So habe ich es gehört:
In Anāthapindikas Bhikkhuheim im Jetahain bei Sāvatthi sprach der Erhabene einst zu den Bhikkhus:
Es gibt vier Arten der Lebensführung. Die eine ist in der Gegenwart erfreulich und hat in der Zukunft unerfreuliche Folgen; die zweite ist in der Gegenwart unerfreulich und hat in der Zukunft unerfreuliche Folgen; die dritte ist in der Gegenwart unerfreulich und hat in der Zukunft erfreuliche Folgen; die vierte ist in der Gegenwart erfreulich und hat in der Zukunft erfreuliche Folgen.
Dies ist die erste Lebensführung: Manche Samanas und Brahmanen lehren und glauben, ein lustiges Dasein sei nicht schlimm. Sie leben sich aus in sinnlicher Lust, verkehren mit gut frisierten Nonnen[1] und sagen: Seht ihr, verehrte Samanas und Brahmanen, in den Lüsten Gefahren für die Zukunft, daß ihr lehrt, den Lüsten zu entsagen, die Lüste zu durchschauen? Wie angenehm ist doch eine Umarmung dieser jungen, zarten, flaumigen Nonne! Und so leben sie sich aus in sinnlicher Lust. Nach dem Tode aber geraten sie abwärts in höllisches Elend. Dann erdulden sie bitteres Leid und sagen: Ihr, verehrte Samanas und Brahmanen, habt in den Lüsten Unheil vorhergesehen und darum gelehrt, den Lüsten zu entsagen, die Lüste zu durchschauen; jetzt erdulden wir infolge der Lüste bitteres Leid.
Das ist so, als wenn im letzten Sommermonat ein Schlinggewächs Frucht trägt und ein Same davon unter einen Salbaum fällt. Dann gerät der Geist, der in dem Salbaum wohnt, in Furcht und Schrecken; seine Freunde und Verwandten, die Geister in Park und Wald, in Baum und Strauch und Kraut, kommen zusammen und trösten ihn: Fürchte dich nicht, vielleicht wird den Samen des Schlinggewächses ein Pfau verschlucken oder eine Gazelle fressen oder ein Feuer verbrennen oder ein Waldarbeiter auflesen oder eine Ameise wegschleppen oder er wird nicht keimen. Aber kein Pfau verschluckt ihn, keine Gazelle frißt ihn, kein Feuer verbrennt ihn, kein Waldarbeiter liest ihn auf, keine Ameise schleppt ihn weg, sondern er keimt auf. Durch Regen wächst er empor und entwickelt sich kräftig. Zuerst ist er ein junges, zartes, flaumiges Anhängsel; dann überwuchert es den Salbaum, und der im Salbaum wohnende Geist denkt: Haben meine Freunde und Verwandten, die Geister in Park und Wald, in Baum und Strauch und Kraut, in dem Samen des Schlinggewächses das Unheil vorhergesehen und mich darum getröstet, er werde nicht keimen; die Umarmung dieses jungen, zarten, flaumigen Anhängsels werde angenehm sein? Das Schlinggewächs aber schlängelt sich rund um den Salbaum herum, gabelt sich oben, wird stark und üppig und erstickt den Salbaum. Dann denkt der Salbaumgeist: Ihr Freunde und Verwandten, Ihr Geister in Park und Wald, in Baum und Strauch und Kraut, ihr habt in dem Samen des Schlinggewächses das Unheil vorhergesehen und seid zusammengekommen, mich zu trösten, und nun erdulde ich bitteres Leid!
So ist die Lebensführung, die gegenwärtig erfreulich ist, aber unerfreuliche Folgen zeitigt.
Und dies ist die zweite Lebensführung: Jemand betreibt Selbstquälerei nach mancherlei Regeln[2]. Nach dem Tode aber gerät er abwärts in höllisches Elend. Dies ist eine Lebensweise, die gegenwärtig unerfreulich ist und unerfreuliche Folgen zeitigt.
Und dies ist die dritte Lebensführung: Jemand hat von Natur ein begehrliches Wesen und muß immer wieder Schmerz und Kummer erdulden, die ihm aus der Begehrlichkeit erwachsen; oder er hat von Natur ein gehässiges Wesen und muß immer wieder Schmerz und Kummer erdulden, die ihm aus seiner Gehässigkeit erwachsen; oder er hat von Natur ein verworrenes Wesen und muß immer wieder Schmerz und Kummer erdulden, die ihm aus seiner Verworrenheit erwachsen. Wenn dieser dann mit Schmerz und Kummer, mit Tränen und Ächzen ein ganz reines frommes Leben führt, so gelangt er nach dem Tode aufwärts in himmlische Welt. Dies ist eine Lebensweise, die gegenwärtig unerfreulich ist, aber erfreuliche Folgen zeitigt.
Und dies ist die vierte Lebensführung: Jemand ist von Natur nicht begehrlich, nicht gehässig, nicht verworren und bleibt deshalb frei von Schmerz und Kummer, die aus Begehrlichkeit, Gehässigkeit und Verworrenheit erwachsen würden. Dieser löst sich ab von dem Verlangen nach Sinnengenüssen und von unheilsamen Regungen und erreicht die mit Nachdenken und Überlegen verbundene, aus der Ablösung entstandene, von Freude und Wohlbehagen erfüllte erste Stufe der Versenkung und bleibt darin. Dann bringt er Nachdenken und Überlegen zur Ruhe, in seinem Innern wird es still, sein Geist ist auf einen einzigen Gegenstand gerichtet, und er erreicht die aus der Geistessammlung entstandene, von Nachdenken und Überlegen freie, von Freude und Wohlbehagen erfüllte zweite Stufe der Versenkung und bleibt darin. Wenn dann die freudige Erregung abgeklungen ist, bleibt er gleichmütig, andächtig und klar bewußt und empfindet körperlich ein Wohlbehagen, von dem die Edlen sagen: Bei Gleichmut und Andacht fühlt man sich beglückt. So erreicht er die dritte Stufe der Versenkung und bleibt darin. Dann geht er über Wohlbehagen und Mißbehagen hinweg, auch die Erinnerung an frühere frohe und trübe Stimmungen schwindet dahin, und er erreicht die über Wohlbehagen und Mißbehagen erhabene vierte Stufe der Versenkung, bei welcher Gleichmut und Andacht in höchster Reinheit bestehen, und bleibt darin. Nach dem Tode gelangt er aufwärts in himmlische Welt. Dies ist eine Lebensweise, die gegenwärtig erfreulich ist und erfreuliche Folgen zeitigt.
So sprach der Erhabene. Mit Freude und Dank nahmen die Bhikkhus seine Erklärung an.
[1]paribbājikā ist eine nichtbuddhistische wandernde Nonne. Eine buddhistische Bhikkhuni ist nicht frisiert, sondern kahlgeschoren.
[2]Im Text ausführlich mit denselben Worten wie im 12. Sutta von <Ich ging nackt> bis <So kasteite ich meinen Leib> aber in der dritten Person.