Digha Nikaya

1. Der Teil über Moral

2. Der Große Teil

3. Der Teil des Patika

Vorwort

Digha Nikāya - Die Längere Sammlung

33. Sangīti Sutta, Übereinkunft (1-4) - (Pali)

[296] DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit ist der Erhabene im Lande der Maller auf der Wanderschaft gewesen, von einer zahlreichen Jüngerschaft begleitet, mit einer Schar von fünfhundert Mönchen gegen Pāvā, einer mallischen Burgstadt, hingezogen. Bei Pāvā hat dann der Erhabene Rast gehalten, im Mangohaine bei Cundo, dem Goldschmied.

Ubbhatakanavasandhāgāraṃ

[297] Damals aber hatten die Maller von Pāvā ein neues Herrenhaus, der Hohe Turm genannt, eben erst erbauen lassen, und niemand noch hatte darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen.

Es kam nun den Mallern von Pāvā zu Ohren: <Der Erhabene, heißt es, wandert im mallischen Lande von Ort zu Ort, in Begleitung einer zahlreichen Jüngerschaft, ist mit einer Schar von fünfhundert Mönchen bis vor Pāvā gekommen, hat vor der Stadt Rast gehalten, im Mangohaine bei Cundo dem Goldschmied.> Da begaben sich denn die Maller von Pāvā dorthin wo der Erhabene weilte, verneigten sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend wandten sich dann die Maller von Pāvā mit diesen Worten an den Erhabenen:

«Es ist da, o Herr, von den Mallern in Pāvā ein neues Herrenhaus, der Hohe Turm genannt, eben erst erbaut worden, und niemand noch hat es bewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen. Das möge, o Herr, der Erhabene zuerst benutzen: vom Erhabenen zuerst benutzt, werden es dann die Maller von Pāvā benutzen. So soll es den Mallern von Pāvā lange zum Wohle, zum Heile gereichen!»

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun die Maller von Pāvā der Zustimmung des Erhabenen sicher waren, standen sie auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und begaben sich nach dem Herrenhause. Dort ließen sie den Boden ganz mit Matten bedecken, die Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser aufstellen und eine Öllampe zurecht machen. Dann kehrten sie wieder zum Erhabenen zurück, verneigten sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und standen seitwärts. Seitwärts stehend sprachen nun die Maller von Pāvā zum Erhabenen also:

«Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der Boden des Hauses, die Stühle stehn bereit, ein Eimer mit Wasser ist aufgestellt, eine Öllampe zurecht gemacht: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.»

Da hat denn der Erhabene sich gerüstet, Mantel und Schale genommen und ist in Begleitung der Jüngerschar zum Herrenhause hingeschritten. Dort angelangt spülte der Erhabene die Füße ab, trat in den Saal ein und setzte sich nahe dem mittleren Pfeiler, gegen Osten gewendet, nieder. Und auch die begleitenden Mönche spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der westlichen Wand, gegen Osten gewendet, nieder, so daß der Erhabene ihnen voransaß. Und auch die Maller von Pāvā spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der östlichen Wand, gegen Westen gewendet, nieder, so daß der Erhabene ihnen voransaß. Alsbald nun hat der Erhabene die Maller von Pāvā bis tief in die Nacht in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, dann aber gemahnt:

«Vorgerückt ist, ihr Vāseṭṭher, die Nacht: wie es euch nun belieben mag.» (Die Maller wurden nach ihrem geistigen Ahnherrn 'Vasisthas' als Vāseṭṭher angesprochen.)

«Wohl, o Herr!» sagten da gehorsam die Maller von Pāvā zum Erhabenen, standen von ihren Sitzen auf, verneigten sich ehrerbietig vor dem Erhabenen, gingen rechts herum und entfernten sich.

Bald aber nachdem die Maller von Pāvā gegangen waren, hat der Erhabene, über die lautlose, stille Schar der Mönche hinblickend, sich an den ehrwürdigen Sāriputto gewandt:

«Frei ist von matter Müde, Sāriputto, die Jüngerschar: schicke dich an, Sāriputto, zu lehrreicher Rede vor den Mönchen; der Rücken ist mir schwer geworden: den will ich ausstrecken.»

«Gern, o Herr», sagte da der ehrwürdige Sāriputto, dem Erhabenen gehorchend.

Da hat nun der Erhabene den Mantel vierfach gefaltet ausgebreitet und sich auf die rechte Seite wie der Löwe hingelegt, einen Fuß über dem anderen, klar bewußt, der Stunde des Aufstehens gewärtig.

Bhinnanigaṇṭhavatthu

[301] Zur damaligen Zeit aber war der Freie Bruder Nāthaputto zu Pāvā eben erst gestorben. Nach dessen Tode sind die Freien Brüder zerfallen, entzweigeraten, in Zank und Streit verwickelt gewesen, sie haderten miteinander und scharfe Wortgefechte fanden statt <Nicht du kennst diese Lehre und Ordnung, ich kenne diese Lehre und Ordnung! Was wirst du diese Lehre und Ordnung verstehen? Auf falscher Fährte bist du: ich bin auf rechter Fährte. Mir ist's gelungen: dir mißlungen. Was vorher zu sagen ist hast du nachher gesagt: was nachher zu sagen ist hast du vorher gesagt. Deine Behauptung ist umgestürzt, dein Wort dir entwunden worden: gebändigt bist du, gib deine Rede verloren, oder widersteh' wenn du kannst!>: so ist einer dem anderen entgegengetreten. Wie ein Mörder schien sich fast jeder von den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, zu gebärden. Die aber da dem Freien Bruder Nāthaputto als Anhänger zugetan waren, im Hause lebend, weiß gekleidet, die schienen vor den Freien Brüdern, den Nachfolgern Nāthaputtos, Unbehagen, Mißfallen, Widerwillen zu empfinden, wie das eintritt bei einer schlecht verkündeten Heilsordnung, bei einer schlecht dargelegten, abstoßenden, Unruhe schaffenden, die kein vollkommen Erwachter kundgetan hat, deren Kuppel geborsten ist, die keine Zuflucht gewährt.

[302] Der ehrwürdige Sāriputto nun hat also zu den Mönchen gesprochen:

«Es ist da, ihr Freunde, Nāthaputto der Freie Bruder vor kurzem bei Pāvā gestorben: und dessen Jünger und Anhänger sind untereinander zerfallen, wie das eintritt bei einer schlecht verkündeten Heilsordnung, bei einer schlecht dargelegten, abstoßenden, Unruhe schaffenden, die kein vollkommen Erwachter kundgetan hat, deren Kuppel geborsten ist, die keine Zuflucht gewährt. So pflegt ja das, ihr Brüder, bei einer solchen Lehre und Ordnung zu geschehn.

Da ist denn nun uns, ihr Brüder, vom Erhabenen die Lehre wohl verkündet, wohl dargelegt worden, anziehend, Ruhe bereitend, von einem vollkommen Erwachten kundgetan. Da können wir eben alle übereinkommen und brauchen nichts zu Verändern (*65), auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehmen, lange bestehn kann, daß es eben vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.

««Was ist das aber, ihr Brüder, für eine Lehre, die uns vom Erhabenen wohl verkündet, wohl dargelegt worden ist, anziehend, Ruhe bereitend, von einem vollkommen Erwachten kundgetan, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehmen, lange bestehen kann, daß es eben vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen?


Ein Ding: - Ekakaṃ

[303] Es ist, ihr Brüder, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten ein Ding genau erklärt worden, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen: und zwar was für ein Ding?

Das ist, ihr Brüder, ein Ding, das von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten genau erklärt worden ist, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen.


* Von K.E.N. nicht richtig übersetzt, siehe saṅkhāra. [WG]


Zwei Dinge: = Dukaṃ

[304] «Es sind, ihr Brüder, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten zwei Dinge genau erklärt worden, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen: und zwar was für zwei Dinge?

  1. Geistigkeit und Körperlichkeit;
  2. Unwissen und Durst nach Dasein;
  3. die Ansicht vom Dasein und die Ansicht vom Nichtsein (*67);
  4. Schamlosigkeit und Unbescheidenheit;
  5. Schamhaftigkeit und Bescheidenheit (*68);
  6. ungeziemende Rede und schlechte Freundschaft;
  7. geziemende Rede und treffliche Freundschaft;
  8. Ungebühr gern begehen und Ungebühr gern vermeiden (*69);
  9. zu sich Einkehr üben verstehen und zu sich Einkehr enden verstehen;
  10. bestimmte Art verstehen und die Dinge sich merken lernen;
  11. die Gebiete kennen und die bedingte Entstehung kennen;
  12. wissen was möglich ist und wissen was unmöglich ist;
  13. Ehrlichkeit und Sanftmut;
  14. Geduld und Milde;
  15. Freundlichkeit und Zuvorkommenheit;
  16. Güte und Lauterkeit;
  17. Wirrsinn und Unklarheit;
  18. Einsicht und Klarheit;
  19. keine Bewachung der Sinnestore und kein Maßhalten bei der Mahlzeit;
  20. Bewachung der Sinnestore und Maßhalten bei der Mahlzeit;
  21. Kraft des Nachdenkens und Kraft der Vertiefung;
  22. Kraft der Einsicht und Kraft der Einigung;
  23. Ruhe und Klarsicht;
  24. Zustand der Ruhe und Zustand der Regsamkeit;
  25. Regsamkeit und Unzerfahrenheit;
  26. beständige Tugend und beständige Ansicht;
  27. schwankende Tugend und schwankende Ansicht;
  28. geläuterte Tugend und geläuterte Ansicht;
  29. geläuterte Ansicht und auch der Ansicht entsprechendes Handeln;
  30. Ergriffenheit bei ergreifenden Dingen und, ist man ergriffen, ernstlicher Kampf;
  31. Ungenüglichkeit an heilsamen Dingen und kein Zurückweichen im Kampfe;
  32. Wissen und Erlösung;
  33. Kenntnis der Versiegung, Kenntnis des Eingehens.

Das sind, ihr Brüder, zwei Dinge, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten genau erklärt worden sind, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehmen, lange besehen kann, daß es eben vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.


Drei Dinge: - Tikaṃ

[305] «Es sind, ihr Brüder, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten drei Dinge genau erklärt worden, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen: und zwar was für drei Dinge?

Drei Wurzeln des Bösen: - Tīṇi akusalamūlāni

 

Drei Wurzeln des Guten: - Tīṇi kusalamūlāni (*70)

 

(Vollständig behandelt in M.117)

 

Drei ungünstige Fährten: - Tīṇi duccaritāni

 

Drei günstige Fährten: - Tīṇi sucaritāni

 

Drei unheilsame Erwägungen: - Tayo akusala-vitakkā

 

Drei heilsame Erwägungen: - Tayo kusala-vitakkā

 

Drei unheilsame Gesinnungen: - Tayo akusala-saṅkappā

 

Drei heilsame Gesinnungen: - Tayo kusala-saṅkappā (M.117)

 

Drei unheilsame Wahrnehmungen: - Tisso akusala-saññā

 

Drei heilsame Wahrnehmungen: - Tisso kusala-saññā

 

Drei unheilsame Arten: - Tisso akusala-dhātuyo

 

Drei heilsame Arten: - Tisso kusala-dhātuyo

 

Noch andere drei Arten: - Aparāpi tisso dhātuyo

 

Noch andere drei Arten: - Aparāpi tisso dhātuyo

 

Noch andere drei Arten: - Aparāpi tisso dhātuyo

 

Dreifacher Durst: - Tisso taṇhā

 

Noch anderer dreifacher Durst: - Aparāpi tisso taṇhā

 

Noch anderer dreifacher Durst: - Aparāpi tisso taṇhā

 

Drei Fesseln: - Tīṇi saṃyojanāni

 

Dreierlei Wahn: - Tayo āsavā

 

Dreierlei Dasein: - Tayo bhavā

 

Dreierlei Ziele: - Tisso esanā

 

Dreierlei Ansichten: - Tisso vidhā

 

Dreierlei Zeiträume: - Tayo addhā

 

Drei Endpunkte: - Tayo antā

 

Drei Gefühle: - Tisso vedanā

 

Dreifache Leidhaftigkeit: - Tisso dukkhatā

 

Drei Summen: - Tayo rāsī

 

Dreifacher Zweifel:

 

Drei Dinge hat der Vollendete nicht zu verbergen:

 

Drei Ichtigkeiten: - Tayo kiñcanā

 

Drei Feuer: - Tayo aggī (*73)

 

Noch andere drei Feuer: - Aparepi tayo aggī

 

Drei Arten von Körperverbindung: - Tividhena rūpasaṅgaho

 

Drei Unterscheidungen: - Tayo saṅkhārā

 

Dreierlei Menschen: - Tayo puggalā

 

Dreierlei Greise: - Tayo therā

 

Drei Gebiete des verdienstvollen Wirkens: - Tīṇi puñña kiriya vatthu

 

Drei Gelegenheiten zur Ermahnung: - Tīṇi codanāvatthūni

 

Dreierlei Wiederkehr zu Wunschbereichen: - Tisso kāmūpapattiyo

 

Dreierlei Wiederkehr zu Wohlbereichen: - Tisso sukhūpapattiyo

 

Dreierlei Weisheit: -Tisso paññā

 

Noch andere drei Arten von Weisheit: - Aparāpi tisso pañña

 

Dreierlei Waffen: - Tīṇāvudhāni

 

Dreierlei Sinneskräfte: - Tīṇindriyāni

 

Dreierlei Augen: - Tīṇi cakkhūni

 

Dreierlei Kämpfe: -Tisso sikkhā

 

Dreierlei Walten: - Tisso bhāvanā

 

Dreierlei Unübertrefflichkeit: - Tīṇi anuttariyāni

 

Dreierlei Einigung: - Tayo samādhī

 

Noch andere dreierlei Einigung: - Aparepi tayo samādhī (*75)

 

Drei Arten von Lauterkeit: - Tīṇi soceyyāni

 

Drei Arten von Schweigen: - Tīṇi moneyyāni

 

Dreierlei Geschicklichkeit: - Tīṇi kosallāni

 

Dreifacher Rausch: - Tayo madā (*76)

 

Drei Arten von Oberherrschaft: - Tīṇi ādhipateyyāni

 

Dreierlei Art Bericht abzulegen: (kathāvatthūni)

 

Dreierlei Wissen: - Tisso vijjā

 

Dreierlei Verweilungszustände: -Tayo vihāra

 

Drei Arten von Wundern: - Tīṇi pāṭihāriyāni(*77)

 

Das sind, ihr Brüder, drei Dinge, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten genau erklärt worden sind, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehmen, lange bestehn kann, daß es eben vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.


(*77) Dazu unsere elfte Rede. Pātihāriyam, Wunder, ist erst im volkstümlichen Gebrauch zu dieser Bedeutung gekommen: im Orden selbst hat es die alte vedische Geltung, wie etwa Chāndogyopanisat I 11 i.f., «das Erfaßbare, Ergreifbare». Die populäre Steigerung ist so zu verstehen, daß man das Ergriffensein als ein Wunder betrachtet hat, je nach den drei verschiedenen Anlässen oder Äußerungen, wie Sāriputto im Text oben es einteilt: als ein Wunder der Macht, ein Wunder der Vorzeige, ein Wunder der Unterweisung. 

Vergl. auch die kurze Rede in A.iii.126: «Zum Erkennen, ihr Mönche, leg' ich die Satzung dar, nicht zum Verkennen, begründet, ihr Mönche, leg' ich die Satzung dar, nicht unbegründet, erfaßbar, ihr Mönche, leg' ich die Satzung dar, nicht unerfaßbar. Da ich also, ihr Mönche, zum Erkennen die Satzung darlege, nicht zum Verkennen, begründet die Satzung darlege, nicht unbegründet, erfaßbar die Satzung darlege, nicht erfaßbar, muß ich der Sprache pflegen, der Unterweisung pflegen: genug aber schon euch Mönchen zur Zufriedenheit, genug zum Frohsinn, genug zur Freude: 'Vollkommen erwacht ist der Erhabene, wohlkundgetan vom Erhabenen die Satzung, wohlvertraut die Jüngerschaft.'»

 


Die Vier Dinge: - Catukkaṃ

«Es sind, ihr Brüder, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten vier Dinge genau erklärt worden, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen: und zwar was für vier Dinge?

Vier Grundlagen der Achtsamkeit: -Cattāro satipatthana

 

Vier rechte Kämpfe: Cattāro sammappadhānā (padhāna)

 

Vier Machtgebiete: - Cattāro iddhipādā

 

Vier Schauungen: - Cattāri jhānāni

 

Vierfach geübte Einigung: - Catasso samādhibhāvanā

Was ist das aber, ihr Brüder, für ein Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zu Wohlbefinden bei Lebzeiten hinlenkt?

Das ist, ihr Brüder, das Erwirken der vier Schauungen. Das, ihr Brüder, ist ein Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zu Wohlbefinden bei Lebzeiten hinlenkt.

Was ist ferner, ihr Brüder, das Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zum Erlangen der Wissensklarheit hinlenkt?

Da hat, ihr Brüder, der Mönch das Licht aufmerksam im Sinne, nimmt den Tag aufmerksam in Obacht:

<Wie lichter Tag so Mitternacht, 
Wie Mitternacht so lichter Tag (*78).> 

So mag er mit entschleiertem Geiste, frei von jeder Hülle, ein selbstleuchtendes Gemüt erwerben. Das, ihr Brüder, ist ein Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zum Erlangen der Wissensklarheit hinlenkt.

Was ist aber, ihr Brüder, das Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zu Einsicht und Besonnenheit hinlenkt?

Das, ihr Brüder, ist ein Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zu Einsicht und Besonnenheit hinlenkt.

Und was ist, ihr Brüder, das Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zur Wahnversiegung hinlenkt?

Da hat, ihr Brüder, der Mönch darauf Acht, wie die fünf Stücke des Anhangens entstehen und vergehn:

Das, ihr Brüder, ist ein Üben der Einigung, das, geübt und gepflegt, zur Wahnversiegung hinlenkt.

 

Vier Unermeßlichkeiten: - Catasso appamaññā

 

Viererlei Art ohne Form: - Cattāro āruppā

 

Viererlei Stützpunkte: - Cattāri apassenāni

da mag, ihr Brüder,

 

Vier heilige Bräuche: - Cattāro ariyavaṃsā

 

Vier Arten von Kampf: - Cattāri padhānāni

 

1. Was ist aber, ihr Brüder, Kampf der Zurückhaltung (saṃvarapadhānaṃ)?

Hat da, ihr Brüder, der Mönch mit dem Gesicht eine Form erblickt, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

Hat er mit dem Gehör einen Ton gehört, hat er mit dem Geruch einen Duft gerochen, hat er mit dem Geschmack einen Saft geschmeckt, hat er mit dem Getast eine Tastung getastet, hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken. Das nennt man, ihr Brüder, Kampf der Zurückhaltung.

2. Was ist nun, ihr Brüder, Kampf der Entsagung (pahānapadhānaṃ)?

Da gönnt, ihr Brüder, der Mönch einem aufgestiegenen Wunschgedanken keinen Raum, verleugnet ihn, vertreibt ihn, vertilgt ihn, erstickt ihn im Keime; gönnt einem aufgestiegenen Haßgedanken, einem aufgestiegenen Wutgedanken keinen Raum, verleugnet ihn, vertreibt ihn, vertilgt ihn, erstickt ihn im Keime; gönnt diesen und jenen schlechten, verderblichen Gedanken, die aufsteigen, keinen Raum, verleugnet sie, vertreibt sie, vertilgt sie, erstickt sie im Keime.

Das nennt man, ihr Brüder, Kampf der Entsagung.

 

3. Was ist ferner, ihr Brüder, Kampf der Übung (bhāvanāpadhānaṃ)?

Da übt, ihr Brüder, der Mönch

die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht.

Das nennt man, ihr Brüder, Kampf der Übung.

 

4. Und was ist, ihr Brüder, Kampf der Beherrschung (anurakkhaṇāpadhānaṃ)?

Da mag, ihr Brüder, der Mönch einen zur Einigung förderlichen Eindruck, den er empfangen hat, bei sich beherrschen,

Das nennt man, ihr Brüder, Kampf der Beherrschung.*

 

*[Ausgeführt in D.22. Der Kampf des Jüngers, der allein durchgekämpft werden muß, ist im Dhp.165 angedeutet, mit dem Abschluß:

 

Vier Arten von Kenntnis: - Cattāri ñāṇāni

 

Noch andere vier Arten von Kenntnis: - Aparānipi cattāri ñāṇāni

 

Vier Bedingungen zum Stromeintritt (sotāpattiyanga):

 

Vier charakteristischen Eigenschaften eines Stromeingetretenen:

 

Vier Früchte des Asketentums: - Cattāri sāmaññaphalāni

 


* [Wer von der Botschaft nichts gehört hat und nichts wissen will, sich überhaupt ganz und gar nicht darum kümmert, der wird 'bāhiro puthujjanapakkhe thito' genannt, «außen stehend, auf Seiten der gewöhnlichen Leute», Samyuttakanikāyo vol. V p. 382 (PTS 397) (S.48.18, S.55.40): eine Bezeichnung für die prakrti, pakati oder den natürlichen, rohen Zustand des Menschen; so daß prākrtas, naturalis, communis, allgemein, gleichwie rusticus, villanus, endlich so viel als vilain, gemein bedeutet, un villano en su rincon, ein Bauer in seinem Winkel. Daher kommt es, daß «gemein, Gemeinheit» schließlich ein Schimpfwort geworden ist.]


 

Viererlei Artung: - Catasso dhātuyo

 

Viererlei Nahrung: - Cattāro āhārā

Vier Stützen des Bewußtseins (viññāna-tthiti):

 

Vier unwegsame Gänge (agati):

(vergl. die 29. Rede).

 

Vier Arten wie Durst entsteht: - Cattāro taṇhuppādā

Vier Arten des Vorschreitens: - Catasso paṭipadā

 

[Vergl. die 28. Rede. Siehe auch Bruchstücke der Reden S. 174??: «Was da, ihr Mönche, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und frommen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen als <wohl> betrachtet wird, das eben wird von den Heiligen als <wehe>, wie es wirklich ist, mit vollkommener Weisheit richtig angesehen: das ist der eine Anblick. Was da, ihr Mönche, in der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und frommen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen als <wehe> betrachtet wird, das eben wird von den Heiligen als <wohl>, wie es wirklich ist, mit vollkommener Weisheit richtig angesehen: das ist der andere Anblick. Also vollkommen beide Seiten erblickend, ihr Mönche, mag dem Mönche, unermüdlich in heißem, innigem Ernste beharrend, eins von beiden zur Reife gedeihen: Gewißheit bei Lebzeiten oder, ist ein Rest Anhaften da, Nichtwiederkehr.»]

 

Noch andere vier Arten des Vorschreitens: - Aparāpi catasso paṭipadā

 

Vier Pfade der Satzung: - Cattāri dhammapadāni*

 

* [Vergl. Lieder der Nonnen v. 275-277. Für Dhammapadam, der Satzung Pfad, könnte es auch heißen: der Wahrheit Pfad, da dhammo als Satzung, Recht, Norm gewissermaßen auch zur Wahrheit gehört; aber für diesen Begriff haben wir eben das bestimmte, selten gebrauchte Wort saccam, wahr.]

 

Vier Arten der Lebensführung: Cattāri dhammasamādānāni

(die Ausführung hierzu gibt M.45).

 

Vier Stücke der Satzung: - Cattāro dhammakkhandhā

 

Vier Vermögen: - Cattāri balāni

 

Vier Belehnungen: - Cattāri adhiṭṭhānāni

 

Viererlei Art auf Fragen zu antworten: - Cattāri pañhabyākaraṇāni

Viererlei Tat: - Cattāri kammāni

 

Vier zu verwirklichende Dinge: - Cattāro sacchikaraṇīyā dhammā

 

Viererlei Wogen: - Cattāro oghā (*88)

 

Viererlei Joche: - Cattāro yogā

 

Viererlei Entjochung: - Cattāro visaññogā

 

Viererlei Verstrickungen (gantha):

 

* [Der Asket Gotamo, im Gegensatz zu den meisten, gewöhnlichen Asketen und Priestern, will nie und nirgends seine Wahrheit, die ihm geworden ist, jemandem aufdrängen oder empfehlen, er meidet alles Behaupten. Er ist der ekasacco, der das eine was nötig ist weiß: gegenüber dem, der vielerlei Wahrheit weiß, dem bahusacco, und dem paccekasacco, dem, der allerhand einzeln gültige Wahrheiten weiß.]

 

Viererlei Anhangen: - Cattāri upādānāni

 

Viererlei Schoße: - Catasso yoniyo


* Die gleiche Einteilung der Wesen je nach der Art ihrer Entstehung, wie sie Sāriputto hier gibt, gemäß der 12. Rede der Mittleren Sammlung, ist noch im 5.Jahrhundert nach Gotamo beibehalten, sorgsam wiederholt auf der Weihinschrift rings um die Reliquienurne, die in einem der Kuppelmale bei Khawat, im Bezirk von Wardak in Afghanistan, aufgefunden wurde.

Damit ist die genaue Kenntnis unserer Texte, selbst in so feinen einzelnen Bestimmungen, bis weit hinauf nach Nordwesten für diese Zeit sichergestellt. Es war da am Grunde des Kuppelmals ein Aschenrest vom Leibe Gotamos in einer bronzenen Votivurne beigesetzt worden, als Zeichen der Verehrung und zum Heile des «großen Königs und Oberkönigs Hoveskas (Huviskas)» usw., mit dem Wunsche, daß diese Stiftung «allen Wesen zum Wohle gereichen möge», und zwar «den aus der Feuchte entstandenen, den aus dem Ei geborenen, den aus dem Leibe gezeugten und den unkörperhaft erscheinenden.» In diesen «viererlei Schoßen» ist denn allerdings jede mögliche Daseinsart beschlossen.


 

Vier Arten der Empfängnis: - Catasso gabbhāvakkantiyo

 

Vier Arten der Selbstentwicklung: - Cattāro attabhāvapaṭilābhā

 

Vier Arten von Lauterkeit bei Spenden: - Catasso dakkhiṇāvisuddhiyo

 

Vier Arten von Begütigung: - Cattāri saṅgahavatthūni

 

Viererlei unheiliges Betragen: - Cattāro anariyavohārā

 

Viererlei heiliges Betragen: - Cattāro ariyavohārā

 

Noch anderes unheiliges Betragen von viererlei Art: - Aparepi cattāro anariyavohārā

 

Noch anderes heiliges Betragen von viererlei Art: - Aparepi cattāro ariyavohārā

 

Noch anderes unheiliges Betragen von viererlei Art: - Aparepi cattāro anariyavohārā

 

Noch anderes heiliges Betragen von viererlei Art: - Aparepi cattāro ariyavohārā

 

Vier Arten von Menschen: - Cattāro puggalā

 

Noch andere vier Arten von Menschen: - Aparepi cattāro puggalā

 

Noch andere vier Arten von Menschen: - Aparepi cattāro puggalā

 

Noch andere vier Arten von Menschen: - Aparepi cattāro puggalā

(*92)

Das sind, ihr Brüder, vier Dinge, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten genau erklärt worden sind, wobei wir eben alle übereinkommen können und nichts zu verändern brauchen, auf daß dieses Asketentum seinen Lauf nehmen, lange bestehen kann, daß es eben vielen zum Wohle, vielen zum Heile sei, aus Erbarmen zur Welt, zum Nutzen, Wohle und Heile für Götter und Menschen.


Fussnoten:

(*65) Wie oben in D.29. Gotamo selbst empfiehlt den Jüngern seine Worte genau zu beachten, den richtigen Gebrauch zu überliefern: denn «wenn die Worterklärung, ihr Mönche, nicht recht festgelegt wird, ist auch der Sinn nicht recht zu verstehn», A.IV.160 und oft.

Vergl. A.IV.169 Ānandos Gespräch mit Sāriputto, und in den Liedern der Mönche v. 1027-1031 wie er, als Wortbewahrer, das Thema behandelt: Der Reinheit Wurzel ist das Wort. Daher auch der Ausdruck sotāpanno, einer, der das Gehör erlangt hat = wer gehört hat,[*] für den Beginn der Jüngerschaft, Mittlere Sammlung S. 356??. Bei solcher altüberlieferten und gepflegten Wertschätzung des Wortes verstehen wir nun um so besser warum Gotamo zum Hörer seiner Botschaft also spricht und ihn kennzeichnet: «er hat da die Sätze dem Gehör nach verfolgt, dem Worte nach geprüft, im Geiste untersucht, mit Erkenntnis fein durchdrungen»: A.IV.191, und A.III.68: «Das ist, ihr Mönche, der Zweck des Gesprächs, das ist der Zweck der Beratung, das ist der Zweck bei der Sitzung, das ist der Zweck beim Gehörgeben: und zwar um ohne Anhangen das Gemüt abzulösen.»

[*] von K.E.N falsch übersetzt, sotāpanna bedeutet nicht zur Hörerschaft gelangt zu sein, sondern den Stromeintritt erreicht zu haben, Er vermittelt hier den Eindruck, als ob es ausreicht die Lehre zu hören um die erste Stufe zur Heiligkeit zu erreichen, dem ist aber nicht so, es ist harte Arbeit um den Stromeintritt (einen geistigen Zustand) zu erreichen und die ersten drei Fesseln zu überwinden. [WG]


(*66) Alle Wesen bestehn durch Nahrung, sabbe sattā āhāratthitikā, ist ein Kernspruch, den Gotamo den Jüngern zum eifrigen Nachdenken anheimgegeben, A.X.27:

«Ein Ding ist es, ihr Mönche, an dem der Mönch durchaus überdrüssig, durchaus abgewandt, durchaus abgelöst, durchaus des letzten Zieles ansichtig, durchaus über den Sinn sich klar geworden noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen kann: und an was für einem Dinge? Alle Wesen bestehen durch Nahrung. An diesem einen Dinge, ihr Mönche, kann der Mönch durchaus überdrüssig, durchaus abgewandt, durchaus abgelöst, durchaus des letzten Zieles ansichtig, durchaus über den Sinn sich klar geworden noch bei Lebzeiten dem Leiden ein Ende machen.»

Wer erkennt, daß alles Dasein immer nur durch gegenseitiges Sichverzehren bestehn kann - «einer den anderen auffressen ist da der Brauch», Mittlere Sammlung 962??.

In diesen Zusammenhang gehört dann noch die Ausführung in S.46.2:

«Gleichwie etwa, ihr Mönche, dieser Körper durch Nahrung besteht, durch Nahrung bedingt ist, ohne Nahrung aber nicht bestehn kann: ebenso nun auch, ihr Mönche, sind die fünf Hemmungen durch Nahrung bestanden, durch Nahrung bedingt und können nicht ohne Nahrung bestehn.

Was ist aber, ihr Mönche, die Nahrung um einen noch nicht entstandenen Wunscheswillen sich entwickeln und einen schon entstandenen sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen?

Man kann sich, ihr Mönche, Schönes vorstellen: was dabei an seichten Gedanken mehr und mehr aufgeht, das ist die Nahrung um einen noch nicht entstandenen Wunscheswillen sich entwickeln und einen schon entstandenen sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen.

Was ist aber, ihr Mönche, die Nahrung um eine noch nicht entstandene Gehässigkeit sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen?

Man kann sich, ihr Mönche, Widerliches vorstellen: was dabei an seichten Gedanken mehr und mehr aufgeht, das ist die Nahrung um eine noch nicht entstandene Gehässigkeit sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen.

Was ist aber, ihr Mönche, die Nahrung um eine noch nicht entstandene matte Müde sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen?

Man kann sich, ihr Mönche, unrüstig, lässig, schläfrig fühlen, nach dem Essen behaglich, trägen Geistes werden: was dabei an seichten Gedanken mehr und mehr aufgeht, das ist die Nahrung um eine noch nicht entstandene matte Müde sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen.

Was ist aber, ihr Mönche, die Nahrung um einen noch nicht entstandenen stolzen Unmut sich entwickeln und einen schon entstandenen sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen?

Es gibt, ihr Mönche, eine geistige Unruhe: was dabei an seichten Gedanken mehr und mehr aufgeht, das ist die Nahrung um einen noch nicht entstandenen stolzen Unmut sich entwickeln und einen schon entstandenen sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen.

Was ist aber, ihr Mönche, die Nahrung um eine noch nicht entstandene Zweifelsucht sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen?

Es gibt, ihr Mönche, bezweifelbare Dinge: was dabei an seichten Gedanken mehr und mehr aufgeht, das ist die Nahrung um eine noch nicht entstandene Zweifelsucht sich entwickeln und eine schon entstandene sich weiter entfalten und ausbreiten zu lassen.

Gleichwie etwa, ihr Mönche, dieser Körper durch Nahrung besteht, durch Nahrung bedingt ist, ohne Nahrung aber nicht bestehen kann: ebenso nun auch, ihr Mönche, sind diese fünf Hemmungen durch Nahrung bestanden, durch Nahrung bedingt und können nicht ohne Nahrung bestehen.»

Durch Nahrung aufgefüttert entwickeln sich also die fünf Hemmungen (nivarana), die die Weltauflösung vereiteln. Gotamo aber hatte die gesamte Lebensmittelkunde der Welt in dem Doppelsatz angegeben, Bruchtücke der Reden v. 747: «'Was irgend an Leiden sich entwickelt ist alles aus Nahrung entstanden': das ist der eine Anblick; 'Ebendiese Nahrung vollkommen restlos vernichten läßt kein Leiden entwickeln': das ist der andere Anblick.

«Was irgend auch an Leid entsteht,
Die Nahrung geht im Grunde vor;
Die Nahrung wo man schwinden läßt,
Nicht kann da Leid entwickelt sein.»

An diese wohlbekannte Reihe von Begriffen erinnert Sāriputto im Text oben, indem er den Hauptsatz über das eine Ding anführt: «Alle Wesen bestehen durch Nahrung», mit dem Zusatz «alle Wesen bestehen durch Unterscheidung». Hatte der Vordersatz die Grundlage der Daseinsmöglichkeit angegeben, so weist dann der Nachsatz auf die Lehre von der Erkennbarkeit hin: daß nämlich die Eigenart eines jeden Lebewesens in der Unterscheidung besteht, daß ein Wesen sein nichts anderes heißt als sich selbst von fremden verschieden wahrnehmen, von anderen unterschieden, d.i. mit Unterscheidung behaftet sein.

Vergl. die sehr wichtigen Belege hierzu im letzten Absatz der Anm. 4, 15. Rede. Das eigentümliche Merkmal eines Wesens ist also, der Erkenntnislehre gemäß von außen betrachtet, das sich von anderen verschieden erkennen, gesondert erkennen, die unterscheidende Tätigkeit, die Unterscheidung: und die wurzelt im Nichtwissen, im Unwissen, in der avijjā, Mittlere Sammlung 872: aus Unwissen entstehen Unterscheidungen; ist aber Unwissen ohne Überrest aufgelöst, lösen sich Unterscheidungen auf.

Der von Sāriputto angeführte Nachsatz «alle Wesen bestehn durch Unterscheidung» ist demnach gleichbedeutend mit dem anderen berühmten Kernspruch Gotamos «Alle Wesen sind in Unwissen», sabbe pānā avijjā: ein Ausspruch, den der Meister in einer Unterredung mit bekannten, hochangesehenen Pilgern, wie Annabhāro, Varadharo, Sakuludāyī und vielen anderen, als die erste der vier Wahrheiten der Heiligen bezeichnet, A.iv.185:

«Alle Wesen sind in Unwissen»; ein Heiliger, der also die Wahrheit, keine Unwahrheit sagt, führt nun Gotamo weiter aus, wird sich darum nicht als einen Asketen oder Heiligen betrachten, wird sich darum weder besser noch minder bedünken und auch nicht gleichstellen: jedoch was daran wahr ist, das hat er verstanden und wird an den Wesen nicht mehr aufgebracht werden, wird ihnen mit Erbarmen begegnen. Denn er weiß ja: «Alle Wesen sind in Unwissen.»

Eine weitere Erklärung zu diesem Unwissen ist im S.22.49 gegeben, wo Gotamo den jungen Sono belehrt:

«Wer auch immer als ein Asket oder ein Priester bei der Vergänglichkeit, Leidigkeit, Wandelbarkeit der Form, des Gefühls, der Wahrnehmung, der Unterscheidungen des Bewußtseins sich etwa für besser hält, oder anderen sich gleichstellt, oder sich für minder hält: was wär es anders als ein Nichtsehn der Wirklichkeit? 

Darum aber gilt eben durchaus von der Form, vom Gefühl, von der Wahrnehmung, von den Unterscheidungen, vom Bewußtsein, von vergangenem, künftigem, gegenwärtigem, innen und außen, ob grob oder fein, ob gemein oder edel, ob fern oder nahe, überall <Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst>: so ist das, der Wirklichkeit gemäß, mit vollkommener Weisheit anzusehn.» «Was sind aber, ihr Mönche, die Unterscheidungen? Sechs gibt es, ihr Mönche, der Verstandeskreise Verstand bei Formen, Verstand bei Tönen, Verstand bei Düften, Verstand bei Säften, Verstand bei Tastungen, Verstand bei Gedanken. Das heißt man, ihr Mönche, die Unterscheidungen. Wenn sich Berührung entwickelt, entwickelt sich Unterscheidung: wenn sich Berührung auflöst, löst sich Unterscheidung auf.»


(*67) «Zweierlei Ansichten sind das, ihr Mönche», sagt Gotamo, «die Ansicht vom Dasein und die Ansicht vom Nichtsein.

Alle die Asketen oder Priester, ihr Mönche, die der Ansicht vom Dasein zugetan sind, der Ansicht vom Dasein huldigen, der Ansicht vom Dasein anhängen, die werden durch die Ansicht des Nichtseins verstimmt.

Alle die Asketen oder Priester, ihr Mönche, die der Ansicht vom Nichtsein zugetan sind, der Ansicht vom Nichtsein huldigen, der Ansicht vom Nichtsein anhängen, die werden durch die Ansicht des Daseins verstimmt.

Alle die Asketen oder Priester, ihr Mönche, die dieser zwei Ansichten Anfang und Ende, Lust und Leid und Überwindung nicht der Wirklichkeit gemäß verstehn, die gierigen, hassenden, irrenden, noch durstigen, noch anhangenden, unwissenden, bald verzückten bald verstimmten, denen Sonderheit behagt und Sonderheit gefällt: die werden nicht erlöst von Geburt, Altern und Sterben, von Sorge, Kummer und Schmerz, Gram und Verzweiflung, werden nicht erlöst, sag' ich, vom Leiden.

Aber alle die Asketen oder Priester, ihr Mönche, die dieser zwei Ansichten Anfang und Ende, Lust und Leid und Überwindung der Wirklichkeit gemäß verstehn, die gierlosen, haßlosen, irrlosen, die nicht mehr durstigen, nicht mehr anhangenden, wissenden, weder verzückten noch verstimmten, denen keine Sonderheit behagt, keine Sonderheit gefällt: die werden erlöst von Geburt, Altern und Sterben, von Sorge, Kummer und Schmerz, Gram und Verzweiflung, werden erlöst, sag ich, vom Leiden.» Mittlere Sammlung 11. auch 18, desgl. 49. Itivuttakam und oft in den Bruchstücken der Reden, siehe Register s. v. Sein und Nichtsein, z.B. v. 801:

Nach beiden Enden wer da nimmer hinspäht,
Nach Sein und Nichtsein, hüben oder drüben:
Ein jedes Suchen ist in ihm ersunken,
Bei Dingen wo man lassen muß Erlangung.

(*68) Was unter Schamhaftigkeit und Bescheidenheit zu verstehen sei zeigt A.ix.11, wo Sāriputto so über sein Betragen Rechenschaft ablegt:

«Gleichwie etwa, o Herr, ein Tschandālenknabe oder ein Tschandālenmädchen mit einem Krug im Arme, in zerfetztem Gewande ein Dorf oder eine Stadt betretend, gar niedergebeugt im Gemüte dahinwandelt: ebenso nun bin ich, o Herr, einem jungen Tschandālen ähnlich im Geiste geworden, im weiten, tiefen, unbeschränkten, von Grimm und Groll geklärten.»

Sich etwas bedünken, Anerkennung wünschen, ausgezeichnet werden, ist einem Mönche schlimmste Gefahr, zäheste Fessel.

«Wer sich, ihr Mönche, allein mit dem schönsten Weibe das Gemüt nicht mehr umgarnen läßt, er läßt sich von Erfolg, Ehre und Ruhm das Gemüt umgarnen», sagt der Meister zu den Jüngern, S.17.21.

Vergl. die umfassende Rede in M.39 und noch A.x.105:

«Das Wissen, ihr Mönche, geht der Erlangung heilsamer Dinge voran, gleich aber folgt Schamhaftigkeit und Bescheidenheit.» Diese zutiefst empfundene Demut und Scham, in der sich der Asket, wie Sāriputto so anschaulich zeigt, von jedem Dünkel, jedem Stolz, jeder Überhebung auf immer abkehrt, gleichwie der unterste Diener, die ärmste Magd: das ist das ewig Weibliche, das ihn hinanzieht. 

Darum eben soll der Mönch auch mütterliche, schwesterliche, töchterliche Liebe im Gemüt entwickeln und ausbilden, nach Gotamos Anweisung im S.35.127: «Geht hin, ihr Mönche, an mutterstatt mögt ihr ein Muttergemüt euch erwerben, an Schwesterstatt mögt ihr ein Schwestergemüt euch erwerben, an tochterstatt mögt ihr ein Tochtergemüt euch erwerben.» Es sind die Staffeln, gegründet auf dem Boden der freiwilligen und unbeschränkten Selbstverleugnung, die zur Auflösung der Persönlichkeit hinleiten.

Über die oben im Text sogleich angeschlossene treffliche Freundschaft sagt Ānando einmal zu Gotamo: «Die Hälfte ist es, o Herr, des Asketentums: treffliche Freundschaft zu hegen, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute zu haben.» Der Meister aber antwortet: «Sage das nicht, Ānando, sage das nicht, Ānando: ist es ja doch, Ānando, das ganze Asketentum, daß man da treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat. Von einem Mönch, Ānando, der treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat, ist zu erwarten, daß er den heiligen achtfältigen Weg erkunden, daß er den heiligen achtfältigen Weg ausbilden wird.

Wie aber, Ānando, kann ein Mönch, der treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat, den heiligen achtfältigen Weg erkunden, den heiligen achtfältigen Weg ausbilden? 

Da wird, Ānando, ein Mönch die rechte Erkenntnis erkunden, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht; er wird die rechte Gesinnung, rechte Rede, das rechte Handeln, rechte Wandeln, rechte Mühn, die rechte Einsicht, rechte Einigung erkunden, die abgeschieden gezeugte, abgelöst gezeugte, ausgerodet gezeugte, die in Endsal übergeht. 

Das ist, Ānando, die Art, wie ein Mönch, der treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat, den heiligen achtfältigen Weg erkundet, den heiligen achtfältigen Weg ausbildet. Darum ist das, Ānando, auch wechselweise zu verstehn, wie es eben das ganze Asketentum ist, wenn man treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat. Denn zu mir, Ānando, als dem trefflichen Freunde gekommen, werden sie, die der Geburt unterworfen sind, frei von Geburt; werden sie, die dem Alter, dem Sterben, dem Kummer, Jammer, Schmerz, Gram, der Verzweiflung unterworfen sind, frei von Alter, frei von Sterben, frei von Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung. So ist das, Ānando, wechselweise zu verstehn, wie es eben das ganze Asketentum ist, wenn man treffliche Freundschaft hegt, treffliche Gefährten, treffliche Vertraute hat.»  S.45.2.


(*69) Wer Ungebührliches begangen hat, entledigt sich der Schuld durch Bekenntnis. «Denn ein Fortschritt ist es», sagt Gotamo (in D.25, wie auch in M.65, und wiederholt anderwärts), «im Orden des Heiligen, ein Vergehen als Vergehen einzusehen, nach Gebühr zu bekennen, sich künftig davor zu hüten.»  


(*70) Ebenso Mittlere Sammlung S. 50??. In A.vi.39 sind diese drei Wurzeln noch deutlicher so gezeigt:

«Nicht werden, ihr Mönche, durch Werke aus Sucht, durch Werke aus Haß, durch Werke aus Irre die Götter offenbar, die Menschen offenbar, oder was irgend noch etwa eine andere gute Fährte sei: sondern es wird, ihr Mönche, durch Werke aus Sucht, durch Werke aus Haß, durch Werke aus Irre die höllische Welt offenbar, der tierische Schoß offenbar, das Gespensterreich offenbar, oder was irgend noch etwa eine andere üble Fährte sei.»

Durch Werke ohne Sucht, ohne Haß, ohne Irre werden Götter und Menschen und alle noch irgend möglichen guten Fährten erkannt. -

»Die Menschen», sagt Kassapo im Gespräch mit einem Fürsten, D.23, «sind den Göttern abscheulich und als abscheulich bekannt. Hundert Meilen weit treibt Menschengeruch die Götter hinweg.»

Über das Böse und Gute im allgemeinen, oder besser: das Unheilsame und Heilsame, akusalam und kusalam, wie es täglich vorkommt, bei jedem Menschen innen und außen Augenblick um Augenblick sich abspielt, klärt Gotamo die Jünger so auf:

«Das Unheilsame, ihr Mönche, sollt ihr lassen: man kann, ihr Mönche, das Unheilsame lassen. Wenn es, ihr Mönche, nicht möglich wäre das Unheilsame zu lassen, so würde ich nicht sagen <Das Unheilsame, ihr Mönche, sollt ihr lassen>; weil es aber, ihr Mönche, wohl möglich ist das Unheilsame zu lassen>; darum sag' ich aus: <Das Unheilsame, ihr Mönche, sollt ihr lassen.> Wenn da etwa, ihr Mönche, das Unheilsame, weil man es gelassen hat, zu Unheil und Leiden gereichte, würde ich nicht sagen <Das Unheilsame, ihr Mönche, sollt ihr lassen>; weil aber, ihr Mönche, Unheilsames gelassen zu Heil und Wohl gereicht, darum sag' ich aus: <Das Unheilsame, ihr Mönche, sollt ihr lassen.> - Das Heilsame, ihr Mönche, sollt ihr schaffen: man kann, ihr Mönche, das Heilsame schaffen. Wenn es, ihr Mönche, nicht möglich wäre das Heilsame zu schaffen, so würde ich nicht sagen <Das Heilsame, ihr Mönche, sollt ihr schaffen>; weil es aber, ihr Mönche, wohl möglich ist das Heilsame zu schaffen, darum sag' ich aus: <Das Heilsame, ihr Mönche, sollt ihr schaffen.> Wenn da etwa, ihr Mönche, das Heilsame, weil man es geschaffen hat, zu Unheil und Leiden gereichte, würde ich nicht sagen <Das Heilsame, ihr Mönche, sollt ihr schaffen>; weil aber, ihr Mönche, Heilsames geschaffen zu Heil und Wohl gereicht, darum sag' ich aus: <Das Heilsame, ihr Mönche, sollt ihr schaffen.>» A.ii.19. (PTS 58 lücken- und fehlerhaft).

Durch das Leben immer und überall bestätigte Erfahrung ist es, die Gotamo in den Ausspruch gefaßt hat: «der Herzensentschluß ist zu erzeugen», alles weitere findet sich dann von selbst, stellt sich folgerecht ein, Mittlere Sammlung S. 47??, «die Herzensentschließung zum Guten nenn' ich ja, Cundo, wichtig: was soll da erst von Geboten des Tuns und Redens gesagt werden!»

Und beim rechten Mühn, 22. Rede S. 395f.??, erzeugt der Mönch auf seinen Assoziationsbahnen, auf den Geleisen seiner reichen Erfahrung je und je den bestimmten Willen, der über den Weg entscheidet, unheilsame Dinge zu meiden, heilsame zu finden versteht, so daß sie «sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen». -

Was der Jünger auf seinem Gang durch die Welt als heilsam und als unheilsam, als gut und als böse, wie man gewöhnlich sagt, verstehen lernt, das ist im Text oben von Sāriputto nach je drei Wurzeln befunden, auf diese zurückbezogen, der Lehre des Meisters gemäß. Hat nun ein Mensch etwas Schlechtes begangen, führt Gotamo weiter aus, so kann er sich die Folge davon sogleich zum Bewußtsein bringen, und er kann auf diese Weise die Wirkung ausgleichen, unschädlich machen, auflösen so ist er imstande sich zu heiligem Leben zu entwickeln, er lernt die Möglichkeit verstehen das Leiden vollkommen auszutilgen. Er wird dann was er begangen schon bei Lebzeiten auskosten, so daß es ihm weiter nicht mehr viel scheinen kann. Wenn man ein Salzkorn in einen mit Wasser gefüllten Becher wirft, wird das Wasser davon salzig und untrinkbar; wirft man aber ein Salzkorn in die Fluten des Ganges, werden etwa die davon salzig und untrinkbar werden? Ebenso nun auch kann sogar eine geringfügige schlechte Handlung den ungedeihsamen, engherzigen, beschränkten Menschen zugrunde richten; während einer, der sich zu üben versteht, zu erziehen versteht, sinnig zu entfalten, weise auszubilden, nicht mehr beschränkt bleibt, sich selbst erweitert, unermeßlich wird ein Mensch der Art wird auch solch ein geringes Schlechte, das er begangen, schon bei Lebzeiten auskosten, so daß es ihm weiter nicht mehr viel scheinen kann. A.iii.101; Pali Text Society No. 99 nur verglichen brauchbar.


(*73) Sāriputto bezieht sich hier auf die berühmte Brandparole, die Gotamo bald nach der vollen Erwachung den Jüngern nach ihrer Aufnahme gleich zu Beginn seiner Laufbahn einst auf der Feste Gayā, oben am Felsentor, gegeben hatte, S.35.28 (PTS 19, auch Vinayapitakam ed. OLDENBERG I No.21):

«Alles, ihr Mönche», begann da der Meister, «ist in Brand: was alles aber, ihr Mönche, ist in Brand? Das Auge, ihr Mönche, ist in Brand, die Formen sind in Brand, das Sehbewußtsein ist in Brand, die Sehberührung ist in Brand, was auch durch Sehberührung fühlbar entsteht an Wohl oder Weh oder weder Weh noch Wohl, auch das ist in Brand: wodurch in Brand? Durch Feuer der Gier, Feuer des Hasses, Feuer des Unverstandes in Brand, durch Geburt, Alter, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung ist es in Brand, sage ich. Das Ohr, ihr Mönche, die Nase, die Zunge, der Leib, der Geist ist in Brand, die Gedanken sind in Brand, das Denkbewußtsein ist in Brand, die Denkberührung ist in Brand, was auch durch Denkberührung fühlbar entsteht an Wohl oder Weh oder weder Weh noch Wohl, auch das ist in Brand: wodurch in Brand? Durch Feuer der Gier, Feuer des Hasses, Feuer des Unverstandes in Brand, durch Geburt, Alter, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Gram und Verzweiflung ist es in Brand, sage ich.» Bei solchem Anblick wird der erfahrene heilige Jünger des Auges und aller Dinge überdrüssig, er wendet sich ab, löst sich los. -

Ferner gehört noch hierzu die große Parabel von der Grube glühender Kohlen, an der ein Aussätziger Linderung seiner Qualen sucht, und indem er das Feuer nur schmerzlich und immer ärger empfindet dabei wähnt: <Das tut wohl>; gleichwie man von begehrendem Dürsten verzehrt am Feuer der Begierden nur schmerzlich und immer ärger empfindet was im Genusse der Glut doch ein gewisses Behagen scheint: Mittlere Sammlung 541-543.??

Alle drei Übel gibt der Merkspruch im Wahrheitpfad, v. 251:

Kein Feuer brennt wie Lustbegier,
Kein Fallstrick hält so fest wie Haß,
Kein Netz verstrickt wie Unverstand,
Kein Fluß rast wie der Durst dahin.

(*74) Vergleiche A.v.170. So klar und einfach wie möglich spricht sich gelegentlich einmal auch Sāriputto ganz allgemein über den Begriff des Wohls aus, in A.x.65, bei der Begegnung mit dem Pilger Sāmandakāni. Der war zu ihm gekommen um die Frage zu stellen:

«Was ist denn eigentlich, Bruder Sāriputto, Wohl und was Wehe?» Worauf Sāriputto antwortet: <<Wiederentstehen, Bruder, ist Wehe, Nichtwiederentstehen Wohl. Kommt es, Bruder, zu Wiederentstehen, so ist als Wehe zu gewärtigen: Frost und Hitze, Hungern und Dürsten, Koten und Harnen, Feuer, Stock und Schwert kennenlernen, und auch vom Beigang und Umgang mit Verwandten und Freunden sogar Plage haben. Kommt es, Bruder, zu Wiederentstehen, so ist dies als Wehe zu gewärtigen. Kommt es Bruder, zu keinem Wiederentstehen, so ist als Wohl zu gewärtigen: kein Frost, keine Hitze, kein Hungern und Dürsten, kein Koten und Harnen, nicht Feuer, Stock und Schwert kennenlernen, und auch vom Beigang und Umgang mit Verwandten und Freunden sogar keine Plage mehr. Kommt es, Bruder, zu keinem Wiederentstehen, so ist dies als Wohl zu gewärtigen.»


(*75) Bei diesen drei Arten der Einigung wird angedeutet, daß eine um die andere immer leerer wird an vorstellbaren Dingen, bis der Jünger die «durchaus reine, allerhöchste Armut errungen hat», d.i. die suññatā, Leerheit, Mittlere Sammlung 909. ??

Die Leerheit als Anfang und Ende zu wissen ist aber das Ziel fast aller höheren geistigen Schulen geworden. Das Kamahāyānikam, ein Leitfaden des Mahāyānam, dessen Text in das 6. Jahrhundert zurückreicht, faßt die einzelnen Meinungen so zusammen:

Die Ansicht der ehrwürdigen Buddhisten ist die von der Leerheit des höchsten wahren Selbst, sunyah paramasadātmā; die der ehrwürdigen Siviten von der Leerheit der höchsten Wonne, sūnyah paramānandah; die der ehrwürdigen Mīmāmsisten von der Leerheit des höchsten Geheimnisses, sūnyam paramaguhyam; die der ehrwürdigen Seher, rsayah, die Leerheit schlechthin, sūnyatā; das höchste Leere aber, paramasūnyam, ist den Brāhmanen eigen.

Recht fein ist ein Gleichnis, das der Mönch Khemako anwendet, S.22.89: der scharfe, beißende Geruch des Dünkels der Ichheit wird durch den Duft der Lehre nach und nach ausgetrieben. 

Siehe noch Mittlere Sammlung S.1007f. nebst Anm. 503??, zweiter Absatz: «auf eines gestützt ein anderes abstoßen». Sehr eingehend werden diese Übungen in der M.20 der Reihe nach gezeigt und zu Beginn so empfohlen und veranschaulicht:

«Gleichwie etwa, ihr Mönche, ein geschickter Maurer oder Maurergeselle mit einem feinen Keil einen groben heraustreiben, herausschlagen, herausstoßen kann, ebenso nun auch, ihr Mönche, soll ein Mönch, wenn er eine Vorstellung faßt, eine Vorstellung sich vergegenwärtigt, und ihm dabei böse, unwürdige Erwägungen aufsteigen, Bilder der Gier, des Hasses und der Verblendung, aus dieser Vorstellung eine andere gewinnen, ein würdiges Bild. Während er aus dieser Vorstellung eine andere gewinnt, ein würdiges Bild, schwinden die bösen, unwürdigen Erwägungen, die Bilder der Gier, des Hasses und der Verblendung, lösen sich auf; und weil es sie überwunden hat, festigt sich eben das innige Herz, beruhigt sich, wird einig und stark.» Das hier von Gotamo gegebene drastische Gleichnis ist, nebenbei bemerkt, in FREIDANKS Weltkunde wiederzufinden, ed. GRIMM 127, 4-7; SHAKESPEARE hat es auf Coriolanus bezogen, den Unbeugsamen «poor'st of all» zu machen, IV Ende:

One fire drives out one fire; one nail, one nail; 
Rights by rights falter, strength by strength do fail.

Ist es dahin gekommen, so wird man, wie es am Ende jener Rede heißt, «Mönch Herrscher über der Erwägungen Arten genannt. Welche Erwägung er will, die wird er erwägen, welche Erwägung er nicht will, die wird er nicht erwägen. Abgeschnitten hat er den Lebensdurst, weggeworfen die Fessel, durch vollständige Dünkeleroberung ein Ende gemacht dem Leiden.» -

Im Mahāyānam wurde etwa ein Jahrtausend später der Begriff der Leerheit, sūnyatā, in unendlichen Variationen, Progressionen, Permutationen abgewandelt; er ist dort in eine müßige Spielerei ausgeartet, mit der sich die hybriden Geister und Metaphysiker ihre Zeit und Langeweile vertrieben haben: wo hingegen er ursprünglich von Gotamo immer nur kurz gefaßt und als Schlagwort gegeben war, nur als Mittel zur praktisch durchgeführten Läuterung von jedwedem Einfluss, āsavo. Bis zu welchem Pegel von Aberwitz das Fangballspiel mit den tausend und hunderttausend Kategorien der Leerheit in Nepal, China und Tibet endlich gelangt ist, zeigen die Fluten der Prajnāpāramitās. Man kann da schon die ufer- und bodenlose Verwässerung besehn, worin das lonaphalam oder Salzkorn unserer Texte, wie es z.B. in der M.121 oder in Sn.1119 dargeboten wird, schmacklos zerschmilzt. Die Mahāyānisten waren nämlich von der überaus zarten Würze, die an solchen Stellen als der letzte Geschmack oder paramaraso auf immer zurückbleibt und die darum in den Reden Gotamos so sparsam wie möglich verwendet ist, derart entzückt, daß sie nun alles und jedes damit einsalzen und durchdringen wollten: dazu eignete sich aber die kleine feinste Zugabe ganz und gar nicht, und sie haben denn nur das Gegenteil ihrer Absicht erreicht, eine Verquirlung, in der kaum eine Spur der Würze des Meistergedankens noch zu merken ist.


(*76) Der Rausch der Gesundheit, Rausch der Jugend, Rausch des Lebens ist in der D.14 untersucht.

Vergl. auch M.13. wo die schimmernde Schönheit einer Jungfrau in der Blüte des sechzehnten Jahres ihrer späteren Erscheinung im achtzigsten oder neunzigsten Lebensjahr gegenübergestellt wird: da sehe man sich dieselbe an, als gebrochen, giebelförmig geknickt, siech, welk, zahnlos, mit wackelndem Kopfe schlotternd dahin schleichen. Das abgeblühte welke Alter ist aber in solchem Hinblick und Gegensatz wohl nie schöner verklärt worden als in M.83, wo die ersten grauen Haare, die sich am Haupte zeigen, Götterboten genannt werden: wenn die sich gemeldet haben, ist es die letzte Zeit und Gelegenheit aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn. Das ist der heilsame Wandel von alters her, den sind alle die großen Herrscher der Vorzeit gewandelt, bis auf König Nimi herab. Immer wann der königliche Bader auf dem Haupte des Herrschers zuerst graues Haar wahrgenommen, hatte er die Weisung es mit einer Zange zart auszuziehn und dem Herrscher auf die Hand zu legen; und der wußte nun: die Zeit der Einkehr ist gekommen. -

Die drei Arten von Oberherrschaft, die Sāriputto im Text oben alsbald nennt, beziehn sich auf die Angaben im A.III.40, ed. Siam. p. 188-190.

Der Mönch, der zurückgezogen in der Einsamkeit des Waldes oder in leerer Klause weilt, erwägt und überlegt, daß er ja nicht um Kleidung, Nahrung, Obdach und dergleichen aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen sei, sondern weil er erkannt hatte: <Versunken bin ich in Geburt, in Altern und Sterben, in Wehe, Jammer und Leiden, in Gram und Verzweiflung, in Leiden versunken, in Leiden verloren! Oh, daß es doch etwa möglich wäre dieser ganzen Leidensfülle ein Ende zu machen!> Daher stände es ihm übel an, noch irgendwelchen Wünschen zu frönen. So wird er denn Kraft erkämpfen, unbeugsame, die Einsicht gewärtig haben, unverrückbar, der Körper wird sich beschwichtigen, ihm nicht mehr widerstehn, gesammelt der Geist, einig werden. So gelangt er allmählich zur Oberherrschaft über sich selbst, kann das Unheilsame verwerfen und das Heilsame erringen, Tadelhaftes ablegen und Untadelhaftes gewinnen, sich rein bewahren. Das heißt man Oberherrschaft über sich selbst.

Und was ist Oberherrschaft über die Welt? Keine Gedanken der Gier, des Hasses, der Wut mehr kennen, in dieser großen Weltgemeinschaft.

Und Oberherrschaft über die Satzung? Nicht nachlässig, nicht vergeßlich werden bei dieser Lehre und Ordnung, die der Erhabene so wohl kundgetan hat, die ersichtliche, zeitlose, anregende, einladende, die den Verständigen von selbst verständlich wird. Das heißt man Oberherrschaft über die Satzung.

In A.iv.243, ed. Siam. p.339, ist noch hinzugefügt: «Um die Übung zu fördern, ihr Mönche, wird dieses Asketenleben geführt, in Weisheit läuft es aus, von Erlösung ist es durchströmt, Achtsamkeit hat es zur Oberherrschaft.»


(*78) So Lieder der Mönche v. 397; vergl. auch Bruchstücke der Reden v.203 und v.502, wo noch wichtige Nachweise aus dem Aṅguttara und Samyutta verzeichnet sind.

Der Asket als der immer streitbare Kämpfer, ein Held bis zum letzten Atemzuge, weiß wenig von Schlaf und Schlummer. Wenn irgendeiner, so ist er der verkörperte devo'nimisah, wie einer der tausend Namen Vischnus lautet: der Gott, der nicht blinzelt, der die Augen nicht schließt, der wo alles schläft wach bleibt. -

Als Gotamo an die Anuruddher Mönche die Frage stellt, ob sie ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilen, berichten sie auch, daß sie jeden fünften Tag die ganze Nacht hindurch in Gesprächen über die Lehre beisammensitzen. Recht so, recht so, Anuruddher, sagt darauf der Meister zu den edlen Söhnen, billigt also damit den jeweilig eben sowohl gesellig bewährten urasketentümlichen Brauch seiner Einsiedler im Gosingam-Walde: Mittlere Sammlung 234f., 950.??

So auch mochte in späteren Zeiten der ägyptische ANTONIOS oft und oft die ganze Nacht in seiner lichten Wüste durchwachen; und nach ihm hat ARSENIOS der Große, der da ein Jahrtausend später von unserem lieben SEUSE zum Vorbild gewählt und der summus philosophus genannt wurde, es gern bestätigt, daß einem eifrigen Kämpfer eine Stunde Schlafs genüge: er selbst pflegte jede Nacht durchzuwachen und erst gegen Morgen eine Weile sitzend zu schlummern. EPICHARMOS sagte: «Alles Bedeutende wird besser bei Nacht ausgefunden», und «Wer da um Weisheit wirbt, muß es bei Nacht bedenken», nach der Hellenischen Theologie des KORNUTOS, Kapitel 14 am Ende. Mit ebendiesem Gedanken hat GOETHE das Lied an den Mond beschlossen, wo er davon spricht,

Was, von Menschen nicht gewußt, Oder nicht bedacht,
Durch das Labyrinth der Brust Wandelt in der Nacht.

Berühmt ist der Spruch der Ilias II 24: Nicht soll schlafen ein Mann, der Rat pflegt, gänzlich die Nacht durch.

Wie aber schlafen und wachen bei den Menschen verschieden sei, das stellt Gotamo einmal in folgender Weise dar:

«Fünf sind es, ihr Mönche, die bei Nacht mehr wachen als schlafen: und welche fünf? Das Weib, ihr Mönche, das einem Manne nachhängt, schläft wenig bei Nacht und wacht lange; der Mann, ihr Mönche, der einem Weibe nachhängt, schläft wenig bei Nacht und wacht lange; der Dieb, ihr Mönche, der einem Raube nachhängt, schläft wenig bei Nacht und wacht lange; der Königsdiener, ihr Mönche, der die königlichen Geschäfte versieht, schläft wenig bei Nacht und wacht lange; der Mönch, ihr Mönche, der seiner Ablösung nachhängt, schläft wenig bei Nacht und wacht lange. Das sind fünf, ihr Mönche, die bei Nacht mehr wachen als schlafen.» A.v.137.

In A.vii.58 ist ein Gespräch erhalten, wobei der Meister dem ehrwürdigen Moggallāno, der sich müde fühlt, den Rat gibt, sich mit Wasser die Augen zu benetzen, rings umher zu schauen und zu den Gestirnen und leuchtenden Himmelskörpern emporzublicken: da sei es wohl möglich, daß ihm bei solcher Betrachtung die Müdigkeit vergehn werde. Und er wird dann ferner das Licht aufmerksam im Sinne haben, den Tag aufmerksam in Obacht: Wie lichter Tag so Mitternacht, Wie Mitternacht so lichter Tag.

So mag er mit entschleiertem Geiste, frei von jeder Hülle, ein selbstleuchtendes Gemüt erwerben. Ebendiese Stelle - ein wichtiger Merkspruch, wie eingangs bemerkt - wird oben von Sāriputto den Jüngern angesichts des Meisters wiederholt. Eingedenk solcher Weisung sagt auch einmal ein anderer Nachfolger des Sakyerasketen, Sono Potiriyaputto, in den Liedern der Mönche v. 193:

Nicht lob' ich Schlaf in dieser Nacht 
Mit Sternenkränzen hoch gekrönt,
Zum Wachen taugt sie einzig nur 
Dem Denker, der um Wissen wirbt.

(*80) Zur gründlichen Kenntnis vom Leiden gehört auch das Wissen, gehört die Erfahrung, daß alles was irgend empfunden werden kann, auch was sich als Wohl anläßt, doch nur Leiden ist: dies zu durchschauen wird beim Erhabenen das Asketenleben geführt. Samyuttakanikāyo vol. II p. 53, IV 138. (??)

Von dem, der genesen, heil geworden ist, vom Dahingelangten, Vollendeten, Wahnversiegten kann somit nur gesagt werden, nach Sāriputtos Vortrag der Meisterlehre: er ist weder in der Form zu finden, noch im Gefühl, noch in der Wahrnehmung, noch in den Geistobjekten, noch im Bewußtsein; er ist aber auch außerhalb dieser fünf Stücke (khandha) nicht zu finden. Er kann also bei Lebzeiten schon so wenig wie nach dem Tode wahrhaft und wirklich gekennzeichnet werden: keinerlei Begriffsbestimmung ist bei ihm möglich, trifft bei ihm zu, gilt bei ihm. Man kann nur sagen: Form, Gefühl, Wahrnehmung, Unterscheidungen, Bewußtsein ist vergänglich; was vergänglich ist, ist leidig; was leidig ist, das ist aufgelöst, das ist untergegangen. Er hat ein jedes der fünf Stücke des Anhangens gleichwie einen Meuchelmörder erkannt, der sich bei einem vermögenden Manne einschmeichelt, ihm freundlich und schön tut, heimlich aber mit gezücktem Dolche lauert und nachschleicht. Daher läßt er sich nicht mehr betören, läßt sich nicht täuschen, betrachtet Form, Gefühl, Wahrnehmung, Unterscheidungen, Bewußtsein nicht mehr als sich selbst, oder selbstähnlich, oder in sich, oder sich in ihnen. «Mörderisch ist die Form», hat er richtig erkannt, «mörderisch das Gefühl, mörderisch die Wahrnehmung, mörderisch die Unterscheidungen, mörderisch das Bewußtsein», und er ist keinem der fünf Stücke, als ob die etwa er selber wären, zugetan, angehangen, hingegeben.

Diese Darstellung entwickelt Sāriputto dem Mönche Yamako, als dieser vermeint hatte, der Meister lehre Vernichtung.

So aufgeklärt war ihm dann, wie er sagt, das Herz ohne Hangen vom Wahne frei geworden, S.22.85, ed. Siam. vol. III p. 99-103, PTS 111-115.

In derselben Sammlung wird bald nachher, S.22.86, im gleichen Zusammenhang eine Unterredung des Meisters mit dem ehrwürdigen Anuradho berichtet, wo Gotamo zu dem Ende kommt: «Vormals hab' ich, Anuradho, wie auch jetzt nur das Leiden dargelegt und des Leidens Auflösung.»

Wie aber das Leiden gerade der Mittelpunkt ist, von dem alles ausgeht und auf den sich alles zurückbezieht, wird ebenda II 30 (32) (??) so entwickelt:

Zweimal elf Kreise, aus dem Dunklen ins Helle, um das Leiden herum und hinaus. Unter dem Zutrauen ist die Zuversicht verstanden zu den vier heiligen Wahrheiten: vom Leiden, von der Leidensentwicklung, von der Leidensauflösung, von dem zur Leidensauflösung führenden Pfade. -

Die vorangehende Bezugnahme Sāriputtos auf die Kenntnis der Satzung, Kenntnis der Folgerung, dhamme ñānam anvaye ñānam ist im Samyuttakanikāyo II 53-55 (56-59) ausgeführt.

Die erste ist die Kenntnis der bedingten Entstehung; hat der Mönch dieses Ding gesehen, gefunden, zeitlos erfaßt, ergründet, so hat er damit die Norm für Vergangenheit und Zukunft. Und wenn er dann einsehen lernt, daß wer auch immer ehemals oder künftighin diese Satzung wieder entdecken wird oder schon entdeckt hat, ein jeder sie gerade so verstanden hat oder verstehen wird wie sie eben jetzt zu verstehen ist: so ist das seine Kenntnis der Folgerung. Insofern nun der heilige Jünger diese zwei Kenntnisse geläutert hat, abgeklärt hat, die Kenntnis der Satzung und die Kenntnis der Folgerung: so wird er ein heiliger Jünger genannt, ein Ansichtvertrauter, einer, der sehend geworden ist, angekommen bei dieser guten Satzung, sichtbar geworden ist ihm diese gute Satzung; mit kämpfender Kenntnis ist er ausgerüstet, mit kämpfendem Wissen versehen, er hat das Gehör der Lehre erlangt, ist heilig durchdringend weise: an das Tor der Unsterblichkeit getreten bleibt er stehen.


(*84) Vergl. D.15. Zur genaueren Feststellung des Begriffs sankhāro, Unterscheidung, sind die Erklärungen im Khajjaniyasamyuttam wohl zu beachten: Was aus den Bestandteilen an Form, Gefühl, Wahrnehmung, Unterscheidung, Bewußtsein zusammengesetzt wird, das ist ein sankhāro, eine Unterscheidung, nämlich der besonderen Merkmale je und je eines Dinges: «Zusammengesetztes faßt man zusammen: darum sagt man die 'Sammelhaften'», die Unterscheidungen, Samyuttakanikāyo ed. Siam. vol. III p. 77 (PTS 87). S. 85-88 (96-99) ist der scharf begrenzte Gebrauch von sankhāro, Unterscheidung, als einer Verknüpfung der Wahrnehmungen zu einer einheitlichen Vorstellung, endgültig für alles und jedes irgend Denkbare bestimmt:

Wenn man die Form als sich selbst betrachtet, so ist eben ein derartiges Betrachten, samanapassanā, eine Unterscheidung, ein sankhāro. Wenn man sich als formähnlich, oder in sich die Form, oder sich in der Form betrachtet, so ist eben wiederum ein solches Betrachten schlechthin eine Unterscheidung. So auch wird beim Gefühl, bei der Wahrnehmung, bei den Unterscheidungen, beim Bewußtsein ein jedes sich selbst darin Betrachten sogleich zur entsprechenden Unterscheidung.

Ebenso ist jede Ansicht oder Meinung von Ewigkeit oder Zeitlichkeit usw., kurz jede nur irgend mögliche geistige Zusammenfassung nichts anderes als ein sankhāro, eine «Sammlichkeit», wie man wörtlich genau sagen müßte, nämlich eine sammelhafte Unterscheidung.

Ferner sei auch nicht übersehn die gleichartige Entwicklung aus kr kirati + sam zu sankāro, sankāro, Gemenge, Gemisch, was dann zur gewöhnlichen Bezeichnung für Kehricht, Mist wurde: z.B. sankāradhānam ein Haufen Mist, sankārabhuto wirres Zeug, Dhammapadam v. 58f. Der sankāro ist der zusammengefegte Unrat, der Abraum der Straße; und der sankhāro, von kr karoti, ist die Sammlichkeit der Wahrnehmungen, und so auch mit der Mist der Erscheinungen, das Kehricht der reinen Vernunft, das diese sammelt und unterscheidet um es in ihrem Bewußtsein, viññānam, zu erkennen: und zwar wie? Eben nur kritisch, sichtend, unterscheidend.

Die Phänomenalität ist daher wirklich nichts anderes als eine Synthese, compositio; und jedes Ding, jede Erscheinung, so innen wie außen betrachtet, stellt sich composite dar, als eine bestimmte con-Position: wobei es einen Kompost aus den fünferlei Dungstoffen gibt, der zugleich eine Komposition aus den fünferlei Denkstoffen, Dünkstoffen ist.

So wird allerdings jeder insofern sein eigener Komponist, oder man kann auch sagen Kombinator und Qincuplicator, Augenblick um Augenblick und alle Zeiten durch, solange er sein Kombinieren und Multiplizieren nicht aufgibt, nämlich die mit der Unterscheidung bedingten Einflüsse auf seinen Willen nicht planmäßig versiegen lassen kann. Darum aber sagt oben im Text Sāriputto von solcher Komposition, von derart gebildeter, derart betätigter Aufmischung und immer wieder durchmischender Sammlichkeit der Unterscheidung: mittelst der Unterscheidung bestehend besteht das Bewußtsein, an die Unterscheidung gehalten, auf die Unterscheidung gestützt, Genügen suchend gedeiht es auf, reift empor und entfaltet sich.


(*87) Über den kammakkhayo, die Tatenversiegung, findet sich im Mahābhāratam XIII 338 der Spruch:

Gleichwie die Lampe, wenn das Öl
Versiegt, alsbald zur Neige geht:
So muß das Schicksal, wenn die Tat
Versiegt, alsbald zur Neige gehn.

Die Selbstbestimmung des Menschen und seines Tuns ist im Anguttaranikāyo, Chakkanipāto No. 63, ed. Siam. p. 128 (PTS 415)??, so ausgesprochen:

«Aus dem Denken, sag' ich, ihr Mönche, geht die Tat hervor: nachdem man gedacht hat vollbringt man die Tat in Werken, Worten und Gedanken.» 

Alles kommt auf die Gesinnung an, in der eine Tat geschieht; unbeabsichtigte Übeltat kommt dem Täter so wenig zu wie unbeabsichtigte Wohltat, Mittlere Sammlung 409-411. Ein Frevel, aus verderbter Gesinnung begangen, kann vieltausendjährige Folge haben, wie bei Dūsī, ebenda 367; und ungeheure Missetaten können durch glühende Läuterung alsbald zunichte werden, wie bei Angulimālo, S. 663. «heil, wahrlich, wird man durch heilsame Tat, übel durch üble».


(*88) Über den Begriff der Woge, ogho, handelt das Gespräch des Meisters mit Kappo, Bruchstücke der Reden v. 1092-1095. Nicht minder bedeutend ist eine Ansprache an die Jünger, im vierten Bande des Samyuttakanikāyo mitgeteilt. «'Der Ozean, der Ozean', das, ihr Mönche», sagt Gotamo, «ist der Ausdruck eines unerfahrenen, gewöhnlichen Menschen. Nicht das gilt, ihr Mönche, im Orden des Heiligen, als Ozean; eine gewaltige Wassermenge ist das, ihr Mönche, eine gewaltige Fülle von Wasser. Das Auge, ihr Mönche, ist der Ozean des Menschen, und aus Gestalten hebt ihm der Sturm an. Wer diesen Sturm von Gestalten überkommen kann, von dem heißt es, ihr Mönche, daß er den Ozean des Auges gekreuzt hat, mit den Wellen und Wirbeln, mit Schlünden und Raubgetier, daß er entronnen, hinüber gelangt, heilig ans Ufer getreten ist. Das Ohr, ihr Mönche, ist der Ozean des Menschen, und aus Tönen hebt ihm der Sturm an. Wer diesen Sturm von Tönen überkommen kann, von dem heißt es, ihr Mönche, daß er den Ozean des Ohres gekreuzt hat, mit den Wellen und Wirbeln, mit Schlünden und Raubgetier, daß er entronnen, hinüber gelangt, heilig ans Ufer getreten ist. Die Nase, ihr Mönche, die Zunge, der Leib, das Denken, ihr Mönche, ist der Ozean des Menschen und aus Gedanken hebt ihm der Sturm an. Wer diesen Sturm von Gedanken überkommen kann, von dem heißt es, ihr Mönche, daß er den Ozean des Denkens gekreuzt hat, mit den Wellen und Wirbeln, mit Schlünden und Raubgetier, daß er entronnen, hinüber gelangt, heilig ans Ufer getreten ist.

Ferner wird bei uns IV 254 (206) der Mythos vom Höllenrachen der Unterwelt, die altindische Vorstellung vom unterseeischen Feuer, pātālam, das nach dem Volksglauben unter dem Meeresgrunde sich hinzieht, Verständigen verständlich trachtet: «Der unerfahrene, gewöhnliche Mensch, ihr Mönche, redet also: <Im Grunde des Ozeans ist das höllische Feuer.> Das aber, ihr Mönche, wird vom unerfahrenen, gewöhnlichen Menschen gesagt und ist nicht wahr und gibt es nicht: eine solche Bezeichnung, ihr Mönche, kommt den körperlichen Peingefühlen zu: die sind das höllische Feuer. Wird, ihr Mönche, der unerfahrene, gewöhnliche Mensch von körperlicher Pein betroffen, so wird er traurig, beklommen, er klagt, er schlägt sich stöhnend die Brust, gerät in Verzweiflung. Den heißt man, ihr Mönche, einen unerfahnen, gewöhnlichen Menschen, der sich über das höllische Feuer nicht erhoben, die Furt nicht gefunden hat. Wird aber, ihr Mönche, der erfahrene, heilige Jünger von körperlicher Pein betroffen, so wird er nicht traurig, nicht beklommen, er klagt nicht, schlägt sich nicht stöhnend die Brust, gerät nicht in Verzweiflung. Den heißt man, ihr Mönche, einen erfahrenen, heiligen, Jünger, der sich über das höllische Feuer erhoben, die Furt gefunden hat.» Wer nun so das unterseeische Feuer und alle Wasser des Ozeans vollkommen kreuzen konnte, von dem gilt dann jener Stempel, der ebenda III 80 (90) gegeben ist: man heißt ihn, in Kürze gesagt «einen Mönch, der weder aufschichtet noch abschichtet, abgeschichtet dasteht; der weder wegzieht noch anhangt, weggezogen dasteht; der weder abwickelt noch aufwickelt, abgewickelt dasteht; der weder abräumt noch zuräumt, abgeräumt dasteht.»


(*92) Der erste Asket gleicht dem ältesten Sohn eines gesalbten Kriegerfürsten: als Kämpfer schreitet er rüstig, sicher zum Ziel. Der zweite Asket hat die Wahnversiegung erreicht und die acht Freiungen leibhaftig erfahren. Der dritte Asket ist lediglich in der Wahnversiegung bestanden. Der vierte Asket ist bei den Asketen unter allen Umständen und Verhältnissen immer derselbe und gleiche, selig wahnerloschen in sich gekehrt: Anguttaranikāyo vol. II p. 86-88; der dritte Asket, als weiße Lotusrose, erscheint aber dort an zweiter Stelle, und der zweite, als rote Lotusrose, an dritter. Über diesen letzteren Jünger, reich wie eine rote Lotusrose, padumo, die an Fülle rosenfarbener Blätter besonders prächtig entwickelte Art, finden sich am Ende des Blumenkapitels im Wahrheitpfad die Strophen:

Gleichwie auf einem Haufen Mist, 
So strahlt aus wirrer Welt hervor,
Geschichtet an dem Straßenrand, 
Weit über alles Blindenvolk,
Ein Lotushaupt erstehen mag, 
In weisheitklarer Heiligkeit
Wohlriechend, herrlich anzuschaun:
 Ein Jünger des erwachten Herrn.

Den Lotus schlechthin veranschaulicht Gotamo im Samyuttakantkāyo vol. II p. 140: «Gleichwie etwa, ihr Mönche, eine blaue Lotusrose oder eine rote Lotusrose oder eine weiße Lotusrose im Wasser entstanden ist, im Wasser sich entwickelt hat und über das Wasser emporsteigend dasteht, unbenetzt von Wasser: ebenso nun auch, ihr Mönche, hat der Vollendete sich in der Welt entwickelt und ragt über die Welt gekommen empor, unbenetzt von der Welt.»

Im Gedenken an solche gelegentliche Äußerungen war die Lotusrose recht bald in weiteren Kreisen zum Symbol des Meisters geworden: jedenfalls schon seit den Lotusstempeln auf den Ziegeln aus der Zeit Asokos, von denen umschlossen das Kristallgefäß mit den Aschenresten Gotamos am Grunde der Kuppelmale eingemauert wurde. Das von Gotamo selbst gewählte Symbol oder Wappen ist aber der Feigenbaum, der erwachsene, starke, volljährige, der, wo immer auch angeschnitten, keine Milch mehr träufelt: Samyuttakanikāyo vol. IV p. 160f., im Auszug mitgeteilt zu den Bruchstücken der Reden Anm. 5; ein Bild zu dem Worte, das HERAKLIT um dieselbe Zeit gesagt hat: «Die trockene Seele ist die weiseste und edelste», der Mensch nämlich, aus dem kein Gefühl mehr quillt und trieft, den kein Gefühl mehr befeuchtigt, der nicht mehr wie Weiber und Kinder, bei Wohl oder Weh gleich tränt und träufelt, der Mensch ohne Pathos, ohne Orgasmus nach oben wie nach unten, auch als das letzte Ideal des PLATON.