So habe ich es gehört:
Einst weilte der Erhabene im Lande der Anger, bei dem Markt Assapura (<Roßburg>). Dort sprach er zu den Bhikkhus:
Samanas nennen euch die Leute, und ihr bekennt, wenn man euch fragt, wer ihr seid: Wir sind Samanas. Da ihr nun so genannt werdet und euch dazu bekennt, müßt ihr euch bemühen, den rechten Lebenswandel eines Samana zu führen; dann wird eure Benennung richtig und euer Bekenntnis wahr sein, und denen, die euch mit Gewand, Speise, Wohnstätte und Arznei für Krankheitsfälle versorgen, wird dies reiche Früchte tragen und von hohem Segen sein; dann wird eure Bhikkhuweihe nicht vergeblich, sondern fruchtbar und erfolgreich sein.
Unrechter Lebenswandel eines Samana ist so: Ein Bhikkhu, der gierig ist und die Gier nicht überwindet, der boshaft ist und die Bosheit nicht überwindet, der zornig ist und den Zorn nicht überwindet, der mißgünstig ist und die Mißgunst nicht überwindet, der heuchelt und die Heuchelei nicht überwindet, der gehässig ist und den Haß nicht überwindet, der neidisch ist und den Neid nicht überwindet, der geizig ist und den Geiz nicht überwindet, der betrügt und den Betrug nicht überwindet, der unaufrichtig ist und die Unaufrichtigkeit nicht überwindet, der Böses wünscht und die bösen Wünsche nicht überwindet, der falsche Ansichten hat und die falschen Ansichten nicht überwindet, ein solcher führt nicht den rechten Lebenswandel eines Samana; denn er hat die Flecken, Schäden und Schwächen des Samanalebens, die abwärts zu unheilvollen Zuständen führen, nicht überwunden, sage ich. Wie ein beiderseits scharf geschliffener Dolch, der in eine Kutte eingewickelt ist, so erscheint mir der Lebenswandel eines solchen Bhikkhus.
Ein Samana ist man nicht, weil man eine Kutte trägt, nicht, weil man nackt geht, nicht, weil man unsauber ist, nicht, weil man die Taufe nimmt[1], nicht, weil man unter Bäumen übernachtet, nicht, weil man unter freiem Himmel lebt, nicht, weil man immer steht und sich nie setzt, nicht, weil man fastet, nicht, weil man Vedasprüche hersagen kann, nicht, weil man geflochtenes Haar trägt. Wenn man dadurch, daß man eine Kutte trägt, Gier, Bosheit, Zorn, Mißgunst, Heuchelei, Haß, Neid, Geiz, Betrug, Unaufrichtigkeit, böses Wünschen und falsche Ansichten überwinden könnte, würden gewiß Freunde und Verwandte einem Neugeborenen eine Kutte schenken, damit er solche schlechten Regungen überwinde. Da aber mancher Samana, der eine Kutte trägt oder eine der anderen genannten Übungen befolgt, trotzdem solche schlechten Regungen hat, so erkenne ich keinen nur deshalb als Samana an, weil er die Kutte trägt und solche Übungen befolgt. Den rechten Lebenswandel eines Samana führt ein Bhikkhu, der Gier, Bosheit, Zorn, Mißgunst, Heuchelei, Haß, Neid, Geiz, Betrug, Unaufrichtigkeit, böses Wünschen und falsche Ansichten überwunden hat. Wenn er beobachtet, daß er sich von allen diesen schlechten Regungen gereinigt und befreit hat, dann freut er sich, wird glücklich und körperlich ruhig, fühlt sich wohl, und sein Geist sammelt sich. Mit gütiger Gesinnung, dann mit Erbarmen, dann mit Mitfreude, dann mit Gleichmut durchdringt er geistig eine Himmelsrichtung nach der anderen, dann nach oben und nach unten und ringsum die ganze Welt mit alles umfassender, großer, grenzenloser, friedlicher und freundlicher Gesinnung.
Wie zu einem Lotusteich mit klarem, lieblichem, kühlem Wasser und mit schönen Ufern von Osten oder von Westen, von Norden oder von Süden ein von Hitze erschöpfter, müder, durstiger Mensch kommt und dort den Durst löscht und sich abkühlt, ebenso findet ein Mann, sei es ein Adliger oder ein Brahmane oder ein Bürger oder ein Schudra, wenn er Bhikkhu geworden ist, die vom Vollendeten verkündete Lehre und Ordenssatzung angenommen und Güte, Erbarmen, Mitfreude und Gleichmut entfaltet hat, innerlich Ruhe und führt den rechten Lebenswandel eines Samana, sage ich. Und wenn er die Anwandlungen[2] abgewehrt und die Geistesbefreiung durch Weisheit noch in diesem Leben erlangt hat, dann ist er ein echter Samana.
So sprach der Erhabene. Die Bhikkhus nahmen seine Rede mit Freude und Dank an.