1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī, im Östlichen Park, im Palast von Migāras Mutter auf.
2. Als es Abend war, erhob sich der ehrwürdige Ānanda von der Meditation, ging zum Erhabenen, und nachdem er ihm gehuldigt hatte, setzte er sich seitlich nieder und sagte zum Erhabenen:
3. "Ehrwürdiger Herr, der Erhabene hielt sich einmal im Land der Sakyer, bei Nagaraka, einer Stadt der Sakyer, auf. Dort, ehrwürdiger Herr, hörte und vernahm ich dies aus des Erhabenen eigenen Munde: ' Ānanda, ich verweile jetzt oft in Leerheit [1].' Hörte ich jenes richtig, ehrwürdiger Herr, vernahm ich jenes richtig, paßte ich richtig auf, behielt ich jenes richtig im Gedächtnis?"
"Sicherlich, Ānanda, du hörtest jenes richtig, vernahmst jenes richtig, paßtest richtig auf, behieltest jenes richtig im Gedächtnis. Wie früher, Ānanda, so verweile ich auch jetzt oft in Leerheit."
4. " Ānanda, so wie dieser Palast von Migāras Mutter leer von Elefanten, Vieh, Hengsten und Stuten ist, leer von Gold und Silber, leer von einer Zusammenkunft von Männern und Frauen, und nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig ist, nämlich die Singularität, die von der Sangha der Bhikkhus abhängt [2]; genauso achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung 'Dorf' achtet, nicht auf die Wahrnehmung 'Menschen' achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung 'Wald' abhängt [3]. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung 'Wald' ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Dorf< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Menschen< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung >Wald< abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Dorf<; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Menschen<. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung >Wald< abhängt.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit [4]."
5. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung 'Menschen' achtet, nicht auf die Wahrnehmung 'Wald' achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung 'Erde' abhängt. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung 'Erde' ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. So wie die Haut eines Bullen frei von Falten wird, wenn sie mit hundert Nägeln voll aufgespannt wird; genauso achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Höhenrücken und Hohlräume dieser Erde achtet, nicht auf die Flüsse und Schluchten, nicht auf die Landstriche der Baumstümpfe und Dornen, nicht auf die Berge und unebenen Gegenden - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung 'Erde' abhängt. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung 'Erde' ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Menschen< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Wald< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung >Erde< abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Menschen<; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Wald<. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung >Erde< abhängt [5].' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
6. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung 'Wald' achtet, nicht auf die Wahrnehmung 'Erde' achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit abhängt [6]. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Wald< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Erde< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Wald<; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Erde<. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit abhängt.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
7. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung 'Erde' achtet, nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit abhängt. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung >Erde< abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung >Erde<; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit abhängt.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
8. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit achtet, nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit abhängt. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Raumunendlichkeit; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit abhängt.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
9. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit achtet, nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung abhängt. Sein Geist dringt in jene Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung abhängt.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die Singularität, die von der Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung abhängt.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
10. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit achtet, nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der merkmallosen Konzentration [7] des Herzens abhängt. Sein Geist dringt in jene merkmallose Konzentration des Herzens ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die von der Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich das mit den sechs Sinnesgrundlagen verbundene, die von diesem Körper abhängen und durch das Leben bedingt sind.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer von der Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die mit den sechs Sinnesgrundlagen verbundene, die von diesem Körper abhängen und durch das Leben bedingt sind.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit."
11. "Wiederum, Ānanda, achtet ein Bhikkhu - indem er nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets der Nichtsheit achtet, nicht auf die Wahrnehmung des Gebiets von Weder-Wahrnehmung-noch-Nichtwahrnehmung achtet - so achtet er auf die Singularität, die von der merkmallosen Konzentration des Herzens abhängt. Sein Geist dringt in jene merkmallose Konzentration des Herzens ein und erlangt Zuversicht, Beständigkeit und Entschlossenheit. Er versteht so: 'Diese merkmallose Konzentration des Herzens ist produziert und willentlich herbeigeführt. Aber was auch immer produziert und willentlich herbeigeführt ist, ist vergänglich, dem Aufhören unterworfen [8].' Wenn er so weiß und sieht, ist sein Geist vom Sinnestrieb befreit, vom Werdenstrieb und vom Unwissenheitstrieb. Wenn er so befreit ist, kommt das Wissen: 'Er ist befreit.' Er versteht: 'Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr.'"
12. "Er versteht so: 'Was immer es an Störungen geben mag, die vom Sinnestrieb abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die vom Werdensstrieb abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig; was immer es an Störungen geben mag, die vom Unwissenheitstrieb abhängen, jene sind hier nicht gegenwärtig. Es ist nur dieses Ausmaß an Störung gegenwärtig, nämlich das mit den sechs Sinnesgrundlagen verbundene, die von diesem Körper abhängen und durch das Leben bedingt sind.' Er versteht: 'Dieses Feld der Wahrnehmung ist leer vom Sinnestrieb; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer vom Werdenstrieb; dieses Feld der Wahrnehmung ist leer vom Unwissenheitstrieb. Es ist nur diese Nicht-Leerheit gegenwärtig, nämlich die mit den sechs Sinnesgrundlagen verbundene, die von diesem Körper abhängen und durch das Leben bedingt sind.' Somit betrachtet er es als leer von dem, was nicht vorhanden ist, was aber das Restliche anbelangt, so versteht er das, was gegenwärtig ist, folgendermaßen: 'Dies ist gegenwärtig.' Somit, Ānanda, ist auch dies sein echtes, unverzerrtes, reines Hinabsteigen in die Leerheit, vollendet und unübertrefflich [9]."
13. " Ānanda, welche Mönche und Brahmanen auch immer in der Vergangenheit in die reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit eintraten und darin verweilten, sie alle traten in eben diese reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit ein und verweilten darin. Welche Mönche und Brahmanen auch immer in der Zukunft in die reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit eintreten und darin verweilen werden, sie alle werden in eben diese reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit eintreten und darin verweilen. Welche Mönche und Brahmanen auch immer jetzt in die reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit eintreten und darin verweilen, sie alle treten in eben diese reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit ein und verweilen darin. Daher, Ānanda, solltest du dich so üben: 'Wir wollen in reine, vollendete, unübertreffliche Leerheit eintreten und darin verweilen.'"
Das ist es, was der Erhabene sagte. Der ehrwürdige Ānanda war zufrieden und entzückt über die Worte des Erhabenen.
Anmerkungen:
[1] BB: "Verweilen in Leerheit" (suññatāvihāra) bezieht sich auf den Erreichungszustand der Leerheit (suññatāphala-samāpatti), einen Erreichungszustand in Verbindung mit Arahantschaft, in den man eintritt, wenn man sich auf den Leerheitsaspekt von Nibbāna fokussiert.
[2] Hier stellt der Buddha klar, daß Leerheit in ihrer Essenz negativ ist, d.h. Leerheit ist immer Leerheit von etwas, das abwesend ist. Man könnte den Eindruck gewinnen, der Buddha habe spätere Entwicklungen im Buddhismus vorhergesehen, die dazu neigen, den Begriff Leerheit zu verselbständigen. An anderer Stelle wird ekattā mit "Einheit" übersetzt. Der hier gewählte Begriff "Singularität" soll die Bedeutung "Unteilbarkeit" (nicht "Einigkeit, Harmonie") verdeutlichen.
[3] Die Anführungszeichen wurden zur Verdeutlichung hinzugefügt. Bhikkhu Ñānananda analysiert in seiner brillianten Studie "Concept and Reality in Early Buddhist Thought" den Begriff papañca (geistig-begriffliches Ausufern) und beschreibt den Abstieg in die Leerheit als den Prozeß, der papañca umkehrt. Das Abwenden von "Dorf" und "Menschen" und das Leben im Wald ist ein erster Schritt zur Eindämmung der Konzeptualisierungssucht. Jeder Praktizierende, der es schon einmal ausprobiert hat, wird bestätigen können, daß das Leben im Wald äußerst förderlich für die Meditation ist, da der Geist nicht ständig damit beschäftigt sein muß, irgendwelche Dinge einzuordnen. Nichts Geschriebenes dringt in den Wahrnehmungshorizont ein, Gespräche und andere soziale Kontakte sind reduziert, Bäume, Büsche und andere Vegetation werden zur Singularität "Wald".
[4] Bhikkhu Ñānananda weist darauf hin, daß das "echte, unverzerrte, reine Hinabsteigen in die Leerheit" parallel zum Erleben läuft, das mit Weisheit der Wirklichkeit entsprechend erkannt wird. Der weitere Verlauf der Lehrrede zeigt, daß die höchste Verwirklichung von Leerheit, also das höchste Überwinden der Konzeptualisierungssucht mit dem Vernichten der Triebe zustande kommt, mit dem Überwinden der Ich-Illusion. Das Übel steckt nicht in den Konzepten selbst, die ja nur Ausdruck von Begehren, Ich-Dünkel und Ansichten sind. Es geht nicht darum, die Konzepte zu vernichten, sondern das Konzeptualisieren zu verstehen und zu transzendieren, also an der Wurzel anzupacken. Bhikkhu Ñānananda zeigt die Gefahr auf, die in der dialektischen Methode der Konzeptüberwindung steckt, wie sie zum Beispiel von einer buddhistischen philosophischen Schulrichtung betrieben wird. Eine solche Vorgehensweise erschafft mit ihrer dialektischen "Zerstörung" von Konzepten und Ansichten letztendlich ein neues Konzept und eine neue Ansicht, ähnlich wie der Wanderasket Dīghanakha in M74, dessen Ansicht darin bestand, alle Ansichten abzulehnen. Ganz abgesehen von den fatalen ethischen Konsequenzen (Stichwort "verrückte Weisheit") ist ein "Hinabsteigen in die Leerheit", das nicht auf Verwirklichung von Nicht-Selbst beruht oder darauf abzielt, eben nicht "echt, unverzerrt und rein".
[5] Ein weiterer Schritt beim "Zurückschalten" von der Vielfalt und dem Ausufern; die Wahrnehmung "Erde" kann als Vorstufe zur Kasiṇa-Meditation betrachtet werden. Im Gegensatz zum Wald ist das Erdelement als Objekt für Einspitzigkeit des Geistes geeignet.
[6] Bei den formlosen Vertiefungen ist "mit dem Verschwinden der Wahrnehmung der Sinneseinwirkung, mit Nichtbeachtung der Vielheitswahrnehmung" die Grundlage für begriffliches Ausufern zeitweilig nicht mehr gegeben, die vom ehrwürdigen Mahā Kaccāna in M18 erläutert wird.
[7] Die merkmallose Konzentration wird in der Theravāda-Tradition meist als das Durchdringen von Vergänglichkeit verstanden. In M43 wird die merkmallose Konzentration etwas anders beschrieben. HH: “Loslassen des Loslassens”
[8] Das Nicht-Anhaften, selbst an erhabenen Geisteszuständen, das zur Vernichtung der Triebe führt (vgl. M52). HH: “Loslassen der Neigung zum Loslassen des Loslassens”
[9] "Unübertreffliche Leerheit" heißt, daß hier das begriffliche Ausufern an der Wurzel abgeschnitten wurde.