Majjhima Nikāya, Mittlere Sammlung

Erstes Halbhundert - Mūlapannāsam

V. BUCH: KLEINE PAARE - Cūlayamakavaggo

41. Die Brahmanen von Sala - Sāleyyaka Sutta

 

So habe ich es gehört:

Als der Erhabene einst in Begleitung vieler Bhikkhus durch das Land Kósala wanderte, kam er in ein Brahmanendorf namens Sala. Die dortigen Brahmanen hörten davon und erfuhren, daß dem Herrn Gotama nachgerühmt wurde, er sei der Erhabene, der Heilige, der voll Erwachte, der in Wissen und Wandel Vollkommene, er wandle auf gutem Wege, er kenne die Welten, er sei der beste Volkserzieher, der Lehrer der Götter und Menschen, der Erwachte, der Heilige, er habe die Welt mit ihren Göttern, mit Māra und Brahma, mit den Samanas und Brahmanen, mit den Göttern und Menschen selbst durchschaut und kenne sie gründlich, er verkünde eine Lehre, die am Anfang, in der Mitte und am Ende gut sei, nach Sinn und Wortlaut und zeige den ganz reinen Wandel der Heiligkeit; es sei gut, einen solchen Heiligen zu sehen. Darum suchten sie ihn auf; einige begrüßten ihn, einige sprachen höfliche Begrüßungsworte, einige verneigten sich mit zusammengelegten Händen vor ihm, einige stellten sich mit ihren Namen vor, einige schwiegen, und alle setzten sich zu ihm. Dann fragten sie ihn: «Herr Gotama, woher kommt es, daß manche Wesen nach dem Tode abwärts in einen unheilvollen Zustand, in die Hölle, geraten und andere auf den guten Weg, in das Himmelreich, gelangen?» Der Erhabene erwiderte: «Wegen ihres unrechten und schlechten Lebenswandels geraten manche Wesen abwärts in einen unheilvollen Zustand, in die Hölle; wegen ihres rechten und guten Lebenswandels gelangen andere auf den guten Weg, in das Himmelreich.» Die Brahmanen baten nun den Erhabenen, dies näher zu erklären, damit sie den Sinn seiner Worte richtig verständen, und der Erhabene sprach:

Dreifach ist der unrechte, schlechte Lebenswandel in Werken, vierfach in Worten, dreifach in Gedanken.

Der dreifache unrechte Lebenswandel in Werken besteht darin, daß man Leben zerstört und lebende Wesen grausam und ohne Mitgefühl behandelt; daß man nimmt, was einem nicht gegeben wird, und das, was einem anderen im Dorf oder im Wald gehört, diebisch an sich bringt; daß man in sinnlicher Lust ausschweifend lebt und mit Mädchen, die unter dem Schutz der Eltern, ihrer Geschwister oder anderer Verwandten stehen, mit verheirateten Frauen, mit Dienerinnen oder mit geschmückten Dirnen verkehrt.

Der vierfache unrechte Lebenswandel in Worten besteht darin, daß man lügt und vor Gericht oder in einer Gesellschaft oder unter Verwandten oder in einer Versammlung oder als Zeuge vor Behörden auf Fragen, wenn man es nicht weiß, antwortet, man wisse es, oder wenn man es weiß, man wisse es nicht, oder wenn man es nicht gesehen hat, man habe es gesehen, oder wenn man es gesehen hat, man habe es nicht gesehen, daß man also um seiner selbst willen oder um eines anderen willen oder eines nichtigen Vorteils wegen bewußt die Unwahrheit sag. Er besteht ferner in übler Nachrede und Zwischenträgerei, indem man das, was man hier gehört hat, dort weitererzählt, um diese zu entzweien, und das, was man dort gehört hat, hier weitererzählt, um jene zu entzweien, und so die Verbundenen uneinig macht und bei Entzweiten die Uneinigkeit fördert, sich an Zwietracht erfreut und Zwietracht säende Worte spricht. Er besteht ferner darin, daß man schimpft und grobe, freche, rohe Worte gebraucht, um andere zu verletzen, zu ärgern und aufzuregen. Er besteht endlich darin, daß man geschwätzig ist, zur unrechten Zeit oder unpassend, unsachlich, unordentlich, unanständig redet oder unbegründete, unvernünftige, zwecklose und unsinnige Gespräche führt.

Der dreifache unrechte Lebenswandel in Gedanken besteht darin, daß man begehrt, was einem anderen gehört, daß man anderen Wesen Böses wünscht und daß man falsche Ansichten hat, indem man denkt, Spenden und Opfern sei zwecklos, es gebe keine Vergeltung für gute und böse Werke, es gebe außer dieser keine andere Welt, um die Eltern brauche man sich nicht zu kümmern, es gebe keine höheren Wesen und keine richtig und gut wandelnden Samanas und Brahmanen, die diese und die andere Welt selbst durchschaut haben und genau kennen.

Wegen solchen unrechten Lebenswandels geraten manche Wesen nach dem Tode abwärts in einen unheilvollen Zustand, in die Hölle.

Dreifach ist der rechte, gute Lebenswandel in Werken, vierfach in Worten, dreifach in Gedanken.

Der dreifache rechte Lebenswandel in Werken besteht darin, daß man kein Leben zerstört, daß man Stock und Schwert beiseite gelegt hat und sich zartfühlend, erbarmungsreich, freundlich und gütig gegenüber allen lebenden Wesen verhält; daß man nichts nimmt, was einem nicht gegeben wird, und das, was einem andrem im Dorf oder im Walde gehört, nicht diebisch an sich bringt; daß man sich von Ausschweifung in sinnlicher Lust fernhält und mit Mädchen, die unter dem Schutz der Eltern, ihrer Geschwister oder anderer Verwandten stehen, mit verheirateten Frauen, mit Dienerinnen und mit geschmückten Dirnen nicht verkehrt.

Der vierfache rechte Lebenswandel in Worten besteht darin, daß man Lüge meidet und vor Gericht oder in einer Gesellschaft oder unter Verwandten oder in einer Versammlung oder als Zeuge vor Behörden auf Fragen, wenn man es nicht weiß, antwortet, man wisse es nicht, oder wenn man es weiß, man wisse es, oder wenn man es nicht gesehen hat, man habe es nicht gesehen, oder wenn man es gesehen hat, man habe es gesehen, und so bewußt keine Lüge spricht, sei es um seiner selbst willen oder um eines anderen willen oder eines nichtigen Vorteils wegen. Er besteht ferner darin, daß man üble Nachrede meidet und nicht das, was man hier gehört hat, dort weitererzählt, um diese zu entzweien, und was man dort gehört hat, nicht hier weitererzählt, um jene zu entzweien, sondern vielmehr die Entzweiten einigt, die Verbundenen in der Einigkeit bestärkt, sich der Eintracht erfreut und Eintracht fördernde Worte spricht. Er besteht ferner darin, daß man rohe Rede meidet und nur untadelhafte Worte spricht, die dem Ohre wohl tun, liebenswürdige, zu Herzengehende, gesittete Worte, die jedermann erfreuen. Er besteht endlich darin, daß man nicht geschwätzig ist, sondern zur rechten Zeit spricht, den Tatsachen gemäß, dem Zweck entsprechend, daß man über die Lehre und die Ordenssatzung spricht, so daß die Worte, die man spricht, wert sind behalten zu werden, bilderreich, fein unterscheidend, sinngemäß.

Der dreifache rechte Lebenswandel in Gedanken besteht darin, daß man nicht begehrt, was einem andern gehört; daß man keinem Wesen Böses wünscht, sondern immer darauf bedacht ist, daß die anderen Wesen leidlos und glücklich leben; daß man rechte Einsicht hat und einsieht, daß es richtig ist zu schenken, zu spenden und zu opfern, daß gute und böse Werke Vergeltung finden, daß es außer dieser noch eine andere Welt gibt, daß die Eltern zu achten sind, daß es höhere Wesen und richtig wandelnde Samanas und Brahmanen gibt, die diese und jene Welt auf Grund eigenen Wissens erklären können.

Wegen rechten Lebenswandels gelangen manche Wesen nach dem Tode auf den guten Weg, in das Himmelreich.

Wenn jemand, der einen rechten und guten Lebenswandel führt, wünscht, in einer reichen Adelsfamilie oder in einer reichen Brahmanenfamilie oder in einer reichen Bürgerfamilie oder in einer Götterwelt[1] wiedergeboren zu werden, oder wenn er wünscht, noch in diesem Leben die Anwandlungen abzuwehren und die Geistesbefreiung durch Weisheit zu erlangen, so ist es möglich, das ein solcher Wunsch erfüllt wird, weil man einen rechten und guten Lebenswandel führt.

Nach diesen Worten bekundeten die Brahmanen von Sala dem Erhabenen Beifall[2], nahmen ihre Zuflucht zu Buddha, zur Lehre und zur Jüngergemeinde und erklärten, auf Lebenszeit Laienanhänger des Erhabenen sein zu wollen.

 



[1]Im Text werden alle Götterklassen aufgezählt.

[2]Mit den gleichen Worten wie im 4. Sutta am Schluß.


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