben Tage nach der Geburt des Erhabenen ist die Mutter des Erhabenen gestorben und im Himmel der Stillzufriedenen wiedererschienen." - "So ist es, Ānando. Kurzlebig sind die Mütter der Erwachungswesen.[63] Sieben Tage nach der Geburt des Erwachungswesens sterben die Mütter eines Erwachungswesens und erscheinen im Himmel der Stillzufriedenen wieder."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Was immer auch geboren wird an Wesen:
sie alle müssen geh'n, den Leib verlassen.
Wer taugt zum Heil: all den Verfall vor Augen,
mag er den Brahmawandel inniger führen."


[63] bodhi-satta. Wäre, wie manche Schulen Jahrhunderte nach dem Buddha lehrten, jeder Mensch ein Bodhisatta, dann würden alle Mütter sieben Tage nach der Entbindung sterben.


Ud.V.3. SUPPABUDDHO, DER AUSSÄTZIGE

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene bei Rājagaha im Bambuspark am Futterplatz der Eichhörnchen. Damals lebte in Rājagaha der Aussätzige Suppabuddho, ein armer, elender, unglücklicher Mensch. Da saß einmal der Erhabene vor einer großen Versammlung von Zuhörern und legte die Lehre dar. Als der Aussätzige Suppabuddho von weitem die große Menschenmenge sah, die da zusammengeströmt war, meinte er: 'Die sind wohl zusammengekommen, weil Essen verteilt wird. Ich will zu dieser großen Menschenmenge hingehen; vielleicht könnte ich feste oder weiche Speise bekommen." Da ging der Aussätzige Suppabuddho zu der großen Menschenmenge hin und sah den Erhabenen vor einer großen Versammlung von Zuhörern sitzen, wie er die Lehre darlegte. Da dachte er: "Feste oder flüssige Nahrung wird da nicht verteilt. Dieser Asket Gotamo legt einer Menschenmenge die Lehre dar. Aber ich könnte mir die Lehre anhören und mich an der Seite hinsetzen; da könnte auch ich die Lehre hören."

Da blickte gerade der Erhabene über die ganze Menge hin, die Gemüter mit dem Gemüt erfassend, wer wohl imstande sei, die Lehre zu verstehen. Da sah der Erhabene den Aussätzigen Suppabuddho bei dieser Menge sitzen und merkte: "Der ist fähig, die Lehre zu fassen." Nun gab der Erhabene eine auf den Aussätzigen Suppabuddho zugeschnittene schrittweise Lehrdarlegung: Er sprach vom Geben, von der Tugend, von himmlischer Welt, er zeigte das Elend der Sinnensüchte, ihre Entartung und Beflecktheit und den Segen der Umkehr.[64]

Als der Erhabene sah, dass der Aussätzige Suppabuddho im Herzen bereit, sanft, von Hemmungen frei, zu seinen höchsten Möglichkeiten erhoben, befriedet war, da legte er die Lehre dar, mit welcher die Erwachten über alles hinausgehen: das Leiden, die Entwicklung, die Auflösung, den Weg. Wie ein reines fleckenloses Gewand sofort Farbe annimmt, so ging dem Aussätzigen Suppabuddho, noch während er da auf seinem Sitz saß, das staubfreie, fleckenlose Auge für die Wahrheit auf: "Was immer auch entstanden ist, muß alles wieder untergehen." Der Aussätzige Suppabuddho, die Wahrheit sehend, bei der Wahrheit angelangt, Wahrheit empfindend, in die Wahrheit eingetaucht, den Daseinszweifeln und –sorgen entronnen, fragenfrei geworden, selbständig, auf keinen andern gestützt in der Anleitung des Meisters, erhob sich von seinem Sitz, ging zum Erhabenen hin und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend sprach der Aussätzige Suppabuddho zum Erhabenen: "Wunderbar, Herr, wunderbar, Herr: Wie wenn man Umgestürztes wieder aufstellte, Verdecktes enthüllte, einem Verirrten den Weg wiese, ein Licht in die Finsternis hielte: 'Wer Augen hat, kann die Dinge sehen!' - ebenso ist vom Erhabenen in vielfacher Weise die Wahrheit dargelegt worden. Zum Erhabenen nehme ich meine Zuflucht, zur Lehre und zum Mönchsorden.[65] Als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, der von heute an danach zu leben begonnen hat."

Da klärte der Erhabene den seitwärts sitzenden Aussätzigen Suppabuddho in einem Lehrgespräch auf, spornte ihn an, ermutigte ihn, machte ihn glücklich. Vom Erhabenen in einem Lehrgespräch aufgeklärt, angespornt, ermutigt, beglückt, erhob sich der Aussätzige Suppabuddho, grüßte den Erhabenen ehrerbietig, umwandelte ihn nach rechts und ging.

Kurz danach griff eine Kuh, die ein kleines Kalb hatte, den Aussätzigen Suppabuddho an und brachte ihn ums Leben. Da begab sich eine große Schar von Mönchen zum Erhabenen, grüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend sprachen die Mönche zum Erhabenen: "Herr, der Aussätzige namens Suppabuddho, der vom Erhabenen in einem Lehrgespräch aufgeklärt, angespornt, ermutigt, beglückt worden ist, der ist ums Leben gekommen. Welches ist seine Laufbahn? Wo ist er wiedererschienen?" - "Weise war der Aussätzige Suppabuddho; der Lehre ist er lehrgemäß nachgefolgt, er hat mir bei der Lehre keine Mühe gemacht: Nach Aufhebung der drei Verstrickungen [66] ist er in die Heilsströmung eingetreten; dem Abweg entgangen, geht er unumkehrbar dem vollen Erwachen entgegen."

Auf diese Worte fragte ein Mönch den Erhabenen: "Was war denn dann der Grund, was war die Bedingung, dass Suppabuddho ein Aussätziger war, ein armer, elender, unglücklicher Mensch?" - "Früher, ihr Mönche, war der Aussätzige Suppabuddho hier in Rājagaha der Sohn eines reichen Kaufmannes. Auf dem Weg in den Park sah er den Einzelerwachten [pacceka-buddha] Tagarasikhi auf dem Almosengang in die Stadt. Als er ihn sah, dachte er: 'Was läuft denn da für ein Aussätziger herum?' Und er bespuckte ihn, umschritt ihn links herum [68] und ging. Als Frucht dieses Wirkens litt er viele Jahre, viele Jahrhunderte, viele Jahrtausende, viele hundert Jahrtausende Höllenqualen. Als restliche Frucht eben dieses Wirkens wurde er hier in Rājagaha ein Aussätziger, ein armer, elender, unglücklicher Mensch. Aber durch die vom Vollendeten dargelegte Lehre und Heilsordnung ist er zu Heilsvertrauen gekommen, zu Tugend, zu Erfahrungswissen, [69] zum Zurücktreten, zu Klarwissen. Nach dem Zerbrechen des Körpers, nach dem Tode ist er in himmlische Welt aufgestiegen, zur Gemeinschaft mit den Himmelsgeistern der Dreiunddreißig. Dort überstrahlt er die anderen Himmelsgeister an Glanz und Ansehen."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Wer Augen hat, streb’, dass er sieht,
was da in ihm uneben ist,
und weise in der Lebenswelt
halt' er sich von dem Schlechten fern."


[64] Die Anerkennung dieser vier allen Weltreligionen gemeinsamen Vorstufen der Lehre aus Einsicht oder aus ahnendem Vertrauen ist unabdingbare Voraussetzung für das Begreifen der eigentlichen Lehre eines Vollkommen Erwachten. Deshalb schickt sie der Erwachte - wie hier - meist deren Darlegung voraus (vgl. MExi S. 343 ff.)

[65] bhikkhusangha. Das bedeutet nicht dass er in den Orden eintritt, sondern nur, dass er ihn als seine Zuflucht betrachtet; meist heißt es an dieser Stelle in den Texten nicht "bhikkhusangha" sondern nur "sangha" (Gemeinde der Heilsgänger).

[66] Glaube an einen beständigen Persönlichkeitskern, Daseinsunsicherheit, das Begegnungsleben für das Höchste halten (vgl. MExi S. 638 ff.)

[68] Ausdruck der Verachtung, Wen man höflich behandeln will, den verläßt man rechts herum.

[69] suta von Hören; bedeutet aber das aufgrund der Lebenserfahrung im Geist verarbeitete Gehörte. So kurz Suppabuddho auch nur die Belehrung überlebte: das "Auge der Weisheit", das ihm dabei aufgegangen war, gab ihm den Schlüssel, die Erfahrung aus seinem schweren Leben mit der Lehre zu verbinden.


Ud.V.4. DIE KINDER

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene bei Sāvatthī im Jetahain im Kloster Anāthapindikos. Da fing gerade eine große Horde Kinder zwischen Sāvatthī und dem Jetahain Fische. Der Erhabene hatte sich in der Morgenfrühe erhoben, Mantel und Almosenschale genommen und ging nach Sāvatthī um Almosenspeise. Da sah der Erhabene zwischen Sāvatthī und dem Jetahain jene große Horde von Kindern Fische fangen. Sowie er sie erblickt hatte, ging der Erhabene zu den Kindern hin und sprach zu ihnen: "Kinder habt ihr Angst vor Schmerzen? Mögt ihr Schmerzen nicht gern?" - "Ja, Herr, vor Schmerzen haben wir Angst. Schmerzen mögen wir nicht gern."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Wenn ihr Angst vor Schmerzen habt
und nicht gerne Schmerzen mögt:
tut nichts Böses, offen, heimlich.
Tut ihr Böses künftig, später
könnt ihr nicht dem Schmerz entkommen,
nicht Forthüpfen, nicht fortspringen!"


Ud.V.5. AM FEIERTAG

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī im Ostkloster auf Mutter Migāros Terrasse. An einem Feiertag saß der Erhabene inmitten der Mönchsgemeinde. Als die Nacht weit vorgeschritten und die erste Nachtwache verstrichen war, erhob sich der ehrwürdige Ānando von seinem Sitz, ordnete das Gewand über einer Schulter, erhob die gefalteten Hände zum Erhabenen und sprach zum Erhabenen: "Herr, die Nacht ist weit vorgeschritten; die erste Nachtwache ist verstrichen; lange schon sitzt die Mönchsgemeinde hier. Möge der Erhabene der Mönchsgemeinde den Pātimokkha vortragen." Auf diese Worte schwieg der Erhabene.

Als die Nacht weiter vorgeschritten und die mittlere Nachtwache verstrichen war, erhob sich der ehrwürdige Ānando ein zweites Mal von seinem Sitz, ordnete das Gewand über einer Schulter, erhob die gefalteten Hände zum Erhabenen und sprach: "Herr, die Nacht ist weit vorgeschritten; die zweite Nachtwache ist verstrichen; lange schon sitzt die Mönchsgemeinde hier. Möge der Erhabene der Mönchsgemeinde den Pātimokkha vortragen." Aber auch zum zweiten Mal schwieg der Erhabene auf diese Worte.

Als die Nacht noch weiter vorgeschritten und auch die dritte Nachtwache verstrichen war, erhob sich der ehrwürdige Ānando ein drittes Mal von seinem Sitz, ordnete das Gewand über einer Schulter, erhob die gefalteten Hände zum Erhabenen und sprach: "Herr, die Nacht ist weit vorgeschritten; die letzte Nachtwache ist verstrichen; der Morgen graut, der Tag bricht an; lange schon sitzt die Mönchsgemeinde hier. Möge der Erhabene der Mönchsgemeinde den Pātimokkha vortragen."

"Die Versammlung ist unrein, Ānando."

Da dachte der ehrwürdige Mahāmoggallāno: "Welchen Menschen meinte wohl der Erhabene, als er sagte: 'Die Versammlung ist unrein, Ānando'?" Der ehrwürdige Mahāmoggallāno durchmusterte, das Gemüt mit dem Gemüt umfassend, die gesamte Mönchsgemeinde. Da sah der ehrwürdige Mahāmoggallāno diesen Menschen mitten unter der Mönchsgemeinde sitzen: tugendlos, voll schlechter Eigenschaften, von ungutem und zweifelhaftem Wandel, verstohlen im Wirken, kein echter Asket, ein Scheinasket, keiner, der den Brahmawandel führt, sondern nur so tut, innerlich verfault, überfließend von Lüsten und Unflat. Als er das gesehen hatte, erhob sich der ehrwürdige Mahāmoggallāno von seinem Sitz und sprach zu jenem Menschen: "Steh auf, Freund. Durchschaut bist du vom Erhabenen. Für dich ist kein Platz unter den Mönchen." Da blieb dieser Mensch stumm. Ein zweites und ein drittes Mal sprach der ehrwürdige Mahāmoggallāno zu jenem Menschen: "Steh auf, Freund. Durchschaut bist du vom Erhabenen. Für dich ist kein Platz unter den Mönchen." Aber zum zweiten und zum dritten Mal blieb dieser Mensch stumm. Da faßte der ehrwürdige Mahāmoggallāno diesen Menschen am Arm, führte ihn zur Tür hinaus und riegelte sie zu. Danach ging er zum Erhabenen und sprach: "Ich habe diesen Menschen hinausgebracht, Herr. Nun ist die Versammlung ganz rein. Möge der Erhabene der Mönchsgemeinde den Pātimokkha vortragen." - "Es ist ungeheuerlich, es ist unglaublich, Moggallāno, dass dieser verblendete Mensch es darauf hat ankommen lassen, dass er am Arm hinausgeführt wurde!" Dann wandte sich der Erhabene an die Mönche: "Von nun an, Mönche, werde ich es mit dem Feiertag anders halten und den Pātimokkha nicht mehr vortragen. Von nun an kümmert euch selber um den Feiertag und um den Vortrag des Pātimokkha. Das ist unmöglich, das darf es nicht geben, dass der Vollendete für eine unreine Versammlung den Feiertag abhält und den Pātimokkha vorträgt. –

Mönche, folgende acht wunderbare, erstaunliche Eigenschaften hat das Weltmeer, wegen deren häufigem Anblick die Titanen am Weltmeer ihre Freude haben. Welche acht?

1. Das Weltmeer wird allmählich tiefer, senkt sich allmählich ab, hat ein allmähliches Gefälle, keinen Steilabsturz. Dass das Weltmeer allmählich tiefer wird, sich allmählich absenkt, ein allmähliches Gefälle hat, keinen Steilabsturz, das ist die erste wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

2. Weiter, Mönche, ist das Weltmeer beständig; es überschreitet nicht die Flutkante. Dass das Weltmeer beständig ist, nicht die Flutkante überschreitet, das ist die zweite wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

3. Weiter, Mönche, behält das Weltmeer keinen Leichnam in sich. Wenn ein Leichnam im Weltmeer ist, dann schwemmt es ihn bald ans Ufer und spült ihn an Land. Dass das Weltmeer keinen Leichnam in sich behält, sondern ihn bald ans Ufer schwemmt und an Land spült, das ist die dritte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

4. Weiter, Mönche: Alle die großen Ströme wie Ganges, Yamunā, Aciravatī, Sarabhú, Mahī, verlieren, sobald sie das Weltmeer erreicht haben, ihre früheren Namen und gehen nur noch in der Bezeichnung 'Weltmeer' auf. Dass alle die großen Ströme wie Ganges, Yamunā, Aciravatī, Sarabhú, Mahī, sobald sie das Weltmeer erreicht haben, ihre früheren Namen verlieren und nur noch in der Bezeichnung 'Weltmeer' aufgehen, das ist die vierte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

5. Weiter Mönche: Was da auch an Flüssen in das Weltmeer fließt und was auch für Dauerregen vom Himmel fällt - davon ist keine Zunahme oder Abnahme des Weltmeeres zu bemerken. Dass trotz allem, was da an Flüssen in das Weltmeer fließt und was auch für Dauerregen vom Himmel fällt, keine Zunahme oder Abnahme des Weltmeeres zu bemerken ist, das ist die fünfte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

6. Weiter Mönche, hat das Weltmeer nur einen einzigen Geschmack: den Geschmack des Salzes. Dass das Weltmeer nur einen einzigen Geschmack hat, den Geschmack des Salzes, das ist die sechste wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

7. Weiter Mönche, enthält das Weltmeer viele mannigfaltige Schätze wie Perlen, Diamanten, Lapislazuli, Muscheln, Quarz, Korallen, Silber, Gold, Rubine, Katzenaugen. Dass das Weltmeer solche Schätze enthält, Mönche, das ist die siebte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

8. Weiter Mönche, ist das Weltmeer der Lebensraum gewaltiger Wesen. Es leben dort Wesen wie Riesenfische, Riesenfischfresser und Fresser von Riesenfischfressern, Dämonen, Titanen und Meeresgeister. Es gibt im Weltmeer Wesen von ein-, zwei-, drei-, vier-, fünfhundert Joch Länge. Dass im Weltmeer solche gewaltigen Wesen leben, das ist die achte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft des Weltmeers.

Diese acht wunderbaren, erstaunlichen Eigenschaften hat das Weltmeer wegen deren häufigem Anblick die Titanen am Weltmeer ihre Freude haben. Ebenso, Mönche, gibt es in dieser Heilsordnung acht wunderbare, erstaunliche Eigenschaften, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

1. So wie das Weltmeer allmählich tiefer wird, sich allmählich absenkt, ein allmähliches Gefälle hat, keinen Steilabsturz, so ist in dieser Heilsordnung die Übung allmählich, das Wirken allmählich, das Vorgehen allmählich; das höchste Wissen [aññā] wird nicht auf einmal gewonnen. Dass in dieser Heilsordnung die Übung allmählich, das Wirken allmählich, das Vorgehen allmählich ist, das höchste Wissen nicht auf einmal gewonnen wird das ist die erste wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

2. So wie das Weltmeer beständig ist; nicht die Flutkante überschreitet, so gehen meine Nachfolger nicht um ihr Leben von den von mir gewiesenen Übungspfaden ab. Dass meine Nachfolger nicht um ihr Leben von den von mir gewiesenen Übungspfaden abgehen, das ist die zweite wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

3. So wie das Weltmeer keinen Leichnam in sich behält, sondern ihn bald ans Ufer schwemmt und an Land spült, so ist in der Mönchsgemeinde kein Platz für einen Menschen, der tugendlos ist, voll schlechter Eigenschaften, von ungutem und zweifelhaftem Wandel, verstohlen im Wirken, kein echter Asket, ein Scheinasket, keiner, der den Brahmawandel führt, sondern nur so tut, innerlich verfault, überfließend von Lüsten und Unflat. Unverzüglich versammelt sich dann die Mönchsgemeinde und stößt ihn aus. Und wenn er sich auch mitten in einer großen Mönchsversammlung niedersetzt, so hat er mit dem Mönchsorden nichts zu tun und der Mönchsorden nichts mit Ihm. Dass die Mönchsgemeinde einen solchen Menschen ausstößt, das ist die dritte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie Ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben:

4. So wie alle die großen Ströme wie Ganges, Yamunā, Aciravatī, Sarabhú, Mahī, sobald sie das Weltmeer erreicht haben, Ihre früheren Namen verlieren und nur noch in der Bezeichnung 'Weltmeer' aufgehen, ebenso verlieren die Angehörigen der vier Kasten - Adel, Brahmanen, Bürger und Diener - wenn sie aus dem Haus in die Hauslosigkeit ziehen, ihre früheren Bezeichnungen und werden nur noch Asketen des Sakyersohnes genannt. Dass alle vier Kasten mit dem Auszug in die Hauslosigkeit nach der vom Vollendeten dargelegten Heilsordnung ihre früheren Bezeichnungen verlieren und nur noch Asketen des Sakyersohnes genannt werden, das ist die vierte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

5. So wie trotz allem, was da an Flüssen in das Weltmeer fließt und was auch an Dauerregen vom Himmel fällt, keine Zunahme oder Abnahme des Weltmeeres zu bemerken ist, ebenso ist da, wenn auch noch so viele Mönche in der Grundart der restlosen Erlöschung [72] erlöschen, keine Zunahme oder Abnahme der Grundart 'Erlöschung' zu bemerken. Dass die Grundart 'Erlöschung' keiner Zunahme oder Abnahme unterliegt, wenn auch noch so viele Mönche erlöschen, das ist die fünfte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie Ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

6. So wie das Weltmeer nur einen einzigen Geschmack hat, den Geschmack des Salzes, so hat diese Lehre nur einen einzigen Geschmack: den Geschmack der Erlösung. Dass diese Lehre nur einen einzigen Geschmack hat: den Geschmack der Erlösung, das ist die sechste wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie Ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

7. So wie das Weltmeer viele mannigfaltige Schätze enthält wie Perlen, Diamanten, Lapislazuli, Muscheln, Quarz, Korallen, Silber, Gold, Rubine, Katzenaugen, so enthält diese Heilsordnung viele mannigfaltige Schätze [73] wie die vier Zustände der Wahrheitsgegenwart, [satipaţţhāna] die vier rechten Kämpfe, die fünf Fähigkeiten, [indriya] die fünf Stärken, [bala] die sieben Erwachungsglieder, den heilenden Achtpfad. Dass diese Heilsordnung solche Schätze enthält, das ist die siebte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

8. Ebenso wie im Weltmeer gewaltige Wesen leben, so ist diese Lehre und Heilsordnung der Lebensraum von großen Wesen: von Wesen, die in die Heilsströmung eingetreten [sotāpanna] oder auf dem Wege sind, die Frucht des Eintritts in die Heilsströmung zu verwirklichen,[78] Einmalwiederkehrer und solche, die auf dem Wege sind, die Frucht der Einmalwiederkehr zu verwirklichen, Nichtwiederkehrer und solche, die auf dem Wege sind, die Frucht der Nichtwiederkehr zu verwirklichen, Geheilte und solche, die auf dem Wege sind, die Frucht des Heilsstandes zu verwirklichen. Dass diese Lehre und Heilsordnung der Lebensraum von so großen Wesen ist, das ist die achte wunderbare, erstaunliche Eigenschaft, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben.

Das sind die acht wunderbaren, erstaunlichen Eigenschaften, um deretwillen die Mönche, wenn sie ihrer immer wieder innewerden, Freude an dieser Heilsordnung haben."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Ist es bedeckt, wird's regennass.
Ist's nicht bedeckt, wird nichts durchnässt.
Darum legt das Bedeckte frei:
dann wird auch nichts mehr durchgeweicht."


[72] nibbāna-dhātu. Das Nirvāna ist also keineswegs ein "Nichts", sondern eine Grundart (dhātu) - die einzige nicht zusammengesetzte, daher von aller Unterscheidungsmöglichkeit und Bezeichenbarkeit freie und deshalb auch nicht der Veränderbarkeit und dem Vergehen unterworfen - nicht in Worte zu fassen aber annäherungsweise für die innerweltliche Kommunikation am ehesten noch mit Namen wie "Sein", "absolute Freiheit", "Ewigkeit", "höchstes Gut" zu versehen (vgl. das ganze 43. Samyutta).

[73] vgl. unten "Die Kronjuwelen" Sn 222 ff.

[78] Die letzteren werden anusāri (Nachfolger) genannt und gehen auch schon unumkehrbar als Heilsgänger (ariya-sāvaka) dem Heilsstand entgegen; nur ist die Zahl ihrer restlichen Wiedergeburten, deren Leidensdruck sie noch als Motivation zur Erlösung brauchen, noch nicht fest begrenzt.


Ud.V.6. SONO

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī im Jetahain im Kloster Anāthapindikos. Zu der Zeit weilte der ehrwürdige Mahākaccāno im Land Avanti nahe Kuraraghara am Pavattahügel. Damals war der im Haus lebende Anhänger Sono Kotikanno [79] sein Versorger. Als da der Anhänger Sono Koţikanno einmal abgeschieden verweilte, kam ihm in den Sinn: "So wie der ehrwürdige Herr Mahākaccāno die Lehre darlegt, ist es nicht gut möglich, im Haus lebend den vollkommenen Brahmawandel so rein zu führen wie eine Perlmuschel. Sollte ich mir nicht Haar und Bart scheren und aus dem Haus in die Hauslosigkeit ziehen?" Da begab sich der Anhänger Sono Koţikanno zum ehrwürdigen Mahākaccāno, begrüßte den ehrwürdigen Mahākaccāno ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend sprach der Anhänger Sono Koţikanno zum ehrwürdigen Mahākaccāno: Als ich einsam und abgeschieden weilte, kam mir in den Sinn: So wie der ehrwürdige Herr Mahākaccāno die Lehre darlegt, ist es nicht gut möglich, im Haus lebend den vollkommenen Brahmawandel so rein zu führen wie eine Perlmuschel. Sollte ich mir nicht Haar und Bart scheren und aus dem Haus in die Hauslosigkeit ziehen? Ehrwürdiger Herr Mahākaccāno, gestatte mir doch, in die Hauslosigkeit zu ziehen!" Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Mahākaccāno zum Anhänger Sono Koţikanno: "Nicht leicht durchzuhalten ist es auf Lebenszeit, nur zu einer Tageszeit zu essen, allein zu schlafen und den Brahmawandel zu führen. Komm, Sono, gib dich erst einmal im Haus der Anleitung des Erwachten hin, versuche zeitweise, nur einmal am Tag zu essen und allein zu schlafen. " Da kam der Gedanke des Anhängers Sono Koţikanno, aus dem Haus in die Hauslosigkeit zu ziehen, zur Ruhe.

Aber ein zweites Mal kam dem Anhänger Sono Koţikanno, als er einsam und abgeschieden verweilte, in den Sinn: "So wie der ehrwürdige Herr Mahākaccāno die Lehre darlegt, ist es nicht gut möglich, im Haus lebend den vollkommenen Brahmawandel so rein zu führen wie eine Perlmuschel. Sollte ich mir nicht Haar und Bart scheren und aus dem Haus in die Hauslosigkeit ziehen?" Da begab sich der Anhänger Sono Koţikanno zum ehrwürdigen Mahākaccāno und wiederholte seine Bitte. Aber auch zum zweiten Mal sprach der ehrwürdige Mahākaccāno: "Nicht leicht durchzuhalten ist es auf Lebenszeit, nur zu einer Tageszeit zu essen, allein zu schlafen und den Brahmawandel zu führen. Komm, Sono, gib dich erst einmal im Haus der Anleitung des Erwachten hin, versuche zeitweise, nur einmal am Tag zu essen und allein zu schlafen."

Und auch zum zweiten Mal kam der Gedanke des Anhängers Sono Koţikanno, aus dem Haus in die Hauslosigkeit zu ziehen, zur Ruhe. Aber ein drittes Mal kam dem Anhänger Sono Koţikanno, als er einsam und abgeschieden verweilte, in den Sinn: "So wie der ehrwürdige Herr Mahākaccāno die Lehre darlegt. ist es nicht gut möglich, im Haus lebend den vollkommenen Brahmawandel so rein zu führen wie eine Perlmuschel. Sollte ich mir nicht doch Haar und Bart scheren und aus dem Haus in die Hauslosigkeit ziehen?" Da begab sich der Anhänger Sono Koţikanno zum ehrwürdigen Mahākaccāno und bat erneut: "Herr Mahākaccāno, gestatte mir doch, in die Hauslosigkeit zu ziehen!" Da gab der ehrwürdige Mahākaccāno dem Anhänger Sono Koţikanno seine Zustimmung, aus dem Haus in die Hauslosigkeit zu ziehen. Damals hielten sich aber im südlichen Lande Avanti nur wenige Mönche auf. So konnte der ehrwürdige Mahākaccāno erst nach Ablauf von drei Regenzeiten mit Mühe und Not von hier und dort eine Ordensversammlung von zehn Mönchen zusammenbringen, mit der er dem ehrwürdigen Sono die Ordensweihe erteilte.

Als nun am Ende der Regenzeit der ehrwürdige Sono einsam und abgesondert weilte, kam ihm in den Sinn: "Noch habe ich den Erhabenen nicht mit eigenen Augen gesehen,. ich habe nur gehört, so und so sei er. Wenn mein Lehrer einverstanden wäre, würde ich gern den Erhabenen besuchen gehen, den Geheilten, Vollkommen Erwachten." Da begab sich der ehrwürdige Sono zum ehrwürdigen Mahākaccāno, begrüßte den ehrwürdigen Mahākaccāno und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend, sprach der ehrwürdige Sono zum ehrwürdigen Mahākaccāno: "Herr, als ich einsam und abgesondert weilte, kam mir in den Sinn: 'Noch habe ich den Erhabenen nicht mit eigenen Augen gesehen,. ich habe nur gehört, so und so sei er.' Wenn mein Lehrer einverstanden wäre, würde ich gern den Erhabenen besuchen gehen, den Geheilten, Vollkommen Erwachten." - "Recht so, recht so, Sono. Geh du nur den Erhabenen besuchen, den Geheilten, Vollkommen Erwachten. Dann wirst du den Erhabenen sehen, befriedend anzuschauen, mit gestillten Sinnen, mit gestilltem Geist, auf dem Gipfel der Beherrschtheit und Ruhe, gebändigt, behütet, ein gewaltiges Wesen, vom Frieden gelenkt. Wenn du ihn gesehen hast, dann richte ihm zu Füßen in meinem Namen Grüße aus und frage, ob es ihm gut geht, ob er auch keine Beschwerden hat, ob er bei Kräften ist, ob es ihm an nichts fehlt, und sage ihm: Mein Lehrer, der ehrwürdige Mahākaccāno läßt den Erhabenen grüßen." - "Gern, Herr", sprach der ehrwürdige Sono zum ehrwürdigen Mahākaccāno, froh und beglückt über die Worte des ehrwürdigen Mahākaccāno, stand von seinem Sitz auf, grüßte den ehrwürdigen Mahākaccāno ehrerbietig, umschritt ihn nach rechts, räumte seine Lagerstatt auf, nahm Mantel und Schale und brach nach Sāvatthī auf.

Von Ort zu Ort wandernd, ging er nach Sāvatthī in den Jetahain, zum Kloster Anāthapindikos, wo der Erhabene weilte. Beim Erhabenen angekommen, grüßte er ihn ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend sprach der ehrwürdige Sono zum Erhabenen: "Mein Lehrer, der ehrwürdige Mahākaccāno läßt den Erhabenen grüßen und fragen, ob es dem Erhabenen gut geht, ob er auch keine Beschwerden hat, ob er bei Kräften ist, ob es ihm an nichts fehlt." - "Fühlst denn du dich wohl, Mönch? Bist du gesund? Bist du auch nicht übermüdet von dem weiten Weg? Und hast du auch keine Schwierigkeiten gehabt, Almosenspeise zu erhalten?" - "Ich fühle mich wohl, Herr. Ich bin gesund, Herr. Ich bin nicht übermüdet von dem weiten Weg. Und ich habe keine Schwierigkeiten gehabt, Almosenspeise zu erhalten, Herr."

Da sprach der Erhabene zum ehrwürdigen Ānando: "Mache für diesen eben angekommenen Mönch ein Lager zurecht." Dem ehrwürdigen Ānando war klar: "Wenn der Erhabene mir sagt: 'Mache für diesen eben angekommenen Mönch ein Lager zurecht', dann geschieht es deshalb, weil der Erhabene mit diesem Mönch allein sein will. Der Erhabene möchte mit dem ehrwürdigen Sono in einem Raum wohnen." So richtete er im selben Raum, in dem der Erhabene wohnte, ein Bett für den ehrwürdigen Sono her. Der Erhabene verbrachte einen großen Teil der Nacht unter freiem Himmel, dann spülte er die Füße ab und begab sich in die Hütte. Der ehrwürdige Sono tat desgleichen. Als der Morgen zu grauen begann, erhob sich der Erhabene und bat den ehrwürdigen Sono: "Laß dir einen Lehrvortrag einfallen, Mönch." - "Gern, Herr", antwortete der ehrwürdige Sono dem Erhabenen und trug auswendig alle sechzehn Abschnitte des Achterkapitels vor. [80]

Da sprach der Erhabene zum ehrwürdigen Sono: "Gut, gut, Mönch! Gut behalten hast du die sechzehn Abschnitte des Achterkapitels, gut im Geist verarbeitet, gut verstanden; du hast eine vorzügliche Vortragsweise, eindringlich, rein, um den Sinn klarzumachen. Wie viele Regenzeiten bist du denn schon Mönch?" - "Seit einer Regenzeit, Herr." - "Warum hast du denn so lange damit gewartet, Mönch?" - "Herr, schon lange habe ich das Elend bei den Sinnesdrängen und das Hausleben als eine Bedrängnis gesehen; aber ich hatte viel zu tun und viel zu erledigen."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Wer bei der Welt das Elend sah,
Freisein von Angenomm’nem kennt:
solch Echten freut nichts Schlechtes mehr,
an Schlechtem freut kein Reiner sich."


[79] Nicht zu verwechseln mit Sono Koliviso, dem Lautenspieler. Mahākaccāno besuchte oft Sonos Mutter, die nahe seiner Wohnstätte wohnte und ihn tief verehrte (Proper Names S. 1293)

[80] Dieses Achterkapitel des damals noch wie alle Lehrtexte nur mündlich überlieferten Suttanipāto war damals schon bekannt, wie auch noch aus anderen Stellen des Pālikanons hervorgeht. Die Übersetzung Achter- "Buch" ist also nicht treffend. Einige Verse aus dem Achterkapitel sind unten abgedruckt.


Ud.V.7. REVATO

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī im Jetahain im Kloster Anāthapindikos. Zu der Zeit hatte sich der ehrwürdige Kankhā-revato [Zweifel-Revato] unweit des Erwachten mit gekreuzten Beinen niedergesetzt, den Körper gerade aufgerichtet, bei sich die vollkommene Reinheit durch Zweifelauflösung betrachtend. Der Erhabene sah den ehrwürdigen Kankhārevato in der Nähe mit gekreuzten Beinen sitzen, den Körper gerade aufgerichtet, bei sich die vollkommene Reinheit durch Zweifelauflösung betrachtend. [82]

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Was es an Zweifeln hier und drüben gibt,
die selbst man spürt und andere verspüren:
sie alle schwinden dem Entrückungsreifen,
der sich dem Brahmawandel innig hingibt."


[82] Seine Zweifel waren nicht intellektueller Art, sondern Zweifel, was er nach der Mönchsregel benutzen dürfe. Der Buddha nennt ihn als die Spitze der Entrückung Übenden (NypA Anh II zu A I, 24)


Ud.V.8. ĀNANDO

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene bei Rājagaha im Bambuspark am Futterplatz der Eichhörnchen. Zu der Zeit hatte sich der ehrwürdige Ānando am Morgen eines Feiertages aufgemacht, hatte Mantel und Schale genommen und war nach Rājagaha auf Almosen gegangen. Da sah Devadatto [83] den ehrwürdigen Ānando, wie er nach Rājagaha um Almosen ging. Als er ihn gesehen hatte, ging er auf ihn zu und sprach zu ihm: "Von heute an, Freund Ānando, werde ich den Feiertag und die Ordensobliegenheiten getrennt vom Erhabenen ausrichten." Der ehrwürdige Ānando ging auf Almosengang nach Rājagaha, und nachdem er Almosenspeise erhalten und das Mahl eingenommen hatte, begab er sich zum Erhabenen, grüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts. Seitwärts sitzend, sprach der ehrwürdige Ānando zum Erhabenen: "Herr, als ich heute morgen nach Rājagaha auf Almosengang ging, sah mich Devadatto und sagte zu mir: 'Von heute an, Freund Ānando, werde ich den Feiertag und die Ordensobliegenheiten getrennt vom Erhabenen ausrichten.' Heute will Devadatto den Orden spalten, Herr, und den Feiertag und die Ordensobliegenheiten getrennt ausrichten."

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Gut Handeln fällt dem Guten leicht.
Gut Handeln fällt dem Schlechten schwer.
Dem Schlechten fällt das Schlechte leicht,
Heilsgängern fällt das Schlechte schwer."


[83] Ein Vetter des Buddha, der als Mönch die Leitung des Ordens an sich reißen wollte und ihm nach dem Leben trachtete.


Ud.V.9. LÄRMEN

So hab ich's vernommen: Einstmals war der Erhabene im Lande Kosalo auf der Wanderschaft mit einer großen Schar von Mönchen. Da kreuzten viele junge Burschen nahebei lärmend den Weg des Erhabenen. Als der Erhabene die vielen jungen Burschen lärmend nahebei den Weg kreuzen sah, da tat er aus diesem Anlaß aus seiner Schau folgenden Ausspruch: [wörtlich auch in M.128]

"Vergessen ist des Weisen Wort,
wo nur daher geschrien wird.
Wer nur den Mund aufreißen will,
der sieht nicht, was zum Ausweg führt."


Ud.V.10. PANTHAKO

So hab ich's vernommen: Einstmals weilte der Erhabene in Sāvatthī im Jetahain im Kloster Anāthapindikos. Zu der Zeit hatte sich der ehrwürdige Klein-Panthako [85] unweit des Erhabenen niedergesetzt, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor sich hin gerichtet. Der Erhabene sah den ehrwürdigen Klein-Panthako in der Nähe sitzen, den Körper gerade aufgerichtet, die Achtsamkeit vor sich hin gerichtet.

Aus diesem Anlaß tat der Erhabene aus seiner Schau folgenden Ausspruch:

"Stille im Körper, stillen Gemütes,
still, ob er steht oder sitzt oder liegt:
Sammelt der Mönch sich in solcher Entschiedenheit,
wird ihm allmählich Abtrennung [86] zuteil.
Kann man allmählich Abtrennung erlangen,
ist man des Todkönigs Blicken entgangen."


[85] Lebenslauf vgl. Hellmuth Hecker "Die Brüder von der Straße", WW 1978 S. 295 ff.

[86] visesa bedeutet zwar meist "Unterscheidung" als die Fähigkeit, zwei verschiedene Dinge zu trennen; in Ud V,10 ist es aber wohl im tiefsten Sinn gemeint: alles Bedingte, Zusammengesetzte, Unbeständige abzutrennen: die Haltung, die zur endgültigen Ablösung führt,


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