Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung

100. (X,10) Sangārava Sutta

 

DAS HAB' ICH GEÖRT. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Lande Ko­salo von Ort zu Ort, von vielen Mönchen begleitet.

 

      Um diese Zeit nun lebte Dhananjani, das Weib eines Priesters, zu Pacca­la­­kappam, gläubig ergeben dem Meister, der Lehre und den Jüngern."

      Da hielt denn Dhananjani das Priesterweib mit ihrer Arbeit inne und ließ dreimal den Gruß ertönen:

 

      "Verehrung Ihm, dem Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erwachten!

      "Verehrung Ihm, dem Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erwachten!

      "Verehrung Ihm, dem Erhabenen, Heiligen, vollkommen Erwachten!

 

      Damals aber war Sangaravo, ein junger Brahmane, nach Paccalakappam ge­zogen, ein Meister der drei Veden, samt ihrer Auslegung und Deutung, samt ihrer Laut‑ und Formenlehre, und ihren Sagen zufünft, der Gesänge kundig und ein Erklärer, der die Merkmale eines großen Weltweisen aufwies.

 

      Und Saggaravo der junge Brahmane hatte gehört wie Dhananjani das Prie­sterweib also gesprochen, und er wandte sich zu ihr:

 

      "Verkümmert ist dieses Priesterweib Dhananjani, verkommen ist dieses Prie­sterweib Dhananjani, das ja da, wo es Priester, Kenner der drei Veden gibt, jenen kahlgeschorenen Asketen preisen mag!"

 

      "Nicht kennst du ja doch, guter Freund, des Erhabenen Tugend und Weis­heit: wenn du, guter Freund, des Erhabenen Tugend und Weisheit kenntest, so würdest du, guter Freund, nicht daran denken, Ihn, den Erhabenen zu schmähen und zu schelten."

 

      "Wohl denn, liebe Frau: wenn einmal der Asket Gotamo nach Paccalakap­pam kommt, so laß' es mir sagen!"

      "Gern, guter Freund!" erwiderte da Dhananjani das Priesterweib Sangaravo dem jungen Brahmanen.

Und der Erhabene wanderte im Lande Kosalo von Ort zu Ort weiter und gelangte allmählich nach Paccalakappam.

 

      Zu Paccalakappam weilte nun der Erhabene, im Mangohaine der Todeyyer Priester.

      Da hörte Dhananjani das Priesterweib reden: 'Der Erhabene ist in Pacca­la­kappam angekommen, weilt bei Paccalakappam, im Mangohaine der To­deyyer Prie­ster!'

 

      Und Dhananjani das Priesterweib begab sich zu Sangaravo dem jungen Brah­manen hin und meldete ihm:

 

      "Er ist hier, guter Freund! In Paccalakappam ist der Erhabene angekom­men, weilt bei Paccalakappam, im Mangohaine der Todeyyer Priester: wie es dir nun, guter Freund, belieben mag."

      "Schön, liebe Frau!" sagte da freundlich Sangaravo der junge Brahmane zu Dhananjani dem Priesterweib.

 

      Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seit­wärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Sangaravo der junge Brah­mane zum Erhabenen also:

 

      "Es gibt, o Gotamo, manche Asketen und Priester, die der Erkenntnis letzte Vollendung, das Urasketentum hienieden erreicht zu haben glauben. Zu wel­chen aber, o Gotamo, von diesen Asketen und Priestern, die der Erkenntnis letzte Vollendung, das Urasketentum hienieden erreicht zu haben glauben, ge­hört da Herr Gotamo?"

 

      "Die der Erkenntnis letzte Vollendung, das Urasketentum hienieden er­reicht zu haben glauben sind eben, sag' ich, Bharadvajo verschieden ge­artet. Es gibt, Bharadvajo, manche Asketen und Priester, die wissen vom Hör­ensagen her und glauben, durch Hörensagen der Erkenntnis letzte Voll­endung, das Ur­asketentum hienieden erreicht zu haben; gleichwie etwa die Dreiveden­prie­ster. Es gibt auch, Bharadvajo, manche Asketen und Priester, die ganz aus eigenem Dünken der Erkenntnis letzte Vollendung, das Uraske­tentum hienieden erreicht zu haben glauben; gleichwie etwa die Grübler und Forscher. Es gibt, Bhara­dvajo, manche Asketen und Priester, die bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkennt­nis letzte Vollendung, das Ur­asketentum hienieden erreicht zu haben glau­ben. Zu den Asketen und Priestern, Bharadvajo, die da bei nie zuvor erfahrenen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntnis letzte Voll­endung, das Urasketentum hienieden er­reicht zu haben glauben, zu denen gehör' ich. Darum muß man es nun, Bhara­dvajo, dem Verhältnis entspre­chend beurteilen, wie zu den Asketen und Prie­stern, die bei nie zuvor erfah­renen Dingen die Wahrheit eben selbst erkannt und der Erkenntnis letzte Vollendung, das Urasketentum hienieden erreicht zu haben glauben, auch ich gehöre."

 

      "Ernstlich hat sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, ehrlich hat sich wohl Herr Gotamo darum bemüht, wie das einem Heiligen, vollkommen Er­wachten an­steht. ‑ Sagt mir doch, Herr Gotamo: gibt es Götter?"

      "Deutlich merkt man es ja, Bharadvajo, ob es Götter gibt."

      "Wie denn, o Gotamo: auf die Frage 'Gibt es Götter' antwortest du 'Deut­lich merkt man es ja, Bharadvajo, ob es Götter gibt'; dann also ist es, o Go­tamo, bloße Lüge?"

      "‘Gibt es Götter', wer also, Bharadvajo, gefragt, 'Es gibt Götter' sag­te, und wer 'Deutlich merkt man es ja' sagte: ein verständiger Mann wird da wohl den nämlichen Schluß ziehn, ob es Götter gibt."

      "Warum aber hat mir Herr Gotamo nicht sogleich Bescheid gegeben?"

      "Der Edle ist einig geworden, Bharadvajo, in der Welt, ob es Götter gibt."

      Nach diesen Worten sprach Sangaravo der junge Brahmane zum Erhabenen also:

      "Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Als Anhänger möge mich Herr Gotamo betrachten, von heute an zeitlebens getreu."


 Home Oben Zum Index Zurueck Voraus