Vorbemerkung: Ein Kreis von Bhikkhus führte Gespräche über das Karma und ein älterer Bhikkhu, ein Thera, hielt ihnen darüber einen Vortrag. Er zitierte einleitend den von alters her bekannten Ausspruch Buddhas: kammassakā sattā, was bedeuten kann: <Eigner der Werke sind die Wesen>, aber auch <Eigentum oder Geschöpfe ihrer Werke sind die Wesen> (diese letztere Bedeutung scheint die richtige zu sein). Der Vortrag wurde in jenem Bhikkhukreis auswendig gelernt und oft wiederholt, und nach einiger Zeit glaubte man, es sei eine Erinnerung an einen Vortrag Buddhas. So fügte man ihn mit entsprechender Einleitung an die bisherigen 134 Stücke des Majjhima-Nikāya als 135. Sutta an. Das hörte ein anderer Kreis von Bhikkhus; sie fragten einen anderen Thera, ob es sich wirklich so verhalte, und dieser meinte, die Erklärung in Nr. 135 sei doch zu primitiv; so einfach lägen die Dinge beim Karma nicht. Man wollte nicht geradezu widersprechen, aber doch eine bessere Darlegung geben, und so nannte man das nun einmal vorliegende Sutta <Kleines oder geringeres Sutta von den Unterscheidungen beim Karma> und stellte ihm eine neue Darlegung als <großes> oder <besseres> Sutta gegenüber. Auch dieses, Nr. 136, wurde, wie üblich, als von Buddha stammend ausgegeben. Um für die Zukunft zu sichern, daß dieses als die bessere Karmalehre überliefert würde, wurde eingefügt, Buddha selbst habe es als <Großes Sutta> von den Unterscheidungen beim Karma, bezeichnet, wobei man nicht bedachte, daß die pia fraus, die fromme Fälschung, gerade durch diese Einfügung später einmal entdeckt werden konnte.
So habe ich es gehört:
Als der Erhabene einst in Anāthapindikas Bhikkhuheim im Jetahain bei Sāvatthi weilte, kam zu ihm der junge Brahmane Subha, der Sohn des Todeyya, begrüßte ihn und fragte: «Herr Gotama, woher kommt es, daß es unter den Menschen gemeine und hervorragende, niedrig geborene und hoch geborene, dumme und weise gibt?» Der Erhabene erwiderte:
«Geschöpfe ihrer Werke sind die Wesen, Erben ihrer Werke, Nachkommen ihrer Werke, verwandt mit ihren Werken, Büßer ihrer Werke.» – «Das verstehe ich nicht, Herr Gotama, bitte erklärt mir das ausführlich!» – «Dann höre gut zu und denke darüber nach! Ich will es dir erklären:
Wenn jemand lebende Wesen tötet, grausam und blutgierig ist, so gerät er nach dem Tode auf den schlechten Weg, hinab in die Hölle. Wird er aber als Mensch wiedergeboren, so wird er kurzlebig sein. Vermeidet jemand, lebende Wesen zu töten, ist er barmherzig und hilfsbereit, so geht er nach dem Tode den guten Weg, hinauf in den Himmel. Wird er aber als Mensch wiedergeboren, so wird er langlebig sein. Ist jemand gewalttätig, so gerät er nach dem Tode in die Hölle oder wird, als Mensch wiedergeboren, kränklich und leidend sein. Lebt jemand gewaltlos, so[1] wird er, als Mensch wiedergeboren, gesund und kräftig sein. Ist jemand jähzornig und zänkisch, so [2]wird er, als Mensch wiedergeboren, häßlich sein. Ist jemand verträglich und umgänglich, so wird er, als Mensch wiedergeboren, liebenswürdig sein. Ist jemand eifersüchtig und neidisch, so wird er, als Mensch wiedergeboren, unbedeutend sein. Ist jemand frei von Eifersucht und Neid, so wird er, als Mensch wiedergeboren, einflußreich sein. Ist jemand geizig, so wird er, als Mensch wiedergeboren, ärmlich sein. Ist jemand freigebig, so wird er, als Mensch wiedergeboren, reich sein. Ist jemand stolz und hochmütig, so wird er in niedriger Kaste wiedergeboren. Ist jemand bescheiden und demütig, so wird er in hoher Kaste wiedergeboren. Läßt sich jemand keine guten Lehren geben, so wird er als Dummkopf wiedergeboren. Läßt sich jemand gern gute Lehren geben, so wird er, als Mensch wiedergeboren, weise sein.»
Hoch befriedigt über diese Belehrung nahm Subha seine Zuflucht zu Buddha, zur Lehre und zur Jüngergemeinde und schloß sich dem Erhabenen als Laienanhänger an.
[1] Im Text jedesmal: <geht er nach dem Tode den guten Weg, hinauf in den Himmel, oder...>
[2] Im Text jedesmal: <gerät er nach dem Tode in die Hölle oder . . .>