So habe ich es gehört:
Einst weilte der Erhabene in Anāthapindikas Bhikkhuheim im Jetahain bei Sāvatthi. Damals sprach der ehrwürdige Sāriputta zu den Bhikkhus:
Liebe Brüder! Wie die Fußspuren aller lebenden Wesen Platz haben in der Elefantenspur, da die Elefantenspur alle an Größe übertrifft, ebenso haben alle zum Heil dienlichen Dinge Platz in den vier edlen Wahrheiten,
Dies ist die edle Wahrheit vom Übel: Geburt, Altern, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung sind Übel; nicht erlangen, was man wünscht, ist Übel; kurz, die fünf Gruppen des Ergreifens sind Übel.
Die fünf Gruppen des Ergreifens sind:
Körperlichkeit besteht aus den vier Elementen,
Festes oder Erdelement gibt es am eigenen Körper und außerhalb. Was sich am eigenen Körper hart und fest anfühlt, wie Kopfhaare, Körperhaare, Nägel, Zähne, Haut, Fleisch, Sehnen, Knochen, Mark, Niere, Herz, Leber, Lunge, Milz, Eingeweide, Magen, Kot und was sich sonst noch am eigenen Körper hart und fest anfühlt, das nennt man das Feste oder Erdelement am eigenen Körper. Ob am eigenen Körper oder außerhalb, das ist alles das gleiche Erdelement, und deshalb muß man es, wenn man es richtig verstanden hat, der Wahrheit gemäß so betrachten: Dies ist nicht mein, ich bin dies nicht, dies ist nicht mein Ich. Wenn man es so betrachtet, wendet man sich vom Festen oder Erdelement ab und denkt nicht mehr mit Verlangen an Festes oder Erdartiges.
Es kommt eine Zeit, wo das Wasserelement draußen wütet; dann verschwindet das Feste oder Erdelement draußen. Daran wird man die Unbeständigkeit des uralten Erdelements draußen erkennen, seine Hinfälligkeit, Vergänglichkeit und Veränderlichkeit. Wie könnte man also von diesem nur acht Spannen großen, vom Lebensdurst gebildeten Körper denken, er sei <Ich> oder <Mein> oder <Ich bin das>? Das kann doch nicht sein!
Wenn die Leute einen Bhikkhu beschimpfen, schmähen, verhöhnen oder verletzen, dann sagt er sich: Das ist eine unangenehme Empfindung, die mir durch Berührung meines Ohres entstanden ist; sie ist ursächlich bedingt, nicht ohne Ursache entstanden. Die Ursache ist die Berührung. Die Berührung aber, das sieht er ein, muß vergehen, die Empfindung muß vergehen, die Wahrnehmung muß vergehen, die unbewußten Tätigkeiten müssen vergehen, das Bewußtsein muß vergehen. Durch solche Erwägung erhebt sich sein Denken, beruhigt sich, festigt sich und wird frei. Wenn die Leute den Bhikkhu unfreundlich, lieblos und grob behandeln, mit Händen schlagen, mit Steinen bewerfen, mit Stöcken prügeln oder mit Waffen verletzen, dann denkt er: Dieser Körper ist nun einmal so, man kann ihn mit Händen schlagen, mit Steinen bewerfen, mit Stöcken prügeln und mit Waffen verletzen. Der Erhabene hat aber im Gleichnis von der Säge[1] gesagt: <Selbst wenn Räuber und Mörder mit scharfer Säge euch ein Glied nach dem andern abtrennten und ihr darüber in eurem Gemüt ergrimmtet, würdet ihr nicht meine Weisung erfüllen.> Stark will ich sein, nicht nachlässig, besonnen will ich bleiben und mich nicht verwirren lassen, körperlich will ich ruhig bleiben, nicht heftig werden, meinen Geist will ich auf einen Punkt sammeln. Mögen sie doch nach ihrem Belieben diesen Körper mit Händen schlagen, mit Steinen bewerfen, mit Stöcken prügeln oder mit Waffen verletzen - Buddhas Weisung soll erfüllt werden!
Wenn nun einem Bhikkhu, der so Buddhas, der Lehre und der Jüngergemeinde gedenkt, der Gleichmut und der gute Wille nicht standhalten, dann wird er befangen, gerät in Verlegenheit und sagt sich: Es ist schlimm, daß mir der Gleichmut und der gute Wille nicht standhalten, obwohl ich Buddhas, der Lehre und der Jüngergemeinde gedenke! Es ergeht ihm wie der Schwiegertochter, die ihrem Schwiegervater begegnet: sie wird befangen und gerät in Verlegenheit. Wenn aber sein Gleichmut und sein guter Wille standhalten, dann ist er froh. In solchem Falle hat ein Bhikkhu viel geleistet.
Flüssiges oder Wasserelement gibt es am eigenen Körper und außerhalb. Was sich am eigenen Körper flüssig oder wäßrig anfühlt, wie Galle, Schleim, Eiter, Blut, Schweiß, Lymphe, Tränen, Serum, Speichel, Rotz, Gelenköl, Harn, und was sich sonst noch am eigenen Körper flüssig oder wäßrig anfühlt, das nennt man das Flüssige oder Wasserelement am eigenen Körper. Alles Flüssige oder Wasserelement am eigenen Körper und außerhalb muß man, wenn man es richtig verstanden hat, der Wahrheit gemäß so betrachten: Dies ist nicht mein, ich bin dies nicht, dies ist nicht mein Ich. Wenn man es so betrachtet, wendet man sich vom Flüssigen ab und denkt nicht mehr mit Verlangen an Flüssiges.
Es kommt eine Zeit, wo das Wasserelement draußen wütet und ein Dorf, einen Markt, eine Stadt, einen Bezirk und ein ganzes Land wegreißt. Es kommt eine Zeit, wo im Meer das Wasser 100 Meilen, 200 Meilen, 300 Meilen und sogar 700 Meilen tief ist. Dann kommt eine Zeit, wo das Wasser nur 7 Palmen, 6 Palmen, 5 Palmen und schließlich nur eine Palme tief ist, wo es 7 Mannslängen, 6 Mannslängen, 5 Mannslängen und schließlich nur eine halbe Mannslänge tief ist, wo es nur bis zur Hüfte, nur bis zum Knie, nur bis zum Fußknöchel reicht, und es kommt eine Zeit, wo das Wasser im Meer nicht einmal so hoch ist wie eine Fingerspitze. Daran wird man die Unbeständigkeit des uralten Wasserelements erkennen, und es ergibt sich daraus dieselbe Lehre wie beim Festen oder Erdelement[2].
Feuriges oder Feuerelement gibt es am eigenen Körper und außerhalb. Was sich am eigenen Körper warm oder heiß anfühlt, wie das, wodurch man sich erhitzt, wodurch man verdaut, wodurch man sich erwärmt, wodurch Speise und Trank sich verwandeln, und was sich sonst noch am eigenen Körper warm oder heiß anfühlt, das nennt man Feuriges oder Feuerelement am eigenen Körper.
Alles Feurige am eigenen Körper und außerhalb muß man, wenn man es richtig verstanden hat, der Wahrheit gemäß so betrachten: Dies ist nicht mein, ich bin dies nicht, dies ist nicht mein Ich. Wen man es so betrachtet, wendet man sich vom Feurigen ab und denkt nicht mehr mit Verlangen an Feuriges. Es kommt eine Zeit, wo draußen das Feuerelement wütet und ein Dorf, einen Markt, eine Stadt, einen Bezirk und ein ganzes Land verbrennt; es breitet sich aus über Grünland, Straßen, Felsen, Wasserläufe und liebliche Gefilde und erlischt erst, wenn alles verzehrt ist. Dann kommt eine Zeit, wo man mit einer Hahnenfeder oder mit einem Stück Bogensehne Feuer sucht (und nicht findet). Daran wird man die Unbeständigkeit des uralten Feuerelements erkennen, und es ergibt sich daraus dieselbe Lehre wie beim Festen oder Erdelement.
Flüchtiges oder Luftelement gibt es am eigenen Körper und außerhalb. Was sich am eigenen Körper flüchtig oder luftartig anfühlt, wie aufsteigende oder absteigende Winde, die Winde des Bauchs und des Darms, die Luft, die jedes Glied durchströmt, die Einatmung und die Ausatmung, und was sich sonst noch am eigenen Körper flüchtig oder luftartig anfühlt, das nennt man das Flüchtige oder Luftelement am eigenen Körper. Alles Flüchtige oder Luftelement am eigenen Körper und außerhalb muß man, wenn man es richtig verstanden hat, der Wahrheit gemäß so betrachten: Dies ist nicht mein, ich bin dies nicht, dies ist nicht mein Ich. Wenn man es so betrachtet, wendet man sich vom Flüchtigen oder Luftelement ab und denkt nicht mehr mit Verlangen an Flüchtiges oder Luftartiges.
Es kommt eine Zeit, wo das Windelement wütet und ein Dorf, einen Markt, eine Stadt, einen Bezirk und ein ganzes Land wegreißt. Dann kommt eine Zeit, wo man im letzten Sommermonat mit einem Palmwedel oder mit einem Fächer Wind fächeln muß und selbst am fließenden Wasser die Grashalme sich nicht bewegen. Daran erkennt man die Unbeständigkeit des uralten Luftelements, und es ergibt sich daraus dieselbe Lehre wie beim Festen oder Erdelement.
Wie aus Holz, Bast, Stroh und Lehm ein Raum entsteht, den man Haus nennt, ebenso ist aus Knochen, Sehnen, Fleisch und Haut ein Raum entstanden, den man sichtbare Gestalt oder Körperlichkeit nennt.
Ist am eigenen Körper das Auge unbeschädigt, treten aber außerhalb keine sichtbaren Dinge in das Gesichtsfeld, dann kommt es nicht zu einem entsprechenden Ineinandergreifen und es erscheint kein entsprechendes Bewußtsein. Ist am eigenen Körper das Auge unbeschädigt und treten sichtbare Dinge in das Gesichtsfeld, kommt es aber nicht zu einem entsprechenden Ineinandergreifen, so erscheint kein entsprechendes Bewußtsein. Wenn dagegen am eigenen Körper das Auge unbeschädigt ist, außerhalb sichtbare Dinge in das Gesichtsfeld treten und ein entsprechendes Ineinandergreifen zustande kommt, so erscheint ein entsprechendes Bewußtsein. Was in solchem Falle das Sichtbare oder Körperliche ist, das wird zusammengefaßt als Ergreifensgruppe Körperlichkeit. Was dabei empfunden wird, das wird zusammengefaßt als Ergreifensgruppe Empfindung; was dabei wahrgenommen wird, das wird zusammengefaßt als Ergreifensgruppe Wahrnehmung, was dabei unbewußt gestaltet wird, das wird zusammengefaßt als Ergreifensgruppe Unbewußte Tätigkeiten; was dabei erkannt und bewußt wird, das wird zusammengefaßt als Ergreifensgruppe Bewußtsein. Man versteht, daß diese fünf Gruppen des Ergreifens so zusammen wirken, zusammenfallen, sich vereinigen.
Der Erhabene hat gesagt: <Wer das bedingte Entstehen sieht, der sieht die Wahrheit, wer die Wahrheit sieht, der sieht das bedingte Entstehen.> Bedingt entstanden sind nämlich die fünf Gruppen des Ergreifens. Was bei diesen fünf Gruppen des Ergreifens der triebhafte Wille, das Anhaften, das Herangehen, die Anhänglichkeit ist, das ist der Ursprung der Übel, was dabei das Entsagen, die Überwindung des triebhaften Willens ist, das ist das Aufhören der Übel. Wenn ein Bhikkhu so weit kommt, hat er viel geleistet.
Ebenso verhält es sich mit dem Ohr und den Tönen, der Nase und den Düften, der Zunge und den Säften, dem Leib und den Tastungen, dem Verstand und den Vorstellungen[3].
So sprach der ehrwürdige Sāriputta. Die Bhikkhus nahmen seine Rede mit Freude und Dank an.
[1]Im 21. Sutta.
[2]Im Text jedesmal ausführlich mit denselben Worten wie beim Erdelement, aber in den Handschriften teilweise schon abgekürzt.
[3]Im Text jedesmal mit denselben Worten wie beim Auge, jedoch in den Handschriften teilweise schon abgekürzt.