Vinaya-Piṭaka IV

BHIKKHUNĪ-VIBHAṄGA

Die Einteilung der Vorschriften für die buddhistischen Nonnen

I. Ausschluss

3. Mord

61. „Wer auch immer als Nonne vorsätzlich einem menschlichen Wesen das Leben nimmt oder für dieses nach einem Messer[80] sucht oder die Vorzüge zu sterben lobt oder es zum Selbstmord anstiftet [und spricht]: ‘Gute/r Frau/Mann, was ist das nur für ein übles und elendes Leben für dich? Da ist für dich doch der Tod besser als das Leben!’ – Wenn eine mit solchen Gedanken im Geist, mit solcher geistiger Intention, auf mancherlei Art die Vorzüge des Sterbens lobt oder sie/ihn zum Selbst­mord anstiftet, auch die ist eine Ausgeschlossene, eine Ausgestoßene.“

 

62. ‘Wer auch immer’ bedeutet: eine die wegen ihrer Abstammung, wegen ihres Standes, wegen ihres Namens, wegen ihrer Familie, wegen ihrer Ethik, wegen ihres Verweilens oder wegen ihres Einzugsgebietes [entweder] eine (Ordens-)Ältere oder ein (Ordens-)Neuling oder eine (Ordens-)Mittlere ist. Eine solche wird ‘Welche auch immer’ genannt.

‘Als Nonne’ bedeutet: sie ist eine Nonne, weil sie [um Almosen] bettelt; sie ist eine Nonne, weil sie dem Almosengang zugestimmt hat; sie ist eine Nonne, weil sie ein zerrisse­nes [und wieder zusammengenähtes] Gewand trägt; sie ist eine Nonne, weil sie als solche gilt; sie ist eine Nonne, weil sie dem zugestimmt hat; sie ist eine Nonne, weil sie mit ‘Komm, Nonne!’ gerufen wurde; sie ist eine Nonne, weil sie mittels dreifacher Zufluchtnahme hoch­ordiniert wurde; eine Nonne ist etwas Glückverheißendes; eine Nonne ist etwas Essen­zielles; eine Nonne ist eine Lernende; eine Nonne ist eine Ausgelernte; eine Nonne ist jemand, die in einem gültigen (Ordens-)Akt vor beiden geeinten Orden in vier Durchgängen unerschütterlich und unzweifelhaft hochordiniert ist. Wer als Nonne in einem gültigen (Ordens-)Akt vor beiden geeinten Orden in vier Durchgängen unerschütterlich und unzwei­felhaft hochordiniert ist, eine solche heißt ‘Nonne’.

‘Vorsätzlich’ ist die bewusste, wissentliche, vorsätzliche und mit Bedacht ausge­führte Übertretung.

‘Menschliches Wesen’ wird genannt, sobald im Mutterleib zum ersten Mal Geist aufkommt, sobald zum ersten Mal Bewusstsein entsteht, es erschienen ist und dann bis zur Sterbestunde anhält, das nennt man ‘Menschenwesen’.

‘Das Leben nehmen’ ist, wenn sie die Lebensfähigkeit abschneidet, sie zerstört, ihr Andauern verletzt.

‘Oder für diese nach einem Messer sucht’ ist: [wenn sie nach] einem Messer oder Speer oder Geschoss oder Knüppel oder Stein oder Schwert oder Gift oder Strick [sucht].

‘Oder die Vorzüge zu sterben lobt’ ist: sie zeigt die Gefahren des Lebens auf und spricht vom Wert des Sterbens.

‘Oder sie zum Selbstmord anstiftet’ ist: wenn sie spricht: „Greif zum Schwert, nimm das Gift, häng Dich am Strick auf und stirb.“

‘Guter Mann’ ist eine Art des Ansprechens.

‘Was ist das für ein übles Leben’ ist, wenn sie [so] das Leben als übel benennt: „Das Leben eines Mächtigen ist im Vergleich zum Leben eines Machtlosen übel und min­derwertig.“, „Das Leben eines Reichen ist im Vergleich zum Leben eines Armen übel.“, „Das Leben einer Gottheit ist im Vergleich zum Leben eines Menschen übel.“

‘Elendes Leben’ wird genannt, wenn die Hand abgeschlagen wurde, wenn der Fuß abgeschlagen wurde, wenn Hand und Fuß abgeschlagen wurden, wenn die Ohren abge­schnitten wurden, wenn die Nase abgeschnitten wurde, wenn Ohren und Nase abgeschnit­ten wurden.[81] Deswegen und wegen dieser üblen Dinge mag sie sagen, dass es ein elendes Leben sei und es wäre besser, zu sterben.

‘Solche Gedanken im Geist’ ist: mit einem solchen Geist(-zustand) [hegt sie] solche Gedanken, solche Überlegung [hegt sie] in ihrem Geist.[82]

‘Geistige Intention’ ist: den Tod im Sinne habend, an das Sterben denkend, zum Sterben geneigt sein.

‘Auf mancherlei Art’ ist: auf mannigfaltige Art und Weise.

‘Oder die Vorzüge des Sterbens loben’ ist, wenn sie die Gefahren des Lebens aufzeigt und so vom Wert des Sterbens spricht: „Wenn dieser Dein Körper nach dem Tod zerfällt, gelangst Du nach dem Sterben auf gute Wege, Du wirst in der Himmelwelt wieder­erscheinen, dort wirst Du wie eine Gottheit ausstaffiert sein, die fünf Sinnesfreuden genie­ßen und Dich amüsieren.“

‘Oder sie zum Selbstmord anstiften’ ist, wenn sie so spricht: „Greif zum Schwert“, „Nimm das Gift!“, „Häng Dich am Strick auf und stirb!“, „Stürz Dich in eine Grube!“ oder „Lass Dich vom Berg fallen!“

‘Eben so’ ist: wie bereits gesagt.

‘Sie ist eine Ausgeschlossene’ ist: gleichwie ein massiver Stein, der in zwei Stücke zerbrochen ist, nicht wieder zusammengefügt werden kann, ebenso ist eine Nonne, die vorsätzlich einem Menschen das Leben nahm, keine Asketin, keine Sakyatochter [mehr]. Deshalb wird sie ‘Ausgeschlossene’ genannt.

‘Ausgestoßene’ ist: Gemeinschaft nennt man gemeinsame Arbeit, gemeinsame Rezitation und zusammen üben – das nennt man Gemeinschaft. Sie hat nichts damit gemeinsam. Zu einer solchen sagt man: ‘Ausgestoßene.’

 

Stichworte

 

63. Eigenhändig; mit Entschluss: durch einen Beauftragten, durch eine Reihe von Beauf­tragten, durch einen Beauftragten weiterbefohlen[83], durch einen Beauftragten, der ging und (wieder-)kam; nicht geheim, aber der Ansicht nach geheim; der Ansicht nach nicht geheim, aber geheim; der Ansicht nach nicht geheim und nicht geheim; der Ansicht nach geheim und geheim; mittels Körper anpreisen; mittels Sprache anpreisen; mittels Körper und Spra­che anpreisen; durch einen Boten anpreisen lassen; mit einem Schreiben anpreisen; Fall­grube, Beiwerk[84]; aufgestellte Falle; Arznei, ein Zeichen erzeugen; ein Geräusch erzeugen; einen Duft erzeugen; einen Geschmack erzeugen; eine Berührung erzeugen; die Lehre darlegen; Absprache; Belehrung, eine Vereinbarung treffen; Anzeichen machen.

 

64. ‘Eigenhändig’ ist: sich selbst töten, durch den Körper oder durch etwas, was mit dem Körper im Zusammenhang steht oder davon abhängig ist.

‘Entschluss’ ist: sich entschlossen haben und dann befehlen: „Erschieß mich!“, „Schlag mich!“, „Töte mich!“

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie im Geist denkt, dass es jene ist und ihr das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie im Geist denkt, dass es eine andere ist und jener das Leben nimmt, ist das für die Anstifterin kein Vergehen. Für die Mörderin ist es ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie im Geist denkt, dass es eine andere ist, aber dieser das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie im Geist denkt, dass es eine andere ist und einer anderen das Leben nimmt, ist das für die Anstifterin kein Vergehen. Für die Mörderin ist es ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Sag es der Soundso!“, „Lass die Soundso der Soundso sagen!“, „Lass die Soundso der Soundso das Leben nehmen!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn die das der Nächsten erzählt, ist das ein Dukkaṭa-Ver­gehen. Wenn die Mörderin akzeptiert, ist das für die Anstifterin ein Thullaccaya-Vergehen. Wenn jener das Leben genommen wird, ist das für alle ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Sag es der Soundso!“, „Lass die Soundso der Soundso sagen!“, „Lass die Soundso der Soundso das Leben nehmen!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie es einer anderen befiehlt, ist das ein Dukkaṭa-Ver­gehen. Wenn die Mörderin akzeptiert, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jener das Leben genommen wird, ist das für die Anstifterin kein Vergehen, für die, die es weiter­befohlen hat und für die Mörderin ist das ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Nachdem diese gegangen war, kommt sie wieder zurück und sagt: „Ich bin nicht fähig, jener das Leben zu nehmen.“ Dann befiehlt sie: „Sobald Du dazu fähig bist, nimmst Du ihr das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn diese jener das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Nachdem sie es befohlen hatte, kamen ihr Gewissensbisse und sie sagt: „Töte sie nicht!“ Wenn diese [aber dennoch] jener das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Nachdem sie es befohlen hatte, kamen ihr Gewissensbisse und sie sagt: „Töte sie nicht!“ [Aber] sie antwortet: „Du hast es befohlen.“, und nimmt jener das Leben, ist das für die Anstifterin kein Vergehen. Für die Mörderin ist das ein Aus­schluss-Vergehen.

Da befiehlt eine Nonne einer [anderen] Nonne: „Nimm der Soundso das Leben!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Nachdem sie es befohlen hatte, kamen ihr Gewissensbisse und sie sagt: „Töte sie nicht!“ Wenn diese sagt: „Na gut!“, und [vom Töten] Abstand nimmt, ist das für beide kein Vergehen.

 

65. ‘Nicht geheim, aber der Ansicht nach geheim’ ist, wenn sie (fälschlicherweise) aus­spricht: „Wenn doch nur die Soundso getötet würde!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. ‘Geheim, aber der Ansicht nach nicht geheim’ ist, wenn sie (fälschlicherweise) ausspricht: „Wenn doch nur die Soundso getötet würde!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. ‘Nicht geheim und der Ansicht nach nicht geheim’ ist, wenn sie (fälschlicherweise) ausspricht: „Wenn doch nur die Soundso getötet würde!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. ‘Geheim und der Ansicht nach geheim’ ist, wenn sie (fälschlicherweise) ausspricht: „Wenn doch nur die Soundso getötet würde!“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen.

‘Mittels Körper anpreisen’ wird genannt, wenn mit dem Körper Gesten gemacht werden [die aussagen]: „Wer so stirbt, der bekommt Reichtum oder der erhält Ruhm oder der gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene aufgrund dieses Anpreisens sagt: „Ich will sterben.“, und bei ihr deshalb leidhafte Empfindungen auf­kommen, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Mittels Sprache anpreisen’ wird genannt, wenn mit der Sprache ausgedrückt wird: „Wer so stirbt, der bekommt Reichtum oder der erhält Ruhm oder der gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene aufgrund dieses Anpreisens sagt: „Ich will sterben.“, und bei ihr deshalb leidhafte Empfindungen aufkommen, ist das ein Thull­accaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Mittels Körper und Sprache anpreisen’ wird genannt, wenn mit dem Körper gezeigt als auch mit der Sprache ausgedrückt wird: „Wer so stirbt, der bekommt Reichtum oder der erhält Ruhm oder der gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene aufgrund dieses Anpreisens sagt: „Ich will sterben.“, und bei ihr deshalb leidhafte Empfin­dungen aufkommen, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Durch eine Beauftragte anpreisen lassen’ wird genannt, wenn einer Beauftragten die Instruktion erteilt wird [jener auszurichten]: „Wer so stirbt, der bekommt Reichtum oder der erhält Ruhm oder der gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn die Beauftragte die Instruktion gehört hat und jene [daraufhin] sagt: „Ich will sterben.“, und bei ihr deshalb leidhafte Empfindungen aufkommen, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

 

66. ‘Mit einem Schreiben anpreisen’ wird genannt, wenn sie eine Nachricht schreibt: „Wer so stirbt, der bekommt Reichtum oder der erhält Ruhm oder der gelangt in den Himmel.“ Das ist Silbe für Silbe ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene das Schreiben gesehen hat und [daraufhin] sagt: „Ich will sterben.“, und bei ihr deshalb leidhafte Empfindungen aufkom­men, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Ver­gehen.

‘Fallgrube’ wird genannt, wenn ein Mensch[85] eine Fallgrube aushebt und spricht: „Wenn jener da hinein fällt, wird er sterben.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Fällt jener da hinein und erleidet schmerzhafte Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt jener [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie eine Fallgrube ohne ausdrückliche Bestimmung aushebt und spricht: „Wer auch immer da hinein fällt, der wird sterben.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Fällt [irgendein] Mensch in diese Fallgrube, ist das ein Dukka­ṭa-Vergehen. Erleidet jener Hineingefallene schmerzhafte Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt er [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn ein Dämon oder ein Gespenst in menschlicher Gestalt oder ein Tier in diese Fallgrube fällt, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Erleidet jener Hineingefallene (Dämon oder Gespenst) schmerzhafte Gefühle, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Stirbt er, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Wenn ein Tier in diese Fallgrube fällt, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn das Hineingefallene [Tier] schmerzhafte Gefühle erleidet, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Stirbt es [daraufhin], ist das ein Pācittiya-Vergehen.[86]

 

67. ‘Beiwerk’ wird genannt, wenn sie das Messer in die Scheide steckt oder es mit Gift beschmiert oder es wetzt[87] oder sie platziert es in einer Grube oder Fallgrube und spricht: „Der wird sterben, wer da hineinfällt.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jener wegen des Messers oder Giftes oder der Fallgrube schmerzhafte Gefühle erleidet, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt er [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Aufgestellte Falle’ wird genannt, wenn sie ein Messer oder einen Speer oder ein Geschoss oder einen Knüppel oder einen Stein oder ein Schwert oder Gift oder einen Strick (verstohlen) bereitlegt[88] und spricht: „Dadurch wird jener sterben.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jener [andere] sagt: „Dadurch sterbe ich“, und er erleidet schmerzhafte Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt er [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Medizin’ wird genannt, was (frische) Butter, Butterschmalz, Öl, Honig oder Melasse ist. Wenn sie das nimmt und spricht: „Nachdem sie davon probiert hat, wird sie sterben.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jemand davon probiert und [daraufhin] schmerzhafte Gefühle erleidet, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt jemand [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.[89]

 

68. ‘Ein Zeichen erzeugen’ wird genannt, wenn sie einen unerfreulichen Anblick geschaffen hat, der Furcht und Schrecken aufkommen lässt und spricht: „Wenn sie das sieht und er­schrickt, stirbt sie.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene es sah und erschrak, ist das ein Thullaccaya-Vergehen[90]. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie einen lieblichen Anblick geschaffen hat und spricht: „Wenn jene es sah und es ver­schwindet, ohne dass sie es [zu fassen] bekommt, stirbt sie.“, ist das ein Dukkaṭa-Ver­gehen. Hat jene es gesehen und es verschwand, ohne dass sie es [zu fassen] bekam, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.[91]

‘Ein Geräusch erzeugen’ wird genannt, wenn sie einen unerfreulichen Klang ge­schaffen hat, der Furcht und Schrecken aufkommen lässt und spricht: „Wenn sie das hört und erschrickt, stirbt sie.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene das hörte und er­schrickt, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie einen lieblichen Klang geschaffen hat, der [derart] erfreulich ist und herzbetörend, und spricht: „Wenn jene das gehört hat und es verschwindet, ohne dass sie es [nochmals] bekommen kann, stirbt sie.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Hat jene das gehört und es verschwand, ohne dass sie es bekam, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.[92]

‘Einen Geruch erzeugen’ wird genannt, wenn sie einen unerfreulichen Geruch[93] geschaffen hat, der ekelhaft und widerwärtig ist und spricht: „Wenn sie das riecht, stirbt sie vor Ekel und Widerwärtigkeit.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Erleidet die Riechende auf­grund des Ekels und der Widerwärtigkeit unangenehme Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie einen lieb­lichen Geruch geschaffen hat und spricht: „Wenn sie das riecht und es verschwindet, ohne dass sie es [erneut] bekommen kann, stirbt sie.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Hat jene das gerochen und es verschwand, ohne dass sie es [erneut] bekam, ist das ein Thullacca­ya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Einen Geschmack erzeugen’ wird genannt, wenn sie einen unerfreulichen Ge­schmack geschaffen hat, der ekelhaft und widerwärtig ist und spricht: „Wenn sie das schmeckt, stirbt sie vor Ekel und Widerwärtigkeit.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Erleidet die Schmeckende aufgrund des Ekels und der Widerwärtigkeit unangenehme Gefühle[94], ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie einen lieblichen Geschmack geschaffen hat und spricht: „Wenn sie das schmeckt und es verschwindet, ohne dass sie es [erneut] bekommen kann, stirbt sie.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Hat jene das geschmeckt und es verschwand, ohne dass sie es [erneut] bekam, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Aus­schluss-Vergehen.[95]

‘Eine Berührung erzeugen’ wird genannt, wenn sie eine unerfreuliche Berührung schafft, die leidhaft und/oder heftig ist und spricht: „Durch diese Berührung wird sie sterben.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Erleidet die [solcherart] Berührte unangenehme Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie eine liebliche Berührung schuf, die beglückend und/oder zärtlich ist und spricht: „Wenn sie diese Berührung nicht mehr bekommt, nachdem sie verschwunden ist, wird sie sterben.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn diese Berührung verschwindet und jene sie nicht mehr bekommt, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Die Lehre darbringen’ wird genannt, wenn sie zu einem, der sich vor der Hölle fürchtet, von Höllischem redet und spricht: „Wenn sie das gehört hat, wird sie erschrecken und stirbt.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Hat jene das gehört und erschrickt, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen. Wenn sie zu einer, die an den Himmel glaubt, vom edlen Handeln redet und spricht: „Wenn sie das gehört hat, wird sie darauf begierig und stirbt.“, ist das ein Dukkaṭa-Vergehen. Hat jene das gehört und wird darauf begierig und spricht: „Ich will sterben.“, und erleidet [daraufhin] schmerzliche Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

 

69. ‘Absprache’ wird genannt, wenn sie [darauf] angesprochen wird und spricht: „Stirb so. Wer so stirbt, der wird Reichtum bekommen oder er erhält Ruhm oder gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene nach dieser Vereinbarung spricht: „Ich will sterben.“, und erleidet schmerzliche Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Belehrung’ wird genannt, wenn sie ohne angesprochen zu sein spricht: „Stirb so. Wer so stirbt, der wird Reichtum bekommen oder er erhält Ruhm oder gelangt in den Himmel.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn jene nach dieser Belehrung spricht: „Ich will sterben.“, und erleidet schmerzliche Gefühle, ist das ein Thullaccaya-Vergehen. Stirbt sie [daraufhin], ist das ein Ausschluss-Vergehen.

‘Eine Vereinbarung treffen’ wird genannt, wenn sie entweder vor dem Essen oder nach dem Essen oder zur Nacht oder am Tag eine Abmachung trifft und spricht: „Nach dieser Vereinbarung nimmst du ihr das Leben.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn sie nach dieser Vereinbarung jener das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Ver­gehen. Wenn sie nach dieser Vereinbarung jener früher oder später [als vereinbart] das Leben nimmt, ist das für die Anstifterin kein Vergehen, für die Mörderin ist das ein Aus­schluss-Vergehen.

‘Anzeichen machen’ wird genannt, wenn sie Zeichen gibt und spricht: „Wenn ich ein Zeichen gebe, entweder die Augen aufschlagen oder die Augenbrauen heben oder mit dem Kopf nicken, dann nimm jener das Leben.“ Das ist ein Dukkaṭa-Vergehen. Wenn diese auf das Zeichen hin jener das Leben nimmt, ist das für beide ein Ausschluss-Vergehen. Wenn diese auf das Zeichen hin jener früher oder später [als vereinbart] das Leben nimmt, ist das für die Anstifterin kein Vergehen, für die Mörderin ist das ein Ausschluss-Vergehen.

 

70. Kein Vergehen ist es ohne Vorsatz; aus Unwissenheit; ohne Tötungsabsicht[96]; wenn sie verrückt ist[97]; wenn sie die Ersttäterin ist.[98]

 

Ein entsprechender Sachverhalt zu dieser Vorschrift[99]

 

71. Bei einer Gelegenheit, da war ein gewisser Mann, dessen Hände und Füße abgeschla­gen waren, im Haus seiner Familie von Verwandten umgeben. Eine gewisse Nonne sprach zu diesen Leuten: „Freunde, wollt Ihr, dass er stirbt?“ – „Ja, Ehrwürdige, das wollen wir.“ – „Wenn das so ist, dann lasst ihn salzige saure Grütze zu sich nehmen.“ Sie gaben ihm salzige saure Grütze. Jener starb [daraufhin tatsächlich]. Da kamen ihr Gewissensbisse. Nun berichtete sie diesen Sachverhalt den [anderen] Nonnen. Die Nonnen berichteten die­sen Sachverhalt den Mönchen. Die Mönche [wiederum] berichteten diesen Sachverhalt dem Erhabenen. „Ein Vergehen, ihr Mönche, hat diese Nonne begangen, [und zwar] ein Ausschluss-Vergehen.“

 

Das dritte Ausschlussvergehen ist beendet.


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[80] sattha  das bedeutet: irgend etwas beschaffen, das für einen Selbstmord geeignet ist. Demnach ist auch Beihilfe zum Suizid („Sterbehilfe“) ein Ausschluss-Vergehen.

[81] Das sind beispielhafte Nennungen für (öffentliche) Bestrafungen.

[82] yaṃ cittaṃ taṃ mano, yaṃ mano taṃ cittaṃ  Wie der Geist, so die Gedanken. – Wie das Denken, so der Geist.

[83] visakkiya  Hier muss dem Sinn entsprechend übersetzt werden. PTSD und IBH: „besondere Art Bote“. Wobei auch „Bote“ (dūta) nicht passend ist.

[84] apassena  sinngemäß wegen der Erklärung so übersetzt, statt „Stütze“ bzw. „Unterstützung“.

[85] manussa  „Mann, Mensch“ und nicht Bhikkhu! – Das bedeutet, dass man auch ein Pār begangen hat, wenn man als Laie eine Fallgrube mit tödlicher Absicht aushob, irgendwann später zum Mönch bzw. Nonne ordiniert wurde, die Fall­grube vergessen hat und es kommt deswegen jemand zu Tode.

[86] Bhī-Pāc 142.

[87] dubbalaṃ karoti  wtl: „sie macht es schwach“, im Sinne von dünner machen durch das Schleifen.

[88] upanikkhipati  „(insgeheim) etwas nahebei hinlegen, bereitlegen, arrangieren, hinsetzen, aufstellen, postieren“.

[89] Das klingt seltsam. Wenn es doch Arznei ist, wie kann das zum Tod führen? Hier dürften unzuträgliche (kontraindizierte) Mittel gemeint sein, z.B. Zucker, wenn jener Diabetes hat, oder wie in § 67.

[90] Bhī-Pāc 136.

[91] Wenn die Betreffende sich bei diesem Anblick zu Tode erschreckt oder aus Gram, weil sie es nicht zu fassen bekommt oder nicht erneut sehen kann, dass sie deshalb stirbt oder sich umbringt, ist das Pār 1.

[92] Wenn die Betreffende sich bei diesem Geräusch zu Tode erschreckt oder derart genervt bzw. verwirrt ist, dass sie deshalb stirbt oder sich umbringt, ist das ein Pār 1.

[93] gandha  also einen Gestank bzw. Duft. Dass derartige Gerüche geschaffen wer­den können, befremdet etwas. Aber man sollte hier auch an Giftgas bzw. betörende Parfums (Feromone) denken, die die Täterin sich verschafft.

[94] Dazu zählt z.B. auch das Entstehen von Herpes.

[95] Da mischt jemand etwas ins Essen, was es ungenießbar macht (z.B. Bitterstoffe), oder sie spuckt ins Essen und die andere sieht, bzw. merkt es. Umgekehrt ist hier an Suchtmittel zu denken. Auch Geschmacksverstärker und alle Zusätze an Speisen/Getränken, die danach „süchtig“ machen, zählen darunter.

[96] na maraṇa-adhippāyassa  nicht das Sterben beabsichtigt, den Tod nicht gewollt habend.

[97] ummatakassa  Wenn die Täterin den Status einer Irren hat (→ Cvg 196).

[98] Im thailändischen Pāli-Text wird ergänzt: „Geistesgestörte“ (ungefestigter Geist, verwirrt) und „Schmerzerfüllte“ (khittacittassa  vā vedanāṭṭassa).

[99] Aus dem BhuV entnommen. Nur einer bezieht sich ausdrücklich auf Nonnen.


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