So habe ich es gehört:
Als der Erhabene einst im Mangohain des Kinderarztes Jivaka bei Rājagaha weilte, kam Jivaka zu ihm, begrüßte ihn, setzte sich zu ihm und sagte: «Ich habe gehört, für den Samana Gotama töte man lebende Wesen und er nehme wissentlich das für ihn bereitete Fleisch an. Ist das wahr, was jene sagen, oder verleumdet man den Erhabenen? Und wenn das wirklich seiner Lehre entspricht, kommt man dann nicht zu einem bedenklichen Ergebnis?»
Der Erhabene erwiderte: «Es ist nicht wahr, was jene sagen; man verleumdet mich. Ich sage vielmehr, daß man unter drei Umständen Fleisch nicht essen soll: <gesehen, gehört, vermutet> (zu ergänzen: daß das Tier für diese Mahlzeit getötet worden ist). Und ich sage, daß man unter drei Umständen Fleisch essen darf: <nicht gesehen, nicht gehört, nicht vermutet>. Da hält sich zum Beispiel ein Bhikkhu in der Umgebung eines Dorfes oder einer Kleinstadt auf und durchdringt die ganze Welt mit selbstloser Güte, dann mit Erbarmen, dann mit Mitfreude, dann mit Gleichmut[1]. Diesen Bhikkhu ladet ein Hausherr oder dessen Sohn für den folgenden Tag zum Essen ein. Wenn der Bhikkhu will, nimmt er die Einladung an, und am nächsten Vormittag geht er in die Wohnung des Hausherrn, setzt sich dort und wird vom Hausherrn mit vorzüglichen Speisen bewirtet. Dann denkt er nicht etwa: <Der Hausherr hat mich gut versorgt, ach, wenn er mich doch künftig auch so gut versorgen wollte!> Er nimmt die Speise an, ohne sich dadurch binden, betören oder einfangen zu lassen, sondern er sieht das Nachteilige dabei und weiß, wie man dem entgehen kann. Meinst du, Jivaka, daß der Bhikkhu bei solcher Gelegenheit darauf bedacht ist sich selbst oder andere oder beide zu schädigen?» - «Nein, Herr!» - «Oder nimmt der Bhikkhu bei solcher Gelegenheit untadelhafte Nahrung zu sich?» - «Ja, Herr! Ich habe gehört, Brahma übe selbstlose Güte, Erbarmen, Mitfreude und Gleichmut. Bei dem Erhabenen habe ich das mit eigenen Augen gesehen, denn der Erhabene übt immer selbstlose Güte, Erbarmen, Mitfreude und Gleichmut.» - «Gier, Haß und Verblendung, woraus Schädigung erwächst, hat der Vollendete vernichtet und entwurzelt, so daß sie nicht wieder aufkeimen können. Wenn du mit deinen Worten das gemeint hast, Jivaka, dann stimme ich dir zu.» - «Eben das habe ich gemeint, Herr!» - «Wer wegen des Vollendeten oder wegen eines seiner Jünger lebende Wesen tötet, der begeht fünfmal schweres Unrecht: erstens weil er befiehlt, das Tier herbeizuführen, zweitens weil das Tier, während es zitternd herbeigeführt wird, Schmerz und Qual erduldet, drittens weil er befiehlt, das Tier zu töten, viertens weil das Tier, während es getötet wird, Schmerz und Qual erduldet, fünftens weil er den Vollendeten oder seinen Jünger in unangemessener Weise behandelt.»
Darauf sprach Jivaka zum Erhabenen: «Herr! Es ist erstaunlich! Die Bhikkhus essen nur angemessene, untadelhafte Nahrung», und erklärte mit den üblichen Worten, daß er für sein ganzes Leben Laienanhänger des Erhabenen sein wolle.
[1] Im Text wird der Abschnitt <Da hält sich> . . . bis . . . <habe ich gemeint, Herr!> viermal mit den gleichen Worten gegeben, einmal mit <selbstloser Güte>, dann mit <Erbarmen> dann mit <Mitfreude> dann mit <Gleichmut>.