Majjhima Nikāya, Mittlere Sammlung

ZWEITER TEIL: DIE MITTLEREN FÜNFZIG - Majjhimapannāsam

IX. BUCH: KÖNIGE - Rājavaggo

82. Ratthapāla - Sutta

 

So habe ich es gehört:

   Einst wanderte der Erhabene mit vielen Bhikkhus durch das Kuruland und kam zu dem Städtchen Thullakótthita. Da hörten die brahmanischen Hausherren von Thullakótthita, der Samana Gotama sei angekommen, von dem man rühmend sage:

 

Heilig, erhaben, der völlig Erwachte,
Welcher in Wissen und Wandel bewährt ist,
Kenner der Welten, zum Heile gekommen,
Bester Erzieher der irrenden Menschheit,
Lehrer der Götter und Menschen ist Buddha.

 

Er habe diese Welt mit ihren Göttern, mit Māra und Brahma, mit den Samanas und Brahmanen, den Göttern und Menschen selbst erkannt und durchschaut und erkläre sie, er verkünde die Lehre, die am Anfang, in der Mitte und am Ende gut ist, nach Sinn und Wortlaut, und lehre einen vollkommen reinen Lebenswandel. Es lohne sich, einen solchen Heiligen zu sehen. So gingen sie zum Erhabenen, begrüßten ihn und setzten sich zu ihm, indem einige die üblichen Grußworte sprachen, einige sich mit zusammengelegten Händen vor ihm verneigten, einige sich mit ihren Namen vorstellten und einige sich schweigend setzten, und der Erhabene hielt ihnen einen anregenden, zu Herzen gehenden Vortrag.

In dieser Versammlung saß auch der junge Ratthapala, der aus einer vornehmen Familie stammte. Dieser dachte: Wenn ich die Lehre des Erhabenen richtig verstehe, kann man nicht leicht einen ganz reinen, makellosen Lebenswandel führen, wenn man im Hause lebt; ich möchte mir Haar und Bart scheren lassen, ein gelbes Gewand anlegen und aus dem Hause in die Heimatlosigkeit ziehen. Begeistert von der Rede des Erhabenen stand er auf und verabschiedete sich. Bald aber, nachdem die brahmanischen Hausherren fortgegangen waren, suchte er den Erhabenen auf und bat ihn um Aufnahme in den Orden. Darauf fragte ihn der Erhabene, ob er von seinen Eltern die Erlaubnis erhalten habe, in den Orden einzutreten. Das verneinte Ratthapala, und der Erhabene sagte ihm, ohne die Erlaubnis der Eltern könne er nicht in den Orden aufgenommen werden. «Ich werde es schon durchsetzen», erwiderte Ratthapala, «daß mir meine Eltern die Erlaubnis geben.» Dann verabschiedete er sich vom Erhabenen, ging zu seinen Eltern und bat sie um die Erlaubnis, Bhikkhu zu werden. Die Eltern aber sagten: «Lieber Ratthapala, du bist unser einziger Sohn, wir haben dich lieb und dir geht es gut, du kennst keine Leiden. Beim Tode werden wir uns gegen unsern Willen von dir trennen. Warum sollten wir dir bei Lebzeiten erlauben, aus dem Hause in die Heimatlosigkeit zu ziehen?» Dreimal bat Ratthapala, und dreimal lehnten die Eltern ab. Zuletzt sagten sie: «Komm, lieber Ratthapala, iß und trink und laß es dir wohl sein! Du kannst genießen, was die Sinne bieten, und dich zugleich daran erfreuen, gute Werke zu tun. Wir erlauben dir nicht, aus dem Hause in die Heimatlosigkeit zu ziehen.»

Da Ratthapala die Erlaubnis nicht erhielt, warf er sich auf den Erdboden und sagte: «Hier werde ich sterben oder Bhikkhu werden. Dreimal forderten die Eltern ihn auf, sich zu erheben, redeten ihm gut zu, blieben aber bei ihrer Ablehnung, und Ratthapala schwieg. Dann kamen seine Freunde und versuchten dreimal ihn zu bewegen, im Hause zu bleiben, aber Ratthapala beharrte bei seinem Schweigen. Darauf sprachen die Freunde zu den Eltern: «Wenn ihr eurem Ratthapala erlaubt Bhikkhu zu werden, werdet ihr ihn nach seinem Fortgang wiedersehen; denn wenn ihm das Bhikkhuleben nicht gefällt, wohin sollte er sich dann sonst wenden? Dann wird er eben zurückkehren. Gebt ihm also die Erlaubnis!» Nun willigten die Eltern ein, fügten aber hinzu, er solle sich als Bhikkhu wieder bei ihnen zeigen, und die Freunde sagten es dem Ratthapala.

Nachdem Ratthapala aufgestanden war und sich wieder erholt hatte, ging er zum Erhabenen und meldete ihm, daß er von seinen Eltern die Erlaubnis erhalten habe, Bhikkhu zu werden. Darauf erteilte ihm der Erhabene die erste und die zweite Weihe.

Danach blieb der Erhabene noch vierzehn Tage lang in Thullakótthita, dann wanderte er nach Sāvatthi und weilte dort in Anāthapindikas Bhikkhuheim. Inzwischen übte der ehrwürdige Ratthapala zurückgezogen unermüdlich und eifrig und erreichte bald das höchste Ziel des Reinheitslebens, um dessentwillen achtbare Männer aus dem Hause in die Heimatlosigkeit ziehen, schon in diesem Leben. Er erkannte, daß die Wiedergeburt überwunden, das Ziel des Reinheitslebens erreicht und getan worden war, was zu tun war, und daß diese Welt nichts mehr zu bedeuten hatte. Damit war er ein Heiliger geworden.

Dann begab er sich zum Erhabenen und sagte ihm, er wünsche sich seinen Eltern wieder zu zeigen, wenn der Erhabene es ihm gestatte. Der Erhabene durchschaute die Denkweise des ehrwürdigen Ratthapala und erkannte, daß Ratthapala das Streben nicht mehr aufgeben und nicht zum gemeinen Leben zurückkehren konnte, und erwiderte: «Ratthapala, tue, was du für recht hältst!»

Darauf verabschiedete sich Ratthapala vom Erhabenen, nahm seine Matte, seine Schale und sein Obergewand und wanderte nach Thullakótthita. Dort nahm er Aufenthalt im Wildpark des Kurukönigs und ging am Vormittag in das Städtchen, um Speise zu sammeln. Dabei kam er auch zu dem Hause seines Vaters. Dieser saß gerade in der mittleren Torhalle und ließ sich rasieren. Als er den ehrwürdigen Ratthapala kommen sah, sprach er: «Von solchen kahlköpfigen Pfaffen ist unser einziger lieber Sohn entführt worden!» Ratthapala erhielt also in seinem Elternhaus keine Spende und auch keine Ablehnung, sondern nur Schimpfworte. Währenddessen wollte Ratthapalas Kindsmagd gerade vom vorigen Tage übriggebliebenen Milchbrei wegschütten. Da sagte Ratthapala zu ihr: «Schwester, wenn du das wegschütten mußt, dann schütte es in meine Schale!» Während sie das nun tat, erkannte sie ihn an seinen Händen und Füßen und an seiner Stimme, lief eilig zu Ratthapalas Mutter und rief: «Eine Neuigkeit, gnädige Frau: der junge Herr Ratthapala ist angekommen!» - «Wenn das wahr ist, sollst du frei sein», erwiderte sie, eilte zu ihrem Gemahl und rief: «Eine Neuigkeit, Hausherr: unser Ratthapala soll angekommen sein!» Währenddessen aß Ratthapala gerade, an eine Mauer gelehnt, den Milchbrei vom vorigen Tage. Da ging der Vater zu ihm und sagte: «Lieber Ratthapala, willst du wirklich den Milchbrei vom vorigen Tage essen? Willst du nicht in dein Haus kommen?» - «Hausherr», erwiderte Ratthapala, «wie könnte ich ein Haus haben, da ich doch aus dem Hause in die Heimatlosigkeit gezogen bin? Als Hausloser bin ich, Hausherr, zu deinem Hause gekommen, aber hier habe ich keine Spende und auch keine Ablehnung erhalten, sondern nur Schimpfworte.» - «Komm, lieber Ratthapala, wir wollen hineingehen!» - «Danke, Hausherr, heute habe ich schon gespeist.» - «Dann sei, bitte, morgen unser Gast!» Schweigend gewährte Ratthapala die Bitte.

Darauf ging der Vater in das Haus, ließ eine Menge Goldmünzen und Goldschmuck aufhäufen und Matten darüber decken und sagte zu Ratthapalas früheren Frauen: «Kommt, Schwiegertöchter, legt den Schmuck an, mit dem ihr früher dem Ratthapala am besten gefallen habt!»

Am nächsten Tage ließ er in seinem Hause vorzügliche Speisen zubereiten und Ratthapala melden, daß das Mahl bereitstehe. Ratthapala kam und setzte sich auf den ihm angebotenen Platz. Nun ließ der Vater das aufgehäufte Gold aufdecken und sagte: «Lieber Ratthapala, dies ist dein Erbteil von der Mutter, jenes das vom Vater und das dritte das vom Großvater. Man kann den Reichtum genießen und Gutes tun. Komm, lieber Ratthapala, gib das Streben auf und kehre zum gemeinen Leben zurück, genieße den Reichtum und tue gute Werke!» - «Hausherr», erwiderte Ratthapala, «wenn du meinem Wort folgen willst, dann laß diesen Goldhaufen auf Karren laden und mitten in den Gangesstrom werfen. Warum? Weil dir daraus nur Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung erwachsen werden.» Dann knieten seine früheren Frauen vor ihm nieder, jede ergriff einen seiner Füße, und sie sprachen: «Junger Herr Gemahl, was sind das nur für himmlische Nymphen, um derentwillen du Bhikkhu geworden bist?» - «Ich bin um keiner Nymphen willen Bhikkhu geworden, liebe Schwestern!» - «Er nennt uns Schwestern!» riefen sie und fielen in Ohnmacht. Ratthapala aber sagte zu seinem Vater: «Hausherr, wenn Ihr mir Speise spenden wollt, so spendet sie, aber quält mich nicht!» - «Iß, lieber Ratthapala, das Mahl ist aufgetragen!» Nun bediente der Vater den ehrwürdigen Ratthapala eigenhändig mit vorzüglichen Speisen. Nachdem Ratthapala gespeist und die Hände abgespült hatte, stand er auf und sprach diese Verse:

 

Schau diese Puppe an, bemalt, doch siech inwendig,
Die vieles wünscht und plant, so krank und unbeständig,
Schau, wie sie sich mit Ringen putzt und Edelsteinen!
Vom Kleid verhüllte Knochen wollen schön erscheinen.
 
Die Füße rot belackt, das Mündchen fein geschminkt;
Den Toren täuscht's - nicht den, dem's andre Ufer winkt.
Die Wimpern schwarz gesalbt, das Haar hoch aufgebaut;
Den Toren täuscht's - nicht den, der's andre Ufer schaut.
 
Wie neuer Salbentopf der faule Leib geschmückt;
Den Toren täuscht's - nicht den, der schon hinüberblickt.
Der Jäger warf das Netz, das Reh lief nicht hinein.
Ich aß das Mahl und geh'. Nun mag der Jäger schrei'n!

 

Nachdem Ratthapala stehend diese Verse gesprochen hatte, begab er sich in den Wildpark des Kurukönigs und setzte sich unter einen Baum, um bis zum Abend dort zu bleiben.

Der Kurukönig hatte seinen Parkaufseher beauftragt, den Wildpark säubern zu lassen, weil er sich die schöne Landschaft ansehen wollte. Bei der Säuberung bemerkte der Parkaufseher den unter einem Baum sitzenden Ratthapala, ging zum König und meldete ihm: «Majestät, der Wildpark ist gesäubert, aber da sitzt Herr Ratthapala, der junge Herr aus vornehmer Familie von Thullakótthita, den Ihr wiederholt rühmend genannt habt.» Darauf entschloß sich der König, die Fahrt in die Landschaft für diesen Tag aufzugeben und dem ehrwürdigen Ratthapala seine Verehrung zu erweisen. Er ließ die zubereiteten Speisen verteilen, prächtige Wagen anspannen, bestieg einen davon und fuhr mit großem königlichem Prunk hinaus, um Ratthapala aufzusuchen. Soweit man fahren konnte, fuhr er, dann stieg er aus und ging zu Fuß, indem er sein Gefolge zurückließ, zum ehrwürdigen Ratthapala, begrüßte ihn höflich, blieb stehen und forderte ihn auf, sich auf eine Elefantendecke, die er mitgebracht hatte, zu setzen. Ratthapala aber sagte: «Danke, Majestät, setzt Euch selbst darauf, ich habe schon einen Sitzplatz.» Nun setzte sich der König und sagte:

«Es gibt vier Notstände, die manchen veran1assen, sich Haar und Bart zu scheren, gelbe Gewänder anzulegen und aus dem Hause in die Heimatlosigkeit zu ziehen: Altersschwäche, Krankheit, Vermögensverlust und Verwandtenverlust. Da ist zunächst Altersschwäche. Mancher denkt, wenn er alt und schwach geworden ist, es werde ihm nun nicht leicht sein, neues Vermögen zu erwerben oder vorhandenes Vermögen zu mehren; deshalb entschließt er sich, Bhikkhu zu werden. Ihr aber, Herr Ratthapala, seid jung und kräftig, Euer Haar ist noch dunkel, Ihr steht im ersten Mannesalter; von Altersschwäche kann bei Euch nicht die Rede sein. Welches Erlebnis hat Euch denn veranlaßt, Bhikkhu zu werden? Auch bei Krankheit denkt mancher, es werde ihm nun nicht leicht sein, neues Vermögen zu erwerben oder vorhandenes Vermögen zu mehren; deshalb entschließt er sich, Bhikkhu zu werden. Ihr aber, Herr Ratthapala, seid gesund und munter, bei Euch kann von Krankheit keine Rede sein. Welches Erlebnis hat Euch denn veranlaßt, Bhikkhu zu werden? Bei Vermögensverlust denkt mancher, der wohlhabend oder reich war, nach und nach aber sein Vermögen verloren hat, es werde nun nicht leicht sein, neues Vermögen zu erwerben oder vorhandenes Vermögen zu mehren; deshalb entschließt er sich, Bhikkhu zu werden. Ihr aber, Herr Ratthapala, stammt aus einer vornehmen, begüterten Familie in Thullakótthita, bei Euch kann von Vermögensverlust keine Rede sein. Welches Erlebnis hat Euch denn veranlaßt, Bhikkhu zu werden? Beim Verlust von Verwandten denkt mancher, der viele Freunde und Verwandte hatte, aber sie nach und nach verlor, es werde ihm nun nicht leicht sein, neues Vermögen zu erwerben oder vorhandenes Vermögen zu mehren; deshalb entschließt er sich, Bhikkhu zu werden. Ihr aber, Herr Ratthapala, habt viele Freunde und Verwandte in Thullakótthita, bei Euch kann von Verwandtenverlust keine Rede sein. Welches Erlebnis hat denn Euch veranlaßt, Bhikkhu zu werden?»

Ratthapala antwortete: «Majestät! Der Erhabene, der Wissende, der Schauende, der Heilige, der voll Erwachte hat vier Lehrsätze verkündet, die ich gehört, verstanden und eingesehen habe, und darum bin ich Bhikkhu geworden. Er hat verkündet: erstens, daß die Welt hinfällig und unbeständig ist; zweitens, daß die Welt keinen Schutz und Schirm bietet; drittens, daß in der Welt uns nichts gehört, daß man beim Hinscheiden alles aufgeben muß; viertens, daß die Welt stets bedürftig und nie zufriedenzustellen ist.»

Darauf fragte der König: «Was bedeutet, die Welt sei hinfällig und unbeständig?» - «Majestät», sagte Ratthapala, «konntet Ihr nicht, als Ihr zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre alt wart, Elefanten zähmen, Rosse bändigen, Wagen lenken, Bogen spannen und Schwerter schwingen? Hattet Ihr nicht damals starke Schenkel und Arme, wart Ihr nicht tüchtig im Kampf?» - «Ja, Herr Ratthapala, so war es, und manchmal glaubte ich Wunderkräfte zu haben. Ich kannte keinen, der mir an Kraft gleichkam.» - «Seid Ihr jetzt noch so stark und kampftüchtig?» - «Nein, jetzt bin ich alt und schwach, bin achtzig Jahre alt. Zuweilen begegnet es mir, daß ich den Fuß hierher setzen will und ihn dorthin setze.» - ��Gerade das meint der Erhabene mit dem Satz, daß die Welt hinfällig und unbeständig ist, und weil ich das gehört, verstanden und eingesehen habe, bin ich Bhikkhu geworden.» - «Es ist erstaunlich, wie richtig der Erhabene gesagt hat, daß die Welt hinfällig und unbeständig ist! Die Welt ist wirklich hinfällig und unbeständig. - Ich habe aber in meiner Königsburg Mengen von Elefanten, Rossen, Kriegswagen und Fußsoldaten, die mich im Notfalle verteidigen werden. Was bedeutet dann der Satz, daß die Welt ohne Schutz und Schirm sei?» - «Majestät, leidet Ihr nicht an einer chronischen inneren Krankheit?» - «Ja, ich habe ein chronisches inneres Leiden. Zuweilen stehen meine Freunde und Verwandten um mich herum und sagen: Jetzt wird der König sterben, jetzt wird der König sterben.» - «Könnt Ihr zu Euren Freunden und Verwandten sagen: Kommt alle herbei und verteilt meine Schmerzen unter euch, damit ich weniger zu leiden habe? Oder müßt Ihr die Schmerzen allein fühlen?» - «Das kann ich zu ihnen nicht sagen, sondern ich muß die Schmerzen allein fühlen.» - «Gerade das meint der Erhabene mit dem Satz, daß die Welt keinen Schutz und Schirm bietet, und weil ich das gehört, verstanden und eingesehen habe, bin ich Bhikkhu geworden.» - «Es ist erstaunlich, wie richtig der Erhabene gesagt hat, daß die Welt keinen Schutz und Schirm bietet. Die Welt bietet wirklich keinen Schutz und Schirm. - Ich habe aber in meiner Königsburg viele Goldmünzen und vielen Goldschmuck, teils vergraben, teils offen aufgestellt. Was bedeutet dann der Satz, daß uns in der Welt nichts gehört, daß man beim Hinscheiden alles aufgeben muß?» - «Majestät, wird es Euch gelingen, die Freuden der fünf Sinne, so wie Ihr sie hier genießt, auch nach dem Tode im Jenseits zu genießen, oder werden andere diesen Besitz antreten, während Ihr dahingeht gemäß Euren Werken?» - «Ich kann nichts mitnehmen, und andere werden den Besitz antreten, während ich dahingehe gemäß meinen Werken.» - «Gerade das meint der Erhabene mit dem Satz, daß uns in der Welt nichts gehört, daß man beim Hinscheiden alles aufgeben muß, und weil ich das gehört, verstanden und eingesehen habe, bin ich Bhikkhu geworden.» - «Es ist erstaunlich, wie richtig der Erhabene gesagt hat, daß uns in der Welt nichts gehört, daß man beim Hinscheiden alles aufgeben muß. Uns gehört wirklich in der Welt nichts, man muß alles aufgeben beim Hinscheiden. - Und was bedeutet der Satz, daß die Welt stets bedürftig und nie zufriedenzustellen ist?» - «Majestät, ist Euer Kuruland nicht reich und blühend?» - «Ja!» - «Wenn nun ein vertrauenswürdiger Mann käme und berichtete, er habe im Osten, im Westen, im Norden, im Süden und jenseits des Meeres große, mächtige, blühende, volkreiche Länder gesehen, in denen es viele Elefanten, Rosse, Wagen und Fußsoldaten, viel Elfenbein, viel Gold, rohes und bearbeitetes, und viele weibliche Dienerschaft gebe; man könne diese Länder mit einer gewissen Streitmacht erobern; Ihr solltet sie erobern! - was würdet Ihr dann tun?» - «Erobern würde ich sie und in Besitz nehmen.» - «Gerade das meint der Erhabene mit dem Satz, daß die Welt stets bedürftig und nie zufriedenzustellen ist, und weil ich das gehört, verstanden und eingesehen habe, bin ich Bhikkhu geworden.» - «Es ist erstaunlich, wie richtig der Erhabene gesagt hat, daß die Welt stets bedürftig und nie zufriedenzustellen ist. Die Welt ist wirklich stets bedürftig und nie zufriedenzustellen.»

So sprach Ratthapala, dann fügte er hinzu:

 

Ich sehe Reiche in der Welt, die in Verblendung niemals geben;
Sie häufen an das viele Geld und wollen nur genußreich leben.
Ein König, der das Land im Krieg erobert hat bis hin zum Meer,
Begnügt sich nicht mit seinem Sieg; weit übers Meer schickt er sein Heer.

 

Der König und die breiten Massen, sie müssen einst den Tod erleiden.
Schon alt, woll'n sie den Leib nicht lassen, gibt's nun auch nicht mehr Sinnenfreuden.
Verwandte weinen, raufen Haare, sie klagen Wir verloren ihn!
Und tragen auf bedeckter Bahre den Leichnam zum Verbrennen hin.
Er wird verbrannt und roh gestoßen, ein einzig Tuch ist ihm geblieben.

 

Beim Sterben helfen nicht Genossen, auch die Verwandten nicht, die lieben.
Was er besaß, fällt an die Erben, das Wesen geht den Werken nach.
Vermögen gibt er auf beim Sterben, auch Kinder, Frau und Königsmacht.
Nicht kauft mit Geld man langes Leben, auch Altern hält Geld nicht zurück.

 

Die Weisen sagen: Unser Leben ist kurz, es schwindet Stück für Stück.
Getroffen werden Arm' und Reiche, der Tor, der Weise, beide gleich.
Erschlagen stürzt der Tor beim Streiche, der Weise bebt nicht vor dem Streich.
Darum gilt Weisheit mehr als Geld, denn sie verhilft zu gutem Rat.

 

Ratlos vor's Dasein hingestellt, begehen Toren Missetat.
Geboren wird man hier und dort und läuft im Kreislauf auf und nieder.
Mit wenig Weisheit glaubt man bieder und wird geboren hier und dort.
 
Wie einen Dieb, den man ergreift beim Einbruch, schlägt die eigne Tat,
So schlägt den Menschen nach dem Tod in jener Welt die eigne Tat.
Die Sinnenfreuden scheinen süß, doch häßlich quälen sie den Geist.
 
Weil ich die schlechten Folgen sah, darum zog ich hinaus als Mönch.
Wie von dem Baum die Früchte fallen, so fällt beim Tode Jung und Alt.,
Als ich das einsah, ward ich Mönch, denn Mönchtum bietet Sicherheit.

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