Majjhima Nikāya, Mittlere Sammlung

Erstes Halbhundert - Mūlapannāsam

I. BUCH: Wurzeldarlegungen - Mūlapariyāyavaggo

7. Gleichnis vom Kleid - Vatthūpama Sutta

 

So habe ich es gehört: 

Als der Erhabene einst in Anāthapindikas Bhikkhuheim im Jetahain bei Sāvatthi weilte, sprach er zu den Bhikkhus:

Wenn ein Kleid schmutzig und fleckig ist und ein Färber behandelt es mit einer Farbe, sei es Blau, Gelb, Rot oder Violett, so nimmt es eine trübe, unreine Farbe an, und zwar deshalb, weil das Kleid schmutzig ist. Ebenso ist bei unreinem Denken ein schlechter Ausgang zu erwarten. Wenn aber ein Kleid sauber und fleckenlos ist und ein Färber behandelt es mit einer Farbe, sei es Blau, Gelb, Rot oder Violett, so nimmt es eine klare und reine Farbe an, und zwar deshalb, weil das Kleid rein ist. Ebenso ist bei reinem Denken ein guter Ausgang zu erwarten[1].

Befleckungen des Denkens sind: habsüchtiges Begehren, Mißgunst, Zorn, Groll, Heuchelei, Bosheit, Neid, Geiz, Betrug, Verrat, Starrsinn, Streitsucht, Stolz, Anmaßung, Trunksucht, Leichtsinn. Wenn ein Bhikkhu einsieht, daß dies Befleckungen des Denkens sind, legt er sie ab, und wenn er sie abgelegt hat, dann erst ist sein Vertrauen zu Buddha, zum Dhamma (der Lehre) und zum Sangha (der Jüngergemeinde) vollkommen, und er ist überzeugt:

 

Heilig, erhaben, der völlig Erwachte,

Welcher in Wissen und Wandel bewährt ist.

Kenner der Welten, zum Heile gekommen,

Bester Erzieher der irrenden Menschheit,

Lehrer der Götter und Menschen ist Buddha

 

Wohl verkündet ist der Dhamma

Vom Erhabenen, daß er wirke

Hier im Leben, nicht erst jenseits.

Komm und schau! Er führt zum Ziele.

In sich finden ihn die Weisen.

 

Gut und aufrecht auf dem Heilspfad

Wandelt des Erhabenen Sangha,

Abgestuft in vier und acht[2].

Zu verehren ist der Sangha,

Zu bewirten, zu beschenken,

Ehrerbietig zu begrüßen,

Dieses allerbeste Feld

Für Verdienst in unsrer Welt.

 

Endgültig hat er verzichtet, aufgegeben, sich frei gemacht, entsagt, und er erlangt sichere Gewißheit, daß er volles Vertrauen zu Buddha, zum Dhamma und zum Sangha hat. Das freut und entzückt ihn, dabei beruhigt er sich, er fühlt sich glücklich und sein Geist wird gesammelt.

Wenn nun ein Bhikkhu, der so sittenrein, so gerecht und so weise ist, feine, schmackhaft zubereitete Speise genießt, so liegt darin für ihn keine Gefahr. Gleichwie ein schmutziges und fleckiges Kleid, in reinem Wasser gewaschen, ganz sauber wird, oder Gold, im Schmelzofen geschmolzen, ganz lauter wird, ebenso liegt für einen Bhikkhu, der so sittenrein, so gerecht und so weise ist, im Genuß feiner, schmackhaft zubereiteter Speise keine Gefahr.

Von gütiger, liebevoller Gesinnung ganz erfüllt, durchstrahlt er in einer Himmelsrichtung, dann in der zweiten, in der dritten und in der vierten, dann nach oben und nach unten und ringsherum, nach allen Seiten, vollständig die ganze Welt mit gütigem, überströmendem, großherzigem, grenzenlosem, friedfertigem und versöhnlichem Geiste. Ebenso durchstrahlt er die ganze Welt mit hingebendem Mitgefühl, mit teilnehmender Mitfreude und mit wohlwollendem Gleichmut.

Er erkennt: Das gibt es; es gibt Elendes und Erhabenes, und es gibt ein Entrinnen aus dieser wahrnehmbaren Welt. Wenn er dies erkennt und innerlich schaut, dann wird sein Geist frei von den Anwandlungen der Sinnenlust, des Daseinstriebes und der Unwissenheit, und er wird sich seiner Erlösung bewußt. Dann weiß er: Das Geborenwerden hat aufgehört, das Ziel des Reinheitswandels ist erreicht und getan worden, was zu tun war, ich habe mit der Welt nichts mehr zu schaffen.

Ein solcher Bhikkhu heißt: im inneren Bade gebadet.

 

Um dieselbe Zeit saß der Brahmane Sundarika-Bharadvaja in der Nähe des Erhabenen und sagte zu ihm: «Herr Gotama, geht Ihr auch zur Bahuka baden?» - «Warum zur Bahuka», erwiderte der Erhabene, «was kann die Bahuka nützen?» - «Den Leuten», sagte der Brahmane, «gilt ein Bad in der Bahuka als erlösend und verdienstlich, in der Bahuka reinigen sich viele von ihren Übeltaten.» Darauf antwortete der Erhabene dem Brahmanen mit folgenden Strophen:

 

«Wenn in die Bahuka, die Gaya oder

In einen andern Fluß, und wär's für immer,

Ein Törichter, der schwarze Tat getan,

Sich stürzte, würde der nicht rein; dem Schwimmer,

Was hülfe ihm die Bahuka? Sie reinigt

Den haßerfüllten Übeltäter nimmer.

 

Dem Reinen wird zum Festtag jeder Tag,

Denn ihm gelingt, was er auch wünschen mag.

 

Brahmane, so wirst du vom Schmutz befreit:

Gib jedem Wesen Schutz und Sicherheit!

Und lügst du nicht, beschädigst auch kein Leben

Und nimmst du nichts, was man dir nicht gegeben,

Bist du vertrauenswürdig und kein Hasser -

Warum zur Gaya gehn? Sie ist nur Wasser.»

 

Diese Worte des Erhabenen machten auf den Brahmanen einen so tiefen Eindruck[3], daß er sogleich seine Zuflucht zu Buddha, zur Lehre und zur Jüngergemeinde nahm und den Erhabenen um Aufnahme in den Orden bat. Der Erhabene erteilte ihm die erste und die zweite Weihe. Bald darauf erreichte Bharadvaja als ehrwürdiger Bhikkhu, nachdem er unermüdlich an sich gearbeitet hatte, das höchste Ziel des Reinheitswandels, um deswillen achtbare Männer aus dem Hause in die Heimatlosigkeit gehen, schon in diesem Leben, und er erkannte: Das Geborenwerden hat aufgehört, das Ziel des Reinheitswandels ist erreicht und getan worden, was zu tun war, ich habe mit der Welt nichts mehr zu schaffen. So ist der ehrwürdige Bharadvaja auch ein Heiliger geworden.

 



[1]duggati - sugati, schlechter Ausgang - guter Ausgang, beziehen sich auf das Leben nach dem Tode.

[2]Vier Stufen: Stromeintritt, Einmalwiederkehr, Nichtwiederkehr, Heiligkeit; jede Stufe hat zwei Unterstufen. Anfänger und Fertige. Mit dem Stromeintritt beginnt der Reinheitswandel oder der höhere Pfad. Wer in den Strom eingetreten ist, ist sicher, früher oder später das Nirvana zu erreichen.

[3]Hier steht dieselbe Formel wie am Schluß des 4. Sutta.


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